Das Zauberlied
Die Engländerin Audrey wächst in den Fünfzigern in Buenos Aires auf. Bald treffen auch die Brüder Louis und Cecil dort ein. Sofort verliebt sich Audrey in Louis. Doch die Umstände zwingen sie zu einer Vernunftehe. Sie muss nach England - mit Cecil! Doch...
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Die Engländerin Audrey wächst in den Fünfzigern in Buenos Aires auf. Bald treffen auch die Brüder Louis und Cecil dort ein. Sofort verliebt sich Audrey in Louis. Doch die Umstände zwingen sie zu einer Vernunftehe. Sie muss nach England - mit Cecil! Doch Louis gibt nicht auf und komponiert ein wunderbares Klavierstück für Audrey, das der alten Liebe neues Leben einhauchen soll.
''Santa Montefiore ist die neue Rosamunde Pilcher.''
Daily Mail
''Zauberhaft und einfach wunderbar.''
Sunday Express
DasZauberlied von Santa Montefiore
LESEPROBE
DIE ENGLISCHE KOLONIE HURLINGHAM
BUENOS AIRES 1946
Audrey, komm schnell!«,zischelte Isla, packte ihre sechzehnjährige Schwester am Arm und zog sie ausihrem Gartenstuhl. »Tante Hilda und Tante Edna trinken Tee mit Mummy. Anscheinend ist Emma Townsend im Arm einesArgentiniers gesehen worden. Komm mit, hör dir das an. Es ist zum Schreien!« Audrey klappte ihren Roman zu und folgte ihrer Schwesterüber den Rasen zum Clubhaus.
Die Dezembersonne brannte unbarmherzignieder auf dieses kleine Stückchen England, das sich mit aller Macht gegen dieIntegration in die zu einer Nation verschmolzenen früher angekommenenNationalitäten wehrte. Wie ein zerbrechliches Floß auf dem Meer hüteten dieEngländer ihren Stolz und ihre Fahne. Doch der berauschende Duft von Eukalyptusund Gardenien vermischte sich mit dem von Tee undKuchen, und das englischsprachige Gemurmel und Tennisgeräusche hallten über dasGelände, bemüht, sich gegen das Donnern argentinischer Pferde und das Geplauderder Gauchos, die sie betreuten, durchzusetzen. BeideKulturen liefen nebeneinander her wie zwei Pferde, kaum bewusst, dass sie imGrunde denselben Karren zogen.
Audrey und Isla waren in diesemausgesprochen britischen Winkel Argentiniens aufgewachsen, in einer elegantenVorstadt von Buenos Aires. Die Kolonie, angesiedelt um den HurlinghamClub, wo Roastbeef und Fleischpastete im holzverkleideten Speisesaal unter denstrengen Porträts von König und Königin serviert wurden, war groß undeinflussreich, und das Leben gut. Palastähnliche Häuser standen sauberangeordnet hinter hohen Eibenhecken und englischen Bauerngärten, verbundendurch unbefestigte Wege, die hinausführten in die ebene Pampa. Die Schwesternwetteiferten auf dem Sportplatz, spielten Tennis, gingen schwimmen und ärgertenden Strauß des Nachbarn, indem sie Golfbälle in sein Gehege warfen undbelustigt zusahen, wie er sie fraß.
Sie ritten über die endlose Pampa undjagten die Präriehasen durchs lange Gras. Wenn dann die Sonne unterging und dasZirpen der Grillen das Schnauben der Pferde übertönte, picknickten sie mitihrer Mutter und den Cousins und Cousinen im Schatten des Eukalyptusbaums. Eswaren geruhsame, unschuldige Zeiten, unberührt von den Zwängen derErwachsenenwelt. Diese Zwänge erwarteten auch die Mädchen, wenn sie volljährigwurden, doch bis dahin waren Intrigen und Skandale, hinter vorgehaltener Handbei Teegebäck und Gurkensandwiches weitergegeben, nur willkommene Quellen derErheiterung, besonders für Isla, die nur allzu gern alt genug sein wollte, umselbst derartige Aufregungen erzeugen zu können.
Als Audrey und Isla das Clubhausbetraten, fiel ihnen sofort auf, wie man sich von Tee und Gebäck losriss, umden Schwestern entgegenzublicken, die anmutig zwischen den Tischen hindurchnäher kamen. Sie waren solche Aufmerksamkeit gewohnt, doch während Audreyverschämt den Blick senkte, trug Isla den Kopf hoch und schaute hochmütig überdie Tische hinweg. Ihre Mutter hatte ihnen erklärt, dass sie so viel Beachtungfänden, weil ihr Vater ein Industriemagnat und äußerst bedeutender Mann wäre,doch Isla wusste, dass es eher mit ihren dichten, hüftlangen Korkenzieherlockenund den klaren grünen Augen zu tun hatte. Isla kam fünfzehn Monate nach Audreyzur Welt und war die Auffälligere von ihnen. Eigensinnig und mutwillig,gesegnet mit einem Teint von der Farbe hellen Honigs und Lippen, die gernschelmisch lächelten, was die Menschen bezauberte, selbst wenn sie wenig tat,um ihre Zuneigung zu verdienen. Sie war kleiner als ihre Schwester, wirkte aberdank ihres beschwingten Gangs und ihres übermäßigen Selbstbewusstseins größerals diese. Sie genoss jede Art von Beachtung und hatte sich angewöhnt, wie die Latinos beim Sprechen mit den Händen zu gestikulieren, wasstets ins Auge fiel und entzückte.
