Der Geschichtendieb
Roman. Aus d. Französ. v. Karin Balzer
Paris wird von einem Serienmörder terrorisiert. Und genau der will ausgerechnet einem völlig belanglosen Autor seine Identität preisgeben? Ernest glaubt selbst nicht daran. Und doch lässt er sich auf einen Handel ein: Der Killer liefert seine Geschichte und...
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Produktinformationen zu „Der Geschichtendieb “
Paris wird von einem Serienmörder terrorisiert. Und genau der will ausgerechnet einem völlig belanglosen Autor seine Identität preisgeben? Ernest glaubt selbst nicht daran. Und doch lässt er sich auf einen Handel ein: Der Killer liefert seine Geschichte und Autor Ernest wird damit berühmt! Bis eines Tages unter Ernests Fenster die Leiche einer jungen Frau entdeckt wird... Was als Psychothriller beginnt, entpuppt sich als hintersinnige Komödie à la Woody Allen (»Bullets over Broadway«) über den Traum vom Bestseller und den Literaturbetrieb schlechthin!
Lese-Probe zu „Der Geschichtendieb “
"Sind Sie mit Jack the Ripper verwandt?"Ernest erlegte, ob der Mann mit der Brille nun vlig verrkt geworden war. Er hatte sich vor ihm aufgebaut und mit ertriebener Betonung verkdet: "Ich bin das Kind der mittelalterlichen Finsternis und der New Yorker Dunkelheit. Eine Brke er dem Abgrund." Dann hatte er sich unaufgefordert an seinen Tisch gesetzt: "Also, Meister, was sagen Sie zu diesem Anfang?" Ernest verstand kein Wort, fand es aber erstaunlich, mit "Meister" angesprochen zu werden, als sei er ein richtiger Schriftsteller. Machte sich der Mann er ihn lustig? Er hte gerne den Kellner gerufen, um den Mann wieder loszuwerden, doch der unterhielt sich beim Glerwaschen hinter dem Tresen gerade mit einem anderen Gast. Aurdem hte er sich f einen Kunden wie ihn, der nichts mehr bestellte und kein Trinkgeld gab, sicher nicht diese Me gemacht. Ernest konnte auch nichts daf. Solange er den Bestseller nicht gelandet hatte, konnte er nun mal keine Runde Champagner ausgeben, sondern musste sich auf einen Espresso pro Abend beschrken. Die Missbilligung des Kellners musste er in Kauf nehmen. Lieber das, als mit Sabine im Nacken zu Hause zu arbeiten. Hier hatte er wenigstens seine Ruhe. Wenn ihm nicht gerade ein aufdringlicher Mensch mit Geschichten er einen Anfang und die New Yorker Dunkelheit auf die Nerven ging. Andererseits machte er keinen besonders gefrlichen Eindruck. Im Gegenteil: Ein derart gewnliches Gesicht hatte Ernest noch nie gesehen.
Als er keine Antwort erhielt, hielt der aufdringliche Mensch es nun doch f angebracht, den Sinn seiner Frage ner zu erltern.
"Es ist wegen Ihres Namens. Jack the Ripper war ein bekannter Verbrecher." "Woher wissen Sie, wie ich hei?"
"Aus Ihren Werken." "Aus meinen Werken?"
"Ja, die meisten habe ich gelesen: Orientalische Sinnlichkeit, Eine wunderbare Liebe, Heute Abend, meine Liebe, Ich liebe nur Dich. F mich sind Sie ein wirklich gror Schriftsteller. Sie erzlen Ihre Geschichten ausgezeichnet, Ihre Figuren sind rst
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lebendig. Man sieht sie direkt vor sich, ht sie fmlich reden. Wenn man Ihre Geschichten liest, kommt man sich vor wie in einem Film." "Das alles haben Sie gelesen?", fragte Ernest unglbig.
