Der parasitäre Konzern
Shareholder Value und der Abschied von gesellschaftlicher Verantwortun
Shareholder Value und der Abschied von gesellschaftlicher Verantwortung. Das Handeln der amerikanischen Konzerne wird fast ausschließlich vom Aktienkurs bestimmt. Ihre Manager sind so darauf aus, Gewinne zu erzielen, dass sie teilweise vollkommen...
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Produktinformationen zu „Der parasitäre Konzern “
Shareholder Value und der Abschied von gesellschaftlicher Verantwortung. Das Handeln der amerikanischen Konzerne wird fast ausschließlich vom Aktienkurs bestimmt. Ihre Manager sind so darauf aus, Gewinne zu erzielen, dass sie teilweise vollkommen rücksichtslos handeln. Europäische Unternehmen dagegen sind traditionell stärker der sozialen Humanität verpflichtet. Der Autor präsentiert hier globale Fehlentwicklungen und zeigt eine Reihe von Lösungsmöglichkeiten.
Klappentext zu „Der parasitäre Konzern “
Corporate Identity, Corporate Design, Corporate Culture - seit Jahren preisen Wirtschaftsgurus das amerikanische Modell. Aber nicht alle "Errungenschaften" der Neuen Welt sollten wir ungeprüft übernehmen. Unternehmen, die die Ressourcen der Allgemeinheit ausplündern, entziehen langfristig allen - und damit auch sich selbst - die Überlebensgrundlage. Das unverantwortliche Verhalten amerikanischer Großkonzerne gegenüber sozialen und umweltpolitischen Interessen darf nicht zum Vorbild für Europa werden. Lawrence E. Mitchell warnt davor, kurzfristige Gewinnmaximierung an oberste Stelle zu setzen und dem Markt nach amerikanischem Muster umfassende Freiheit zu gewähren.Das Handeln amerikanischer Konzerne orientiert sich nahezu ausschließlich am Aktienkurs. Ihre Manager sind so darauf konzentriert, kurzfristige Gewinne zu erwirtschaften, dass sie weder Rücksichten auf ihre Angestellten oder Verbraucher nehmen, noch an den Schutz der Umwelt denken und letztendlich sogar das langfris tige Wohl des ganzen Konzerns aufs Spiel setzen. Amerikanische Unternehmen bezeichnet Mitchell als "perfekte Externalisierungsmaschinen", die alle durch die Gewinnmaximierung entstehenden Kosten (von Entlassungen bis hin zur Umweltbelastung) auf andere Gruppen abwälzen, die zu schwach sind, sich gegen die Übergriffe zu wehren.
Diese Entwicklung ist nicht das Produkt überlegter Planung, sondern einzig das Ergebnis der ungezügelten Kräfte des freien Kapitalmarktes. Den politischen Eliten ist es nicht gelungen, diesen Prozess zu steuern, und die Wirtschaftsführer sind genauso in dem Teufelskreis gefangen wie alle anderen. Unternehmensvorstände und Management sind gezwungen, sich dem Druck der Kapitaleigner zu beugen. Ein Großteil der Aktien befindet sich heute nicht mehr in der Hand von verantwortungsvoll und mittel- bis langfristig denkenden Unternehmern, sondern in der Hand von Anlegern, die massiven Druck ausüben, um kurzfristig Gewinne zu erzielen, aber keinerlei Verantwortung gegenüber
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irgendeiner Firma und deren Mitarbeitern empfinden. Mitchell zufolge sind europäische Unternehmen traditionell stärker der sozialen Verantwortung und Humanität verpflichtet. Wenn sie vor der geballten Macht des amerikanischen Kapitals in die Knie gehen, entsteht ein uniformes Weltwirtschaftssystem, das extrem anfällig ist für globale Krisen.
Der Autor begnügt sich jedoch nicht mit einer Analyse der Fehlentwicklungen, sondern zeigt eine Reihe von Lösungsmöglichkeiten auf, die dem amerikanischen Unternehmenskapitalismus höchst unkonventionell erscheinen dürfen.
Der Autor begnügt sich jedoch nicht mit einer Analyse der Fehlentwicklungen, sondern zeigt eine Reihe von Lösungsmöglichkeiten auf, die dem amerikanischen Unternehmenskapitalismus höchst unkonventionell erscheinen dürfen.
