Das rote Zimmer
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Erst nach langem Zögern ist Kit bereit, der Polizei zu helfen - auch um sich ihren eigenen Ängsten zu stellen. Doch sie ahnt nicht, welche Dämonen sie damit entfesselt.
''Nicci French schreibt brillante Psychothriller.''
Cosmopolitan
Das rote Zimmer von Nicci French
LESEPROBE
Und ich hab gesagt: Ja, ja, ich glaube an Gott, aber Gott kannauch
der Wind in den Bäumen und der Blitz am Himmel sein. « Er beugtesich
vor und deutete mit seiner Gabel auf mich. Der Mann, mit dem icham
Ende des Abends nicht nach Hause gehen, dessen Telefonnummer ichverlieren
würde. »Gott kann das eigene Gewissen sein. Oder ein anderer Name
für die Liebe. Oder der Urknall. Ja , hab ich gesagt, ich binder
Überzeugung, dass sogar der Urknall eine Bezeichnung für denGlauben
eines Menschen sein kann. Darf ich Ihnen nachschenken?« Das warder
Stand der Dinge, den wir an diesem Abend erreicht hatten. SechsFlaschen
Wein für acht Leute, und das, obwohl wir erst beim Hauptgangangelangt
waren. Labberiger Fisch mit Erbsen. Poppy ist eine derschlechtesten
Köchinnen, die ich kenne. Sie produziert riesige Mengen, die wiemisslungene
Babynahrung schmecken. Ich warf einen Blick zu ihr hinüber. Siewar
gerade in irgendeine Diskussion mit Cathy verwickelt, fuchteltedabei
übertrieben dramatisch mit den Armen herum und saß so weit nachvorn
gebeugt, dass ihr ein Ärmel in den Teller hing. Trotz ihrer herrischen
Art war sie im Grunde ein ängstlicher und unsicherer, vielleichtsogar
unglücklicher Mensch, aber stets großzügig - sie gab diese kleine
Party anlässlich meiner Genesung und bevorstehenden Rückkehr indie
Arbeit. Offenbar spürte sie meinen Blick, denn sie schaute zu mir
herüber und lächelte mich an. Plötzlich sah sie wieder so jung aus
wie die Studentin, die ich zehn Jahre zuvor kennen gelernt hatte.
Kerzenlicht schmeichelt jedem. Die Gesichter rund um den Tischschienen
auf geheimnisvolle Weise zu strahlen. Ich betrachtete Seb, Poppys
Ehemann. Er war Arzt, genauer gesagt Psychiater. Unsere Revieregrenzten
aneinander, zumindest hatte er das irgendwann mal so ausgedrückt.
Ich hatte mich nie als Besitzerin eines Reviers gesehen, aber Seb
wirkte manchmal wirklich wie ein Hund, der in seinem Gartenpatrouillierte
und jeden anbellte, der sich zu nahe heranwagte. Seine scharfenZüge
wurden durch das freundliche, flackernde Licht etwas gemildert.Cathy
wirkte nicht mehr dunkel und schwer, sondern golden und weich. Ihr
Mann saß am anderen Tischende in geheimnisvolles Dämmerlichtgehüllt,
während der Mann zu meiner Linken nur aus Licht- undSchattenflächen
zu bestehen schien.
»Ich hab zu ihr gesagt: Wir haben alle das Bedürfnis, anirgendetwas
zu glauben. Gott kann auch für unsere Träume stehen. Wir allebrauchen
Träume. «
»Das stimmt.« Ich schob mir eine Gabel voll Kabeljau in den Mund.
»Liebe. Was ist das Leben ohne Liebe? , hab ich gesagt. Ich habgesagt«
- er sprach jetzt lauter, an den ganzen Tisch gewandt - » Was ist
das Leben ohne Liebe? «
»Auf die Liebe«, meinte Olive und hob lachend ihr leeres Glas. Ihr
Lachen klang wie das Geläut einer gesprungenen Glocke. Sie wareine
große, dunkle, an einen Raubvogel erinnernde Frau, derenblauschwarzes
Haar sich auf ihrem Kopf dramatisch türmte. Auf mich wirkt sieseit
jeher eher wie ein Model, nicht wie eine Geriatrieschwester. Sielehnte
sich vor und platzierte einen schmatzenden Kuss auf den Mund ihres
neuen Freundes, der zurückgelehnt neben ihr saß und einen leichtbenommenen
Eindruck machte.
»Gibt es jemanden in Ihrem Leben?«, murmelte mein Nachbar. Er warwirklich
ziemlich beschwipst. »Jemanden, den Sie lieben?«
Blinzelnd versuchte ich mich zu erinnern. An eine andere Party,ein
anderes Leben, bevor ich fast gestorben und als eine Frau insLeben
zurückgekehrt war, deren Gesicht von einer Narbe zweigeteiltwurde:
Albie in einem ungenutzten Schlafzimmer in einem fremden Haus, mit
einer anderen Frau, die Hände auf ihrem erdbeerroten Kleid. Erstreifte
ihr die Träger von den Schultern, berührte ihre cremeweißenBrüste.
Sie hatte die Augen geschlossen und den Kopf zurückgelegt. Ihrkräftig
roter Lippenstift war verschmiert. Betrunken nuschelte er: »Nein,
nein, wir dürfen das nicht!«, ließ sie aber trotzdem gewähren,blieb
völlig locker und passiv, während ihre Finger sich an seinemReißverschluss
zu schaffen machten. Ich hatte auf dem Treppenabsatz gestanden und
zu ihnen hineingespäht, unfähig, mich zu bewegen oder einen Lautvon
mir zu geben. Es gibt nur eine begrenzte Anzahl von Dingen, dieman
beim Sex tun kann, dachte ich damals, während ich auf diese Szene
starrte. All die Gesten, von denen wir glauben, es seien unsereganz
persönlichen, gehören genauso anderen Leuten. Die Art, wie sie mit
dem Daumen über seine Unterlippe strich. Ich mache das auch so. In
dem Moment entdeckte mich Albie, und ich dachte: Es gibt nur eine
begrenzte Anzahl von Arten, wie man seinen Geliebten mit eineranderen
erwischen kann. Es erschien mir so abgedroschen. Sein schönes Hemd
hing an ihm herunter. Wir hatten einander angestarrt, die sichrekelnde
Frau zwischen uns. Ich konnte meinen Herzschlag hören. Was ist das
Leben ohne Liebe?
© Goldmann Verlag
Übersetzung: Birgit Moosmüller
Autoren-Porträtvon Nicci French
Hinter dem Namen Nicci French verbirgt sich das EhepaarNicci Gerrard und Sean French. Seit langem sorgen sie mit ihrenSpannungsromanen für Furore. Sie leben mit ihren Kindern in der Nähe vonLondon.
- Autor: Nicci French
- 2002, 415 Seiten, Maße: 14,7 x 22,5 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: C. Bertelsmann
- ISBN-10: 3570005895
- ISBN-13: 9783570005897
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