Der tätowierte Hund
''Jedes dieser Bilder bedeutet eine Geschichte'', erklärt der Hund dem...
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''Jedes dieser Bilder bedeutet eine Geschichte'', erklärt der Hund dem erstaunten Löwen, als dieser endlich mit dem Anschauen fertig ist. Und nachdem der tätowierte Hund sich lange hat bitten lassen und vom neugierigen Löwen ein dickes Leberwurstbrot eingehandelt hat, verwandeln sich die Bilder auf seiner Haut in die ulkigsten Gestalten. So erzählt der Hund ''Wie der Affe Schlevian und der Affe Kukuk dem Nusshändler einen Sack Nüsse stahlen'' und der Löwe revanchiert sich mit der ''Geschichte vom bösen Hänsel, der bösen Gretel und der Hexe''.
Und nach und nach entsteht zwischen den beiden Tieren eine fast schon philosophische Betrachtung über den Sinn und Unsinn von Worten und Bedeutungen. Paul Maar zeigt sich einmal mehr als Könner der Wortspielerei und der Buchstabenakrobatik.
Der tätowierte Hund von Paul Maar
LESEPROBE
Eines Tages - es war nachmittagsgegen halb fünf -
kam ein Hund in den Urwald und trafdort einen
Löwen.
"Woher kommst du denn?", fragte derLöwe erstaunt.
"Von Nordosten", sagte der Hund unddeutete nach
Süden.
"Und wo willst du hin?"
"Nach Südwesten", erwiderte der Hundund deutete
nach Norden.
"Und wer bist du eigentlich?"
"Der tätowierte Hund!", entgegneteder Hund.
"Wer?", fragte der Löwe mit großenAugen und hielt
vor Staunen den Kopf ganz schief.
"Der tätowierte Hund!", wiederholte der Hund
nachsichtig.
Darauf machte der Löwe "Aha!" unddann stockte
ihr Gespräch für eine Weile. DerKönig der Tiere wusste
nichts mehr zu sagen und betrachtetenun ganz ausführlich
diesen seltsamen Reisenden. Wenn ernicht gerade
erfahren hätte, dass jener ein Hundsei, so hätte er
ihn sicher für ein Schwein gehalten.Denn er hatte zwar
Kopf, Ohren und Schwanz einesHundes, aber überhaupt
kein Fell: Seine Haut war glatt undrosig wie bei
einem Ferkel oder bei einemMenschen.
Aber das Erstaunliche und noch vielAußergewöhnlichere
an ihm war, dass seine Haut ganz undgar be-
deckt war mit Mustern, Zeichnungenund feinen blauen
und roten Malereien.
Da waren verschlungene Zeicheneintätowiert, fremdartige
Pflanzen, seltsame Blumen undriesige Bäume
und Vögel mit langen Federn. Unddazwischen kleine
Bilder mit kuriosen Menschen,Ereignissen und vielen
Tieren, so schön und genauausgeführt, dass dem Löwen
beim Betrachten Zweifel kamen, obdie Bilder nur
gezeichnet waren oder ob sie lebten.
Wenn sich der Hund bewegte, dannbewegten die Bäume
auf seinem Rücken ihre Äste wie beieinem Windstoß.
Und wenn er ein wenig mit der Hautzuckte, dann
schlugen die Vögel auf den Bildernwild mit den Flügeln
und ihre Schwänze mit den langenFedern zitterten.
Der tätowierte Hund schien esgewohnt zu sein, dass
man ihn so anstarrte. Denn er bliebdabei ganz gelassen
sitzen, stand auf Wunsch des Löwensogar auf, als
dieser eineZeichnung auf dem Hinterteil des Hundes
bewundern wollte, und legte sichschließlich auf
den Rücken, damit die prachtvollenBilder auf seinem
Bauch zu sehen waren.
"Jedes dieser Bilder bedeutet eineGeschichte", erklärte
er endlich dem Löwen, als diesernach längerer
Zeit mit dem Anschauen fertig war.
"Eine Geschichte!", freute sich derLöwe, der furchtbar
gern Geschichten hörte."Bitte, erzähle mir wenigstens
eine davon!"
"Mit Vergnügen! Aber wenn man sohungrig ist wie
ich, erzählt man sehr schlecht." Undder tätowierte
Hund blickte sehnsüchtig auf einLeberwurstbrot, das
er in der geöffneten Aktentasche desLöwen entdeckt
hatte.