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Lese-Probe zu „Der parasitäre Konzern “
Liberalismus in Amerika: Das zentrale Problem unserer UnternehmenWie verbreitet sind unsere Unternehmensprobleme? Wie weit geht die Verantwortungslosigkeit der Unternehmer? Manchmal wird das Problem deutlich sichtbar: Der Reifenhersteller Firestone produziert Pneus, die explodieren, und der Autokonzern Ford lst sie weiterhin an seinen Geldewagen montieren; Hooker Chemical verseucht den Love Canal; Union Carbide lst in Bhopal eine Fabrik bauen, ohne sich an die Vorschriften zu halten. Doch manchmal ist das Problem nicht so leicht zu erkennen: General Electric entlst Zehntausende Arbeiter und ruiniert damit ganze Gemeinden; die Konzernspitze von Mattel schiebt sich selbst Aktienoptionen von geradezu obszem Wert zu, und zwar auf so komplizierten Wegen, dass die rigen Aktione den tatshlichen Wert der Optionen gar nicht bemerken und der Sache zustimmen; einige der grten amerikanischen Unternehmen missbrauchen die bundesstaatlichen Steuergesetze, sodass sie fast gar keine Steuern zahlen, obwohl ihre Gewinne rapide steigen.
Es ist schwierig, das Problem auf den Punkt zu bringen, und fast unmlich, verlsliche statistische Daten zu finden, wenn auch vielleicht aus keinem anderen Grund als dem, dass es schwer flt, die Verantwortungslosigkeit von Unternehmen klar zu definieren. Aurdem wird das Verhalten, das ich hier als unternehmerische Verantwortungslosigkeit bezeichne und untersuchen will, zum grten Teil gar nicht richtig sichtbar, sondern ergibt sich einfach als Folge einer ganz alltlichen Denkweise, wie gro Unternehmen zu fren seien.
Ob ich nun wissenschaftlich akzeptable Informationen darer liefern kann oder nicht, so ist doch klar, dass die gro Mehrheit der Amerikaner das Fehlverhalten von Unternehmen als ernsthaftes Problem ansieht - und das trotz unseres allgemein bejubelten beispiellosen Wohlstands. Im September 2000 verfentlichte Business Week zum Beispiel die Ergebnisse einer Umfrage, wonach drei Viertel der Amerikaner glauben, ihr Leben werde zu sehr von
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der Wirtschaft geprt (und ein gleicher Anteil war mit Al Gores scharfen Bemerkungen er das "Big Business" einverstanden). Aurdem meinen 66 Prozent der Amerikaner, dass "f die Unternehmen gro Gewinne wichtiger sind als die Entwicklung von sicheren, zuverlsigen Qualitsprodukten f die Konsumenten. Zu dieser pessimistischen Sicht passt auch die Auffassung, dass die Unternehmen sich hfig politischen Einfluss erkaufen." Der Erhebung zufolge herrscht allgemein die Auffassung, die Wirtschaft sei bereits er die staatlichen Kontrollmlichkeiten hinausgewachsen, wodurch ein gefrliches Ungleichgewicht der Macht in der amerikanischen Gesellschaft wie auch in der rigen Welt entstehe. Man ist davon erzeugt, dass die amerikanische Wirtschaft dieses Ungleichgewicht nutze, um stdig steigende Gewinne zu erzielen und die Souverit und Kultur anderer Regionen der Welt zu unterdrken. Diese Umfrageergebnisse stimmten er Alters- und Einkommensgruppen hinweg erein. Bemerkenswert ist dabei vor allem, dass solche Empfindungen sich weniger gegen die Wirtschaft an sich als vielmehr gegen die Unternehmen richteten.
Mlicherweise gelingt es mir nicht, im wissenschaftlichen Sinne zu beweisen, dass die Verantwortungslosigkeit von Unternehmen ein verbreitetes Problem ist; ich werde es aber jedenfalls versuchen. Denn schon die Tatsache, dass die erwtigende Mehrheit der Amerikaner genau dies glaubt, war f mich ein starker Ansporn, herauszufinden, warum das der Fall ist.
Die Probleme unserer Unternehmen, und dazu zle ich auch das Prinzip der Aktienkursmaximierung, liegen zum grten Teil in der Struktur der amerikanischen Unternehmung begrdet. Aber zu den Grundlagen unserer Unternehmen geht auch eine breitere gesellschaftliche und politische Ideologie und Ethik - ein radikaler Individualismus, der die amerikanische Kultur beherrscht und der das in der Struktur angelegte Problem noch weiter verstkt und verschft. In diesem Kapitel werden wir die Fundamente f eine Analyse der unternehmerischen Verantwortung legen, indem wir diese Frage in unserem kulturellen Kontext verorten. Um eine konkrete Basis f das Verstdnis der Beziehung zwischen dem unternehmerischen Verhalten und der Kultur zu schaffen, wollen wir zunhst einmal mehrere Beispiele f das betrachten, was ich als unternehmerisches Fehlverhalten ansehe, und dann der Frage nachgehen, wie sie zu unserer Fragestellung passen.
