Die Entdeckung des Himmels
Sonderausgabe
Harry Mulisch, 1927 in Haarlem geboren, lebt heute in Amsterdam. In seinem umfangreichen Werk Erzählungen, Romane, Theaterstücke, Gedichte, Essays, Studien, Reportagen, Libretti und Drehbücher spielen der Zweite Weltkrieg und dessen Folge, der Kalte Krieg,...
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Produktinformationen zu „Die Entdeckung des Himmels “
Harry Mulisch, 1927 in Haarlem geboren, lebt heute in Amsterdam. In seinem umfangreichen Werk Erzählungen, Romane, Theaterstücke, Gedichte, Essays, Studien, Reportagen, Libretti und Drehbücher spielen der Zweite Weltkrieg und dessen Folge, der Kalte Krieg, eine wichtige Rolle. Harry Mulisch erhielt zahlreiche Literaturpreise, unter anderem den Niederländischen Staatspreis für Literatur. »Harry Mulisch hat sich selbst zum Romanhelden gemacht und ein Meisterwerk geschaffen. Ihm gelingt ein großer Zeitroman der Nachkriegsgeneration.« Der Spiegel
Klappentext zu „Die Entdeckung des Himmels “
"Harry Mulisch hat sich selbst zum Romanhelden gemacht und ein Meisterwerk geschaffen. Ihm gelingt ein großer Zeitroman der Nachkriegsgeneration." (Der Spiegel)Eine in dieses umtriebige und abgründige Jahrhundert ausschwärmende Geschichte über eine ungewöhnliche Freundschaft, eine Liebe, die aufmüpfigen Sechziger, die pragmatischen Siebziger und die windigen Achtziger Jahre und den langen Nachhall der Kriegs- und Nachkriegszeit; über ein ungewöhnliches Kind, das einen noch ungewöhnlicheren "Auftrag" hat; einen Astronomen und Don Juan, der nie zur Ruhe kommt, und ein Sprachgenie, das in der Politik Karriere macht.
Lese-Probe zu „Die Entdeckung des Himmels “
Die Entdeckung des Himmels von Harry Mulisch PrologAugenblick!Was ist?Auftrag ausgeführt. Die Sache ist rund.
Welche Sache?
Ja, entschuldigen Sie bitte. Das Allerwichtigste. Die Hauptsache. Die Hauptsache? Wovon redest du?Vorn Testimonium.
Ach, natürlich! Lieber Himmel, es ist doch schrecklich. Ununterbrochen widmet man sich den wesentlichen Dingen und verwendet sein ganzes Können darauf, und dann kommt der Augenblick, in dem man sie schlichtweg vergißt oder eben im Handumdrehen erledigt.
Vielleicht sollten Sie langsam etwas mehr delegieren.
Und du vielleicht wissen, was sich gehört, wenn jemand mal ein Geständnis macht! Mehr delegieren! Du scheinst noch immer nicht zu wissen, was uns bevorsteht. Warum, meinst du wohl, ist dieses Projekt gestartet worden? Da wir gerade von zwingen sprechen . sag mir bitte, wie lange hast du dich mit diesem Dossier beschäftigt?
Gut siebzig Jahre Menschenzeit.
Laß hören.
Wo soll ich anfangen?
Das weißt du selbst am besten. Auf jeden Fall erst mal kurz etwas über das Vorspiel.
... mehr
Ich habe selten ein derartig kompliziertes Programm bearbeitet. Gott sei Dank lassen wir die Dinge im allgemeinen ihren Lauf nehmen, und bei früheren Aufgaben hatte ich genügend Zeit zur Verfügung. Da die Angelegenheit jedoch aus irgendeinem Grund vor dem Ende des Jahrtausends aus der Welt sein sollte, verfügte ich diesmal über höchstens vier Generationen, um jemanden zu finden, der den Auftrag ausführen könnte. Bei einem mehr oder weniger normalen Verlauf war in so kurzer Zeit absolut keine Lösung zu finden. Den Auftrag hätten wir im Grunde genommen jedem beliebigen Funken geben können, aber das wäre sinnlos gewesen. Das Problem bestand darin, daß er sich, wenn er tatsächlich unser Abgesandter sein sollte, auch dann noch an den Auftrag erinnern können mußte, wenn er sich in Geist und Fleisch materialisiert hatte. Das heißt, er mußte auf diese ausgefallene Idee kommen können und obendrein den Willen und den Mut besitzen, sie auszuführen. Ich sage »er«, denn für eine »sie« schien mir das nichts zu sein. Natürlich befand sich unter den unendlichen menschlichen Möglichkeiten, über die wir hier verfügen, ein Funke, der die Voraussetzungen erfüllte, aber wie sollten wir ihn auf die Erde bekommen? Zuerst mußten wir also diese eine DNS-Sequenz herausfinden, mit der er sich materialisieren konnte. Ich brauche Ihnen nicht zu erzählen, daß eine gerollte DNS-Doppelspirale mit der Information für einen ganzen Menschen, die sich in jedem Kern jeder der hunderttausend Milliarden von Zellen befindet, insgesamt nicht mehr als ein hunderttausendstel Gramm wiegt, daß dieser hermetische Caduceus aber ausgerollt etwa genauso lang ist wie der Mensch selbst: Die Anzahl der möglichen Kombinationen auf molekularer Ebene ist gigantisch. Geschrieben in den Drei-Buchstaben-Worten des Vier-Buchstaben-Alphabets wird ein Mensch von einer genetischen Geschichte bestimmt, mit der ein Äquivalent von fünfhundert Bibeln gefüllt werden kann. Das haben die Menschen inzwischen auch herausgefunden.
