Denn dein ist die Sünde
Eine atemberaubende Zusammenstellung fulminanter Kriminalgeschichten, herausgegeben von der Königin der Spannungsliteratur!
Neben einer eigenen, bisher unveröffentlichten Kriminalgeschichte versammelt Elizabeth George hier...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Denn dein ist die Sünde “
Eine atemberaubende Zusammenstellung fulminanter Kriminalgeschichten, herausgegeben von der Königin der Spannungsliteratur!
Neben einer eigenen, bisher unveröffentlichten Kriminalgeschichte versammelt Elizabeth George hier Storys der talentiertesten US-Autorinnen. Fesselnde Geschichten, die thematisch um die tödlichsten der Todsünden kreisen: Gier und Wollust.
Lese-Probe zu „Denn dein ist die Sünde “
Denn dein ist die Sünde von Elizabeth GeorgeVorwort
Motiv. Wenn ein Verbrechen begangen oder auch nur in Erwägung
gezogen wird, liegt der Tat oder dem Gedanken an die Tat
etwas zugrunde, und das ist das Motiv. Bei der Untersuchung
einer Gewalttat ist die Polizei nicht verpflichtet, ein Motiv zu ermitteln
und der Staatsanwaltschaft zu präsentieren. Die Ermittler
müssen lediglich Beweise - oder Indizien - zusammentragen,
die belegen oder nahelegen, wer die Schuld an einer strafbaren
Handlung trägt. Aber die Geschworenen, beeinflusst von TrueCrime-
Fernsehsendungen und leidenschaftlichen Plädoyers von
Staatsanwälten und Verteidigern, interessieren sich sehr wohl für
das Motiv. Auch die Leser von Kriminalromanen interessieren
sich für das Motiv, und der Erfolg eines Krimis hängt häufig davon
ab, wie glaubwürdig es ist.
... mehr
Es gab eine Zeit, als man in der Literatur ein Tatmotiv irgendwoher
nehmen konnte, als die Moral- und Wertvorstellungen
noch viel starrer waren als heutzutage, als es noch durchaus vorstellbar
war, dass jemand einen Mord begehen würde, um ein
uneheliches Kind zu verheimlichen, um seine Alkohol- oder Drogensucht
seinem Arbeitgeber oder der Öffentlichkeit gegenüber
zu verbergen oder um zu verhindern, dass eine Geliebte ihre Geschichte
an die Boulevardpresse verkaufte. Dinge, die heute mit
einem Kopfschütteln oder Achselzucken hingenommen oder in
mitternächtlichen Talkshows bespöttelt werden, konnten früher
ganze Regierungen stürzen, Karrieren ruinieren und Familien
zerstören. Viele, die zu anderen Zeiten einen echten Grund
gehabt hätten, Informationen über ihre Person zurückzuhalten,
gehen heutzutage von sich aus an die Öffentlichkeit und »übernehmen
die volle Verantwortung« für ihre Taten, wedeln häufig
mit einer Bibel und berichten von einer wundersamen Bekehrung.
Oder aber sie begeben sich »in Behandlung«, um das Problem
in den Griff zu bekommen, und tauchen später verjüngt, erholt
und mit neuem Image wieder auf. Und das gilt für alle - von
Popstars bis hin zu Politikern.
Weil die Welt toleranter geworden ist - zumindest in Bezug
auf bestimmte Aspekte des alltäglichen Lebens -, ist es kniffliger
geworden, sich für einen fiktiven Täter ein glaubwürdiges Motiv
auszudenken. Ein uneheliches Kind zu bekommen ist keine
Schande mehr, und diejenigen, die von halbseidenen Sternchen
in die Welt gesetzt werden, verhelfen diesen oft zu einem Titelfoto
in einer Boulevardzeitung. Politiker, die eine außereheliche
Affäre haben, geraten vielleicht vorübergehend in die Schusslinie
der Kritik, aber den meisten gelingt es, sich wieder reinzuwaschen
und wie Phönix aus der Asche aufzusteigen und bei den
nächsten Wahlen zu kandidieren oder, noch wahrscheinlicher,
einen Vorstandssitz zu ergattern und Aktienanteile einzuheimsen
wie Konfetti bei einem Karnevalsumzug. Sportler, die Frauen,
Tiere oder ihren eigenen Körper misshandeln, werden nicht nach
der Schwere ihrer Tat beurteilt, sondern ob sie ihr Team in die
Playoffs führen können.
Wie soll ein Autor da eine Figur entwickeln und ein Motiv
konstruieren? Meine Verlegerin hat einmal zu mir gesagt: »Letztlich
geht es doch immer um Sex, Macht und Geld«, und vielleicht
hatte sie recht. Tatsächlich lassen sich viele Motive der
Grande Dame der Kriminalliteratur, Agatha Christie, auf diese
Weise interpretieren. Aber ich glaube, die sieben Todsünden bieten
einen fruchtbaren Boden, auf dem sich eine Menge Motive
finden lassen - schließlich heißen sie nicht umsonst Todsünden.
Zorn, Neid, Völlerei, Faulheit, Wollust, Habgier und Hochmut.
Läuft es nicht darauf hinaus, dass jedem schweren Verbrechen
eine der Todsünden zugrunde liegt?
In dieser Sammlung geht es um zwei davon: Wollust und Habgier.
Als Herausgeberin war das meine Herausforderung an die
Autorinnen: eine Geschichte zu schreiben, in der es entweder um
Wollust oder Habgier oder um beides geht. Einige derjenigen, die
eine Geschichte zu der Sammlung beigetragen haben, sind Autorinnen
von Kriminalromanen. Andere nicht. Außerdem enthält
diese Sammlung etwas Neues. Der zweite Teil des Buchs trägt
die Überschrift: »Darf ich vorstellen ...«. Dort sind Geschichten
von Autorinnen zu finden, die noch weitgehend unbekannt sind
oder bisher noch nie etwas veröffentlicht haben. Diese Frauen
kommen aus unterschiedlichen Bereichen - sie sind Journalistinnen,
Lehrerinnen, Ingenieurinnen -, und sie alle waren irgendwann
einmal meine Schülerinnen. Ich habe sie um einen Beitrag
gebeten, weil ich sie meinen Lesern vorstellen und vielleicht auch
Verlage auf sie aufmerksam machen möchte. Die Verlagswelt ist
ein raues Pflaster geworden, und interessante Autoren werden
häufig nicht beachtet.
Alle Autorinnen, die einen Beitrag zu dieser Kurzgeschichtensammlung
geleistet haben, beleuchten die Frage, was Wollust
und Habgier bedeuten und zu welchen Extremen diese Sünden
einen Menschen treiben können, und sie tun das jeweils aus
einem anderen Blickwinkel. Unter den Figuren in den Geschichten
gibt es Gute, Böse und Gestalten dazwischen. Es geht um Geheimnisse,
Fehler, Missverständnisse und Mord, beschrieben von
lauter wunderbaren Schriftstellerinnen. Ich wünsche Ihnen viel
Spaß beim Lesen!