Der König der Tiere, der zwischendem Regieren immer
gern eine Kleinigkeit aß, trenntesich ungern von
dem Brot. Aber weil er Geschichtenso liebte (und weil
er unten in der Tasche noch einenSchinken, vier Käsebrote,
zwei Marmeladensemmeln und eine Salzgur-
ke hatte), schenkte er dem Hund dasLeberwurstbrot,
wartete, bis dieser es gegessenhatte (das ging schnell),
deutete auf eine Stelle des Rückensund fragte: "Was
bedeutet das?"
"Das", sagte der Hund ohne sichumzusehen, denn
er schien sich auf seinem Körpererstaunlich gut auszukennen,
"das ist einfach nur ein schönesMuster und
bedeutet überhaupt nichts!"
"Aha!", meinte der Löwe (nun schonzum zweiten
Mal). "Und was ist das?"
Dabei deutete er auf eine andereStelle.
"Dies", sagte der Hund ohnehinzusehen, "ist ein Bilderrätsel."
Der Löwe machte zum dritten Mal"Aha!" und betrachtete
das Rätsel ganz ausführlich. "Aberdas sind
alles keine Geschichten", klagte er,"höchstens Erklärungen!"
"Gewiss", bestätigte der Hund, "aberdu musst auch
die Bilder auswählen, die schwarzgezeichnet sind, einen
Rand haben und auf denen Tiere oderMenschen
dargestellt sind!"
"Dann möchte ich die Geschichte von diesendrei Katzen
hören", sagte der Löwe und deuteteauf eine Zeichnung
am Hinterkopf des Hundes.
"Katzen, was heißt hier Katzen!",rief der empört.
"Ich würde es nie zulassen, dass manmeinen Körper
mit dem Bild eines sounsympathischen Tieres verschandelt!
Manche Zeichnungen sind vielleichtnicht
besonders gut gelungen, aber jedesvernünftige Tier
sieht doch, dass es sich hier umAffen und nicht um
Katzen handelt!"
"Verzeihung, ich habe meine Brillenicht auf und meine
Augen sind nicht mehr die besten!",entschuldigte
sich der Löwe. "Ich meine natürlichdie Geschichte von
den Affen."
"Die beiden Affen", erklärte dertätowierte Hund besänftigt,
"sind der Affe Schlevianund der Affe Kukuk
und außerdem die frechsten, die ichkenne."
"Das will bei Affen etwas heißen!",warf der Löwe
ein.
"Allerdings! Es gibt nur wenigeTiere, denen sie noch
keinen Streich gespielt haben. Siesind Schelme, Spitzbuben
und Spaßmacher, listig, durchtriebenund lus tig -
aber eigentlich nicht böse dabei.Oder wenigs tens nicht
sehr böse. Wenn sie einen neuenStreich ausgeheckt haben,
lachen alle anderen Tiere darüber.Allerdings nur
so lange, bis sie selber an der Naseherumgeführt werden.
Dann finden sie die Späße albern,die Affen frech
und die Lacher dumm!"
"Du kannst sie anscheinend trotzdemgut leiden",
stellte der Löwe fest und riet dann:"Der auf der linken
Seite ist sicher der Affe Kukuk."
"Nein, das ist der Affe Schlevian."
"Aha! Und der Affe Kukuk muss dann wohl der in
der Mitte sein!"
"Nein, der Affe Kukuksteht rechts."
"Und wer ist der Affe in der Mitte?"
"Das ist kein Affe!"
"Also doch eine Katze!", rief derLöwe triumphierend.
"Meine Augen sind doch nicht soschlecht, wie
man immer sagt!"
"Ich muss dich enttäuschen! Der inder Mitte ist keine
Katze, sondern ein Mensch. Und zwarder Nusshändler."
"Welcher Nusshändler?"
"Der Nusshändler! Es gibt nur einenund der ist es."
"Und was will er auf dem Bild?"
"Er ist auf dem Bild, weil er in derGeschichte vorkommt.
Und wenn du nicht aufhörst Zwischenfragen
zu stellen, kommst du nie zu deinerGeschichte."
Darauf war der Löwe ganz still undder tätowierte
Hund erzählte:
ERSTES KAPITEL
Wie der Affe Schlevianund der Affe Kukuk
dem Nusshändler einen Sack Nüssestahlen
( )
©Süddeutsche Zeitung
- Autor: Paul Maar
- Altersempfehlung: 8 - 10 Jahre
- 2005, 124 Seiten, mit Abbildungen, Maße: 13,5 x 21 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Süddeutsche Zeitung / Bibliothek
- ISBN-10: 3866151217
- ISBN-13: 9783866151215
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