Das Werk der Teufelin
Roman
Köln, anno domini 1376: ''Sucht die Teufelin bei den Beginen!'' Bestürzt vernimmt Pater Ivo die letzten Worte des Domherren, der unter einer herabgestürzten Glocke stirbt. Sofort eilt Ivo zu seiner Freundin Almut, einer eigenwilligen und energischen Begine....
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Produktinformationen zu „Das Werk der Teufelin “
Köln, anno domini 1376: ''Sucht die Teufelin bei den Beginen!'' Bestürzt vernimmt Pater Ivo die letzten Worte des Domherren, der unter einer herabgestürzten Glocke stirbt. Sofort eilt Ivo zu seiner Freundin Almut, einer eigenwilligen und energischen Begine. Almut hätte eigentlich genug Probleme in ihrem Konvent.
Doch als sich weitere mysteriöse Unglücke ereignen, macht sie sich mit Pater Ivo auf Mörderjagd.
Bei ihren Ermittlungen geraten sie an raue Dombaumeister, in zwielichtige Badestuben und in das Labor eines skurrilen Alchimisten.
Doch als sich weitere mysteriöse Unglücke ereignen, macht sie sich mit Pater Ivo auf Mörderjagd.
Bei ihren Ermittlungen geraten sie an raue Dombaumeister, in zwielichtige Badestuben und in das Labor eines skurrilen Alchimisten.
''Ein ebenso spannender wie humorvoller historischer Kriminalroman.''Westdeutsche Zeitung
''Spannung bis zur letzten Zeile - Almut wird Sie begeistern.''
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Klappentext zu „Das Werk der Teufelin “
Köln, anno domini 1376. »Sucht die Teufelin bei den Beginen!« Alarmiert vernimmt der Benediktinerpater Ivo die letzten Worte eines einflussreichen Domherrn, der unter einer herabstürzenden Glocke stirbt. Sollte etwa seine Freundin Almut, Begine im Konvent am Eigelstein, mit dem Vorfall zu tun haben?Schnurstracks führt Pater Ivo die düstere Aufforderung des sterbenden Domherrn in den Konvent der Beginen. Almut Bossart, die junge Witwe eines Baumeisters und eigenwilligstes Mitglied der frommen Frauengemeinschaft, ist noch wie gelähmt von den Eindrücken einer apokalyptischen Prophezeiung, die eine ihrer Mitschwestern ausgestoßen hat. Und sie hat gerade alle Hände voll zu tun. Zwei neue Zöglinge, deren Angaben zu Herkunft und Vergangenheit allerlei Ungereimtheiten aufweisen, fordern Almuts Aufmerksamkeit. Und da ist auch noch der geflüchtete Novize Ewald, der sich vor Pater Ivo versteckt. Als sich jedoch die Unglücksfälle häufen und die Schrecken der Vision reale Gestalt annehmen, muss Almut sich tiefer mit der Vergangenheit ihrer drei Schützlinge auseinander setzen, als ihr lieb ist. Einmal mehr begeben sich Almut Bossart und Pater Ivo ins dunkle Herz des mittelalterlichen Köln: auf die Dombaustelle, in zwielichtige Badestuben, in das Labor eines skurrilen Alchimisten - und schließlich in die Hände skrupelloser Söldner. Mit außergewöhnlichem Mut, bestechender Klugheit und hinreißend spitzer Zunge gelingt es Almut schließlich, das Werk der Teufelin zu entlarven ...
Lese-Probe zu „Das Werk der Teufelin “
Dramatis PersonaeAlmut Bossart - die Heldin, Tochter eines angesehenen Baumeisters, früh verwitwet und seit vier Jahren aus freier Entscheidung Begine. Eine tatkräftige, gesunde junge Frau, die lediglich mit ihrer spitzen Zunge einige Probleme hat.
Die Klerikalen:
Pater Ivo - der Benediktiner von Groß Sankt Martin, von gewittrigem Auftreten, Beichtvater des jungen Ewald, der keine Anfechtung durch Jungfrauen oder andere Mitglieder des weiblichen Geschlechts verspürt. Zumeist wenigstens.
Novize Ewald - ein junger Mann mit großen Gaben, doch ohne Berufung zum geistlichen Leben, der sich in eine verständliche Panik hineingesteigert hat.