Elizabeth George
Whidbey Island, Washington
Nancy Pickard
Bitterschokolade
In der Mitte achtzehn Zentimeter dick und zum Rand hin rund
herum abfallend, das war ihr Kuchen.
»Mein Kuchen«, flüsterte Marcie, allein in ihrer Küche.
Er gehörte ihr. Der ganze Kuchen. Jeder. Einzelne. Bissen.
»Meiner.«
Fehlte nur noch die Glasur. An der Seite zog sich rundum ein
filigranes weißes Muster, Spuren von dem Mehl, mit dem sie die
Form nach dem Einfetten eingepudert hatte. Kuchen back ich,
Nüsse hack ich. Sie reimte, sie sang, während sie den Küchenspachtel
kreisen ließ und reichlich Schokoladenguss an den Rändern
und auf der Oberseite ihres dicken, dunklen, köstlichen
Prachtstücks verteilte.
Nachdem die Glasur aufgetragen war, trat Marcie einen
Schritt zurück und begutachtete ihr Werk.
Hinter ihr summte der Kühlschrank zur Begleitung ihres Singsangs.
Schokoguss, Haselnuss, Schokoguss, Haselnuss.
»Perfekt«, flüsterte sie so leise, als fürchtete sie, die Toten zu
wecken.
Perfekt, perfekt, perfekt, summte der Kühlschrank.
Jetzt hineinschneiden. Das war immer knifflig. Immer eine
Herausforderung. Es machte sie nervös. Es konnte so leicht
schiefgehen, selbst nach so viel Planung und Arbeit. Nach dem
Mischen, Rühren, Backen, Abkühlen, Mit-Schokoladenguss-Bestreichen
konnte in allerletzter Minute immer noch alles schiefgehen.
Der Kuchen konnte in sich zusammenfallen. Er konnte
misslungen sein, zu lange gebacken, zu trocken oder nicht durchgebacken.
Sie hatte am Ende der Backzeit, als die Formen noch
im Ofen standen, mit Zahnstochern in die Mitte beider Böden
gepikst, und es war nichts daran hängengeblieben. Sie war begeistert
gewesen, denn das bedeutete, dass sie diesmal den perfekten
Kuchen gebacken hatte. Und doch konnte immer noch etwas
schiefgehen. Er konnte immer noch zusammenfallen, in der
Mitte einsinken, als hätte jemand mit der Faust hineingeschlagen.
Sie hoffte, dass das nicht passieren würde. Sie wollte, dass
dieser Kuchen, ihr Kuchen, dieser spezielle Kuchen an diesem
speziellen Tag perfekt war.
Marcie nahm ihr Kuchenmesser.
Ein versilbertes Hochzeitsgeschenk, von wem, wusste sie nicht
mehr.
Irgendein Gast,
geliebt oder gehasst.
Sie hielt das Messer über den Kuchen, zögernd, ängstlich, aus
Furcht, etwas falsch zu machen. Es war schwer, es richtig zu machen.
Leicht, es zu vermasseln. Schwer, ein perfektes Dreieck auf
einen blitzblanken Teller zu befördern. Teller, Teller, Mäuse im
Keller.
Mit angehaltenem Atem senkte sie das Messer.
Es tat weh. Es tat regelrecht weh, das zu tun, den Schokoguss
einzuritzen, das Messer hindurchgleiten zu lassen und die festere
Masse darunter, den Kuchen, zu durchschneiden. Sie wollte sich
beeilen, es schnell hinter sich bringen, damit sie es nicht spüren
musste, den Schmerz, in ihren Kuchen zu schneiden. Nicht drücken,
nicht pressen, das reimt sich auf Essen. Wenn sie den ersten
Schnitt gemacht hatte, gab es kein Zurück mehr. Sie konnte ihn
nicht ungeschehen machen, sie konnte es sich nicht mehr anders
überlegen.
Das Messer glitt durch den Kuchen, bis es auf die Glasplatte
darunter traf.
So weit, so gut, dachte Marcie und begann wieder zu atmen.
Der nächste kritische Moment würde kommen, wenn sie das
Messer herauszog, und sie zögerte erneut. Sie stand in der Küche,
die Hand um den versilberten Messergriff, die Schneide immer
noch bis zum Schaft im Kuchen. Tot, tot, Morgenrot. Wenn sie
das Messer aus dem Kuchen zog, konnte es passieren, dass zu
viel Teig und Schokoladenguss daran klebten und ein unsauberer
Schnitt zurückblieb.
Langsam, ganz vorsichtig, löste sie das Messer heraus.
Ein sauberer Schnitt. Nur ein paar Kuchenkrümel und etwas
Guss klebten an der Klinge.
Marcie atmete erleichtert auf. Das konnte ein perfektes Stück
werden.
Der zweite Schnitt war noch kniffliger als der erste, aber sie
hatte alles genau geplant. Sie hatte ein Glas Wasser bereitgestellt.
Sie tauchte die klebrige Klinge in das Wasser und streifte erst
die eine, dann die andere Seite sorgfältig am Glasrand ab. Dann
wischte sie die Klinge mit einem frischen Geschirrtuch ab, damit
sie für den nächsten Schnitt ganz sauber war.
Blitzeblank, tausend Dank, wer ist nett, und wer macht Zank?
Ich könnte Kinderreime schreiben, dachte sie.
Sie hatte weiß Gott genug davon gelesen.
Schließlich lag das erste Kuchenstück auf ihrem perfekten
Teller.
Marcie nahm ihre Gabel.
Sie aß den ersten Bissen, den sie von der vorderen Spitze nahm.
Wie köstlich! Es war der beste Kuchen, den sie je gebacken
oder gegessen hatte.
Braves Kind spurt geschwind.
Während sie den Bissen noch eine Weile genüsslich im Mund
hielt, dachte sie an den Zeitungsartikel, den sie neulich gelesen
hatte. Wissenschaftler hatten angeblich nachgewiesen, dass der
erste Bissen von etwas immer der beste war. Sie behaupteten,
danach sei jeder weitere Bissen weniger schmackhaft. Marcie
konnte sich nicht erinnern, wie sie das begründet hatten, aber sie
glaubte es sowieso nicht. Als sie den zweiten Bissen von ihrem
Kuchen aß, schmeckte er genauso gut wie der erste, vielleicht sogar
noch besser. Er war so köstlich, dass sie vor Wonne feuchte
Augen bekam. Es war ein unglaublich gutes Gefühl an den Zähnen,
am Gaumen und in der Kehle.
»Ach«, flüsterte sie mit einem Stöhnen. »Ist das gut.«
Jeder weitere Bissen war ebenso lecker.
Lecker, lecker,
die Menschen und ihr Gemecker.
Das zweite Stück schnitt sie nicht größer als das erste. Sie
hatte keine Eile. Kein Grund, was die Familie übrig gelassen
hatte herunterzuschlingen, so wie sie es immer tat, wenn sie
nach dem Essen die Teller in die Spülmaschine räumte. An diesem
Nachmittag hatte sie alle Zeit der Welt, oder zumindest bis
sechs Uhr, wenn Mark von der Arbeit kam. In diesen zweieinhalb
Stunden war Platz für eine ganze Welt, ein ganzes Leben. Und sie
wollte jeden Bissen davon genießen.