Things go better with Coke
Im Geschtsjahr 1999 fuhr der Coca-Cola-Konzern, dieses uramerikanische Erfolgssymbol, einen operativen Verlust in He von 813 Millionen Dollar ein. Das war die Folge der schlechten Geschtsergebnisse, die im Ausland erzielt worden waren, vor allem in Russland und Osteuropa. Der Kurs der Coke-Aktie sackte im Verlauf des Jahres 1999 stark ab, hatte zwar auch einige Hepunkte (zum Beispiel Anfang 2000), fiel aber insgesamt auf ein niedrigeres Niveau. er den Konzern hatte die New York Times einmal geschrieben, er sei "bekannt f groige Beihilfen, sichere Arbeitsplze und einen unermlichen Optimismus im Blick auf die Zukunft". Nach dem Verlust sah dieses Unternehmen die Lung allerdings darin, 20 Prozent seiner Beschtigten zu entlassen (6000 seiner weltweit 30 000 Mitarbeiter), was Kosten in He von 800 Millionen Dollar verursachte. Die Gesellschaft rechtfertigte die Maahme zwar damit, dass man sich auf das eigentliche Kerngescht konzentrieren wolle, doch scheint es, dass der fallende Aktienkurs das eigentliche Motiv darstellte.
Gleichzeitig mit der Ankdigung des Stellenabbaus wurde enthlt, dass einige von Cokes ausldischen Abflfirmen ihre Lagerbestde reduzieren wollten. Ein Experte wurde mit der Bemerkung zitiert, dies impliziere, dass Coke in den vergangenen zwei Jahren ertriebene Gewinnzuwachsraten genannt habe, und er drkte seine Besorgnis aus, dass der Konzern auch in Zukunft so weitermachen wde. Natlich sind ertriebene Gewinnzuwachszahlen eine Mlichkeit, den Aktienkurs kurzfristig hochzutreiben. Obwohl Coke von niemandem betrerisches Verhalten unterstellt wurde, lst die ertreibung der Gewinnsituation im Zusammenhang mit den Entlassungen jedoch vermuten (vor allem nach einem Jahr, in dem der Aktienkurs so stark unter Druck geraten war), dass das Management prim auf die Notierung der Aktie geachtet hatte. Das ist angesichts des Zustands des amerikanischen Gesellschaftsrechts und der Finanzmkte keine erraschung. Aber rechtfertigt das die Entlassung von 6000 Menschen? Hte Coke nicht einen anderen Weg finden knen, um die schwierige Zeit zu erbrken? Selbst wenn die Entscheidungstrer im Unternehmen zu der Auffassung gelangten, dass der Konzern zu viele Leute beschtigte, hte dann das Management nicht die moralische Verpflichtung empfinden msen, Entlassungen als absolut letzte Option anzusehen und sie so schmerzlos wie mlich zu gestalten?
Wenn Sie Eigenter eines kleinen Geschts wen, das eine schwierige Phase durchmacht, und wenn Sie jeden Tag mit loyalen, langjrigen Beschtigten zusammengearbeitet hten, wden Sie dann nicht versuchen, Alternativen zu finden, bevor Sie in die Bos Ihrer Mitarbeiter gehen, ihnen in die Augen blicken und ihnen mitteilen, dass sie entlassen werden? Natlich mussten die Vorstde von Coke und CEO Douglas Daft nicht jeden Tag (wenn erhaupt) mit den Beschtigten zusammenarbeiten, die entlassen werden sollten. Sie mussten nicht perslich in deren Bos gehen, ihnen in die Augen blicken und ihnen erklen, dass sie entlassen seien. Sie lien ihre Befehle von ihren Untergebenen ausfren. Sie waren davor geschzt, selbst die Erfahrung machen zu msen, Leute zu entlassen. Sie standen unter dem Schutz des Gesellschaftsrechts und konnten sich auf die Zwge und Erwartungen der Kapitalmkte berufen, sodass es ihnen erspart blieb, mit den Konsequenzen ihrer Entscheidungen direkt konfrontiert zu werden. Denn Gescht ist Gescht, und dabei geht es eben um die Maximierung der Profite. Tut uns Leid.