Schwester Angelika - ein Mädchen, das von den Ereignissen verstört ist, die sie unwissentlich heraufbeschworen hat, und das Weite sucht, aber nicht findet.
Sigbert von Antorpf - der Domherr mit reichen Pfründen, die zu besuchen eine seiner Hauptbeschäftigungen ist. Sein Drang zur Reinlichkeit aber macht ihm Feinde.
Die Weltlichen:
Aziza - die maurische Hure, die keine ist, aber einen einflussreichen, jedoch nicht näher bekannten Gönner hat.
Johanna - eine junge Badehur, die gelegentlich unentgeltlich junge Novizen einweiht und dabei versehentlich auf die gerade Bahn gerät.
Heinrich Krudener - ein Kräuterhändler und Alchimist, der mehr weiß, als er verrät, und Benediktinermönchen gegenüber nicht gerade freundlich gesonnen ist.
Meinulf Wevers - ein junger Mann, der von dem Domherrn um sein Erbe betrogen wurde und letztendlich auch um sein Leben.
Ursula Wevers - Meinulfs Frau und trauernde Witwe, die nicht beschwören kann, was sie nicht weiß.
Wigbold Raboden - der Vizevogt, der vorsorglich Beginen und andere Frauen inhaftiert.
Pitter - der Päckelchesträger, ein junger Mann, der meistens mit dem - leeren - Magen denkt. Aber nicht immer.
Die Beginen:
Magda von Stave - die Meisterin, die mit Diplomatie und kaufmännischem Geschick den Konvent leitet und sich nie zu unbedachten Äußerungen
... mehr
hinreißen lässt.
Rigmundis von Kleingedank - die Mystikerin, deren apokalyptische Visionen sich, wenn auch auf wunderliche Weise, zu erfüllen pflegen.
Clara - die Gelehrte von delikater Gesundheit, die lieber feinsinnige Bibelübersetzungen anfertigt, als sich die Finger mit rauen Arbeiten schmutzig zu machen.
Elsa - die Apothekerin, die allerlei Heilmittel kennt und auch vor Giften nicht zurückschreckt.
Trine - eine dreizehnjährige Schnüfflerin mit heilenden Händen, die die hohe Kunst der Alchimie zu erlernen sucht.
Gertrud - die Köchin, eine ziemlich verbitterte Person, die nichtsdestotrotz ihr Handwerk versteht und erstaunlich gut zuhören kann.
Thea - das Klageweib, das von einem ganz persönlichen Jammer heimgesucht wird.
Bela und Mettel - die Pförtnerin und die Schweinehirtin, die beide lieber arbeiten als beten.
Judith, Agnes und Irma - drei Schwestern die sich auf das Seidweben verstehen.
Und nicht zu vergessen die historischen Persönlichkeiten:
Friedrich III. v. Saarwerden - ein 28-jähriger Erzbischof, dummerweise abwesend, und mit ihm die gesamte Gerichtsbarkeit, die eigentlich dringend in der Stadt benötigt wird.
Meister Michael - ein begnadeter Dombaumeister, unter dessen Leitung der Südturm heranwächst.
Vorwort
Das heilige Köln des Mittelalters war eine lebhafte Stadt, und ihre Heiligkeit drückte sich vor allem in den unzähligen großartigen Kirchen, Klöstern und Stiften aus. Aber irgendwie beschleicht mich immer, wenn ich mich mit der Chronik dieser wundervollen Stadt befasse, das Gefühl, dass diese Heiligkeit nicht über den Wolken schwebte, sondern ungemein bodenständig war. Vor allem wiederholte Mahnungen der amtierenden Erzbischöfe werfen ein interessantes Licht auf die gängige Praxis, frommes Leben mit purem Geschäftssinn zu vermischen. Etwa der Hinweis darauf, die Klosterbrüder mögen es doch bitte unterlassen, in ihren Immunitäten, also im Klosterbezirk, Wein wie die Weinhändler zu verkaufen oder wie Kneipenwirte anzubieten. Und den Nonnen wurde doch tatsächlich das Ausschenken von Bier untersagt!