Das zweite Stück war noch besser als das erste, und nachdem
sie es aufgegessen hatte, hatte sie immer noch Hunger.
Heißhunger. Nur ein großes Stück konnte ihren Hunger stillen,
sagte sie sich, aber das dritte, größere Stück schien sie nur noch
hungriger zu machen. Gut, gut, Übermut. Sie war froh, dass sie
längst noch nicht satt war. Das war ihr Kuchen, und sie wollte
ihn ganz.
Marcie genoss ihr viertes Stück.
Das Telefon schwieg und störte sie nicht.
Natürlich störte es sie nicht, dachte Marcie, schließlich hatte
sie den Stecker herausgezogen. An einem Apparat. Aber das
reichte, um sie alle stillzulegen.
Ein Geräusch, vielleicht ein Lachen, vielleicht auch ein Schluchzen,
drängte in ihren Mund.
Sie musste husten, woraufhin sie sich an dem Bissen verschluckte,
den sie gerade hatte herunterschlucken wollen, als das
Lachen oder Schluchzen hochgekommen war und herausgewollt
hatte. Marcie geriet in Panik, fürchtete, sie könnte an ihrem eigenen
Kuchen ersticken, so dass jemand anders die Reste vorfinden
und womöglich sogar essen würde.
Sie lief an die Spüle, um den Bissen auszuspucken.
Sie trank einen großen Schluck Wasser, um den Hustenreiz loszuwerden.
Das Wasser füllte ihren Magen ein wenig, was der Kuchen bisher
nicht vermocht hatte.
Marcie stellte das Glas weg. Mehr wollte sie nicht trinken.
Dann setzte sie sich wieder auf den Küchenhocker vor dem
Tresen, auf dem der Kuchen stand, und schnitt das letzte Stück
der ersten Kuchenhälfte ab.
Vielleicht war es jetzt an der Zeit, das Telefon wieder einzustöpseln?
Damit niemand sich Sorgen machte, wenn sie nicht erreichbar
war. Damit niemand herüberkam, um nach ihr zu sehen,
bevor Mark wieder zu Hause war. Man würde sich Sorgen machen,
dachte sie, wenn nicht einmal der Anrufbeantworter ansprang.
Sie stand auf und stöpselte das Telefon ein, das mit dem Anrufbeantworter
verbunden war.
»Hallo!«, flüsterte sie in gutgelauntem Ton. »Sie sind mit der
Familie Barnes verbunden!« Dann sagte sie noch leiser: »Mark!«
Dann mit ihrer normalen Stimme: »Marcie!« Und dann ahmte
sie die Kinder nach, in der Reihenfolge, in der sie ihre Namen
sagten, das älteste zuerst. »Luke!«, er war sechs. »Ruth!«, sie
war fünf. Und dann die dreijährigen Zwillinge »Matthew!« und
»Mary!«. Dann rief sie fröhlich: »Wir rufen zurück!«, wie sie es
auf dem Band alle im Chor taten. Nur John, das Baby, war nicht
zu hören. Das Baby war still.
Es erschreckte Marcie, ihre eigene Stimme so laut in dem
stillen Haus zu hören.
Ihre Mutter sagte immer, sie sollten keine Ansage auf dem
Anrufbeantworter haben, die den Leuten in die Ohren brüllte.
Ihr Vater fand, es sei lästig, sich jedes Mal die ganze Nachricht
anhören zu müssen. Die Frau des Pfarrers fand sie wunderbar.
Marcie nahm die zweite Kuchenhälfte in Angriff.
Ihr gläserner Teller war jetzt nicht mehr makellos sauber.
Die beiden Badewannen waren nicht mehr sauber.
Einige Betten waren nicht mehr sauber.
»Du solltest dich was schämen«, schalt sie sich mit der Stimme
ihrer Mutter.
»Was hast du den ganzen Tag gemacht?«, fragte die Stimme
ihres Vaters.
»Du hast so ein Glück, dass du zu Hause bleiben kannst«,
sagte ihre Schwester.
»Habt ihr heute was Schönes unternommen?«, wollte Mark
wissen.
»Wir haben Sie beim Bibelkreis vermisst«, sagte die Pfarrers-
frau.
Ehefrau, grün und blau.
Mutterglück, mich erdrückt.
»Haltet die Klappe«, flüsterte sie. »Haltet die Klappe. Haltet
alle die Klappe.«
Mit zitternden Händen tauchte sie das Kuchenmesser in das
Wasser, das inzwischen ganz trüb war, und wischte es an dem mit
Schokolade verschmierten Geschirrtuch ab. Dann schnitt sie den
Rest des Kuchens in gleichgroße Stücke, damit sie parat waren,
wenn sie bereit war, sich darüber herzumachen. Die Zeit lief ihr
davon. Es würde nicht mehr lange dauern, bis Mark durch die
Tür kam.
Zumindest war das Kuchenmesser wieder sauber.
Sie hielt es hoch, um es im Licht, das durch das Fenster fiel,
aufblitzen zu lassen.
Ja, es war blitzblank. Und spitz.
Das Wort »spitz« erinnerte sie an den Hund, der nicht bellte.
Hieß nicht so eine Geschichte? Die von einem Hund handelte,
der nicht bellte? Es war irgendwie wichtig, dass der Hund nicht
bellte. Ein Hinweis. Aber worauf? Vielleicht wüsste sie es, wenn
sie ihr Studium abgeschlossen hätte. Marcie fragte sich, ob Mark
den Hinweis verstehen würde. Wenn er auf das Haus zuging,
wenn er den Schlüssel ins Schloss steckte, würde er es als ein
Hinweis verstehen, wenn der Hund nicht bellte?
Mark war klug, aber für ganz so klug hielt sie ihn doch nicht.
Wahrscheinlich würde es weiterer Hinweise bedürfen, ehe er
merkte, dass etwas nicht stimmte.
Marcie aß das erste Stück der zweiten Kuchenhälfte auf und
tat sich das nächste auf den Teller.
Sie schätzte, dass jetzt noch etwas mehr als ein Viertel von
ihrem Kuchen übrig war. Wenn es mehr als ein Viertel war, war
es dann ein Drittel? Sie war sich nicht ganz sicher. Sie war noch
nie gut in Mathe gewesen oder darin, etwas über den Daumen
zu peilen.
Warst nie brav,
wirst bestraft.
Sie hatte viel zu früh geheiratet.
Hatte früher Kinder bekommen, als man ihr geraten hatte -
aber nicht so viele, wie man ihr geraten hatte. (»Glaubst du, unsere
Babysachen halten noch für eins mehr?«, hatte Mark sie am
Abend zuvor gefragt.)
Hatte zu viel geputzt.
Rein, rein, Fensterlein.
Hatte es nicht genug geputzt.
Dein Vergehen musst gestehen.
Zu viel Geld ausgegeben.
Nie genug Geld gehabt.
Zu laut gesungen. Zu viel geredet.
Die falschen Dinge gesagt.
Die falschen Kleider angezogen.
Konnte es niemandem recht machen.
