Der lange Weg zur Freiheit
Nelson Mandela, 1918 geboren, wurde 1962 als ANC-Führer verhaftet und zu lebenslanger Haft verurteilt. Während der Inhaftierung begann er 1974 mit der Arbeit an seiner Autobiografie. Vollendet nach seiner Entlassung 1990, beeindrucken diese...
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Nelson Mandela, 1918 geboren, wurde 1962 als ANC-Führer verhaftet und zu lebenslanger Haft verurteilt. Während der Inhaftierung begann er 1974 mit der Arbeit an seiner Autobiografie. Vollendet nach seiner Entlassung 1990, beeindrucken diese Lebenserinnerungen durch ihre Kraft und literarische Eleganz.
Mandela, eine der eindrucksvollsten Persönlichkeiten unserer Tage, war von 1994 bis 1999 Präsident Südafrikas und erhielt 1993 den Friedensnobelpreis.
Die SPIEGEL-Edition: 40 Bestseller aus 40 Jahren.
Der lange Weg zur Freiheit von NelsonMandela
LESEPROBE
AUSSER DEM LEBEN, einer starken Konstitutionund einerdauerhaften Verbindung zum Thembu-Königshausgab mir mein Vater bei meiner Geburt nur einen Namen mit, Rolihlahla.Wörtlich bedeutet Rolihlahla: »Am Ast eines Baumesziehen«',doch der umgangssprachliche Sinn lautetziemlich genau: »Unruhestifter«. Ich glaube nicht, dag Namen etwasSchicksalhaftes haben oder daß mein Vater irgendwieahnte, was für eine Zukunft mich erwartete, doch in späteren Jahren machtenFreunde und Verwandte oft meinen Geburtsnamen verantwortlich für die vielenStürme, die ich sowohl verursacht als auch überstanden habe. Meinen bekannterenenglischen oder christlichen Namen erhielt ich an meinem ersten Schultag, aberich greife voraus.
Geboren wurde ich am 18. Juli 1918 in Mvezo, einem winzigen Dorf am Ufer des Mbasheim Distrikt Umtata, der Hauptstadt der Transkei. Inmein Geburtsjahr fiel das Ende des Ersten Weltkrieges, der Ausbruch einerGrippeepidemie, die überall auf der Welt Millionen Menschen tötete, und derBesuch einer Delegation des African National Congress bei der VersaillerFriedenskonferenz, um den Klagen afrikanischer Menschen aus Südafrika Gehör zuverschaffen. Mvezo jedoch war alldem weit entrückt,ein winziger Bezirk abseits der Welt der großen Ereignisse, ein Ort, wo dasLeben weitgehend noch immer so gelebt wurde wie seit Hunderten von Jahren.
Die Transkei, über tausend Kilometer östlichvon Kapstadt gelegen, mehr als 5oo Kilometer südlich von Johannesburg, dehntsich zwischen dem Key River und der Grenze zu Natal, zwischen den zerklüfteten Drakensbergen im Norden und den blauen Wassern desIndischen Ozeans im Osten. Es ist eine wunderschöne Landschaft mit dahinschwingenden Hügeln, fruchtbaren Tälern und tausend Flüssen und Bächen, die zumMeer streben und das Land auch im Winter grün halten. Die Transkei war einesder größten Territorien innerhalb von Südafrika, mit 43 000 Quadratkilometeretwa so groß wie die Schweiz, mit einer Bevölkerung von ungefähr dreieinhalbMillionen Xhosas und einer winzigen Minderheit von Basothos und Weißen. Es ist auch die Heimat der Thembus, zu denen ich gehöre und die ein Teil des Xhosa-Volkessind.
Mein Vater, GadlaHenry Mphakanyiswa, war Häuptling nach Abstammung undBrauchtum. Vom König des Thembu-Stammes wurde er zumHäuptling von Mvezo bestimmt, doch unter britischerHerrschaft mußte diese Ernennung bestätigt werden vonder Regierung, die in Mvezo vom örtlichen Magistrate(hoher weißer Verwaltungsbeamter) vertreten wurde. Als von der Regierungeingesetzter Häuptling stand ihm ein Gehalt zu sowie ein Teil der Gebühren,welche die Regierung bei der Gemeinde erhob für die Impfung des Viehs und dieNutzung des Weidelands. Obwohl die Häuptlingsrolle Respekt und Anerkennung genoß, war ihr Ansehen jedoch vor fünfundsiebzig Jahrengesunken aufgrund der Kontrolle einer wenig einfühlsamen weißen Regierung.