Die eleganteste Geschäftsidee jener Zeit aber war der kirchlich sanktionierte Ablasshandel, bei dem man sich durch eine Geldzahlung für gewisse Fristen aus dem zu erwartenden Fegefeuer freikaufen konnte. In Köln wurde dieser schwunghafte Handel vornehmlich zur Finanzierung des Dombaus betrieben. Gütig gewährt wurde vom Erzbischof im Übrigen auch die Umwandlung von Gelübden und Pilgerversprechen in Geldwerte, wenn sie denn dem Domkapitel zur Verfügung gestellt wurden.
Dass sich in diesem Zusammenhang durchaus eine gewisse kriminelle Energie entwickeln konnte, blieb leider auch nicht aus.
Mein intensives und begeistertes Bibelstudium, das natürlich notwendig war, um Almut, der Begine, die treffenden Bemerkungen auf die spitze Zunge legen zu können, brachte mir das Buch Jesus Sirach näher, ein hinreißendes Werk voll praktischer Ratschläge und tiefer Weisheiten, die auch nach Tausenden von Jahren noch nicht ihre Gültigkeit verloren haben. Und sie sind von einer überwältigenden Sprachgewalt und erschreckend bildhaft beschrieben. Wie etwa folgende Feststellung, die den Leitgedanken der nachfolgenden Geschichte bestimmt:
"Wer mit Gewalt ein Urteil erzwingen möchte, der ist wie ein Verschnittener, der eine Jungfrau schänden will." (20.4)
Im heiligen Köln im Herbst des Jahres 1376 der Menschwerdung des Herrn
1. Kapitel
Domherr Sigbert von Antorpf verfluchte die Langsamkeit der Träger. Er fluchte auch über den Zustand der Straße und die unnötigen Aufenthalte, denn Söldner hatten ihre Lager zwischen Bonn und Köln aufgeschlagen. Er fluchte ebenfalls darüber, in einer schwankenden Sänfte reisen zu müssen, die ihm Übelkeit verursachte. Aber die Wunde schmerzte nach wie vor, selbst wenn sie inzwischen verheilt war. An Reiten war überhaupt nicht zu denken. Vor allem aber verfluchte der Domherr die Teufelin, die sie ihm zugefügt hatte. Dieses heimtückische Frauenzimmer war der Grund für seine beschwerliche Reise - oder besser gesagt, einer der Gründe. Sie war ihm entwischt, just als er sie zur Rechenschaft ziehen wollte. Und es war ihr, wie auch immer, gelungen, in den Wirren der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem Erzbischof von Köln und dem Rat der Stadt irgendwo wie ein scheues Wild Unterschlupf zu finden. Er hatte ihre Fährte bis kurz hinter Bonn verfolgt, aber stets war sie ihm einen oder zwei Tage voraus.
Dieser Tag neigte sich nun schon wieder dem Ende zu, und er wies die lahmen Trottel, die seine Sänfte trugen, an, an dem Gasthaus vor ihnen anzuhalten und ihn dort abzusetzen. Stöhnend und steifbeinig wuchtete er seinen massigen Körper von dem Sitz und stützte sich schwer auf den schwarzen Knüttel, der ihm als Stock und gegebenenfalls auch als Waffe diente. Viel versprechend sah das Haus nicht aus, und das Gelärme ließ darauf schließen, dass hier lästiges Kriegsvolk Einkehr gehalten hatte. Aber der Domherr fühlte sich außer Stande, nur noch einen Schritt weiter zu reisen. So gab er seinem Diener den Befehl, für ein standesgemäßes Nachtlager zu sorgen. Unter Umständen war es sogar von Nutzen, dass sich zahlreiche Gäste hier aufhielten. Möglicherweise hatte der eine oder andere die flüchtige kleine Hure gesehen.
In der Tat hatte man sie gesehen, und ihre Spur führte nach Köln.
Was der Domherr nicht wahrnahm, war die junge, verhärmte Frau, die, als sie seiner ansichtig wurde, hurtig in den herbstlich langen Schatten der Bäume verschwand und sich trotz ihrer Erschöpfung und des Hungers nicht mehr im Gasthaus sehen ließ.