Audrey war eine eher klassischeSchönheit. Sie hatte ein ovales, empfindsames Gesicht und helle Alabasterhaut,die zum Erröten neigte. Ihre Augen verrieten einen Hang zur Nachdenklichkeit,hervorgerufen durch die romantischen Romane, die sie gern las, und die Musik,die sie so mochte. Sie war ein verträumtes Kind, saß gern stundenlang in einemGartensessel auf dem Rasen des Clubhauses und malte sich die Welt jenseits derabgeschiedenen Insel aus, zu der sie gehörte, eine Welt, in der die Männerleidenschaftlich und hemmungslos waren und mit ihren Geliebten unter denSternen, umweht von Jasminduft, auf den gepflasterten Straßen von Palermotanzten. Sie sehnte sich danach, sich zu verlieben, doch ihre Mutter erklärteihr, sie wäre zu jung, um ihre Gedanken an solche Romanzen zu verschwenden.»Für die Liebe ist noch reichlich Zeit, mein Schatz, wenn du volljährig bist.« Audrey jedoch wusste instinktiv, dass ihre Mutter sichirrte. Sie kannte die Liebe, als hätte sie sie in einem anderen Leben bereitserfahren, und ihre Seele sehnte sich schmerzhaft danach. »Ah, meine hübschenNichten! «, rief Tante Edna aus, als sie der beiden Mädchen ansichtig wurde.Sie neigte sich ihrer Schwester zu und flüsterte: »Rose, sie werden mit jedemTag schöner. Es dauert nicht mehr lange, dann fangen die jungen Männer an,ihnen den Hof zu machen. Auf diese Isla musst du aber gut Acht geben, sie hatso ein freches Glitzern in den Augen, wirklich.« TanteEdna war Witwe und kinderlos, schaffte es aber mit typisch britischemStoizismus, die Tragödien ihres Lebens mit einem gesunden Sinn für Humor zuersticken und ihren Mutterinstinkt auszuleben, indem sie ihre Neffen undNichten als eigene Kinder betrachtete. Tante Hilda straffte sich undbetrachtete Isla und Audrey voller Abneigung, denn ihre eigenen vier Töchterwaren dünn und unscheinbar, mit fahler Haut und nichts sagendem Wesen. Siehätte stattdessen lieber vier Söhne gehabt, dann wären die Aussichten, diese günstigzu verheiraten, erheblich besser gewesen.
»Kommt, setzt euch, Mädchen«, fuhr TanteEdna fort und klopfte mit ihrer fleischigen, schwer beringten Hand auf denStuhl an ihrer Seite. »Wir sprachen gerade über. «
»Pas devantles enfants«, fiel Rose ihr ins Wort und schenktesich mehr Tee ein.
»Ach, Mummy,bitte erzähle doch!«, flehte Isla und zog eineGrimasse in Tante Ednas Richtung, die ihr daraufhin zuzwinkerte. Wenn sie esjetzt nicht erfuhren, würde die Tante sie später informieren.
»Es kann nicht schaden, diese Geschichtezu erzählen, Rose«, sagte sie zu ihrer Schwester. »Meinst du nicht auch, Hilda,dass so etwas zu ihrer Erziehung gehört? « Hilda schürzte die trockenen Lippenund spielte mit der Perlenschnur an ihrem dürren Hals.
»Vorbeugen ist besser als heilen«,erwiderte sie mit gepresster Stimme, denn Tante Hilda öffnete beim Sprechenkaum den Mund. »Ich wüsste nicht, was dagegen spricht, Rose. «
»Nun denn«, gab Rose nach und lehntesich resigniert in ihren Sessel zurück. »Aber erzähle du, Edna, es macht michzu traurig, wenn ich darüber sprechen muss. «
Tante Ednas blaue Augen blitztenverschmitzt, und sie zündete sich bedächtig eine Zigarette an. Ihre beidenNichten warteten ungeduldig, während sie tief den Rauch inhalierte, um diedramatische Wirkung zu erhöhen. »Eine tragische und doch ausgesprochenromantische Geschichte, meine Lieben«, hob sie an und stieß den Rauch aus wieein freundlicher Drache. »Während der ganzen Zeit ihrer Verlobung mit Thomas Letton war Emma Townsend rettungslos in einenargentinischen Jungen verliebt. «
»Und das Schlimmste ist, dass dieserJunge nicht einmal aus einer guten argentinischen Familie stammt«, warf TanteHilda ein und zog zum Zeichen ihrer Missbilligung die Augenbrauen hoch. »Er istder Sohn eines Bäckers oder so.« Sie schob ihreknochigen Finger in die Zigarettenschachtel ihrer Schwester und zündete sichvoller Entrüstung ein Stäbchen an.