Unocal und Zwangsarbeit
Etwa um das Jahr 1991 grdete Unocal das Projekt der Yadana-Gas-Pipeline, ein Joint Venture mit der damals herrschenden Junta in Burma (durch ein von der Junta kontrolliertes Unternehmen). Geplant war, auf See nach Erdgas zu bohren und das Gas dann in Pipelines durch die Region Tenasserim in Burma nach Thailand zu leiten. Die Junta bezeichnete sich ironischerweise als "Staatsrat zur Wiederherstellung von Recht und Ordnung" (SLORC), und zum Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen war bereits gut bekannt, dass sie in grom Stil die Menschenrechte verletzt und das internationale Recht gebrochen hatte. Dennoch betigte sich der SLORC bei dem Projekt als Agent mit finanzieller Unterstzung von Unocal. Er sollte "die Wder roden, den Boden einebnen und sich beim Yadana-Pipelineprojekt um die Arbeitskrte, die Materialien und die Sicherheit kmern". Unocal versuchte vor Gericht zu erreichen, dass die Beschwerde von Bauern aus der Region abgewiesen wde. Der Fall wurde vor dem Federal District Court von Kalifornien (wo sich die Firmenzentrale von Unocal befindet) verhandelt. Das Gericht kam in seiner Stellungnahme nicht nur auf Behauptungen zu sprechen, dass es zu Vergewaltigungen, Bedrohungen und Zwangsumsiedlungen gekommen sei, sondern wies auch auf den Einsatz von Zwangsarbeitern hin. Als die Verhandlung kurz vor dem Abschluss stand, brachte National Public Radio in seinem Programm All Things Considered einen Beitrag darer.
Ich lasse bewusst die Details weg, die potenziell die Sache aufheizen wden, und auch die entsetzlichen Schilderungen, wie die Zwangsarbeit angeblich zustande kam und durchgefrt wurde. F unsere Zwecke werden diese Details nicht benigt, denn das Interview des NPR-Reporters Daniel Zwerdling mit John Imle, Vice Chairman von Unocal, reicht vlig aus, um den Sachverhalt zu illustrieren:
John Imle (Vice Chairman, Unocal): Ich habe diese Vorwfe nicht geglaubt. Ich wde sie nicht Len nennen. Ich ... vielleicht Verwirrung er das, was eigentlich los war und wo ... Ich meine, ich habe geht, dass man sich erzlt ... ich glaube einfach nicht, was da erzlt wird.
Daniel Zwerdling: Imle sagt, als er und seine Managerkollegen beschlossen, in das Pipelineprojekt mit Myanmars Regierung einzusteigen, lautete ihr erstes Ziel, Gewinne zu machen. Schlieich gehe man ja zur Wirtschaft, sagt er.
Imle: Aber unmittelbar danach und als Bedingung - immer als Bedingung dieser Investition - werden wir nur an Orten investieren, wo wir das Leben der Menschen verbessern knen.
Zwerdling: Und Imle sagt, die Gaspipeline wde das Leben in der gesamten Region verbessern. Das Projekt dient dazu, Gas durch Myanmar bis zu einem Kraftwerk in Thailand zu leiten, und das wde dazu beitragen, dass die Menschen Strom bekommen. Sie kochen immer noch mit Holz und beleuchten ihre Hser mit Petroleumlampen. Doch Imle sagt auch, er und seine Kollegen hten gemerkt, dass sie eine Kontroverse provozierten, weil sie eine Partnerschaft mit der Militregierung in Myanmar eingingen. Sie wissen, dass alle - vom amerikanischen Pridenten er Menschenrechtsgruppen bis hin zu Vertretern der Vereinten Nationen - die Diktatoren von Myanmar wiederholt beschuldigten, zu den brutalsten Herrschern der Welt zu gehen. Und Imle sagt auch, ihm sei klar, dass die Regierung von Myanmar f das berhtigt sei, was manche Leute als Zwangsarbeit oder Pflichtarbeit bezeichnen ...
Imle: Mir ist klar, dass Zwangsarbeit bei zivilen Projekten in Myanmar ziemlich verbreitet ist.
Zwerdling: Aber Imle sagt, dass er entschlossen gewesen sei, das Pipelineprojekt zu einem Vorbild in Sachen Ethik bei solchen Geschten zu machen. Vielleicht wden sie damit sogar die Diktatoren in Richtung Demokratie drgen knen. [Zwerdling beschreibt dann die Struktur des Projekts, einschlieich der Aufgabe, die die Armee von Myanmar ernehmen sollte, nlich f die Sicherheit zu sorgen.] Er [Imle] sagt, dass die Manager des Unternehmens es nicht tolerieren wden, wenn das Milit die Einwohner zwge, gegen ihren Willen in dem Projekt zu arbeiten.
Imle: Wir haben sehr hart gearbeitet ... um festzustellen, ob es uns gelingen wde, das Gescht in absolut ethischer, ehrlicher und moralischer Weise durchzufren.
Zwerdling: Und sind Sie tief im Innern davon erzeugt, dass das Milit die Arbeiter in keiner mit dem Projekt zusammenhgenden Weise missbraucht hat?