2. Kapitel
Es war ein heiterer Tag, die Luft war noch sommerlich warm, wenn auch bereits ein Hauch von Herbst in dem milden Wind lag, der über die engen Wege zwischen den Feldern strich und den trockenen Staub aufwirbelte. Der Duft von Heu, reifen Äpfeln und der leicht säuerliche Geruch der Gärung lag darin, aber ebenfalls eine Spur des fauligen Brodems, der aus dem Uferschlamm des Rheins aufstieg. Nach den heißen Sommermonaten führte der Fluss jetzt nur noch wenig Wasser.
Drei Beginen, in schlichte graue Kleider gewandet, züchtig die Haare mit den weißen Gebänden und Schleiern bedeckt, wanderten mit Körben voller Äpfeln vom Altenberger Hof zurück zu ihrem Heim in der Nähe des Eigelstein-Tores. Sie hatten vom Gutsbesitzer die Erlaubnis erhalten, das Streuobst auf seinen Wiesen zu sammeln, als Dank für ihren Beistand bei der Bestattung eines alten, treuen Verwalters.
"Ein bisschen knauserig, der Kniesbüggel. Streuobst ... Ich bitte euch! Und voller Wespen! Dabei habe ich mir die Seele aus dem Leib geschluchzt, als sie den alten Jobst unter die Erde gebracht haben!"
Thea, die geradezu professionell die Rolle des Klageweibes beherrschte, war schlecht gelaunt, wie schon häufiger in den vergangenen Wochen.
"Ach, was soll's, Thea. Gertrud wird einen wunderbaren Apfelwein daraus bereiten, und wenn du ihn trinkst, wirst du dem Kniesbüggel noch dankbar sein. Außerdem war es doch ein schöner Tag heute!"
Almut, die jüngste der drei Beginen, redete ihrer älteren Begleiterin besänftigend zu. Sie selbst fühlte sich wohlig müde und entspannt nach einem Tag leichter Arbeit in der Sonne und der frischen Luft. Mit einem kraftvollen Schwung wechselte sie den schweren Korb vom rechten Arm zum linken, griff dann hinein, um einen der rotbackigen Äpfel herauszuholen und herzhaft hineinzubeißen.
"Wir sollen nicht unbescheiden sein", meinte sie leicht dahin, während sie sich den Saft von den Lippen leckte. "Wir haben nicht nur Fallobst in unseren Körben, wie du siehst. Es sind von einem der Bäume auch eine ganze Menge schöner Äpfel heruntergefallen, nachdem ich gegen den Stamm gestolpert bin. Die werden zum Christfest noch herrliche Bratäpfel geben."
"Du hast schon eine sehr merkwürdige Art zu stolpern, Almut." Theas verbiesterte Miene hellte sich auf, als sie sich daran erinnerte, wie Almut den Baumstamm gerüttelt hatte, wodurch die Früchte nur so herunterprasselten.
"Ja, ich bin entsetzlich ungeschickt. Morgen solltet ihr jemand anderen mitnehmen, um Streuobst zu sammeln."
"Mal sehen."
Zufrieden mit dieser Antwort wanderte Almut weiter zwischen den beiden voran und bemerkte dabei nicht, wie ihre dritte Begleiterin, Rigmundis, schweigsam und immer matter wurde.
Das Missgeschick geschah, als sie schon in Sichtweite der Mauer waren, die ihr Heim umgab. Dort hatten die Karren und Fuhrwerke tiefe Spuren in den weichen Untergrund gegraben, der jetzt durch die anhaltende Trockenheit hart wie Stein geworden war. Rigmundis schwankte, trat ungeschickt in eine Fahrspur, knickte mit dem Fuß um und stürzte auf den Wegesrand. Der Korb landete sanfter als sie, und nur wenige Äpfel kollerten heraus. Sie gab einen überraschten Schrei von sich und blieb liegen.
"Hoppla, was machst du denn!"
Almut stellte ihren Korb ab und bückte sich zu der älteren Frau, damit sie ihr beim Aufstehen helfen konnte. Rigmundis ergriff ihre Hand, um sich hochzuziehen, musste aber mit einem gequälten Stöhnen liegen bleiben.
"Es geht nicht, Almut, mein Fuß schmerzt entsetzlich!"
"Hast du dir den Knöchel verrenkt?"