"Natlich. Ich habe gerade Umarmung am Bosporus angefangen. Phantastisch! Dieser Anfang in Istanbul, als sich Suelen das Leben nehmen will, weil sie der Mann ihres Lebens verlassen hat. Das ist wahre Erzlkunst, Meister, gro Kunst! Sie schneidet sich im Hotel die Venen auf und man flt den Pulsschlag der Stadt, dieser Stadt, die schuld ist an ihrem Unglk, die ihr die einzige Liebe genommen hat. Darauf muss man erst einmal kommen. Das schafft eine unglaublich dramatische Atmosphe. Man ht, wie der Muezzin zum Gebet ruft, man sieht die Verkfer, die Zigaretten, frisches Wasser, Limonade, Wassermelonen anbieten, man spt das Leben auf dieser Stra, auf dem Gron Bazar, fast schiebt man sich selbst durch das Gedrge der Menschen vor der Blauen Moschee. Diese orientalische Farbenpracht. Wirklich, als erlebe man das alles selbst."
"Machen Sie Witze? Sie wollen doch wohl nicht behaupten, dass Sie diese Albernheiten ernst nehmen!"
"Ernst nehme ich, dass Sie sie geschrieben haben. Ich mhte Ihnen einen Vorschlag unterbreiten." "Sind Sie Verleger?"
Der Mann ignorierte die Frage und bestellte stattdessen zu Ernests gror erraschung Champagner - vom Besten.
"Auf Ihr Wohl", meinte er und hob sein Glas, nachdem der Kellner in einem Eiskler eine Flasche Dom Pignon Jahrgang 1989 gebracht hatte. Dann wartete er, bis sich der Kellner entfernt hatte.
"Ich mhte Ihnen erklen, was mich hierher frt", meinte er. "Aber vorher sagen Sie mir bitte, ob Ihr Name wirklich mit Jack the Ripper zu tun hat."
Fast hte Ernest laut aufgelacht. Ernest the Ripper! Ganz sch witzig. Er klappte sein PowerBook zu und schaute seinem Gesprhspartner ins Gesicht.
"Mein Name hat nichts mit Jack the Ripper zu tun", erwiderte er. "Es ist eine Kurzform von Rappoport. Besondere Umstde haben meine Familie zu dieser derung gezwungen. War damals besser so. Also keine Verbindung zum Mder von White Chapel. Sind Sie jetzt zufrieden? Sagen Sie mir nun endlich, was Sie von mir wollen?"
Der Mann zog eine Zeitung aus der Tasche und zeigte auf das Phantombild der Titelseite.
"Wden Sie mir glauben, wenn ich Ihnen sage, dass ich das bin?"
Ernest sah sich das Foto an und dann den Mann, der ihm gegener sa Beide Gesichter waren vlig nichts sagend. Man hte ebenso gut zwei unbeschriebene wei Blter miteinander vergleichen knen.
"Ich kann keine besondere nlichkeit feststellen", antwortete er. "Eigentlich knte es jeder sein, vielleicht sind Sie es, vielleicht auch nicht."
"Doch, ich bin es. Das wundert Sie vielleicht, aber so ist es. Ich bin der Serienmder, der immer wieder Schlagzeilen macht. Obendrein bin ich ein Mder, der gern ins Kino geht. Ich habe alle Filme zu diesem Thema gesehen, angefangen bei Hitchcock und Fritz Lang er Chaplin und Philippe Grandrieux bis Berberian und McNaughton. Aber ich verstehe Ihre Zweifel. Das Phantombild beweist gar nichts. Ich habe nun einmal ein Gesicht, das man sich nicht merken kann, aurdem" - hier konnte er ein Kichern nicht unterdrken - "fehlt es an prisen Zeugenaussagen."
Ernest hielt es f besser, ihm nicht zu widersprechen. Wenn er hier laut werden wde, wden sie mlicherweise beide rausfliegen und er wde Lokalverbot bekommen.
"Gut", sagte Ernest. "Sie sind also der Mder, den stliche Polizisten in Frankreich und Navarra suchen. Ein Mder, der gern ins Kino geht, wenn Sie so wollen, aber deshalb weiich noch immer nicht, was Sie von mir wollen."
Der Mann lhelte, goss sich noch einmal Champagner ein und leerte sein Glas in einem Zug.
"Ich biete Ihnen an, was alle haben mhten, aber nur sehr wenige bekommen: Ruhm und Reichtum." "Und was muss ich daf tun?"
"Schreiben, wie Sie es f den Groschenromanverlag Romance tun."
"Wenn Sie wollen, dass ich f Sie Liebesgeschichten schreibe, sind Sie bei mir an der falschen Adresse. Ich schreibe diese Geschichten nicht, ich begne mich damit, sie aus dem Englischen zu ersetzen, oder vielmehr, sie an franzische Verhtnisse anzupassen, damit sie den Leserinnen gefallen. Reine Tagelnerarbeit."