Imle: Ich bin nicht in der Lage, das interne Verhalten des Milits in dieser Gegend einschzen zu knen. Aber ich meine ... was ich klarzumachen versuche, ist, dass es keine vertraglichen Beziehungen zum Milit gab. Wir haben in keiner Weise die Kontrolle darer ... Aber der Einsatz von Zwangsarbeitern im Zusammenhang mit diesem Projekt war von Anfang an ein Fehlschlag, und das wussten alle. Und wenn das Milit vielleicht etwas gemacht oder nicht gemacht hat, wovon niemand etwas wei dann bin ich jedenfalls nicht in der Lage, darer etwas zu sagen. Aber was auch immer in der Sache mit der Pipeline passierte, glaube ich jedenfalls nicht, dass diese Dinge im Zusammenhang mit der Pipeline passierten, ich glaube tief im Herzen nicht, dass diese Dinge passierten, wirklich nicht.
Ich habe es unterlassen, in diesem Interview irgendetwas hervorzuheben, um zu vermeiden, dass meine Auffassung sichtbar wird. Aber ich denke, Sie werden Imles Logik nicht ersehen knen: erstens, dass Unocal auf einen Gewinn abzielte, zweitens, dass die Manager von Unocal trotz aller ethischen Beteuerungen wussten, dass das Regime von Myanmar brutal und repressiv war und Zwangsarbeit anwandte, und drittens, dass Unocal "keine vertragliche Beziehung" zur Junta hatte, womit offensichtlich impliziert wird, dass das Fehlen eines konkreten Vertrags er die Stellung von Zwangsarbeitern Unocal von der Verantwortung befreit habe, der Sache nachzugehen und die Kontrolle zu beanspruchen.
Lassen wir mal beiseite, wie scharf die fentliche Reaktion in Amerika bei Ereignissen ausflt, bei denen es um ethische oder moralische Fragen geht. Wir wollen uns hier nur mit den nackten Umrissen der defensiven Aussagen Imles befassen, wobei wir seine rungen als vollkommen zutreffend bewerten: Unocal wollte einen Gewinn erzielen; seine Manager wussten er die Regierung von Myanmar genau Bescheid; offenbar fragten oder erkundeten sie nicht auf einer heren Hierarchieebene, was das Milit machte; Unocal hatte mit der Militjunta keinen Vertrag er die Stellung von Zwangsarbeitern abgeschlossen; die Manager hatten demzufolge rechtlich keine Kontrolle darer, wie das Milit im Namen und zugunsten Unocals agierte, und aurdem konnte die ganze Geschichte nach Imles tiefster erzeugung sowieso nicht wahr sein. Wden wir solche Argumente bei einem Politiker durchgehen lassen? Oder bei unseren Freunden bzw. Nachbarn? Wden wir sie bei unseren Kindern als Ausrede akzeptieren?
Warum sollten wir dann Unocal die Geschichte abnehmen? War die Entscheidung der Firma ein legitimer Unternehmensentschluss? Es war sicherlich billiger, die Bauern zum Wegzug zu zwingen, als ihnen ihr Land abkaufen zu msen oder mit der Pipeline einen Umweg zu machen, damit sie dort wohnen bleiben konnten. Natlich ist es auch billiger, Zwangsarbeiter zu verwenden, als jemanden gegen Bezahlung einzustellen. Und wenn Unocal durch Mittelsmner handelte, in deren Ldern solche Praktiken als "legal" galten, warum sollten sie dann nicht tun, was nig war, um den Aktienkurs hochzutreiben? Wenn man die Frage so und auf der Grundlage dieser Fakten stellt, hat man eigentlich schon die Antwort. Und doch ist die Antwort nicht so eindeutig, wenn man die Sache im Kontext des amerikanischen Gesellschaftsrechts betrachtet.
Mlicherweise gelingt es mir nicht, im wissenschaftlichen Sinne zu beweisen, dass die Verantwortungslosigkeit von Unternehmen ein verbreitetes Problem ist; ich werde es aber jedenfalls versuchen. Denn schon die Tatsache, dass die erwtigende Mehrheit der Amerikaner genau dies glaubt, war f mich ein starker Ansporn, herauszufinden, warum das der Fall ist.
Die Probleme unserer Unternehmen, und dazu zle ich auch das Prinzip der Aktienkursmaximierung, liegen zum grten Teil in der Struktur der amerikanischen Unternehmung begrdet. Aber zu den Grundlagen unserer Unternehmen geht auch eine breitere gesellschaftliche und politische Ideologie und Ethik - ein radikaler Individualismus, der die amerikanische Kultur beherrscht und der das in der Struktur angelegte Problem noch weiter verstkt und verschft. In diesem Kapitel werden wir die Fundamente f eine Analyse der unternehmerischen Verantwortung legen, indem wir diese Frage in unserem kulturellen Kontext verorten. Um eine konkrete Basis f das Verstdnis der Beziehung zwischen dem unternehmerischen Verhalten und der Kultur zu schaffen, wollen wir zunhst einmal mehrere Beispiele f das betrachten, was ich als unternehmerisches Fehlverhalten ansehe, und dann der Frage nachgehen, wie sie zu unserer Fragestellung passen.