"Nicht nur das, mir ist so schwindelig, und dieser Wespenstich auf meiner Hand pocht so schrecklich."
Sie zeigte ihre Hand, die stark angeschwollen und glänzend rot geworden war.
"Ei wei! Thea, gehst du bitte zur Pforte und bittest Mettel und Bela darum, herzukommen und mir zu helfen? Sie sollen eines der Bretter mitbringen, die im Hof liegen."
Wortlos machte sich Thea auf den Weg, während Almut Rigmundis half, sich in eine bequemere Lage aufzusetzen. Zum Glück kamen die beiden Beginen, junge, kräftige Frauen, sogleich angelaufen, und gemeinsam schafften sie es, sie auf dem Brett sitzend in den Hof und anschließend die Stiegen hinauf in ihre Wohnung zu tragen.
Einige Zeit später stand Almut an ihrem Lager und sah zu, wie Magda den verrenkten Fuß fest bandagierte.
"Mir ist so heiß", stöhnte die Verletzte und wälzte sich unbehaglich hin und her.
Almut legte ihr die Hand auf die Stirn und schüttelte den Kopf. "Magda, ich fürchte, sie hat hohes Fieber. Es war ihr schon vorhin schwindelig geworden. Zu dumm, dass unsere Apothekerin nicht hier ist."
"Elsa kommt erst am Freitag wieder. Aber ich könnte ihr eine Botschaft schicken, wenn es schlimmer wird." Magda war die Meisterin der Beginen, das gewählte Oberhaupt der kleinen Gemeinschaft von zwölf Frauen, die gemeinsam lebten und arbeiteten.
"Rigmundis, hast du weitere Schmerzen außer denen in deinem Fuß?"
"Dieser Wespenstich tut mir weh. Und mir ist so heiß, ich brenne!"
Sie zerrte an ihren Kleidern. Voller Besorgnis sahen sich Almut und Magda an. Die letzte Pest-Epidemie war zwar schon beinahe dreißig Jahre her, aber die Furcht vor der Seuche war beiden durchaus gegenwärtig. Sie halfen Rigmundis, die eng gebundene Kopftracht abzulegen und die Kleider zu lösen, dann wickelten sie sie in ihre Decken.
"Keine Schwellungen, keine Geschwüre", flüsterte Almut. "Es mag vielleicht wirklich nur an dem Wespenstich liegen. Ich werde Trine bitten, einen Weidenrinden-Aufguss zu richten. Und ich könnte Clara fragen, ob sie einen Arzt kennt. Du weißt ja, ihre Gesundheit ...!"
Die Meisterin nickte zustimmend ...
Rigmundis von Kleingedank - die Mystikerin, deren apokalyptische Visionen sich, wenn auch auf wunderliche Weise, zu erfüllen pflegen.
Clara - die Gelehrte von delikater Gesundheit, die lieber feinsinnige Bibelübersetzungen anfertigt, als sich die Finger mit rauen Arbeiten schmutzig zu machen.
Elsa - die Apothekerin, die allerlei Heilmittel kennt und auch vor Giften nicht zurückschreckt.
Trine - eine dreizehnjährige Schnüfflerin mit heilenden Händen, die die hohe Kunst der Alchimie zu erlernen sucht.
Gertrud - die Köchin, eine ziemlich verbitterte Person, die nichtsdestotrotz ihr Handwerk versteht und erstaunlich gut zuhören kann.
Thea - das Klageweib, das von einem ganz persönlichen Jammer heimgesucht wird.
Bela und Mettel - die Pförtnerin und die Schweinehirtin, die beide lieber arbeiten als beten.
Judith, Agnes und Irma - drei Schwestern die sich auf das Seidweben verstehen.
Und nicht zu vergessen die historischen Persönlichkeiten:
Friedrich III. v. Saarwerden - ein 28-jähriger Erzbischof, dummerweise abwesend, und mit ihm die gesamte Gerichtsbarkeit, die eigentlich dringend in der Stadt benötigt wird.
Meister Michael - ein begnadeter Dombaumeister, unter dessen Leitung der Südturm heranwächst.