So ist es. Sie haben unser ausgefuchstestes Konzept entschlüsselt, nämlich daß Leben letztendlich Lesen heißt. Sie selber sind das Buch der Bücher. Im fahr 1869 ihrer Zeitrechnung entdeckten diese verflixten Wesen die DNS im Zellkern, und wir redeten uns damals ein, daß das wenig zu bedeuten habe, weil sie nie auf die Idee verfallen würden, diese Säure könnte einen Code enthalten, den sie würden knacken können - aber hundert Menschenjahre später hatten sie die genetische Geheimschrift bis in die letzten Feinheiten entziffert. Mit genau diesem Code haben wir sie viel zu schlau gemacht.
Aber hundert Menschenjahre später hatte auch ich meine Hausaufgaben gemacht. Zunächst gelang es uns, den geheimen Namen unseres Mannes aufzuschreiben - aber das war noch nichts im Vergleich zu dem, was danach noch auf uns zukam. Wir mußten nämlich auch die Großeltern und Eltern ausfindig machen, die die erwünschte Kombination innerhalb von fünfzig Jahren zustande bringen würden. In seiner unergründlichen Weisheit, die ihn zuweilen ja wohl auch selbst befremdet, hat der Chef es nun einmal so eingerichtet, daß wir in unserem Unendlichen Licht für jede mögliche Kombination aus einer Samenzelle und einer Eizelle jeweils einen Funken haben. Bei jedem Samenerguß wirft ein Mann dreihundert Millionen Spermien aus: im Hinblick auf eine weibliche Eizelle ist das bereits eine ebensolche Zahl möglicher Menschen, denen ebenso viele Funken entsprechen. Aber wir brauchten auch für jede Kombination jedes Spermatozoons aus jedem Erguß jedes Mannes der Gegenwart, der Vergangenheit und der Zukunft mit jeder Eizelle jeder Frau der Gegenwart, der Vergangenheit und der Zukunft einen Funken. Das war nötig, weil auch hier niemand wissen konnte, wann der Mensch etwas erfinden würde, was sein Leben um Hunderte oder Tausende von Jahren verlängert. Es gibt also auch einen Funken für ein ganz bestimmtes Spermatozoon aus einem ganz bestimmten Samenerguß von Julius Cäsar, der mit einer ganz bestimmten Eizelle von Marilyn Monroe hätte verschmelzen können. Und jedes Spermatozoon in den zahllosen Samenergüssen des möglichen Sohnes aus dieser Mesalliance hätte sich folglich mit jeder Eizelle der zahllosen möglichen Töchter von John F. Kennedy und Kleopatra verbinden können, oder die eines beliebigen Steinmetzen unter Cheops mit der einer Toilettenfrau zehntausend Jahre später - und all diese Möglichkeiten und ihre Nachkommen hätten sich wiederum verbinden können mit allen anderen Möglichkeiten und deren Nachkommen in Raum und Zeit, und so weiter und so fort und ohne Ende. So existieren neben den Funken für die Kombinationen aus allen Spermatozoen - die über die Jahrhunderte unentwegt literweise ausgestoßen werden - mit allen Eizellen aus allen Zeiten auch noch die der alternativen, sich hyperunendlich gabelnden und verzweigenden Generationen, die je hätten sein können: Siehe da, der Logos Spermatikos - das Absolut Unendliche Licht!
Darf ich fragen, ob du mir das alles erzählst, um mir etwas beizubringen?
Heilig, heilig und nochmals heilig! Ich spreche, weil mir der Gedanke an unser Licht noch immer die Sprache verschlägt.
Das ehrt dich. Vermutlich willst du nur sagen, daß es viel ist.
Ja, so kann man es auch formulieren.
Aber es ist dir ja wohl gelungen.
Fragen Sie mich nur nicht, wie. Das Dekodieren des Genoms, der vollständige geheime Name des Menschen, ist für diese Schlaumeier jetzt nur noch eine Frage des Geldes, einen Dollar pro Nukleotiden, um genau zu sein, also von drei Milliarden Dollar, und überall auf der Welt wird an diesem Projekt gearbeitet. Mit ihrer Biotechnologie werden sie die genetische Essenz einer bestimmten Eizelle, und damit auch eines bestimmten Zellkerns mit einem Schwänzchen, in absehbarer Zeit viel schneller und einfacher produzieren als wir hier mit unserer romantischen, reichlich altmodischen Züchterei - aber es muß unbedingt vor dem Jahr Zweitausend sein.