Things go better with Coke
Im Geschtsjahr 1999 fuhr der Coca-Cola-Konzern, dieses uramerikanische Erfolgssymbol, einen operativen Verlust in He von 813 Millionen Dollar ein. Das war die Folge der schlechten Geschtsergebnisse, die im Ausland erzielt worden waren, vor allem in Russland und Osteuropa. Der Kurs der Coke-Aktie sackte im Verlauf des Jahres 1999 stark ab, hatte zwar auch einige Hepunkte (zum Beispiel Anfang 2000), fiel aber insgesamt auf ein niedrigeres Niveau. er den Konzern hatte die New York Times einmal geschrieben, er sei "bekannt f groige Beihilfen, sichere Arbeitsplze und einen unermlichen Optimismus im Blick auf die Zukunft". Nach dem Verlust sah dieses Unternehmen die Lung allerdings darin, 20 Prozent seiner Beschtigten zu entlassen (6000 seiner weltweit 30 000 Mitarbeiter), was Kosten in He von 800 Millionen Dollar verursachte. Die Gesellschaft rechtfertigte die Maahme zwar damit, dass man sich auf das eigentliche Kerngescht konzentrieren wolle, doch scheint es, dass der fallende Aktienkurs das eigentliche Motiv darstellte.
Gleichzeitig mit der Ankdigung des Stellenabbaus wurde enthlt, dass einige von Cokes ausldischen Abflfirmen ihre Lagerbestde reduzieren wollten. Ein Experte wurde mit der Bemerkung zitiert, dies impliziere, dass Coke in den vergangenen zwei Jahren ertriebene Gewinnzuwachsraten genannt habe, und er drkte seine Besorgnis aus, dass der Konzern auch in Zukunft so weitermachen wde. Natlich sind ertriebene Gewinnzuwachszahlen eine Mlichkeit, den Aktienkurs kurzfristig hochzutreiben. Obwohl Coke von niemandem betrerisches Verhalten unterstellt wurde, lst die ertreibung der Gewinnsituation im Zusammenhang mit den Entlassungen jedoch vermuten (vor allem nach einem Jahr, in dem der Aktienkurs so stark unter Druck geraten war), dass das Management prim auf die Notierung der Aktie geachtet hatte. Das ist angesichts des Zustands des amerikanischen Gesellschaftsrechts und der Finanzmkte keine erraschung. Aber rechtfertigt das die Entlassung von 6000 Menschen? Hte Coke nicht einen anderen Weg finden knen, um die schwierige Zeit zu erbrken? Selbst wenn die Entscheidungstrer im Unternehmen zu der Auffassung gelangten, dass der Konzern zu viele Leute beschtigte, hte dann das Management nicht die moralische Verpflichtung empfinden msen, Entlassungen als absolut letzte Option anzusehen und sie so schmerzlos wie mlich zu gestalten?
Wenn Sie Eigenter eines kleinen Geschts wen, das eine schwierige Phase durchmacht, und wenn Sie jeden Tag mit loyalen, langjrigen Beschtigten zusammengearbeitet hten, wden Sie dann nicht versuchen, Alternativen zu finden, bevor Sie in die Bos Ihrer Mitarbeiter gehen, ihnen in die Augen blicken und ihnen mitteilen, dass sie entlassen werden? Natlich mussten die Vorstde von Coke und CEO Douglas Daft nicht jeden Tag (wenn erhaupt) mit den Beschtigten zusammenarbeiten, die entlassen werden sollten. Sie mussten nicht perslich in deren Bos gehen, ihnen in die Augen blicken und ihnen erklen, dass sie entlassen seien. Sie lien ihre Befehle von ihren Untergebenen ausfren. Sie waren davor geschzt, selbst die Erfahrung machen zu msen, Leute zu entlassen. Sie standen unter dem Schutz des Gesellschaftsrechts und konnten sich auf die Zwge und Erwartungen der Kapitalmkte berufen, sodass es ihnen erspart blieb, mit den Konsequenzen ihrer Entscheidungen direkt konfrontiert zu werden. Denn Gescht ist Gescht, und dabei geht es eben um die Maximierung der Profite. Tut uns Leid.