Vorwort
Das heilige Köln des Mittelalters war eine lebhafte Stadt, und ihre Heiligkeit drückte sich vor allem in den unzähligen großartigen Kirchen, Klöstern und Stiften aus. Aber irgendwie beschleicht mich immer, wenn ich mich mit der Chronik dieser wundervollen Stadt befasse, das Gefühl, dass diese Heiligkeit nicht über den Wolken schwebte, sondern ungemein bodenständig war. Vor allem wiederholte Mahnungen der amtierenden Erzbischöfe werfen ein interessantes Licht auf die gängige Praxis, frommes Leben mit purem Geschäftssinn zu vermischen. Etwa der Hinweis darauf, die Klosterbrüder mögen es doch bitte unterlassen, in ihren Immunitäten, also im Klosterbezirk, Wein wie die Weinhändler zu verkaufen oder wie Kneipenwirte anzubieten. Und den Nonnen wurde doch tatsächlich das Ausschenken von Bier untersagt!
Die eleganteste Geschäftsidee jener Zeit aber war der kirchlich sanktionierte Ablasshandel, bei dem man sich durch eine Geldzahlung für gewisse Fristen aus dem zu erwartenden Fegefeuer freikaufen konnte. In Köln wurde dieser schwunghafte Handel vornehmlich zur Finanzierung des Dombaus betrieben. Gütig gewährt wurde vom Erzbischof im Übrigen auch die Umwandlung von Gelübden und Pilgerversprechen in Geldwerte, wenn sie denn dem Domkapitel zur Verfügung gestellt wurden.
Dass sich in diesem Zusammenhang durchaus eine gewisse kriminelle Energie entwickeln konnte, blieb leider auch nicht aus.
Mein intensives und begeistertes Bibelstudium, das natürlich notwendig war, um Almut, der Begine, die treffenden Bemerkungen auf die spitze Zunge legen zu können, brachte mir das Buch Jesus Sirach näher, ein hinreißendes Werk voll praktischer Ratschläge und tiefer Weisheiten, die auch nach Tausenden von Jahren noch nicht ihre Gültigkeit verloren haben. Und sie sind von einer überwältigenden Sprachgewalt und erschreckend bildhaft beschrieben. Wie etwa folgende Feststellung, die den Leitgedanken der nachfolgenden Geschichte bestimmt:
"Wer mit Gewalt ein Urteil erzwingen möchte, der ist wie ein Verschnittener, der eine Jungfrau schänden will." (20.4)
Im heiligen Köln im Herbst des Jahres 1376 der Menschwerdung des Herrn
1. Kapitel
Domherr Sigbert von Antorpf verfluchte die Langsamkeit der Träger. Er fluchte auch über den Zustand der Straße und die unnötigen Aufenthalte, denn Söldner hatten ihre Lager zwischen Bonn und Köln aufgeschlagen. Er fluchte ebenfalls darüber, in einer schwankenden Sänfte reisen zu müssen, die ihm Übelkeit verursachte. Aber die Wunde schmerzte nach wie vor, selbst wenn sie inzwischen verheilt war. An Reiten war überhaupt nicht zu denken. Vor allem aber verfluchte der Domherr die Teufelin, die sie ihm zugefügt hatte. Dieses heimtückische Frauenzimmer war der Grund für seine beschwerliche Reise - oder besser gesagt, einer der Gründe. Sie war ihm entwischt, just als er sie zur Rechenschaft ziehen wollte. Und es war ihr, wie auch immer, gelungen, in den Wirren der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem Erzbischof von Köln und dem Rat der Stadt irgendwo wie ein scheues Wild Unterschlupf zu finden. Er hatte ihre Fährte bis kurz hinter Bonn verfolgt, aber stets war sie ihm einen oder zwei Tage voraus.
Dieser Tag neigte sich nun schon wieder dem Ende zu, und er wies die lahmen Trottel, die seine Sänfte trugen, an, an dem Gasthaus vor ihnen anzuhalten und ihn dort abzusetzen. Stöhnend und steifbeinig wuchtete er seinen massigen Körper von dem Sitz und stützte sich schwer auf den schwarzen Knüttel, der ihm als Stock und gegebenenfalls auch als Waffe diente. Viel versprechend sah das Haus nicht aus, und das Gelärme ließ darauf schließen, dass hier lästiges Kriegsvolk Einkehr gehalten hatte. Aber der Domherr fühlte sich außer Stande, nur noch einen Schritt weiter zu reisen. So gab er seinem Diener den Befehl, für ein standesgemäßes Nachtlager zu sorgen. Unter Umständen war es sogar von Nutzen, dass sich zahlreiche Gäste hier aufhielten. Möglicherweise hatte der eine oder andere die flüchtige kleine Hure gesehen.
