Das schwarze Buch
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Das schwarze Buch von OrhanPamuk
LESEPROBE
Zwölftes Kapitel
Der Kuß
... wenn das gewohnheitsmäßigeDurchsehen von Periodika in richtiger Weise den von IbnRüşt als antimnemonisch oder gedächtnisschwächendklassifizierten Tätigkeiten zugerechnet werden kann ...
Samuel Taylor Coleridge
Genau vor einer Woche hat jemandeinen Gruß für dich bestellt. »Natürlich werde ich den Gruß von dir ausrichten!« hatte ich versichert, doch bis ich in den Wagen stieg,war er schon vergessen. Nicht der Gruß, der den Gruß bestellende Mann. Ich binauch keineswegs traurig darüber. Wenn's nach mir ginge, müßteein kluger Ehemann alle Grüße vergessen, die er seiner Frau von anderen Männernbestellen soll. Für alle Fälle nämlich. Besonders, wenn Ihre Frau eine Hausfrauist. Weil sie, das arme, unglückliche, Hausfrau genannte Wesen, abgesehen vonden Markt- und Krämersleuten und der Verwandtschaft,ohnehin ihr Leben lang außer dem eigenen Mann, der ihr längst über ist, keinenanderen Mann zu sehen bekommt. Wenn ihr dann jemand einen Gruß bestellen läßt, denkt sie an den so Höflichen und findet auch dieZeit dazu. Und solche Leute sind wirklich sehr höflich, o ja! Wo gab's dennfrüher so einen Brauch, um Himmels willen? Wenn schon, dann ließen höflicheMenschen nur einem namenlosen, unbekannten Harem ihre Achtung entbieten injenen guten alten Zeiten! Die alten Straßenbahnen sind viel besser gewesen.
Meinen Lesern, die wissen, daß ich unverheiratet bin, niemals geheiratet habe undmeiner journalistischen Tätigkeit wegen niemals heiraten werde, ist klargeworden, daß ich vom erstenSatz angefangen ein Vexierspiel treibe. Wer ist dieses von mir angesprochene»du«? Hokuspokus! Ihr alter Kolumnist wird über sein allmählich schwindendesGedächtnis reden; bitte, kommen Sie, um mit mir gemeinsam den Duft der in meinemGarten verwelkenden Rosen einzuatmen, Sie werden'sverstehen. Doch nicht zu nah, bitte, bleiben Sie zwei Schritte entfernt, damitwir unsere gar nicht so großartigen Schreibertricks und Jongleurnummern in Ruheausführen können, ohne daß man uns in die Kartenguckt!
In meinen Anfängen als Zeitungsmannvor gut dreißig Jahren klapperte ich als Berichterstatter auf Nachrichtenfangin Beyoğlu sämtliche Türen ab. Ich sah mich um,ob es in den Nachtlokalen, unter den Rauschgifthändlern, den Beyoğlu-Gangstern einen neuen Mord, ob es irgendwoeine Liebestragödie gab, die mit Selbstmord endete, ich zog von Hotel zu Hotelund fragte nach berühmten Ausländern in Istanbul oder nach jemandem, den ichmeinen Lesern als berühmten, interessanten Fremden anbieten konnte, der aus demWesten in unsere Stadt gekommen war, und drückte einmal im Monat denHotelsekretären ein Zweieinhalblirastück in die Hand, um die Registrationen einsehen zu dürfen. Damals quoll die Weltnoch nicht von Berühmtheiten über wie heute, keine von ihnen suchte Istanbulauf. Wenn die im eigenen Lande gänzlich Unbekannten, von mir als berühmtePersönlichkeiten Präsentierten in der Zeitung ihr Foto sahen, waren sie stetsin eine Verwirrung geraten, die allerdings mit Undank endete. Trotzdem gelangtedieser oder jener lange Zeit später in seiner Heimat wirklich zu dem von mirfrüh prophezeiten Ruhm. Zwanzig Jahre nach meiner Nachricht: »Der berühmte CouturierSowieso war gestern in unserer Stadt« wurde ein bekannter Franzose undExistentialist tatsächlich ein Modemacher, doch er hat's mir nicht vergolten -Undank ist des Westens Lohn!
