Die Entdeckung des heiligen Gral
Fesselnd berichtet der Historiker und...
Fesselnd berichtet der Historiker und Bestsellerautor, wie es ihm gelang, den legendären Kelch aufzuspüren.
DieEntdeckung des heiligen Grals von Michael Hesemann
LESEPROBE
Doch noch ein drittes Gefäß, das in England entdeckt wurde,gilt als der Gral. Auch seine Geschichte ist abenteuerlich und führt uns erneutin die Welt König Arthurs. Der englische Artus-Forscher Graham Phillips willihn mit Owain Ddantgwyn identifiziert haben, einem König von Powys (Ostwales),der an der Schwelle vom 5. zum 6. Jahrhundert lebte. Seine Hauptstadt war dasrömische Viroconium nahe dem heutigen Shrewsbury. Frühmittelalterliche Textebezeichneten Powys als das »weiße Land« und Viroconium als die »weiße Stadt«;zwei Begriffe, die auch die spätere englische Gralsdichtung kennt. DieGralsburg, so Phillips, musste also in unmittelbarer Nähe der Artus-Hauptstadtgelegen haben. Gründlich studierte er die Genealogien der Könige von Powys, derNachkommen Owains. Schließlich stieß er auf eine Erbin namens Mellet, die im12. Jahrhundert einen gewissen Fulk Fitz Warine heiratete. Ihr Sohn, derebenfalls den Namen Fulk trug, wurde zu Ende des 12. Jahrhunderts Baron vonWhittington Castle in Shropshire. Tatsächlich stand er im Mittelpunktzahlreicher lokaler Legenden. Er galt als Aufrührer, wurde von König JohnLackland geächtet und lebte drei Jahre lang in den Wäldern, bevor er 1203rehabilitiert wurde. 1215 schloss er sich der Rebellion der Barone an, die zurUnterzeichnung der Magna Charta führte. Es ist möglich, dass er das historischeVorbild für die Geschichten von Robin Hood war. Ein um 1260 verfassterProsaroman bezeichnet ihn zudem als »wahren Erben von König Artus«6 undbeschreibt, wie er nach dem Gral sucht.
In der Zeit seiner Ächtung, so heißt es in der Geschichte,wollte er den Gral finden, um mit seiner Hilfe das weiße Land, das Reich KönigArthurs, wieder in Besitz nehmen zu können. Er entdeckte ihn schließlich ineiner Kapelle bei seiner Burg in Whittington. Auf dem Sterbebett ordnete er an,ihn nach seinem Tod in ein Kloster bei Alberbury zu bringen.7 Natürlich istFulks Gralssuche, sollte sie tatsächlich stattgefunden haben, alles andere alserstaunlich. Als er seine Suche begann, war ganz Europa, ein Jahrzehnt nach derNiederschrift von Chretiens »Perceval«, im Gralsfieber. Da Perceval selbstWaliser gewesen sein soll, verwundert es kaum, dass ein walisischer Adliger aufden Gedanken kam, die Gralsidee für sich zu nutzen. Die Geschichte vom Artusgrabhat gezeigt, dass sowohl die angevinischen Könige wie auch die Waliser alskeltische Briten das Erbe des mythischen Königs für sich beanspruchten. WasFulk nach seiner Ächtung brauchte, war ein Beweis, dass sein Anspruch auf dasLand legitim, der König im Unrecht war. Die bestmögliche Legitimation war derHeilige Gral. Er suchte und fand einen Kelch, den er als diesen ausgab, nichtmehr und nicht weniger.
Erst der Roman machte daraus ein Abenteuer in derMärchenwelt. Fulk kämpft auf seiner Suche gegen Drachen, überlistet Hexen undrettet Jungfrauen. Auf einer geheimnisvollen Insel stößt er auf eineZauberburg, muss mit ihren Wächtern eine Art Schach spielen, bevor er eineralten, weisen Frau und ihren sieben schönen Töchtern begegnet. Sie schenkt ihm einZauberhorn, mit dem bewaffnet er in den kalten Norden reist, um Schlangen zutöten, eine Dame in Not zu retten und wieder in die Heimat zurückzukehren. Inseinem letzten Abenteuer enthauptet er in Irland einen Riesen und kehrt mitdessen Haupt in seine Burg zurück. Ganz offensichtlich hatte man dievielfältigsten Elemente der keltischen Sagenwelt in Fulks Geschichte gepackt.
Trotzdem glaubt Phillips, in dem Roman unseres walisischenMünchhausen einen Hinweis auf den Ur-Parzival zu finden. Denn in ihm wird dieLebensgeschichte von Fulks Großvater William Payne Peveril erwähnt. Natürlichist fraglich, ob ein solches Werk je existierte, geschweige denn, ob es im 12.Jahrhundert entstand, es kann ebenso gut frei erfunden sein. Alles, was wirüber seinen Inhalt erfahren, sind auffällig präzise Prophezeiungen über FulksKonflikt mit König John Lackland, was an sich eher verdächtig erscheint.
Doch hatte Fulk tatsächlich einen Kelch entdeckt, den er fürden Gral hielt? Graham Phillips suchte nach Hinweisen. Dem Fulk-Roman zufolgestiftete der Baron den Gral einem Kloster »zu Ehren der heiligen Maria vomOrden von Grandmont nahe Alberbury, in einem Wald am Fluß Severn: es wird NewAbbey genannt.«8 Dieses Kloster hat es tatsächlich gegeben. Es wurde später vonden Zisterziensermönchen übernommen, schließlich im 16. Jahrhundert, bei derAuflösung der Klöster in England durch Henry VIII., verlassen. Heute heißt dasGelände, auf dem es einst stand, noch immer »White Abbey«. Über seinen Ruinenwurde im 19. Jahrhundert ein Bauernhaus gebaut. War der Kelch hier irgendwoversteckt - oder für alle Zeit verloren gegangen?
