Der kleine Medicus
„Therapie bedeutet,Dienst am Kranken zu tun“, lautet das Credo von Professor Dr. Dietrich Grönemeyer, und er fügt hinzu: „Vertrauen ist die Basis für Heilung.“ Er selbst hatte als Kind dieses Vertrauen wohl nicht, er erinnert sich noch heute an seine panische Angst vor Ärzten und Spritzen. Entstand damals schon sein Berufswunsch? Aus der Familie seiner Mutter kam das Interesse an Medizin, der Vater, ein Bergbauingenieur, vererbte ihm die Lust am Basteln und Tüfteln – aber eigentlich wollte er ja sowieso Pastor werden.
Dietrich Grönemeyer wurde 1952 in Clausthal-Zellerfeld geboren und wuchs mit zwei Brüdern in Bochum auf. Als Musiker und Schauspieler ist der jüngste Bruder Herbert bekannt, der Galerist Johannes starb 1998 an Leukämie. Dietrich studierte nach dem Abitur zunächst Sinologie und Romanistik in Bochum, danach Medizin in Kiel. Nach dem Examen 1978 folgten 1982 die Promotion und 1990 die Habilitation an der Universität Witten/Herdecke. Seit 1996 hat er den einzigen Lehrstuhl für Radiologie und Mikrotherapie inne. In Bochum gründete der Arzt das „Grönemeyer-Institut für Mikrotherapie“ und 2005 die „Grönemeyer Clinic für MikroMedizin“ in Essen: die ersten Schritte in Richtung eines „medical valley“ an der Ruhr.
Für junge Leser schrieb Grönemeyer „Der kleine Medicus“ und „Die neuen Abenteuer des kleinen Medicus“. Der „mikrotisierte“ Nanolino saust durch den menschlichen Körper und erkundet die Organe (Bd. 1), das Gehirn und die Sinnesorgane (Bd. 2).
Für die ganze Familie ist „Grönemeyers neues Hausbuch der Gesundheit“ gedacht. Volkskrankheiten, Hightech-Medizin und Naturheilkunde sind nur einige der Themen, die leicht verständlich und anschaulich dargestellt werden. Im Mittelpunkt steht der Mensch, getreu dem Motto: „eine liebevolle Medizin ist keine Utopie“.
Interview mitDietrich Grönemeyer
In "Der kleine Medicus" lernt der 12-jährige Nanolino eineMenge über den eigenen Körper, über ärztliche Untersuchungsmethoden und auchüber Hausmittel. Welches ist das vordringliche Ziel Ihres Buches: einBewusstsein für die eigene Gesundheit zu wecken, die Angst vor dem Arzt zunehmen oder konkrete Behandlungstipps zu geben?
Hauptsächlichwollte ich bei den Kinder ein Interesse an ihrem Körper wecken. Kinder kann mannoch eher für sich selbst begeistern. Ich hoffe, dass ich die Kinder durch dasBuch dazu bringe, verantwortungsvoller mit sich selbst umzugehen, in sichhineinzuhorchen. Sie könnten dadurch von Anfang an lernen, wasEigenverantwortung bedeutet. Gleichzeitig besiegt das Wissen über dieFunktionen des Körpers Ängste. Es ist doch vor allem das Unbekannte, das denArztbesuch für die meisten kleinen Patienten so unangenehm macht. Und Omi RosasGesundheitstipps sollen zeigen, dass man kleine Wehwehchen durchaus selbstkurieren kann, ohne die beliebte "Chemiekeule". Auch das fördert eine früheEntwicklung von Eigenverantwortung. Denn wer mit dem Verständnis groß wird,gegen die Probleme des Körpers völlig hilflos zu sein, wird später auch dieVerantwortung für die eigene Gesundheit an den Arzt weitergeben. Die Erwartung,dass eine Wunderpille alle Probleme lösen könnte, führt zu völlig passivenPatienten. Die frühe Erfahrung, selbst etwas tun zu können, befreit aus diesemGefühl der Hilflosigkeit und macht es leichter, Behandlungen zum Erfolg zuführen, die von der Eigeninitiative des Patienten abhängen. Das alles war Teilmeiner Motivation, den "Kleinen Medicus" zu schreiben.
Für welche Altersgruppe ist "Der kleine Medicus" besondersgeeignet? Und können auch Erwachsene etwas aus Nanolinos Abenteuern lernen?
Am liebsten wäre es mir, wenn iches schaffe, mit dem Buch die Generationen zu verbinden. Ich wünsche mir, dassEltern oder Großeltern den Kindern das Buch vorlesen. Gedacht ist das Buch fürKinder von acht bis zwölf, aber ich denke, auch viele Erwachsene können bei dergemeinsamen Lektüre noch einiges über ihren Körper lernen.