Eine Freude machen. »Please«, flüsterte Marcie, als ihr der
Beatles-Song einfiel. »Please, please, please me.«Jemand sollte
mir mal eine Freude machen.
Sie glaubte nicht, dass es jemand anderen freuen würde festzustellen,
dass sie einen kompletten Kuchen aufgegessen hatte, aber
es machte sie glücklich. Es war einfach wunderbar, den letzten
Bissen zu essen. Zu ihrer Überraschung verlangte es sie immer
noch nach mehr.
Sie warf einen Blick auf die Küchenuhr.
Noch Zeit genug, einen zweiten anzurühren. Wenn sie nicht
mehr dazukam, ihn zu backen, konnte sie vielleicht den Teig essen,
die Schüssel auslecken, die ganze Schüssel, ganz allein.
Wenn Mark nach Hause kam, konnte sie ihm einen Schokoladenkuss
geben.
Sie wollte eine Schachtel Backmischung aus dem Schrank
nehmen, stellte jedoch bestürzt fest, dass kein Schokoladenkuchenmix
mehr da war. Nur Vanille. Sie war zutiefst enttäuscht,
vollkommen am Boden zerstört. Kein Schokoladenkuchen! Nur
Vanille! Aber dann dachte sie: Nein! Das ist in Ordnung. Das ist
prima. Das ist sogar großartig! Sie war die Einzige in der Familie,
die hellen Kuchen mochte. Sie war die Einzige, die übrig war,
die ihn mochte ...
Marcie griff nach der Schachtel.
Vanille hatte ihren eigenen Reiz, fand sie. Vanille war würzig,
duftete herrlich, sah so rein aus. Und man konnte alles Mögliche
damit machen. Einem Vanillekuchen konnte man jeden beliebigen
Geschmack beifügen, man konnte jede beliebige Glasur
auftragen. Man konnte ihn mit Liebesperlen bestreuen. Mit Rosen
aus Zuckerguss garnieren. Ein Vanillekuchen passte zu einer
Hochzeit, einem Geburtstag und zu besonderen Tagen wie diesem.
Bei dem Gedanken an den Teig, der ganz ihr allein gehören
würde, lief ihr das Wasser im Mund zusammen. Plötzlich überkam
sie ein Heißhunger, als hätte sie ein riesiges Loch im Bauch.
Einen gigantischen Hohlraum. Ihr war, als fiele sie in diesen
Hohlraum, als könnte sie ewig weiterfallen, ohne ein Geräusch
zu hören, während der Raum immer größer und weiter wurde,
bis nichts mehr existierte außer ihr und dem Raum.
Vielleicht konnte ein zweiter Kuchen den Hohlraum füllen,
wenn es ihr nur gelang, ihn aufzuessen, bevor Mark in ihr stilles
Haus zurückkehrte.
Patricia Smiley
Das Angebot
Mari Smith humpelte auf die Rolltreppe, die zur Gepäckausgabe
des Los Angeles International Airport hinunterführte, und begann
ihren Abstieg in die Hölle. Sie war ohnehin schon niedergeschlagen,
aber die Massen an Reisenden, die alle durcheinanderredeten
und in der Ankunftshalle an ihr vorbeidrängelten,
machten sie so nervös, dass sie eine Viertelstunde oben an der
Rolltreppe gestanden und gewartet hatte. Erst als die Menge sich
einigermaßen aufgelöst hatte, wagte sie sich ins Untergeschoss,
um ihren Koffer vom Gepäckband zu holen.
Als wäre das noch nicht genug, war ihr auch noch beim Einsteigen
in das Flugzeug in Seattle auf der Gangway der Absatz
an einem ihrer Pumps abgebrochen. Der Flug hatte schon eine
Stunde Verspätung gehabt, und so war ihr keine Zeit geblieben,
um wieder die Stufen hinunterzugehen und auf dem Asphalt
nach dem Absatz ihres armen alten Schuhs zu suchen. Jetzt
musste sie eine Möglichkeit finden, den Schuh reparieren zu lassen,
wenn sie am nächsten Morgen nicht hinkend wie Quasimodo
zu ihrem Vorstellungsgespräch erscheinen wollte.
Sie war nach Los Angeles gekommen, um sich auf eine Marketingstelle
bei einem Drive-in-Haustierwaschservice zu bewerben,
der an der Westküste eine Filiale eröffnet hatte. Aber selbst wenn
sie den Job bekam, war ihre finanzielle Situation nicht gesichert.
Die Firma befand sich noch in der Aufbauphase und konnte ihr
weder die Flugkosten noch die Kosten für das Hotelzimmer erstatten.
Mari hatte ihre Visa-Karte bis zum Anschlag überzogen,
um den Flug zu bezahlen, und jetzt war auch noch ihr einziges
Paar Schuhe nicht mehr zu gebrauchen, eine Zwangslage, die sie
an den Rand der Verzweiflung brachte.
Am Fuß der Rolltreppe stolperte Mari durch die Drehtür,
die zur Gepäckausgabe führte. Als sie nach einem Schild Ausschau
hielt, das ihr sagte, wo sich Band 5 befand, sah sie sich
plötzlich einem stämmigen Mann gegenüber, dessen abstehende
platinblonde Haare sie an die Stacheln eines Albinostachelschweins
erinnerten. Er stand vor einer Reihe öffentlicher Fernsprecher
und trug einen für die Augusthitze zu schweren schwarzen
Anzug, als wollte er zu einer Beerdigung. Er hielt ein Schild
hoch, das teilweise von seinen Händen verdeckt war. Alles, was
Mari entziffern konnte, waren die Buchstaben MARI und SMI.
Fieberhafte Aufregung ergriff sie. Es war, als würde in ihrem
Kopf eine wildgewordene Flipperkugel herumspringen. Vielleicht
hatte die Tierwaschfirma in ihrem Budget ja doch noch einen
Spielraum entdeckt, um sie in einer Limousine zum Hotel chauffieren
zu lassen. Einen flüchtigen Moment lang wagte sie zu hoffen,
dass ihr wider Erwarten ein kleines bisschen Glück beschieden
war.
Denn in Wirklichkeit war der abgebrochene Absatz nur eine
von diversen Katatastrophen, die in letzter Zeit über sie hereingebrochen
waren. Ihre Pechsträhne hatte mit einem Brief angefangen,
der aus heiterem Himmel vom nigerianischen Erziehungsminister
gekommen war. Offenbar hatte er ein Problem
damit, die Mittel für die Studiengebühren seines Sohnes rechtzeitig
zu den Einschreibfristen ins Land zu überweisen. Wenn das
Geld aber nicht pünktlich eintraf, würde der Lebenstraum des
jungen Mannes, an der University of Washington zu studieren,
zerplatzen. Ob Mari ihm helfen könne?
Die Originalausgabe erschien 2009
unter dem Titel »Two of the Deadliest«
bei HarperCollinsPublishers, New York.
Verlagsgruppe Random House FSC-DEU-0100
Das für dieses Buch verwendete
FSC®-zertifizierte Papier Super Snowbright
liefert Hellefoss AS, Hokksund, Norwegen.