An einemjener Tage, als ich mit ungetreuen Berühmtheiten und lokalen Gangstern(heutzutage Mafiosi genannt) beschäftigt war, lernte ich einen alten Apothekerkennen, der vielleicht für eine interessante Nachricht gut sein würde. DieserMann war, woran auch ich jetzt leide, von Schlaflosigkeit und Gedächtnisschwundbefallen worden. Es war schrecklich, daß die Gleichzeitigkeit dieser beiden Krankheiten nicht,wie er gehofft hatte, die eine (mehr Zeit wegen der Schlaflosigkeit) durch dieandere (das mangelhafte Gedächtnis) aufhob, sondern das Gegenteil geschah:Genau wie mir, entflohen dem Alten in seinen schlaflosen Nächten dieErinnerungen auf solche Art und Weise, daß er sichmitten in der Nacht, wenn die Zeit einfach nicht vergehen wollte,mutterseelenallein in eine farb- und geruchlose Welt ohne Identität, ohnePersönlichkeit versetzt und wie der »Mann auf der anderen Seite des Mondes«fühlte, der damals so häufig in übersetzten Artikeln ausländischer Magazineerwähnt wurde.
Der Alte hatte jedoch seine Krankheitnicht wie ich durch Schreiben behandelt, sondern statt dessenin seinem Labor eine Rezeptur erfunden. Auf der Zwei-Personen-Pressekonferenz(inklusive Apotheker drei), an der ich eines Abends zusammen mit dem rauschgiftsüchtigenReporter eines Abendblattes teilnahm, hatte er die der Öffentlichkeitvorzustellende rosa Flüssigkeit demonstrativ aus der Flasche in ein Glasgegossen, davon getrunken und tatsächlich den jahrelang ersehnten Schlafgefunden. Ob er aber, wie seinen Schlaf, auch die paradiesischen Erinnerungenseines Gedächtnisses wiedererlangte, blieb der freudig erregten Öffentlichkeit- hatte doch endlich ein Türke etwas erfunden! - für immer verborgen, weil deralte Apotheker nicht mehr aufwachte.
Bei seiner Beerdigung, die, glaubeich, am dritten, einem finsteren Tage, stattfand, dachte ich ständig darübernach, was es gewesen sein mochte, an das er sich erinnern wollte. Ich fragemich immer noch: Sind die Lasten, die unser Gedächtnis, abwirft wie einlaunisches Tragtier, dem die Packen zuviel sind, solche, die wir am wenigstenmögen, die schwersten oder diejenigen, die am leichtesten abfallen?
Ich habe vergessen, wie in denkleinen Zimmern der schönsten Winkel Istanbuls Sonnenstrahlen durch dieTüllgardinen sickern und auf unsere Leiber treffen. Ich habe vergessen, welchesKino es war, an dessen Eingang jener Schwarzhändler für Eintrittskarten seinerBeschäftigung nachging, der die bleiche Griechin an der Kasse liebte unddarüber irre wurde. Während ich Ihre Träume für IhreZeitung deute, habe ich schon längst die Namen meiner lieben Leser, die mit mirdas gleiche träumten, und mein ihnen brieflich anvertrautes Geheimnisvergessen.
Beim Blick zurück auf jene verloreneZeit, beim Suchen nach einem haltbietenden Zweiginmitten der nächtlichen Schlaflosigkeit erinnerte sich Ihr Kolumistan einen schrecklichen, auf den Straßen Istanbuls verbrachten Tag: Ich bineinmal mit Leib und Seele von einem Kuß-Verlangenbesessen gewesen.
An einem Samstag nachmittag hatte ich in einem alten Filmtheatereinen vielleicht noch älteren amerikanischen Kriminalfilm (Die rote Laterne)und darin eine nicht allzu lange Kußsequenzgesehen. Es war eine ganz gewöhnliche Kußszene, ohneUnterschied zu ihresgleichen in anderen Schwarzweißfilmen und von unserenZensoren auf vier Sekunden heruntergeschnitten, unddennoch stieg in mir, ich
weiß nicht, wie es kam, ein soübermäßiges Verlangen hoch, auf die gleiche Weise, Lippe auf Lippe pressend,ja, pressend mit all meiner Kraft, den Mund einer Frau zu küssen, daß ich nahezu erstickte vor lauter Unglücklichsein.Vierundzwanzig Jahre war ich alt und hatte bis dahin noch niemanden auf denMund geküßt. 0 nein, ich war erfahren, hatte inBordellen mit Frauen geschlafen, aber so, wie diese Frauen niemals küßten, hätte auch ich ihre Lippen nie küssen wollen.
