Das zweite Zeichen / Inspektor Rebus Bd.2
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Das zweite Zeichen von Ian Rankin
LESEPROBE
»Versteck dich!
Er kreischte jetzt, war völlig außer sich. Aus seinem Gesichtwar alle Farbe gewichen. Sie stand oben an der Treppe, und er stolperte auf siezu. Dann packte er sie an den Armen und stieß sie mit unkontrolliertenBewegungen die Treppe hinunter, so dass sie Angst hatte, sie würden beidestürzen. Sie schrie.
»Ronnie! Vor wem soll ich mich verstecken?«
»Versteck dich!«, kreischte erwieder. »Versteck dich! Sie kommen! Sie kommen!«
Er hatte sie jetzt bis zur Haustür gestoßen. Sie hatte ihnschon ganz schön kaputt erlebt, aber noch nie in einem solchen Zustand. EinSchuss würde ihm helfen, das wusste sie. Und sie wusste auch, dass er den Stoffin seinem Zimmer hatte. Schweiß tropfte ihm aus denzotteligen Haaren. Erst vor zwei Minuten war die wichtigste Entscheidung inihrem Leben gewesen, ob sie den Gang in das völlig versiffteBadezimmer ihres besetzten Hauses wagen sollte. Doch nun
»Sie kommen«, wiederholte er, seine Stimme war nur noch einFlüstern.
»Ronnie«, sagte sie, »du machst mir Angst.«
Er starrte sie an. Beinahe schienen seine Augen sie zuerkennen. Dann sah er wieder weg, in eine Ferne, die allein ihm gehörte. Dawaren die Worte wieder. Sie klangen wie das Zischen einer Schlange.
»Versteck dich.« Gleichzeitig risser die Tür auf. Draußen regnete es, und sie zögerte. Dann gewann die Angst dieOberhand. Doch als sie über die Schwelle treten wollte, packte er sie am Armund zerrte sie ins Haus zurück. Er umarmte sie, sein Schweiß schmeckte salzigwie Meerwasser, sein Körper bebte. Sein Mund war dicht an ihrem Ohr, sein Atemheiß.
»Sie haben mich ermordet«, sagte er. Dann, in einemplötzlichen Anfall von Raserei, gab er ihr wieder einen Stoß. Diesmal war siedraußen, die Tür knallte zu und ließ ihn allein im Haus zurück. Allein mit sichselbst. Sie stand auf dem Gartenpfad, starrte auf die Tür und versuchte zuentscheiden, ob sie klopfen sollte oder nicht.
Es käme doch auf das Gleiche heraus. Das wusste sie. Alsofing sie stattdessen an zu weinen. Ihr Kopf kippte in einem seltenen Anflug vonSelbstmitleid nach vorn, und sie weinte eine ganze Minute lang, bevor siedreimal tief durchatmete, sich umdrehte und rasch den Gartenweg (oder wie mandiesen Unkraut überwucherten Pfad nennen wollte) hinunter ging. Irgendwer würdesie schon aufnehmen. Irgendwer würde sie trösten, ihr die Angst nehmen und ihreKleider trocknen.
So war es immer gewesen.
John Rebus starrte gebannt auf seinen Teller, ohne auf dasGespräch am Tisch um ihn herum zu achten, auf die Hintergrundmusik oder dieflackernden Kerzen. Die Häuserpreise in Barnton interessierten ihn im Grunde nicht, auch nicht der neueFeinkostladen, der auf dem Grassmarket eröffnetwerden sollte. Er hatte überhaupt keine große Lust, sich mit den anderen Gästenzu unterhalten - einer Dozentin zu seiner Rechten und einem Buchhändler zuseiner Linken - über ... nun ja, worüber auch immer sie gerade geredet hatten.Doch, es war eine perfekte Dinner-Party. Das Gespräch war genauso penetrant wiedie Vorspeise, und er war froh, dass Rian ihneingeladen hatte. Natürlich war er das. Aber je länger er auf den halben Hummerauf seinem Teller starrte, umso mehr wuchs ein Gefühl vager Verzweiflung inihm. Was hatte er schon mit diesen Leuten gemein? Würden sie lachen, wenn erdie Geschichte von dem Polizeihund und dem abgetrennten Kopf erzählte? Nein,das würden sie nicht. Sie würden höflich lächeln, dann die Köpfe über ihreTeller beugen und sich sagen, dass er eben ... anders war als sie.
»Gemüse, John? «
Es war Rians Stimme, die ihntadelte, dass er nicht »mitmachte«, sich nicht »unterhielt«, noch nicht malInteresse zeigte. Lächelnd nahm er die große ovale Schüssel entgegen, wichjedoch ihrem Blick aus.
Sie war eine nette Frau. Auf ihre Art sogar recht attraktiv.Knallrotes Haar zu einem Pagenkopf geschnitten. Tiefgründige, unglaublich grüneAugen. Dünne, aber viel versprechende Lippen. 0 ja, er mochte sie. Sonst hätteer ihre Einladung nicht angenommen. Er fischte in der Schüssel nach einem StückBroccoli, das nicht sofort in tausend Stücke zerfallen würde, sobald erversuchte, es auf seinen Teller zu manövrieren.
»Es schmeckt fantastisch«, sagte der Buchhändle;und Rian nahm das Kompliment lächelnd entgegen, wurdesogar leicht rot dabei. So einfach war das, John. Das war alles, was man sagenmusste, um diese Frau glücklich zu machen. Doch er wusste, dass es aus seinemMund sarkastisch klingen würde. Den Tonfall seiner Stimme konnte er nichtplötzlich ablegen wie ein Kleidungsstück.
© Goldmann Verlag
Übersetzung: Ellen Schlootz
- Autor: Ian Rankin
- 2001, 317 Seiten, Maße: 11,4 x 18 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Übersetzung: Schlootz, Ellen
- Übersetzer: Ellen Schlootz
- Verlag: Goldmann
- ISBN-10: 3442446082
- ISBN-13: 9783442446087
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
4 von 5 Sternen
5 Sterne 0Schreiben Sie einen Kommentar zu "Das zweite Zeichen / Inspektor Rebus Bd.2".
Kommentar verfassen