»Die armen Eltern«, jammerte Rosekopfschüttelnd. »Welch eine Schande für sie.«
»Wo hat sie ihn denn kennen gelernt?«, fragte Audrey, auf Anhieb gerührt von derAussichtslosigkeit dieser Affäre und begierig, mehr zu hören.
»Das weiß keiner. Sie sagtes nicht«, antwortete Tante Edna, begeistert von dieser geheimnisvollenGeschichte. »Aber wenn ihr mich fragt: Er stammt aus der Nachbarschaft. Wiehätte sie ihm sonst über den Weg laufen sollen? Es muss wohl Liebe auf denersten Blick gewesen sein. Ich weiß aus einer sehr zuverlässigen Quelle, dasssie aus ihrem Schlafzimmerfenster gestiegen ist, um sich um Mitternacht mit ihmzu treffen. Man stelle sich vor: so etwas Ungehöriges!«Isla zappelte vor Aufregung auf ihrem Stuhl. Tante Ednas Augen quollen hervorwie die eines Frosches beim Anblick einer dicken Fliege. »MitternächtlicheRendezvous! Das ist ein Thema für einen Roman!«,schwärmte sie in Erinnerung an die geheimen Stelldicheins im Pavillon, die siein ihrer Jugend genossen hatte.
»Erzähl schon, wie sie erwischt wurden«,bat Isla, ohne den milde rügenden Blick ihrer Mutter zu beachten.
»Entdeckt wurden sie von ihrerGroßmutter, der alten Mrs. Featherfield, die unterSchlafstörungen leidet und spät in der Nacht häufig im Garten spazieren geht.Sie sah ein Pärchen, das sich unter der Platane küsste, und nahm an, es handlesich um ihre Enkelin und deren Verlobten, Thomas Letton.Ihr könnt euch ihr Entsetzen vorstellen, als sie den fremden dunklen Jungensah, der die kleine Emma in den Armen hielt und sie ... « »Das reicht, Edna«,bestimmte Rose plötzlich und stellte mit lautem Klirren ihre Teetasse auf denUnterteller.
»Der liebe Thomas ist bestimmt am Bodenzerstört«, fuhr Tante Edna fort, indem sie taktvoll das Thema wechselte, umihre Schwester zufrieden zu stellen. »Jetzt wird er sie auf keinen Fall mehrheiraten.«
»Nach meinen Informationen behauptet dasdumme Mädchen, sie wäre verliebt, und sie fleht ihre armen Eltern an, ihr zuerlauben, dass sie den Bäckersohn heiratet<>, fügte Tante Hilda spitzhinzu und drückte ihre Zigarette aus. »Du liebe Güte!«,rief Tante Edna aus und fächelte sich erregt mit der Speisekarte Luft in ihrrundes Gesicht, wenngleich sie eindeutig jede Einzelheit der Affäre genussvollauskostete.
»Oje!«, seufzteRose sorgenvoll. »Wie wunderbar!«, hauchte Islaentzückt und zappelte auf ihrem Stuhl. »Was für ein köstlicher Skandal! Wasmeint ihr, werden sie durchbrennen?<>
»Ganz sicher nicht, mein Schatz«,antwortete Rose und tätschelte ihrer Tochter beruhigend die Hand. Isla konntesich wegen der nebensächlichsten Dinge in eine maßlose Aufregung hineinsteigern.»Sie wird doch keine Schande über ihre Familie bringen.«
»Wie traurig«, flüsterte Audrey, die denSchmerz der Liebenden empfand, als erlebte sie ihn am eigenen Leib. »Wieschrecklich traurig, dass sie nicht zusammen sein dürfen. Was wird denn jetztaus ihnen?« Mit großen, verträumten Augen sah sie ihreMutter an.
»Ich schätze, sie kommt früher oderspäter wieder zur Vernunft, und wenn sie Glück hat, heiratet der arme Thomas Letton sie trotzdem. Er mag sie jedenfalls sehr, das weißich.«
© Knaur Verlag
Übersetzung: Elisabeth Hartmann
- Autor: Santa Montefiore
- 2006, 1, 536 Seiten, Maße: 13 x 19 cm, Geb. mit Su.
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3828977383
- ISBN-13: 9783828977389
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