Der Film war noch nicht abgelaufen,als ich auf die Straße hinaustrat, doch mich hatten Ungeduld und Aufregunggepackt, als würde irgendwo in der Stadt eine kußwilligeFrau auf mich warten. Ich erinnere mich daran, bis zum Tünelmehr gerannt als gegangen und dann ebensoschnell nachGalatasaray zurückgelaufen zu sein, und auch an denverzweifelten Versuch, wie man im Dunkeln nach etwas tastet, ein bekanntesGesicht, ein Lächeln, ein Frauenbild vors innere Auge zu rufen. Es gab keineBekannte, keine Verwandte zum Küssen für mich, keine einzige war mir bekannt,die meine Geliebte hätte sein können! Die übervolle Stadt schien ganz und garleer zu sein.
Trotz allem saß ich, kaum in Taksim angekommen, schon in einem Autobus. Damals, als meinVater uns verließ, hatte sich eine mit Mutter weitläufig verwandte Familie umuns gekümmert, zu der eine Tochter gehörte. Sie war zwei Jahre jünger als ich,und wir hatten einige Male Neun-Steinchen miteinander gespielt. Als ich eineStunde später endlich an ihre Wohnungstür in Findikzadegelangt war und klingelte, fiel mir wieder ein, daßdie Tochter, die ich hatte küssen wollen, längst verheiratet war. Ihre Eltern,heute beide nicht mehr am Leben, baten mich, hereinzukommen. Sie waren etwaserstaunt und konnten nicht recht verstehen, was mich nach so vielen Jahren zuihnen führte. Wir sprachen von diesem und jenem (daßich Journalist war, interessierte sie weniger, das nahmen sie als Klatschereiauf, als minderwertigen Beruf), hörten uns das Fußballspiel im Radio an,tranken Tee und aßen Simit dazu. Sie meinten es gutund wollten mich auch zum Abendessen dabehalten, doch ich murmelte plötzlichetwas vor mich hin und flüchtete nach draußen.
Auch alsich im Freien stand, als ich die kalte Luft spürte, brannte das Verlangen zu küssenimmer noch hell und heiß in meinem Innern. Ich fühlte eine unerträglich tiefeUnrast, denn wie Eis war meine Haut und wie Feuer mein Fleisch und Blut. Von Eminönü aus bestieg ich den Dampfer und fuhr nach Kadiköy hinüber. Es gab einen Klassenkameraden aus denOberschuljahren, der die Abenteuer eines kußfreudigenMädchens (eines Mädchens also, das vor dem Heiraten küßte)aus seinem Viertel zum besten gegeben hatte. Wennnicht dieses Mädchen, so dachte ich auf dem Wege zum Hause meines Freundes in Fenerbahce, dann kannte er vielleicht ein anderes ihrerArt. Verzweifelt lief ich immer wieder durch die ganze Gegend, in der meinFreund einmal gewohnt hatte, an dunklen Holzvillen und hohen Zypressen vorbei,konnte aber sein Haus nicht finden. Während ich zwischen den Holzbautenentlangging, die heute schon lange abgerissen sind, blickte ich zu einigen dererleuchteten Fenster hin und malte mir aus, da wohne dieses Mädchen, das ohneEheschließung küßte. »Da ist das Mädchen, das ichküssen werde! « sagte ich zu mir beim Blick in eines der Fenster. Ein großerAbstand herrschte nicht zwischen uns, eine Gartenmauer, eine Tür, eine hölzerneTreppe, doch ich konnte sie nicht erreichen, konnte sie nicht küssen - wie naheund wie weit von mir entfernt war es doch im gleichen Augenblick, dieseserschreckende und reizvolle, dieses jedem bekannte und geheimnisvolle,seltsame, unglaubliche, traumhaft fremde und mysteriöse Etwas!