In der Tat hatte man sie gesehen, und ihre Spur führte nach Köln.
Was der Domherr nicht wahrnahm, war die junge, verhärmte Frau, die, als sie seiner ansichtig wurde, hurtig in den herbstlich langen Schatten der Bäume verschwand und sich trotz ihrer Erschöpfung und des Hungers nicht mehr im Gasthaus sehen ließ.
2. Kapitel
Es war ein heiterer Tag, die Luft war noch sommerlich warm, wenn auch bereits ein Hauch von Herbst in dem milden Wind lag, der über die engen Wege zwischen den Feldern strich und den trockenen Staub aufwirbelte. Der Duft von Heu, reifen Äpfeln und der leicht säuerliche Geruch der Gärung lag darin, aber ebenfalls eine Spur des fauligen Brodems, der aus dem Uferschlamm des Rheins aufstieg. Nach den heißen Sommermonaten führte der Fluss jetzt nur noch wenig Wasser.
Drei Beginen, in schlichte graue Kleider gewandet, züchtig die Haare mit den weißen Gebänden und Schleiern bedeckt, wanderten mit Körben voller Äpfeln vom Altenberger Hof zurück zu ihrem Heim in der Nähe des Eigelstein-Tores. Sie hatten vom Gutsbesitzer die Erlaubnis erhalten, das Streuobst auf seinen Wiesen zu sammeln, als Dank für ihren Beistand bei der Bestattung eines alten, treuen Verwalters.
"Ein bisschen knauserig, der Kniesbüggel. Streuobst ... Ich bitte euch! Und voller Wespen! Dabei habe ich mir die Seele aus dem Leib geschluchzt, als sie den alten Jobst unter die Erde gebracht haben!"
Thea, die geradezu professionell die Rolle des Klageweibes beherrschte, war schlecht gelaunt, wie schon häufiger in den vergangenen Wochen.
"Ach, was soll's, Thea. Gertrud wird einen wunderbaren Apfelwein daraus bereiten, und wenn du ihn trinkst, wirst du dem Kniesbüggel noch dankbar sein. Außerdem war es doch ein schöner Tag heute!"
Almut, die jüngste der drei Beginen, redete ihrer älteren Begleiterin besänftigend zu. Sie selbst fühlte sich wohlig müde und entspannt nach einem Tag leichter Arbeit in der Sonne und der frischen Luft. Mit einem kraftvollen Schwung wechselte sie den schweren Korb vom rechten Arm zum linken, griff dann hinein, um einen der rotbackigen Äpfel herauszuholen und herzhaft hineinzubeißen.
"Wir sollen nicht unbescheiden sein", meinte sie leicht dahin, während sie sich den Saft von den Lippen leckte. "Wir haben nicht nur Fallobst in unseren Körben, wie du siehst. Es sind von einem der Bäume auch eine ganze Menge schöner Äpfel heruntergefallen, nachdem ich gegen den Stamm gestolpert bin. Die werden zum Christfest noch herrliche Bratäpfel geben."
"Du hast schon eine sehr merkwürdige Art zu stolpern, Almut." Theas verbiesterte Miene hellte sich auf, als sie sich daran erinnerte, wie Almut den Baumstamm gerüttelt hatte, wodurch die Früchte nur so herunterprasselten.
"Ja, ich bin entsetzlich ungeschickt. Morgen solltet ihr jemand anderen mitnehmen, um Streuobst zu sammeln."
"Mal sehen."
Zufrieden mit dieser Antwort wanderte Almut weiter zwischen den beiden voran und bemerkte dabei nicht, wie ihre dritte Begleiterin, Rigmundis, schweigsam und immer matter wurde.