1. Auflage
Copyright © der Anthologie 2009 by Susan Elizabeth George
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2011
by Wilhelm Goldmann Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Satz: Uhl + Massopust,Aalen
Druck und Bindung: GGP Media GmbH, Pößneck
Printed in Germany
ISBN 978-3-442-31247-4
www.goldmann-verlag.de
Es gab eine Zeit, als man in der Literatur ein Tatmotiv irgendwoher
nehmen konnte, als die Moral- und Wertvorstellungen
noch viel starrer waren als heutzutage, als es noch durchaus vorstellbar
war, dass jemand einen Mord begehen würde, um ein
uneheliches Kind zu verheimlichen, um seine Alkohol- oder Drogensucht
seinem Arbeitgeber oder der Öffentlichkeit gegenüber
zu verbergen oder um zu verhindern, dass eine Geliebte ihre Geschichte
an die Boulevardpresse verkaufte. Dinge, die heute mit
einem Kopfschütteln oder Achselzucken hingenommen oder in
mitternächtlichen Talkshows bespöttelt werden, konnten früher
ganze Regierungen stürzen, Karrieren ruinieren und Familien
zerstören. Viele, die zu anderen Zeiten einen echten Grund
gehabt hätten, Informationen über ihre Person zurückzuhalten,
gehen heutzutage von sich aus an die Öffentlichkeit und »übernehmen
die volle Verantwortung« für ihre Taten, wedeln häufig
mit einer Bibel und berichten von einer wundersamen Bekehrung.
Oder aber sie begeben sich »in Behandlung«, um das Problem
in den Griff zu bekommen, und tauchen später verjüngt, erholt
und mit neuem Image wieder auf. Und das gilt für alle - von
Popstars bis hin zu Politikern.
Weil die Welt toleranter geworden ist - zumindest in Bezug
auf bestimmte Aspekte des alltäglichen Lebens -, ist es kniffliger
geworden, sich für einen fiktiven Täter ein glaubwürdiges Motiv
auszudenken. Ein uneheliches Kind zu bekommen ist keine
Schande mehr, und diejenigen, die von halbseidenen Sternchen
in die Welt gesetzt werden, verhelfen diesen oft zu einem Titelfoto
in einer Boulevardzeitung. Politiker, die eine außereheliche
Affäre haben, geraten vielleicht vorübergehend in die Schusslinie
der Kritik, aber den meisten gelingt es, sich wieder reinzuwaschen
und wie Phönix aus der Asche aufzusteigen und bei den
nächsten Wahlen zu kandidieren oder, noch wahrscheinlicher,
einen Vorstandssitz zu ergattern und Aktienanteile einzuheimsen
wie Konfetti bei einem Karnevalsumzug. Sportler, die Frauen,
Tiere oder ihren eigenen Körper misshandeln, werden nicht nach
der Schwere ihrer Tat beurteilt, sondern ob sie ihr Team in die
Playoffs führen können.
Wie soll ein Autor da eine Figur entwickeln und ein Motiv
konstruieren? Meine Verlegerin hat einmal zu mir gesagt: »Letztlich
geht es doch immer um Sex, Macht und Geld«, und vielleicht
hatte sie recht. Tatsächlich lassen sich viele Motive der
Grande Dame der Kriminalliteratur, Agatha Christie, auf diese
Weise interpretieren. Aber ich glaube, die sieben Todsünden bieten
einen fruchtbaren Boden, auf dem sich eine Menge Motive
finden lassen - schließlich heißen sie nicht umsonst Todsünden.
Zorn, Neid, Völlerei, Faulheit, Wollust, Habgier und Hochmut.
Läuft es nicht darauf hinaus, dass jedem schweren Verbrechen
eine der Todsünden zugrunde liegt?
In dieser Sammlung geht es um zwei davon: Wollust und Habgier.
Als Herausgeberin war das meine Herausforderung an die
Autorinnen: eine Geschichte zu schreiben, in der es entweder um
Wollust oder Habgier oder um beides geht. Einige derjenigen, die
eine Geschichte zu der Sammlung beigetragen haben, sind Autorinnen
von Kriminalromanen. Andere nicht. Außerdem enthält
diese Sammlung etwas Neues. Der zweite Teil des Buchs trägt
die Überschrift: »Darf ich vorstellen ...«. Dort sind Geschichten
von Autorinnen zu finden, die noch weitgehend unbekannt sind
oder bisher noch nie etwas veröffentlicht haben. Diese Frauen
kommen aus unterschiedlichen Bereichen - sie sind Journalistinnen,
Lehrerinnen, Ingenieurinnen -, und sie alle waren irgendwann
einmal meine Schülerinnen. Ich habe sie um einen Beitrag
gebeten, weil ich sie meinen Lesern vorstellen und vielleicht auch
Verlage auf sie aufmerksam machen möchte. Die Verlagswelt ist
ein raues Pflaster geworden, und interessante Autoren werden
häufig nicht beachtet.
Alle Autorinnen, die einen Beitrag zu dieser Kurzgeschichtensammlung
geleistet haben, beleuchten die Frage, was Wollust
und Habgier bedeuten und zu welchen Extremen diese Sünden
einen Menschen treiben können, und sie tun das jeweils aus
einem anderen Blickwinkel. Unter den Figuren in den Geschichten
gibt es Gute, Böse und Gestalten dazwischen. Es geht um Geheimnisse,
Fehler, Missverständnisse und Mord, beschrieben von
lauter wunderbaren Schriftstellerinnen. Ich wünsche Ihnen viel
Spaß beim Lesen!
Elizabeth George
Whidbey Island, Washington
Nancy Pickard
Bitterschokolade
In der Mitte achtzehn Zentimeter dick und zum Rand hin rund
herum abfallend, das war ihr Kuchen.
»Mein Kuchen«, flüsterte Marcie, allein in ihrer Küche.
Er gehörte ihr. Der ganze Kuchen. Jeder. Einzelne. Bissen.
»Meiner.«
Fehlte nur noch die Glasur. An der Seite zog sich rundum ein
filigranes weißes Muster, Spuren von dem Mehl, mit dem sie die
Form nach dem Einfetten eingepudert hatte. Kuchen back ich,
Nüsse hack ich. Sie reimte, sie sang, während sie den Küchenspachtel
kreisen ließ und reichlich Schokoladenguss an den Rändern
und auf der Oberseite ihres dicken, dunklen, köstlichen
Prachtstücks verteilte.
Nachdem die Glasur aufgetragen war, trat Marcie einen
Schritt zurück und begutachtete ihr Werk.
Hinter ihr summte der Kühlschrank zur Begleitung ihres Singsangs.
Schokoguss, Haselnuss, Schokoguss, Haselnuss.
»Perfekt«, flüsterte sie so leise, als fürchtete sie, die Toten zu
wecken.
Perfekt, perfekt, perfekt, summte der Kühlschrank.
Jetzt hineinschneiden. Das war immer knifflig. Immer eine
Herausforderung. Es machte sie nervös. Es konnte so leicht
schiefgehen, selbst nach so viel Planung und Arbeit. Nach dem
Mischen, Rühren, Backen, Abkühlen, Mit-Schokoladenguss-Bestreichen
konnte in allerletzter Minute immer noch alles schiefgehen.