Auf der Rückfahrt zur europäischenSeite kam mir, so weiß ich noch, der Gedanke, was könnte schon passieren, wennich eine der Frauen auf dem Dampfer mit Gewalt küßteoder einfach so täte, als hätte ich mich geirrt, doch ich konnte kein solchesGesicht in meiner Umgebung entdecken, obwohl ich keineswegs wählerisch bin undnicht lange prüfe. Mein Leben war häufiger von Perioden durchzogen gewesen, inderen Verlauf ich hoffnungslos dem schmerzlichen Gefühl erlag, in einergänzlich leeren Stadt zu sein, obwohl ich die gleiche Atemluft mit den Massenvon Istanbul teilte, doch hatte ich dieses Gefühl niemals so heftig gespürt wiean jenem Tage.
Unendlich lange lief ich über diefeuchten Gehsteige. Ich würde selbstverständlich, um zu erreichen, was ichwollte, ein anderes Mal berühmt und ehrenvoll in diese leere, absolut leereStadt kommen. In jenem Augenblick aber konnte Ihr Kolumnist nichts weiter tun,als dorthin nach Hause zu gehen, wo er mit seiner Mutter wohnte, und Trost beiBalzacs Schilderung des armen Rastignac in seinertürkischen Übertragung suchen. Damals las ich Bücher nicht zu meinem Vergnügen,sondern, wie es sich für einen Türken gehörte, voller Pflichtgefühl als etwasfür meine Zukunft Nützliches. Doch was mir später vielleicht einmal nützenwürde, konnte mir jetzt überhaupt nicht helfen. So kam ich nach kurzem Rückzugin mein Zimmer voller Ungeduld wieder heraus. Ich erinnere mich an mein Konterfeiim Badezimmerspiegel und die Überlegung dabei, ob der Mensch sich nichtwenigstens selbst küssen könne, und ließ die Akteure des Films beim Blick inden Spiegel vor meinem inneren Auge erscheinen.
Die Lippen jener Schauspieler gingenmir sowieso nicht aus dem Sinn (Joan Bennett, Dan Duryea).Aber keineswegs mich selbst, höchstens den Spiegel würde ich küssen - ichverließ das Bad. Meine Mutter saß am Tisch, zwischen Schnittmustern undSchnipseln eines Chiffongewebes, das ihr die reichen Verwandten von wer weißwelcher entfernten Verwandtschaft gegeben hatten, und bemühte sich um einAbendkleid, das noch rechtzeitig für eine Hochzeitsfeier fertig werden sollte.
Ich begann, ihr etwas zu erzählen.Es müssen meine Phantasien gewesen sein, Geschichten, die Bilder meinerzukünftigen Tage, meiner Erfolge malen sollten, doch meine Mutter hörte mirüberhaupt nicht zu. Da wurde mir klar, daß icherzählen konnte, was ich wollte, es war unwichtig. Wichtig war nur, daß ich an einem Samstag abend zu Hause mit meiner Mutter gemütlichplauderte. Ich merkte, wie in meinem Innern der Zorn aufzusteigen begann. Ausirgendeinem Grund war ihr Haar an jenem Abend gepflegt und gut frisiert, siehatte sich ganz leicht die Lippen geschminkt; der ziegelrote Ton ihresLippenstiftes ist mir heute noch erinnerlich. Meine Augen blieben an den Lippenmeiner Mutter haften, als ich ihre Mundpartie betrachtete, die man so häufigmit der meinen verglich.
»Warum schaust du mich so komisch an?« fragte sie erschrocken.
Lange bliebes still. Ich ging auf meine Mutter zu, hielt aber nach zwei Schritten inne;meine Beine zitterten. Ohne weiterzugehen, habe ich wohl mit aller Kraft zuschreien begonnen. Ich weiß jetzt nicht mehr genau, was ich gesagt habe, abersofort brach zwischen uns eine von diesen fürchterlichen Streitereien aus. Füreinen Moment hatten wir beide die tiefsitzende Furchtvergessen, die Nachbarn könnten uns hören. Es war einer jener Augenblickevoller Wut und Freiheit, in denen man seinem Gegenüber alles an den Kopf wirft:In solcher Lage könnte man vielleicht eine Tasse zerschmettern oder den Ofenumstürzen.