"Irrtum, Meister, ein gror Irrtum! Sicher, Sie adaptieren nur, aber dabei haben Sie doch Ihren eigenen Stil entwickelt. Das ist ein ungeheurer Vorteil. Was Ihnen zu einem Schriftsteller noch fehlt, ist das richtige Thema, die richtige Handlung. Und das kann ich Ihnen bieten." "Und wie sieht diese Handlung aus?"
"Es ist meine Lebensgeschichte."
"Natlich. Ich habe gerade Umarmung am Bosporus angefangen. Phantastisch! Dieser Anfang in Istanbul, als sich Suelen das Leben nehmen will, weil sie der Mann ihres Lebens verlassen hat. Das ist wahre Erzlkunst, Meister, gro Kunst! Sie schneidet sich im Hotel die Venen auf und man flt den Pulsschlag der Stadt, dieser Stadt, die schuld ist an ihrem Unglk, die ihr die einzige Liebe genommen hat. Darauf muss man erst einmal kommen. Das schafft eine unglaublich dramatische Atmosphe. Man ht, wie der Muezzin zum Gebet ruft, man sieht die Verkfer, die Zigaretten, frisches Wasser, Limonade, Wassermelonen anbieten, man spt das Leben auf dieser Stra, auf dem Gron Bazar, fast schiebt man sich selbst durch das Gedrge der Menschen vor der Blauen Moschee. Diese orientalische Farbenpracht. Wirklich, als erlebe man das alles selbst."
"Machen Sie Witze? Sie wollen doch wohl nicht behaupten, dass Sie diese Albernheiten ernst nehmen!"
"Ernst nehme ich, dass Sie sie geschrieben haben. Ich mhte Ihnen einen Vorschlag unterbreiten." "Sind Sie Verleger?"
Der Mann ignorierte die Frage und bestellte stattdessen zu Ernests gror erraschung Champagner - vom Besten.
"Auf Ihr Wohl", meinte er und hob sein Glas, nachdem der Kellner in einem Eiskler eine Flasche Dom Pignon Jahrgang 1989 gebracht hatte. Dann wartete er, bis sich der Kellner entfernt hatte.
"Ich mhte Ihnen erklen, was mich hierher frt", meinte er. "Aber vorher sagen Sie mir bitte, ob Ihr Name wirklich mit Jack the Ripper zu tun hat."
Fast hte Ernest laut aufgelacht. Ernest the Ripper! Ganz sch witzig. Er klappte sein PowerBook zu und schaute seinem Gesprhspartner ins Gesicht.
"Mein Name hat nichts mit Jack the Ripper zu tun", erwiderte er. "Es ist eine Kurzform von Rappoport. Besondere Umstde haben meine Familie zu dieser derung gezwungen. War damals besser so. Also keine Verbindung zum Mder von White Chapel. Sind Sie jetzt zufrieden? Sagen Sie mir nun endlich, was Sie von mir wollen?"
Der Mann zog eine Zeitung aus der Tasche und zeigte auf das Phantombild der Titelseite.
"Wden Sie mir glauben, wenn ich Ihnen sage, dass ich das bin?"
Ernest sah sich das Foto an und dann den Mann, der ihm gegener sa Beide Gesichter waren vlig nichts sagend. Man hte ebenso gut zwei unbeschriebene wei Blter miteinander vergleichen knen.
"Ich kann keine besondere nlichkeit feststellen", antwortete er. "Eigentlich knte es jeder sein, vielleicht sind Sie es, vielleicht auch nicht."
"Doch, ich bin es. Das wundert Sie vielleicht, aber so ist es. Ich bin der Serienmder, der immer wieder Schlagzeilen macht. Obendrein bin ich ein Mder, der gern ins Kino geht. Ich habe alle Filme zu diesem Thema gesehen, angefangen bei Hitchcock und Fritz Lang er Chaplin und Philippe Grandrieux bis Berberian und McNaughton. Aber ich verstehe Ihre Zweifel. Das Phantombild beweist gar nichts. Ich habe nun einmal ein Gesicht, das man sich nicht merken kann, aurdem" - hier konnte er ein Kichern nicht unterdrken - "fehlt es an prisen Zeugenaussagen."