Der Kuchen konnte in sich zusammenfallen. Er konnte
misslungen sein, zu lange gebacken, zu trocken oder nicht durchgebacken.
Sie hatte am Ende der Backzeit, als die Formen noch
im Ofen standen, mit Zahnstochern in die Mitte beider Böden
gepikst, und es war nichts daran hängengeblieben. Sie war begeistert
gewesen, denn das bedeutete, dass sie diesmal den perfekten
Kuchen gebacken hatte. Und doch konnte immer noch etwas
schiefgehen. Er konnte immer noch zusammenfallen, in der
Mitte einsinken, als hätte jemand mit der Faust hineingeschlagen.
Sie hoffte, dass das nicht passieren würde. Sie wollte, dass
dieser Kuchen, ihr Kuchen, dieser spezielle Kuchen an diesem
speziellen Tag perfekt war.
Marcie nahm ihr Kuchenmesser.
Ein versilbertes Hochzeitsgeschenk, von wem, wusste sie nicht
mehr.
Irgendein Gast,
geliebt oder gehasst.
Sie hielt das Messer über den Kuchen, zögernd, ängstlich, aus
Furcht, etwas falsch zu machen. Es war schwer, es richtig zu machen.
Leicht, es zu vermasseln. Schwer, ein perfektes Dreieck auf
einen blitzblanken Teller zu befördern. Teller, Teller, Mäuse im
Keller.
Mit angehaltenem Atem senkte sie das Messer.
Es tat weh. Es tat regelrecht weh, das zu tun, den Schokoguss
einzuritzen, das Messer hindurchgleiten zu lassen und die festere
Masse darunter, den Kuchen, zu durchschneiden. Sie wollte sich
beeilen, es schnell hinter sich bringen, damit sie es nicht spüren
musste, den Schmerz, in ihren Kuchen zu schneiden. Nicht drücken,
nicht pressen, das reimt sich auf Essen. Wenn sie den ersten
Schnitt gemacht hatte, gab es kein Zurück mehr. Sie konnte ihn
nicht ungeschehen machen, sie konnte es sich nicht mehr anders
überlegen.
Das Messer glitt durch den Kuchen, bis es auf die Glasplatte
darunter traf.
So weit, so gut, dachte Marcie und begann wieder zu atmen.
Der nächste kritische Moment würde kommen, wenn sie das
Messer herauszog, und sie zögerte erneut. Sie stand in der Küche,
die Hand um den versilberten Messergriff, die Schneide immer
noch bis zum Schaft im Kuchen. Tot, tot, Morgenrot. Wenn sie
das Messer aus dem Kuchen zog, konnte es passieren, dass zu
viel Teig und Schokoladenguss daran klebten und ein unsauberer
Schnitt zurückblieb.
Langsam, ganz vorsichtig, löste sie das Messer heraus.
Ein sauberer Schnitt. Nur ein paar Kuchenkrümel und etwas
Guss klebten an der Klinge.
Marcie atmete erleichtert auf. Das konnte ein perfektes Stück
werden.
Der zweite Schnitt war noch kniffliger als der erste, aber sie
hatte alles genau geplant. Sie hatte ein Glas Wasser bereitgestellt.
Sie tauchte die klebrige Klinge in das Wasser und streifte erst
die eine, dann die andere Seite sorgfältig am Glasrand ab. Dann
wischte sie die Klinge mit einem frischen Geschirrtuch ab, damit
sie für den nächsten Schnitt ganz sauber war.
Blitzeblank, tausend Dank, wer ist nett, und wer macht Zank?
Ich könnte Kinderreime schreiben, dachte sie.
Sie hatte weiß Gott genug davon gelesen.
Schließlich lag das erste Kuchenstück auf ihrem perfekten
Teller.
Marcie nahm ihre Gabel.
Sie aß den ersten Bissen, den sie von der vorderen Spitze nahm.
Wie köstlich! Es war der beste Kuchen, den sie je gebacken
oder gegessen hatte.
Braves Kind spurt geschwind.
Während sie den Bissen noch eine Weile genüsslich im Mund
hielt, dachte sie an den Zeitungsartikel, den sie neulich gelesen
hatte. Wissenschaftler hatten angeblich nachgewiesen, dass der
erste Bissen von etwas immer der beste war. Sie behaupteten,
danach sei jeder weitere Bissen weniger schmackhaft. Marcie
konnte sich nicht erinnern, wie sie das begründet hatten, aber sie
glaubte es sowieso nicht. Als sie den zweiten Bissen von ihrem
Kuchen aß, schmeckte er genauso gut wie der erste, vielleicht sogar
noch besser. Er war so köstlich, dass sie vor Wonne feuchte
Augen bekam. Es war ein unglaublich gutes Gefühl an den Zähnen,
am Gaumen und in der Kehle.
»Ach«, flüsterte sie mit einem Stöhnen. »Ist das gut.«
Jeder weitere Bissen war ebenso lecker.
Lecker, lecker,
die Menschen und ihr Gemecker.
Das zweite Stück schnitt sie nicht größer als das erste. Sie
hatte keine Eile. Kein Grund, was die Familie übrig gelassen
hatte herunterzuschlingen, so wie sie es immer tat, wenn sie
nach dem Essen die Teller in die Spülmaschine räumte. An diesem
Nachmittag hatte sie alle Zeit der Welt, oder zumindest bis
sechs Uhr, wenn Mark von der Arbeit kam. In diesen zweieinhalb
Stunden war Platz für eine ganze Welt, ein ganzes Leben. Und sie
wollte jeden Bissen davon genießen.
Das zweite Stück war noch besser als das erste, und nachdem
sie es aufgegessen hatte, hatte sie immer noch Hunger.
Heißhunger. Nur ein großes Stück konnte ihren Hunger stillen,
sagte sie sich, aber das dritte, größere Stück schien sie nur noch
hungriger zu machen. Gut, gut, Übermut. Sie war froh, dass sie
längst noch nicht satt war. Das war ihr Kuchen, und sie wollte
ihn ganz.
Marcie genoss ihr viertes Stück.
Das Telefon schwieg und störte sie nicht.
Natürlich störte es sie nicht, dachte Marcie, schließlich hatte
sie den Stecker herausgezogen. An einem Apparat. Aber das
reichte, um sie alle stillzulegen.
Ein Geräusch, vielleicht ein Lachen, vielleicht auch ein Schluchzen,
drängte in ihren Mund.
Sie musste husten, woraufhin sie sich an dem Bissen verschluckte,
den sie gerade hatte herunterschlucken wollen, als das
Lachen oder Schluchzen hochgekommen war und herausgewollt
hatte. Marcie geriet in Panik, fürchtete, sie könnte an ihrem eigenen
Kuchen ersticken, so dass jemand anders die Reste vorfinden
und womöglich sogar essen würde.
Sie lief an die Spüle, um den Bissen auszuspucken.
Sie trank einen großen Schluck Wasser, um den Hustenreiz loszuwerden.