Als ich mich mit Mühe und Not ausdem Haus ins Freie rettete, saß meine Mutter weinend zwischen Chiffonstücken,Garnrollen und importierten Stecknadeln (die erste türkische Stecknadel wurde1976 von der Firma Atli hergestellt). Bis Mitternachtdurchstreifte ich die Straßen der Stadt. Ich betrat den Hof der Süleymaniye-Moschee, überquerte die Atatürk-Brücke, liefhinauf nach Beyoğlu. Als ob ich nicht ich selbstwäre; als ob mich ein Zorn- und Rache-Geist verfolgte; als ob der, der ich seinsollte, hinter mir herliefe.
In Beyoğluhatte ich mich bei einem Muhallebici niedergelassen,allein, um von der Menge umgeben zu sein, doch sah ich niemanden an, weil meinBlick den eines anderen hätte treffen können, der gleich mir die endlosenSamstagabendstunden füllen wollte - denn Leute wie ich erkennen und verachteneinander sofort. Bald darauf näherte sich mir ein Ehepaar. Der Mann begann, irgend etwas zu reden. Wer aber war zwischen all meinenErinnerungen dieses Gespenst mit weißen Haaren?
Es war der alte Freund, dessen Hausin Fenerbahce ich einfach nicht hatte finden können.Er habe geheiratet, sei bei der staatlichen Eisenbahn angestellt, seine Haareseien nun weiß geworden, er habe jene Jahre noch gut im Gedächtnis. Wenn so einalter Freund, den Sie nach langer Zeit wiedertreffen,an Ihnen Interessantes findet, um der Frau oder Freundin an seiner Seite mitseiner eigenen Vergangenheit zu imponieren, wenn er vorgibt, Erinnerungen undGeheimnisse mit Ihnen zu teilen, will er Sie damit verblüffen - was er auch mitmir versuchte, doch ich ließ mich nicht verblüffen. Ich schlüpfte nicht in dieRolle dessen, der die nur eingebildeten Erinnerungen interessanter werden läßt, ging nicht auf das Spiel ein, noch immer so ein trauriges,miserables Leben zu führen, wie er es schon lange hinter sich gelassen hatte.
Während ich meinen ungesüßten Su Muhallebi löffelte, bekannteich, daß ich längst verheiratet sei und gutverdiente, du zu Hause auf mich warten würdest, ich meinen Chevrolet in Taksim gelassen hätte, deiner Laune wegen hierhergekommen sei, um dir Tavukgöğsüzu kaufen, wir in Nişantaş wohnen würdenund daß ich sie mit meinem Wagen mitnehmen undirgendwo auf dem Wege absetzen könne. Er lehnte dankend ab, da er noch immer inFenerbahce wohnte. Und weil er neugierig war undzunächst zögerte, dann aber erfuhr, daß du »aus einerguten Familie« seist, begann er, mehr zu fragen, umseiner
Frau zubeweisen, daß er guten Familien nahestand.Ich versäumte die Gelegenheit nicht und wies ihn darauf hin, daß er sich an dich erinnern müsse. Er erinnerte sich mitgroßer Zufriedenheit. Ließ dir seine Hochachtung entbieten. Als ich den Muhallebici mit dem Tavukgöğsü-Paketin der Hand verließ, küßte ich ihn zuerst und dannauf vornehme westliche Art, wie in den Filmen gelernt, seineFrau. Was für merkwürdige Leser sind Sie, was ist das hier für ein merkwürdigesLand!
© S.Fischer Verlag
Übersetzung:Ingrid Iren
- Autor: Orhan Pamuk
- 2016, 15. Aufl., 512 Seiten, Maße: 12,5 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Ingrid Iren
- Verlag: FISCHER Taschenbuch
- ISBN-10: 3596129923
- ISBN-13: 9783596129928
- Erscheinungsdatum: 01.10.1997
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