Unocal und Zwangsarbeit
Etwa um das Jahr 1991 grdete Unocal das Projekt der Yadana-Gas-Pipeline, ein Joint Venture mit der damals herrschenden Junta in Burma (durch ein von der Junta kontrolliertes Unternehmen). Geplant war, auf See nach Erdgas zu bohren und das Gas dann in Pipelines durch die Region Tenasserim in Burma nach Thailand zu leiten. Die Junta bezeichnete sich ironischerweise als "Staatsrat zur Wiederherstellung von Recht und Ordnung" (SLORC), und zum Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen war bereits gut bekannt, dass sie in grom Stil die Menschenrechte verletzt und das internationale Recht gebrochen hatte. Dennoch betigte sich der SLORC bei dem Projekt als Agent mit finanzieller Unterstzung von Unocal. Er sollte "die Wder roden, den Boden einebnen und sich beim Yadana-Pipelineprojekt um die Arbeitskrte, die Materialien und die Sicherheit kmern". Unocal versuchte vor Gericht zu erreichen, dass die Beschwerde von Bauern aus der Region abgewiesen wde. Der Fall wurde vor dem Federal District Court von Kalifornien (wo sich die Firmenzentrale von Unocal befindet) verhandelt. Das Gericht kam in seiner Stellungnahme nicht nur auf Behauptungen zu sprechen, dass es zu Vergewaltigungen, Bedrohungen und Zwangsumsiedlungen gekommen sei, sondern wies auch auf den Einsatz von Zwangsarbeitern hin. Als die Verhandlung kurz vor dem Abschluss stand, brachte National Public Radio in seinem Programm All Things Considered einen Beitrag darer.
Ich lasse bewusst die Details weg, die potenziell die Sache aufheizen wden, und auch die entsetzlichen Schilderungen, wie die Zwangsarbeit angeblich zustande kam und durchgefrt wurde. F unsere Zwecke werden diese Details nicht benigt, denn das Interview des NPR-Reporters Daniel Zwerdling mit John Imle, Vice Chairman von Unocal, reicht vlig aus, um den Sachverhalt zu illustrieren:
John Imle (Vice Chairman, Unocal): Ich habe diese Vorwfe nicht geglaubt. Ich wde sie nicht Len nennen. Ich ... vielleicht Verwirrung er das, was eigentlich los war und wo ... Ich meine, ich habe geht, dass man sich erzlt ... ich glaube einfach nicht, was da erzlt wird.
Daniel Zwerdling: Imle sagt, als er und seine Managerkollegen beschlossen, in das Pipelineprojekt mit Myanmars Regierung einzusteigen, lautete ihr erstes Ziel, Gewinne zu machen. Schlieich gehe man ja zur Wirtschaft, sagt er.
Imle: Aber unmittelbar danach und als Bedingung - immer als Bedingung dieser Investition - werden wir nur an Orten investieren, wo wir das Leben der Menschen verbessern knen.
Zwerdling: Und Imle sagt, die Gaspipeline wde das Leben in der gesamten Region verbessern. Das Projekt dient dazu, Gas durch Myanmar bis zu einem Kraftwerk in Thailand zu leiten, und das wde dazu beitragen, dass die Menschen Strom bekommen. Sie kochen immer noch mit Holz und beleuchten ihre Hser mit Petroleumlampen. Doch Imle sagt auch, er und seine Kollegen hten gemerkt, dass sie eine Kontroverse provozierten, weil sie eine Partnerschaft mit der Militregierung in Myanmar eingingen. Sie wissen, dass alle - vom amerikanischen Pridenten er Menschenrechtsgruppen bis hin zu Vertretern der Vereinten Nationen - die Diktatoren von Myanmar wiederholt beschuldigten, zu den brutalsten Herrschern der Welt zu gehen. Und Imle sagt auch, ihm sei klar, dass die Regierung von Myanmar f das berhtigt sei, was manche Leute als Zwangsarbeit oder Pflichtarbeit bezeichnen ...
Imle: Mir ist klar, dass Zwangsarbeit bei zivilen Projekten in Myanmar ziemlich verbreitet ist.
Zwerdling: Aber Imle sagt, dass er entschlossen gewesen sei, das Pipelineprojekt zu einem Vorbild in Sachen Ethik bei solchen Geschten zu machen. Vielleicht wden sie damit sogar die Diktatoren in Richtung Demokratie drgen knen. [Zwerdling beschreibt dann die Struktur des Projekts, einschlieich der Aufgabe, die die Armee von Myanmar ernehmen sollte, nlich f die Sicherheit zu sorgen.] Er [Imle] sagt, dass die Manager des Unternehmens es nicht tolerieren wden, wenn das Milit die Einwohner zwge, gegen ihren Willen in dem Projekt zu arbeiten.
Imle: Wir haben sehr hart gearbeitet ... um festzustellen, ob es uns gelingen wde, das Gescht in absolut ethischer, ehrlicher und moralischer Weise durchzufren.