Ernest hielt es f besser, ihm nicht zu widersprechen. Wenn er hier laut werden wde, wden sie mlicherweise beide rausfliegen und er wde Lokalverbot bekommen.
"Gut", sagte Ernest. "Sie sind also der Mder, den stliche Polizisten in Frankreich und Navarra suchen. Ein Mder, der gern ins Kino geht, wenn Sie so wollen, aber deshalb weiich noch immer nicht, was Sie von mir wollen."
Der Mann lhelte, goss sich noch einmal Champagner ein und leerte sein Glas in einem Zug.
"Ich biete Ihnen an, was alle haben mhten, aber nur sehr wenige bekommen: Ruhm und Reichtum." "Und was muss ich daf tun?"
"Schreiben, wie Sie es f den Groschenromanverlag Romance tun."
"Wenn Sie wollen, dass ich f Sie Liebesgeschichten schreibe, sind Sie bei mir an der falschen Adresse. Ich schreibe diese Geschichten nicht, ich begne mich damit, sie aus dem Englischen zu ersetzen, oder vielmehr, sie an franzische Verhtnisse anzupassen, damit sie den Leserinnen gefallen. Reine Tagelnerarbeit."
"Irrtum, Meister, ein gror Irrtum! Sicher, Sie adaptieren nur, aber dabei haben Sie doch Ihren eigenen Stil entwickelt. Das ist ein ungeheurer Vorteil. Was Ihnen zu einem Schriftsteller noch fehlt, ist das richtige Thema, die richtige Handlung. Und das kann ich Ihnen bieten." "Und wie sieht diese Handlung aus?"
"Es ist meine Lebensgeschichte."
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Bibliographische Angaben
- Autor: Jean-Pierre Gattegno
- 2002, 1, 286 Seiten, Maße: 13,5 x 21 cm, Geb. mit Su., Deutsch
- Verlag: Reclam, Leipzig
- ISBN-10: 3379007951
- ISBN-13: 9783379007955
Rezension zu „Der Geschichtendieb “
"Der Roman, der zwischen Satire und Gleichnis angesiedelt ist, setzt nicht auf Einzelschicksale und charakterliche Entwicklung. Seine Figuren sind Typen, auf die die Erzählung immer wieder den Scheinwerfer richtet, um die Denk- und Handlungsweise eines in sich verrotteten Milieus zu beleuchten. Leben gewinnt der Roman erst aus der lakonischen Erzählweise und der surrealen Atmosphäre, die dadurch geschaffen wird. Kern der Erzählung ist ein Teufelspakt, doch dem Teufel selbst entgleiten die Fäden, und der Gewinner ist der, der zur rechten Zeit zugreift. Fazit: Satirisches Gleichnis auf den Literaturbetrieb mit augenzwinkernden Finale." www.literature.de"Was am Anfang alle Zutaten eines Psychothrillers hat, entpuppt sich schon bald als hintersinnige Komödie über den Literaturbetrieb. Folglich geht es Jean-Pierre Gattégno gar nicht um die Aufklärung der Morde; sein zentrales Thema ist der literarische Schaffensprozess an sich. Zunächst scheint es, als würde sich Gattégno in zu viele Nebenhandlungen verlieren, schweift er doch immer wieder ab, um etwas von Ernests Ex-Freundin und ihrem neuen Geliebten, einem unwiderstehlichen Frauenheld, zu erzählen. Doch am Ende fließen alle Handlungsstränge zusammen und sorgen für ein ebenso gelungenes wie überraschendes Finale." Südkurier
"Eigentlich erzählt Der Geschichtendieb die Geschichte eines Buches: Von seiner Inspiration über die endgültige Fassung bis zum Verlag. Nebenbei wird die Frage behandelt, was ein gutes Buch ausmacht. Der fesselnde erste Satz? Die Story? Und wie wichtig ist der Titel? Für Gattégnos Roman jedenfalls gilt, dass sich erst mit der Auflösung herausstellt, warum sein Roman Der Geschichtendieb heißt. Das Ende hat es in sich, und es sorgt dafür, dass man dieses Buch mit einem zufriedenen Gefühl zur Seite legt." Neue Osnabrücker Zeitung
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