Der Thembu-Stammreicht zwanzig Generationen zurück biszu König Zwide. Traditionsgemäß lebten die Thembusin den Ausläufern der Drakensberge und zogen im 16.Jahrhundert in Richtung Küste, wo sie zu einem Teil des Xhosa-Volkeswurden. Die Xhosa gehören zu den Nguni,die wenigstens seit dem11.Jahrhundert in der südöstlichen Region von Südafrika,zwischen dem großen inneren Plateau im Norden und dem Indischen Ozean im Süden,gelebt, gejagt und gefischt haben. Man kann die Nguniaufteilen in eine nördliche Gruppe - die Zulu und die Swasi - und eine südlicheGruppe, bestehend aus den amabaca, den amabomyana, den amagealeka, den amamfengu, den ama-Mpodomis, den amampondo, den abesotho und den abethembu,und zusammen bildeten sie die Xhosa-Nation.
Die Xhosa sindstolze, patrilineare Menschen mit einerausdrucksstarken, wohlklingenden Sprache und einem unerschütterlichen Glaubenan die Bedeutung von Recht, Erziehung und Höflichkeit. Die Xhosa-Gesellschafthatte eine ausgewogene, harmonische Sozialordnung, in der jeder einzelne seinenPlatz kannte.Jeder Xhosagehört zu einem Clan, der seine Herkunft auf einen bestimmten Vorfahrenzurückführt. Ich bin ein Angehöriger des Madiba-Clans,der nach einem Thembu-Häuptling benannt ist, der imis. Jahrhundert in der Transkei herrschte. Oft spricht man mich mit Madiba an, meinem Clan-Namen, was als respektvolleBezeichnung gilt.
Ngubengcuka, einer der größten Monarchen, der den Thembu-Stamm vereinigte, starb 1832. Der damaligen Sitteentsprechend hatte er Frauen aus den großen Königshäusern, dem Großen Haus, ausdem der Erbe ausgewählt wird, dem Haus Rechter Hand und dem lxhiba,einem kleineren Haus, das auch Haus Linker Hand genannt wird. Die Aufgabe derSöhne des Hauses Linker Hand bestand darin, königliche Streitigkeitenbeizulegen. Mthikrakra, der älteste Sohn des GroßenHauses, folgte auf Ngubengcuka, und zu seinen Söhnengehörten Ngangellzwe und Matanzima.Sabata, der die Thembu von1954 regierte, war der Enkelvon Ngangellzweund älter als Kaezer Daliwonga,besser bekannt als K. D. Matanzima, der frühere Chief Minister der Transkei -mein Neffe kraft Recht undBrauchtum -, der ein Abkömmling von Matanzima war.Der ältestes Sohn des lxhiba-Hausesoder des Hauses Linker Hand war Simakade, dessenjüngerer Bruder Mandela war, mein Großvater.
Im Laufe der Jahrzehnte hat es vieleGeschichten gegeben, nach denen ich ein Anwärter oder Mitanwärter auf den Thembu-Thron sei, doch die einfache, oben von mirdargelegte Genealogieentlarvt solche Erzählungen als Märchen. Obwohl ich einAngehöriger der königlichen Hofhaltung war, gehörte ich nicht zu den wenigenPrivilegierten, die zum Herrschen erzogen wurden. Stattdessen wurde ich, alsAbkömmling des Hauses Linker Hand, wie mein Vater vor mir, dazu erzogen, dieHerrscher des Stammes zu beraten.
Mein Vater war ein hochgewachsener,dunkelhäutiger Mann mit einer aufrechten, würdevollen Körperhaltung, die ich,wie ich mir gern einbilde, von ihm geerbt habe.
© S.Fischer Verlag
Aus demAmerikanischen übersetzt von Günter Panske
- Autor: Nelson Mandela
- 2006, 825 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen, Maße: 13,4 x 20,9 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Spiegel-Verlag
- ISBN-10: 3877630073
- ISBN-13: 9783877630075
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
Schreiben Sie einen Kommentar zu "Der lange Weg zur Freiheit".
Kommentar verfassen