Das Missgeschick geschah, als sie schon in Sichtweite der Mauer waren, die ihr Heim umgab. Dort hatten die Karren und Fuhrwerke tiefe Spuren in den weichen Untergrund gegraben, der jetzt durch die anhaltende Trockenheit hart wie Stein geworden war. Rigmundis schwankte, trat ungeschickt in eine Fahrspur, knickte mit dem Fuß um und stürzte auf den Wegesrand. Der Korb landete sanfter als sie, und nur wenige Äpfel kollerten heraus. Sie gab einen überraschten Schrei von sich und blieb liegen.
"Hoppla, was machst du denn!"
Almut stellte ihren Korb ab und bückte sich zu der älteren Frau, damit sie ihr beim Aufstehen helfen konnte. Rigmundis ergriff ihre Hand, um sich hochzuziehen, musste aber mit einem gequälten Stöhnen liegen bleiben.
"Es geht nicht, Almut, mein Fuß schmerzt entsetzlich!"
"Hast du dir den Knöchel verrenkt?"
"Nicht nur das, mir ist so schwindelig, und dieser Wespenstich auf meiner Hand pocht so schrecklich."
Sie zeigte ihre Hand, die stark angeschwollen und glänzend rot geworden war.
"Ei wei! Thea, gehst du bitte zur Pforte und bittest Mettel und Bela darum, herzukommen und mir zu helfen? Sie sollen eines der Bretter mitbringen, die im Hof liegen."
Wortlos machte sich Thea auf den Weg, während Almut Rigmundis half, sich in eine bequemere Lage aufzusetzen. Zum Glück kamen die beiden Beginen, junge, kräftige Frauen, sogleich angelaufen, und gemeinsam schafften sie es, sie auf dem Brett sitzend in den Hof und anschließend die Stiegen hinauf in ihre Wohnung zu tragen.
Einige Zeit später stand Almut an ihrem Lager und sah zu, wie Magda den verrenkten Fuß fest bandagierte.
"Mir ist so heiß", stöhnte die Verletzte und wälzte sich unbehaglich hin und her.
Almut legte ihr die Hand auf die Stirn und schüttelte den Kopf. "Magda, ich fürchte, sie hat hohes Fieber. Es war ihr schon vorhin schwindelig geworden. Zu dumm, dass unsere Apothekerin nicht hier ist."
"Elsa kommt erst am Freitag wieder. Aber ich könnte ihr eine Botschaft schicken, wenn es schlimmer wird." Magda war die Meisterin der Beginen, das gewählte Oberhaupt der kleinen Gemeinschaft von zwölf Frauen, die gemeinsam lebten und arbeiteten.
"Rigmundis, hast du weitere Schmerzen außer denen in deinem Fuß?"
"Dieser Wespenstich tut mir weh. Und mir ist so heiß, ich brenne!"
Sie zerrte an ihren Kleidern. Voller Besorgnis sahen sich Almut und Magda an. Die letzte Pest-Epidemie war zwar schon beinahe dreißig Jahre her, aber die Furcht vor der Seuche war beiden durchaus gegenwärtig. Sie halfen Rigmundis, die eng gebundene Kopftracht abzulegen und die Kleider zu lösen, dann wickelten sie sie in ihre Decken.
"Keine Schwellungen, keine Geschwüre", flüsterte Almut. "Es mag vielleicht wirklich nur an dem Wespenstich liegen. Ich werde Trine bitten, einen Weidenrinden-Aufguss zu richten. Und ich könnte Clara fragen, ob sie einen Arzt kennt. Du weißt ja, ihre Gesundheit ...!"
Die Meisterin nickte zustimmend ...
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Autoren-Porträt von Andrea Schacht
Andrea Schacht, Jg. 1956, war lange Jahre als Wirtschaftsingenieurin in der Industrie und als Unternehmensberaterin tätig, hat dann aber dem seit Jugendtagen gehegten Wunsch nachgegeben, Schriftstellerin zu werden. Sie lebt heute als freie Schriftstellerin in der Nähe von Bad Godesberg. Neben erfolgreichen historischen Romanen hat sie etliche Bücher veröffentlicht, in denen Katzen eine Hauptrolle spielen.
Bibliographische Angaben
- Autor: Andrea Schacht
- 2004, 3, 380 Seiten, Maße: 13,9 x 22,1 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 376450157X
- ISBN-13: 9783764501570
Kommentar zu "Das Werk der Teufelin"
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