Die Diät-Queen
Und mit den fallenden Kilos wächst ihre Wahrnehmung für die wahren häuslichen Verhältnisse:...
Und mit den fallenden Kilos wächst ihre Wahrnehmung für die wahren häuslichen Verhältnisse: Ihr Mann entpuppt sich als betrügerischer Fremdgänger!
Die Diät-Queen von Barbara Mettbach
LESEPROBEKapitel 11
DerSupermarkt lag versteckt hinter einer alten Fabrik. Hier, zwanzig Kilometer vonzu Hause entfernt, kannte mich garantiert niemand. Sicherheitshalber sah ichmich noch einmal um, bevor ich den Laden betrat. Dann nahm ich einenEinkaufswagen und begann Eis, Schokolade, Kuchen, Kekse und Pralinen in nichtmehr haushaltsüblichen Mengen hinein zu werfen. Hauptsache süß und schmierig.Mein unersättlicher Körper schrie danach. Eine Schachtel belgischeNougatpralinen verschlang ich gleich auf der Rückfahrt. Bei einer solchen DosisSchokolade musste sich einfach das viel diskutierte Glücksgefühl einstellen.Fehlanzeige. Später versuchte ich es mit Kuchen, dann mit Eis und kurz vorMitternacht fand ich mich am Küchentisch wieder, auf dem sich die bunten Papiercheneiner Familienpackung Schokoriegel türmten. Familie. Lächerlich. Bei dem Vorstand!Wo war er überhaupt? Hoffentlich weit weg. Ich watschelte ins Bett.
Amnächsten Morgen fühlte ich mich wie ein hohler, löchriger Halloween-Kürbis,dessen ausgeschabtes Inneres zu Brei zermatscht worden war. Von Frühstück überPizza, Kuchen und Kartoffelchips, alles füllte ich hinein, doch die Leereblieb. Ich schleppte mich in den Garten, wo ich mich in einen Liegestuhl warf.Bald wirst du wieder so fett sein wie früher, Ina. Du schaffst es nicht, niemals.Gib auf, es hat alles keinen Sinn. Niemand mag dich. Am besten, du frisstweiter und zerfließt anschließend vor Selbstmitleid, das ist am einfachsten.Ich schloss die Augen. Aber was war mit Jens? Hatten wir noch eine Chance? Wennja, wann würde er sie uns geben - und wollte ich sie dann überhaupt noch? Ichsetzte mich auf.
Halt! Ichsteckte nur in einer kleinen Krise. Weiter fressen, weil sein Verhalten michschockiert, erniedrigt und tief verletzt hatte? Nein! Ich deponierte dieSüßigkeiten in die hinterste Ecke der Vorratskammer, zog mich an und fuhr ins Fit & Beauty. Ab dawuchs neue Kraft und am vorletzten Kursabend fühlte ich mich wieder fit.
»Tauschbörse«lautete das Motto. Jeder brachte Kleidungsstücke, Schminke, Parfüm,Accessoires mit, die ihm nicht mehr gefielen, die zu groß oder zu klein waren. Nacheinanderstellten wir unsere Tauschobjekte vor und erzählten unsere Geschichten, die sieumgaben. Nach langem Überlegen hatte ich mich entschlossen, mein Diät-Queen-Krönungskleidzu verscherbeln. Für mich ein Symbol dafür, dass ich den endgültigen Abschiedvom Diätwahn, aber auch von einem fremdbestimmten Leben vollzogen hatte. Ichhandelte jetzt eigenverantwortlich, ich brauchte keine Pläne und Bevormundungenmehr. Nie wieder wollte ich hungern, um anderen zu gefallen, mich nie wiederbestrafen, weil ich Appetit auf etwas bekam und diesem nachgab.
»DiesesKleid erinnert mich an einen wunderschönen Abend, und an das Ende einesdreimonatigen Hungerkampfes, aus dem ich als Siegerin hervor ging. Aber es erinnertmich auch an den Beginn eines emotionalen Wechselbades, dass darauf folgte.Diese Geschichte kennt ihr ja schon. Gekauft habe ich das Kleid am Tag nach demletzten Wiegeduell im Diät-Club. Mit einem Vorsprung von vierhundert Grammhatte ich gewonnen. Vor dem Hintergrund, dass eine Frau in der prämenstruellenPhase leicht ein Kilo und mehr zunehmen kann, halte ich das inzwischen füreinen lächerlichen und fragwürdigen Sieg. Aber das wusste ich damals nicht - unddas zählte auch nicht. Auf mich warteten Dinner, Pokal und Presse. Gut mussteich aussehen, um jeden Preis. (...)