Das Wasser füllte ihren Magen ein wenig, was der Kuchen bisher
nicht vermocht hatte.
Marcie stellte das Glas weg. Mehr wollte sie nicht trinken.
Dann setzte sie sich wieder auf den Küchenhocker vor dem
Tresen, auf dem der Kuchen stand, und schnitt das letzte Stück
der ersten Kuchenhälfte ab.
Vielleicht war es jetzt an der Zeit, das Telefon wieder einzustöpseln?
Damit niemand sich Sorgen machte, wenn sie nicht erreichbar
war. Damit niemand herüberkam, um nach ihr zu sehen,
bevor Mark wieder zu Hause war. Man würde sich Sorgen machen,
dachte sie, wenn nicht einmal der Anrufbeantworter ansprang.
Sie stand auf und stöpselte das Telefon ein, das mit dem Anrufbeantworter
verbunden war.
»Hallo!«, flüsterte sie in gutgelauntem Ton. »Sie sind mit der
Familie Barnes verbunden!« Dann sagte sie noch leiser: »Mark!«
Dann mit ihrer normalen Stimme: »Marcie!« Und dann ahmte
sie die Kinder nach, in der Reihenfolge, in der sie ihre Namen
sagten, das älteste zuerst. »Luke!«, er war sechs. »Ruth!«, sie
war fünf. Und dann die dreijährigen Zwillinge »Matthew!« und
»Mary!«. Dann rief sie fröhlich: »Wir rufen zurück!«, wie sie es
auf dem Band alle im Chor taten. Nur John, das Baby, war nicht
zu hören. Das Baby war still.
Es erschreckte Marcie, ihre eigene Stimme so laut in dem
stillen Haus zu hören.
Ihre Mutter sagte immer, sie sollten keine Ansage auf dem
Anrufbeantworter haben, die den Leuten in die Ohren brüllte.
Ihr Vater fand, es sei lästig, sich jedes Mal die ganze Nachricht
anhören zu müssen. Die Frau des Pfarrers fand sie wunderbar.
Marcie nahm die zweite Kuchenhälfte in Angriff.
Ihr gläserner Teller war jetzt nicht mehr makellos sauber.
Die beiden Badewannen waren nicht mehr sauber.
Einige Betten waren nicht mehr sauber.
»Du solltest dich was schämen«, schalt sie sich mit der Stimme
ihrer Mutter.
»Was hast du den ganzen Tag gemacht?«, fragte die Stimme
ihres Vaters.
»Du hast so ein Glück, dass du zu Hause bleiben kannst«,
sagte ihre Schwester.
»Habt ihr heute was Schönes unternommen?«, wollte Mark
wissen.
»Wir haben Sie beim Bibelkreis vermisst«, sagte die Pfarrers-
frau.
Ehefrau, grün und blau.
Mutterglück, mich erdrückt.
»Haltet die Klappe«, flüsterte sie. »Haltet die Klappe. Haltet
alle die Klappe.«
Mit zitternden Händen tauchte sie das Kuchenmesser in das
Wasser, das inzwischen ganz trüb war, und wischte es an dem mit
Schokolade verschmierten Geschirrtuch ab. Dann schnitt sie den
Rest des Kuchens in gleichgroße Stücke, damit sie parat waren,
wenn sie bereit war, sich darüber herzumachen. Die Zeit lief ihr
davon. Es würde nicht mehr lange dauern, bis Mark durch die
Tür kam.
Zumindest war das Kuchenmesser wieder sauber.
Sie hielt es hoch, um es im Licht, das durch das Fenster fiel,
aufblitzen zu lassen.
Ja, es war blitzblank. Und spitz.
Das Wort »spitz« erinnerte sie an den Hund, der nicht bellte.
Hieß nicht so eine Geschichte? Die von einem Hund handelte,
der nicht bellte? Es war irgendwie wichtig, dass der Hund nicht
bellte. Ein Hinweis. Aber worauf? Vielleicht wüsste sie es, wenn
sie ihr Studium abgeschlossen hätte. Marcie fragte sich, ob Mark
den Hinweis verstehen würde. Wenn er auf das Haus zuging,
wenn er den Schlüssel ins Schloss steckte, würde er es als ein
Hinweis verstehen, wenn der Hund nicht bellte?
Mark war klug, aber für ganz so klug hielt sie ihn doch nicht.
Wahrscheinlich würde es weiterer Hinweise bedürfen, ehe er
merkte, dass etwas nicht stimmte.
Marcie aß das erste Stück der zweiten Kuchenhälfte auf und
tat sich das nächste auf den Teller.
Sie schätzte, dass jetzt noch etwas mehr als ein Viertel von
ihrem Kuchen übrig war. Wenn es mehr als ein Viertel war, war
es dann ein Drittel? Sie war sich nicht ganz sicher. Sie war noch
nie gut in Mathe gewesen oder darin, etwas über den Daumen
zu peilen.
Warst nie brav,
wirst bestraft.
Sie hatte viel zu früh geheiratet.
Hatte früher Kinder bekommen, als man ihr geraten hatte -
aber nicht so viele, wie man ihr geraten hatte. (»Glaubst du, unsere
Babysachen halten noch für eins mehr?«, hatte Mark sie am
Abend zuvor gefragt.)
Hatte zu viel geputzt.
Rein, rein, Fensterlein.
Hatte es nicht genug geputzt.
Dein Vergehen musst gestehen.
Zu viel Geld ausgegeben.
Nie genug Geld gehabt.
Zu laut gesungen. Zu viel geredet.
Die falschen Dinge gesagt.
Die falschen Kleider angezogen.
Konnte es niemandem recht machen.
Eine Freude machen. »Please«, flüsterte Marcie, als ihr der
Beatles-Song einfiel. »Please, please, please me.«Jemand sollte
mir mal eine Freude machen.
Sie glaubte nicht, dass es jemand anderen freuen würde festzustellen,
dass sie einen kompletten Kuchen aufgegessen hatte, aber
es machte sie glücklich. Es war einfach wunderbar, den letzten
Bissen zu essen. Zu ihrer Überraschung verlangte es sie immer
noch nach mehr.
Sie warf einen Blick auf die Küchenuhr.
Noch Zeit genug, einen zweiten anzurühren. Wenn sie nicht
mehr dazukam, ihn zu backen, konnte sie vielleicht den Teig essen,
die Schüssel auslecken, die ganze Schüssel, ganz allein.
Wenn Mark nach Hause kam, konnte sie ihm einen Schokoladenkuss
geben.
Sie wollte eine Schachtel Backmischung aus dem Schrank
nehmen, stellte jedoch bestürzt fest, dass kein Schokoladenkuchenmix
mehr da war. Nur Vanille. Sie war zutiefst enttäuscht,
vollkommen am Boden zerstört. Kein Schokoladenkuchen! Nur
Vanille! Aber dann dachte sie: Nein! Das ist in Ordnung. Das ist
prima. Das ist sogar großartig! Sie war die Einzige in der Familie,
die hellen Kuchen mochte. Sie war die Einzige, die übrig war,
die ihn mochte ...
Marcie griff nach der Schachtel.