Zwerdling: Und sind Sie tief im Innern davon erzeugt, dass das Milit die Arbeiter in keiner mit dem Projekt zusammenhgenden Weise missbraucht hat?
Imle: Ich bin nicht in der Lage, das interne Verhalten des Milits in dieser Gegend einschzen zu knen. Aber ich meine ... was ich klarzumachen versuche, ist, dass es keine vertraglichen Beziehungen zum Milit gab. Wir haben in keiner Weise die Kontrolle darer ... Aber der Einsatz von Zwangsarbeitern im Zusammenhang mit diesem Projekt war von Anfang an ein Fehlschlag, und das wussten alle. Und wenn das Milit vielleicht etwas gemacht oder nicht gemacht hat, wovon niemand etwas wei dann bin ich jedenfalls nicht in der Lage, darer etwas zu sagen. Aber was auch immer in der Sache mit der Pipeline passierte, glaube ich jedenfalls nicht, dass diese Dinge im Zusammenhang mit der Pipeline passierten, ich glaube tief im Herzen nicht, dass diese Dinge passierten, wirklich nicht.
Ich habe es unterlassen, in diesem Interview irgendetwas hervorzuheben, um zu vermeiden, dass meine Auffassung sichtbar wird. Aber ich denke, Sie werden Imles Logik nicht ersehen knen: erstens, dass Unocal auf einen Gewinn abzielte, zweitens, dass die Manager von Unocal trotz aller ethischen Beteuerungen wussten, dass das Regime von Myanmar brutal und repressiv war und Zwangsarbeit anwandte, und drittens, dass Unocal "keine vertragliche Beziehung" zur Junta hatte, womit offensichtlich impliziert wird, dass das Fehlen eines konkreten Vertrags er die Stellung von Zwangsarbeitern Unocal von der Verantwortung befreit habe, der Sache nachzugehen und die Kontrolle zu beanspruchen.
Lassen wir mal beiseite, wie scharf die fentliche Reaktion in Amerika bei Ereignissen ausflt, bei denen es um ethische oder moralische Fragen geht. Wir wollen uns hier nur mit den nackten Umrissen der defensiven Aussagen Imles befassen, wobei wir seine rungen als vollkommen zutreffend bewerten: Unocal wollte einen Gewinn erzielen; seine Manager wussten er die Regierung von Myanmar genau Bescheid; offenbar fragten oder erkundeten sie nicht auf einer heren Hierarchieebene, was das Milit machte; Unocal hatte mit der Militjunta keinen Vertrag er die Stellung von Zwangsarbeitern abgeschlossen; die Manager hatten demzufolge rechtlich keine Kontrolle darer, wie das Milit im Namen und zugunsten Unocals agierte, und aurdem konnte die ganze Geschichte nach Imles tiefster erzeugung sowieso nicht wahr sein. Wden wir solche Argumente bei einem Politiker durchgehen lassen? Oder bei unseren Freunden bzw. Nachbarn? Wden wir sie bei unseren Kindern als Ausrede akzeptieren?
Warum sollten wir dann Unocal die Geschichte abnehmen? War die Entscheidung der Firma ein legitimer Unternehmensentschluss? Es war sicherlich billiger, die Bauern zum Wegzug zu zwingen, als ihnen ihr Land abkaufen zu msen oder mit der Pipeline einen Umweg zu machen, damit sie dort wohnen bleiben konnten. Natlich ist es auch billiger, Zwangsarbeiter zu verwenden, als jemanden gegen Bezahlung einzustellen. Und wenn Unocal durch Mittelsmner handelte, in deren Ldern solche Praktiken als "legal" galten, warum sollten sie dann nicht tun, was nig war, um den Aktienkurs hochzutreiben? Wenn man die Frage so und auf der Grundlage dieser Fakten stellt, hat man eigentlich schon die Antwort. Und doch ist die Antwort nicht so eindeutig, wenn man die Sache im Kontext des amerikanischen Gesellschaftsrechts betrachtet.
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Autoren-Porträt von Lawrence E. Mitchell
Lawrence E. Mitchell ist Professor an der juristischen Fakultät der George Washington University. Als Experte für Konzern- und Verwaltungsrecht beschäftigt er sich seit Jahren mit dem gesellschaftlichen Phänomen der Selbstsucht und Verantwortungslosigkeit. Darüber hinaus ist er Autor und Herausgeber zahlreicher juristischer und finanzwissenschaftlicher Bücher.
Bibliographische Angaben
- Autor: Lawrence E. Mitchell
- 2002, 414 Seiten, Maße: 14,3 x 21 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzer: Karlheinz Dürr, Klaus Fritz
- Verlag: Riemann
- ISBN-10: 3570500276
- ISBN-13: 9783570500279
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