© PiperVerlag GmbH
Autoren-Porträt von Barbara Mettbach
Barbara Mettbach, geboren 1959, ist Diplom-Oecotrophologin,Journalistin und Verkaufstrainerin. Sie ist freiberuflich als Ernährungs- undVerkaufsberaterin bei Nürnberg tätig und schreibt leidenschaftlich gern undgut.
Interview mit Barbara Krieger-Mettbach
Ina König, die Protagonistin IhresBuches, hat schon unzählige Diäten ausprobiert, jedoch ohne langfristigenErfolg. Sie selber sind Ernährungsberaterin. Könnte die "Diät-Queen"ein "typischer" Fall aus der Praxis sein?
Viele Übergewichtige blicken, wieIna und ihre Mitstreiterin Rita, auf eine langjährige Diätkarriere zurück.Andere wollen zwar abnehmen, warten aber seit Jahren auf den richtigenZeitpunkt. Wieder andere schleppen munter überflüssige Pfunde mit sich herum,ohne je einen Gedanken an eine Diät verschwendet oder sie ausprobiert zu haben.Den typischen Fall gibt es für mich nicht - weder in meinem unterhaltsamenRoman noch im wirklichen Leben.
Ina König verliert im Laufe der Zeitdann doch eine Menge Kilos. Dabei wird klar, dass sich hinter den überflüssigenPfunden viel mehr verbarg als ungezügelte Esslust. Wie häufig ist ÜbergewichtIhrer Erfahrung nach der Ausdruck verdrängter Probleme?
Wie viele Frauen, Männer,Jugendliche, Kinder Kummerspeck ansetzen, lässt sich nicht genau sagen.Allerdings neigen Frauen wesentlich öfter als Männer dazu, seelische Konflikteüber das Essen auszutragen.
Nach vielen erfolglosen Anläufenfindet Ina König schließlich Unterstützung im "FeelWell", einem Zentrum, das Übergewicht auch aus psychologischer Perspektivebetrachtet. Also: Therapie statt Diät?
Sicher ist das keinePatentlösung. Viele Übergewichtige essen falsch aus Gewohnheit, Bequemlichkeitoder weil sie es nicht besser wissen. In meinem Roman verkörpern die lebenslustigeKerstin und die naturverbundene Lili diesen Typ. Sich wie Ina König dauerhaftvon zu vielen Pfunden zu befreien, erfordert eine Summe von Maßnahmen: richtigeErnährung, regelmäßige Bewegung und eine Veränderung des Essverhaltens.Letzteres bedeutet z.B. weniger zu naschen oder regelmäßig zu essen. Erst wennseelische Konflikte ein krankhaft gestörtes Essverhalten verursachen, z.B.unkontrollierte Heißhungeranfälle in bestimmten Situationen, sollte auch übertherapeutische Hilfe nachgedacht werden. Therapie kann Teil eines ganzpersönlichen Abnehmkonzeptes sein, eine Ernährungsumstellung und Bewegung sindjedoch immer erforderlich.
Inas Mann Jens ist ein notorischerFremdgänger und rücksichtsloser Egoist. Auch die anderen Männer in Ihrem Buch sindüber ihre erotische Anziehungskraft hinaus nicht sonderlich sympathisch. Habensie Vorbilder im wirklichen Leben?
Alle Personen sind frei erfunden.
Als Oecotrophologin kennen Sie sich mit Ernährung sehr gut aus.Welches ist Ihr Lieblingsgericht?
Abwechslung ist der beste Koch. Zu meinen Favoriten zählen völligunterschiedliche Rezepte diverser Stilrichtungen. Immer dabei: Gemüse oderSalat.
Die Fragen stellte Carsten Hansen,literaturtest.de.
- Autor: Barbara Mettbach
- 2004, 216 Seiten, Maße: 12 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Piper Taschenbuch
- ISBN-10: 3492261124
- ISBN-13: 9783492261128
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