Sie selbst arbeiten an Ihrem "Grönemeyer Institut fürMikroTherapie" mit mikro-invasiven Techniken. Haben Sie Nanolino deshalb quasi"geschrumpft" durch den menschlichen Körper reisen und diesen erkunden lassen?
Ich habe lange überlegt, wie ichden Kindern die Schönheit des Körper veranschaulichen kann. Ich wollte, dassder Leser sich in den Körper hineindenken kann und ihn nicht nur von außensieht. Das hätte ich vielleicht mit kernspintomographischen Methoden erreichenkönnen, aber ich wollte ein intensiveres Erleben ermöglichen. Ich dachte mir,am unmittelbarsten könnte man den Körper erfahren, wenn man sich in ihm bewegt.Deshalb brauchte ich eine Figur, die ich verkleinern kann, eben Nanolino. Undso schickte ich ihn dann auf die Reise durch den Magen-Darm-Trakt, ins Gehirnund auf die Suche nach der Seele. Aber ich muss zugeben: Das Verkleinern liegtmir irgendwie nahe, erst medizinische Verfahren - so wie mein Vater alsBergbauingenieur große Tunnel gebohrt hatte und ich kleine Tunnel - und nuneinen fiktiven Jungen.
Sie engagieren sich seit langem dafür, dassHigh-Tech-Medizin und ein individueller und fürsorglicher Umgang mit demPatienten miteinander in Einklang gebracht werden. In Ihrem eigenen Institutsetzen Sie diesen Gedanken bereits um. Was müsste sich strukturell ändern,damit eine solche Umsetzung auch auf breiter Basis, also für unser gesamtesGesundheitssystem gelingen kann?
Es mag zunächstwie die Quadratur des Kreises klingen: ineffektive Kosten zu senken, dabei dieVersorgungsqualität anzuheben und bei alledem Fürsorglichkeit und Zuwendungnicht aus den Augen zu verlieren. Aber das ist meiner Überzeugung nach möglich.Die Erschließung von Wirtschaftlichkeitsreserven ist nicht gleichbedeutendmit einer Verschlechterung des medizinischen Leistungsumfangs. Die Versorgungvon Patienten ist dann optimal, wenn alle Beteiligten und Bereiche desGesundheitssystems in bestmöglicher Form miteinander vernetzt sind undkommunizieren. Dabei ist der ganzheitliche Ansatz entscheidend. Gleichzeitiggilt es, die Vorsorge im ambulanten, stationären und teilstationären Bereichauszubauen.
Mit Ihrem Buch "Heilen statt Kranksparen" mischen Sie sichengagiert in die aktuelle Debatte über unser Gesundheitswesen ein und erreichenmit Ihren Vorschlägen ein breites Publikum. Finden Sie auch in den Fachgremienund bei den "Entscheidern" das entsprechende Gehör?
Ich werde mittlerweile von verschiedenen Krankenkassen,Ärzte- und Patientenorganisationen etc. als Referent eingeladen. Ich habe denEindruck, es bewegt sich langsam etwas; nur für mich - ich bin einleidenschaftlicher, ungeduldiger Mensch - eben nicht schnell genug.
Gibt es ein Gesundheitssystem, das Sie als Vorbild für diein Deutschland notwendigen Veränderungen bezeichnen würden? Und welche Fehlermüssen bei der Umstrukturierung unbedingt vermieden werden?
Es gibt kein vorbildliches System. Eigentlich wird unserGesundheitssystem weltweit nach wie vor bewundert. Optimiert werden müssen aberin jedem Fall die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Interesse der Patientensowie Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement. Gute innovative Verfahrensollten schnell der breiten Masse zugute kommen, nicht erst nach zwanzigJahren. Und Patienten müssen sich für das versichern lassen können, was siesich selbst als medizinische Versorgung wünschen. Das ist ja bei jedem anders.Wir könnten beim Schnüren individueller "Gesundheitsversicherungspakete" vonder Kfz-Versicherung lernen, d.h. beispielsweise zusätzliche "Teil"- und"Vollkasko"-Versicherungstarife einführen.
Sie leiten ein Institut, schreiben Bücher, sind in denMedien präsent... Können Sie uns das Geheimnis Ihres Zeitmanagements verraten?
Ich brauche wenig Schlaf, und wenn mich eine Sache packt,bin ich voll dabei. Alles, was ich tue, mache ich mit Leidenschaft undkonzentriert.Die Fragen stellte Henrik Flor,Literaturtest
- Autor: Dietrich H. W. Grönemeyer
- Altersempfehlung: 12 - 15 Jahre
- 2005, 360 Seiten, mit farbigen Abbildungen, Maße: 15,6 x 21,5 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Rowohlt
- ISBN-10: 3498025007
- ISBN-13: 9783498025007
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
Schreiben Sie einen Kommentar zu "Der kleine Medicus".
Kommentar verfassen