Es bedurfte einiger Recherchen, bis Phillips herausfand,dass sich schon ein anderer auf die Suche nach Fulks »Gral« gemacht hatte.Robert Vernin, ein Nachkomme des Barons, kaufte das Abteigelände im Jahre 1596.Kurz darauf unterzog er es einer gründlichen Umgestaltung. Teile deszerfallenen Klostergebäudes wurden wieder aufgerichtet, andere Mauerrestefreigelegt, in eine Parklandschaft eingepasst. Kurz vor seinem Tod, im Jahre1615, verfasste Vernin noch ein Epos, »Sir Gawain und der Rote Ritter«. Esspielt in Powys. Die Mönche der White Abbey sind die Gralshüter. Der RoteRitter stiehlt den Gral, bringt ihn auf seine Burg Red Castle. In derEinführung erklärt der Autor, was ihn zu seinem Werk inspirierte: »Wie es Gottgefiel, so habe ich in der White Abbey einen Fund gemacht «9 Das konnte nur derKelch des Barons gewesen sein.
Am Ende der Geschichte versteckt Gawain den Gral. Auf diekryptischen Abschlussworte »Die Hirtenlieder zeigen den Weg. Das Horn erklingt,der Schatz war geborgen« folgt nur eine Reihe lateinischer Zahlen:
CXXXII XXXI LXI CII CIV CXXXV CXVIII
CXLII CXXIII CXVIII CXIX CXVI
XVII III II XIX VIII II XIX IV IXXII CXIV XIII 10
Mit detektivischem Spürsinn löste Phillips das Rätsel umihre Bedeutung. Mit den »Hirtenliedern« waren die Psalmen Davids gemeint, dieZahlen standen für ihre Nummern (Zeile 1 und 2) und Verse (Zeile 3). Als er siein der englischen King-James-Bibel nachschlug, offenbarte sich ihm eineSchatzkarte aus Zitaten:
» ich habe meinem Gesalbten eine Leuchte zugerichtet« (Psalm132, Vers 17)
» mein Fels und meine Burg « (31,3)
» du wolltest mich führen auf einen hohen Felsen « (61,2)
» denn er schaut von seiner heiligen Höhe « (102,19)
» die Täler senkten sich herab « (104,8)
» ihr steht im Haus des Herrn « (135,2)
» tuet mir auf die Tore der Gerechtigkeit « (118,19)
»Schau zur Rechten und sieh!« (142,4)
»Ich hebe meine Augen auf zu dir « (123,1)
» zum Eckstein « (118,22)
»Du bist mein Schutz und Schild« (119,114)
»Ich will den Kelch des Heils nehmen und des Herrn Namenanrufen« (116,13).11
Phillips folgte den Anweisungen. Nahe der Ruinen einer Burgaus roten Ziegelsteinen (»Red Castle«) stieg er auf einen Felsen, das White Cliff,auf dem sich einst eine Kapelle (»seine heilige Höhe«) befand. Vor sich sah ereine Schlucht, ihr gegenüber eine Reihe hoher Hügel. Von ihnen aus führte seinWeg in ein Tal, dann zu einer Pfarrkirche aus dem 16. Jahrhundert, der ZeitVernons. Er schaute nach rechts, sein Blick wanderte hoch, bis er auf einfarbiges Glasfenster mit der Darstellung der vier Evangelisten fiel. Doch wasfehlte, war ein Eckstein. Mit Hilfe einer Archäologin der UniversitätBirmingham ließ Phillips die Mauern der Kirche elektronisch durchleuchten. Eswar kein Versteck zu finden. Dann fiel ihm auf, dass der Evangelist Johannesauf der Darstellung einen Kelch in den Händen hielt. Ein weiterer Hinweis?
Den vier Evangelisten waren ihre Symbole, ein Stier, Löwe,Engel und Adler, zugeordnet. Bald erfuhr Phillips, dass einst vier Statuen mitdiesen Symbolen in einem Höhlenlabyrinth gegenüber von Red Castle im HawkstonePark gestanden haben. In einem Buch aus dem Jahre 1939, das diese Anlagebeschreibt, heißt es, dass der Enkel des Besitzers 1929 »einen kleinen Kelch imSockel der Adlerstatue«12 fand. Der Adler war das Wappentier des Johannes, derauf dem Glasfenster der Kirche mit dem Kelch in der Hand dargestellt ist.Plötzlich ergab alles einen Sinn. Der Junge hatte, so war Phillips überzeugt,den Heiligen Gral gefunden!
© Pattloch Verlag
Autoren-Porträt von Michael Hesemann
MichaelHesemann hat den Gral gefunden und nach einer abenteuerlichen Rechercheidentifiziert. Nach mehrjähriger Forschungsarbeit hat ihn das spanischeFernsehen bereits als den Gralsentdecker gefeiert. Im Oktober wurde er in dieSchar der Gralsritter aufgenommen.
- Autor: Michael Hesemann
- 2003, 383 Seiten, mit zahlreichen farbigen Abbildungen, Maße: 15,2 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Pattloch
- ISBN-10: 3629016596
- ISBN-13: 9783629016591
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