Vanille hatte ihren eigenen Reiz, fand sie. Vanille war würzig,
duftete herrlich, sah so rein aus. Und man konnte alles Mögliche
damit machen. Einem Vanillekuchen konnte man jeden beliebigen
Geschmack beifügen, man konnte jede beliebige Glasur
auftragen. Man konnte ihn mit Liebesperlen bestreuen. Mit Rosen
aus Zuckerguss garnieren. Ein Vanillekuchen passte zu einer
Hochzeit, einem Geburtstag und zu besonderen Tagen wie diesem.
Bei dem Gedanken an den Teig, der ganz ihr allein gehören
würde, lief ihr das Wasser im Mund zusammen. Plötzlich überkam
sie ein Heißhunger, als hätte sie ein riesiges Loch im Bauch.
Einen gigantischen Hohlraum. Ihr war, als fiele sie in diesen
Hohlraum, als könnte sie ewig weiterfallen, ohne ein Geräusch
zu hören, während der Raum immer größer und weiter wurde,
bis nichts mehr existierte außer ihr und dem Raum.
Vielleicht konnte ein zweiter Kuchen den Hohlraum füllen,
wenn es ihr nur gelang, ihn aufzuessen, bevor Mark in ihr stilles
Haus zurückkehrte.
Patricia Smiley
Das Angebot
Mari Smith humpelte auf die Rolltreppe, die zur Gepäckausgabe
des Los Angeles International Airport hinunterführte, und begann
ihren Abstieg in die Hölle. Sie war ohnehin schon niedergeschlagen,
aber die Massen an Reisenden, die alle durcheinanderredeten
und in der Ankunftshalle an ihr vorbeidrängelten,
machten sie so nervös, dass sie eine Viertelstunde oben an der
Rolltreppe gestanden und gewartet hatte. Erst als die Menge sich
einigermaßen aufgelöst hatte, wagte sie sich ins Untergeschoss,
um ihren Koffer vom Gepäckband zu holen.
Als wäre das noch nicht genug, war ihr auch noch beim Einsteigen
in das Flugzeug in Seattle auf der Gangway der Absatz
an einem ihrer Pumps abgebrochen. Der Flug hatte schon eine
Stunde Verspätung gehabt, und so war ihr keine Zeit geblieben,
um wieder die Stufen hinunterzugehen und auf dem Asphalt
nach dem Absatz ihres armen alten Schuhs zu suchen. Jetzt
musste sie eine Möglichkeit finden, den Schuh reparieren zu lassen,
wenn sie am nächsten Morgen nicht hinkend wie Quasimodo
zu ihrem Vorstellungsgespräch erscheinen wollte.
Sie war nach Los Angeles gekommen, um sich auf eine Marketingstelle
bei einem Drive-in-Haustierwaschservice zu bewerben,
der an der Westküste eine Filiale eröffnet hatte. Aber selbst wenn
sie den Job bekam, war ihre finanzielle Situation nicht gesichert.
Die Firma befand sich noch in der Aufbauphase und konnte ihr
weder die Flugkosten noch die Kosten für das Hotelzimmer erstatten.
Mari hatte ihre Visa-Karte bis zum Anschlag überzogen,
um den Flug zu bezahlen, und jetzt war auch noch ihr einziges
Paar Schuhe nicht mehr zu gebrauchen, eine Zwangslage, die sie
an den Rand der Verzweiflung brachte.
Am Fuß der Rolltreppe stolperte Mari durch die Drehtür,
die zur Gepäckausgabe führte. Als sie nach einem Schild Ausschau
hielt, das ihr sagte, wo sich Band 5 befand, sah sie sich
plötzlich einem stämmigen Mann gegenüber, dessen abstehende
platinblonde Haare sie an die Stacheln eines Albinostachelschweins
erinnerten. Er stand vor einer Reihe öffentlicher Fernsprecher
und trug einen für die Augusthitze zu schweren schwarzen
Anzug, als wollte er zu einer Beerdigung. Er hielt ein Schild
hoch, das teilweise von seinen Händen verdeckt war. Alles, was
Mari entziffern konnte, waren die Buchstaben MARI und SMI.
Fieberhafte Aufregung ergriff sie. Es war, als würde in ihrem
Kopf eine wildgewordene Flipperkugel herumspringen. Vielleicht
hatte die Tierwaschfirma in ihrem Budget ja doch noch einen
Spielraum entdeckt, um sie in einer Limousine zum Hotel chauffieren
zu lassen. Einen flüchtigen Moment lang wagte sie zu hoffen,
dass ihr wider Erwarten ein kleines bisschen Glück beschieden
war.
Denn in Wirklichkeit war der abgebrochene Absatz nur eine
von diversen Katatastrophen, die in letzter Zeit über sie hereingebrochen
waren. Ihre Pechsträhne hatte mit einem Brief angefangen,
der aus heiterem Himmel vom nigerianischen Erziehungsminister
gekommen war. Offenbar hatte er ein Problem
damit, die Mittel für die Studiengebühren seines Sohnes rechtzeitig
zu den Einschreibfristen ins Land zu überweisen. Wenn das
Geld aber nicht pünktlich eintraf, würde der Lebenstraum des
jungen Mannes, an der University of Washington zu studieren,
zerplatzen. Ob Mari ihm helfen könne?
Die Originalausgabe erschien 2009
unter dem Titel »Two of the Deadliest«
bei HarperCollinsPublishers, New York.
Verlagsgruppe Random House FSC-DEU-0100
Das für dieses Buch verwendete
FSC®-zertifizierte Papier Super Snowbright
liefert Hellefoss AS, Hokksund, Norwegen.
1. Auflage
Copyright © der Anthologie 2009 by Susan Elizabeth George
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2011
by Wilhelm Goldmann Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Satz: Uhl + Massopust,Aalen
Druck und Bindung: GGP Media GmbH, Pößneck
Printed in Germany
ISBN 978-3-442-31247-4
www.goldmann-verlag.de
... weniger
Autoren-Porträt von ELIZABETH GEORGE (HG.)
Die Amerikanerin Elizabeth George hatte von Jugend an ein ausgeprägtes Faible für die britische Krimitradition. Psychologische Raffinesse, präziser Spannungsaufbau und ein unfehlbarer Sinn für Dramatik charakterisieren ihre Bücher. Ausgezeichnet mit dem Anthony Award, dem Agatha Award und dem Grand Prix de Litérature Policière. Die Autorin lebt in Huntington Beach/Kalifornien.
Bibliographische Angaben
- Autor: ELIZABETH GEORGE (HG.)
- 2011, 1, 543 Seiten, Maße: 13,5 x 21,5 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Herausgegeben: Elizabeth George
- Übersetzer: Charlotte Breuer, Norbert Möllemann
- Verlag: Arkana
- ISBN-10: 3442312477
- ISBN-13: 9783442312474
Rezension zu „Denn dein ist die Sünde “
"Jede dieser Geschichten schafft es in kürzester Zeit, den Leser zu fesseln. "Denn dein ist die Sünde" sind 520 Seiten feinster Spannungslektüre. [...] Elizabeth George zeigt einmal mehr ein Händchen für Hochspannung."
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