Genau. Und könnte vielleicht auch das etwas damit zu tun haben? Geht dir vielleicht jetzt ein Licht auf? Auch wir haben vor gerade mal fünfundsiebzig Menschenjahren mit Entsetzen festgestellt, wie schnell die technischen Fähigkeiten dort unten zunehmen und was die Menschen damit machen - und zwar nicht nur auf biotechnischem Gebiet, sondern auf allen anderen Gebieten auch. In absehbarer Zeit ist von unserer Organisation nur noch eine Leichenhauskonstruktion übrig, danach wird der Himmel zugeklappt wie ein Buch. Aber erzähl, wie hast du das hingekriegt?
Trotz aller Probleme sah ich vor siebzig Menschenjahren plötzlich die Möglichkeit, den gewünschten Funken nicht erst in vier, sondern bereits in drei Generationen in Geist und Fleisch zu materialisieren.
Sieh an. Deine kreativen Fähigkeiten sind größer, als ich dachte. Nur, ohne Einbußen würde es nicht gehen. Ich mußte deshalb etwas Schreckliches in die Welt setzen.Nämlich?
Den Ersten Weltkrieg.
Ja, das ist in der Tat ein Aspekt ein und derselben Sache. Es war eben auch dieses sinnlose Abschlachten, das uns dazu brachte, uns zunehmend mehr mit der technologischen Wende der Menschheitsgeschichte auseinanderzusetzen.
Ich habe diesem Krieg also noch einen Sinn zu geben gewußt. Und zwar wie folgt: Als meine 301 655 722 Angestellten auf meine Anweisungen hin von der erforderlichen Sequenz an Aminosäuren zu einem möglichen Großvater zurückrechneten, stießen sie auf einen Österreicher, einen gewissen Wolfgang Delius, der 1892 oh ne bestimmte Absicht geboren wurde. Es stellte sich heraus, daß die Großmutter väterlicherseits nur eine gewisse Eva Weiß sein konnte, ebenfalls ohne bestimmte Absicht geboren, aber erst 1908, in Brüssel.
Weiß klingt nicht gerade flämisch. Sollte es nicht De Witte sein? Ihre Eltern waren deutschsprachige Juden aus Frankfurt und Wien. Eine Diamanthändlerfamilie.Fromm?
Völlig agnostisch. Die lachten über uns.Hm.
Der Glaube, das ist für Menschen ziemlich kompliziert, davon können wir uns kaum eine Vorstellung machen. Für uns gibt es schließlich keinen Glauben, nur Wissen.
ja, ja, ich merke schon, daß du nur am äußersten Rand des Lichts operierst. Aber mach weiter. Im April 1914 bekam ich Ihre Anweisung, und bereits im Juni sprang in Sarajevo ein Student aus der Nische, ein gewisser Gavrilo Princip, und erschoß den österreichischen Erzherzog. Beim Hören des Vornamens und des Nachnamens werden Sie eine gewisse innere Freude nicht unterdrücken können. Er war ein Anhänger Nietzsches, des unheimlichsten aller Gäste.
© Rowohlt Verlag
Übersetzung: Martina den Hertog-Vogt
So ist es. Sie haben unser ausgefuchstestes Konzept entschlüsselt, nämlich daß Leben letztendlich Lesen heißt. Sie selber sind das Buch der Bücher. Im fahr 1869 ihrer Zeitrechnung entdeckten diese verflixten Wesen die DNS im Zellkern, und wir redeten uns damals ein, daß das wenig zu bedeuten habe, weil sie nie auf die Idee verfallen würden, diese Säure könnte einen Code enthalten, den sie würden knacken können - aber hundert Menschenjahre später hatten sie die genetische Geheimschrift bis in die letzten Feinheiten entziffert. Mit genau diesem Code haben wir sie viel zu schlau gemacht.
Aber hundert Menschenjahre später hatte auch ich meine Hausaufgaben gemacht. Zunächst gelang es uns, den geheimen Namen unseres Mannes aufzuschreiben - aber das war noch nichts im Vergleich zu dem, was danach noch auf uns zukam. Wir mußten nämlich auch die Großeltern und Eltern ausfindig machen, die die erwünschte Kombination innerhalb von fünfzig Jahren zustande bringen würden. In seiner unergründlichen Weisheit, die ihn zuweilen ja wohl auch selbst befremdet, hat der Chef es nun einmal so eingerichtet, daß wir in unserem Unendlichen Licht für jede mögliche Kombination aus einer Samenzelle und einer Eizelle jeweils einen Funken haben. Bei jedem Samenerguß wirft ein Mann dreihundert Millionen Spermien aus: im Hinblick auf eine weibliche Eizelle ist das bereits eine ebensolche Zahl möglicher Menschen, denen ebenso viele Funken entsprechen. Aber wir brauchten auch für jede Kombination jedes Spermatozoons aus jedem Erguß jedes Mannes der Gegenwart, der Vergangenheit und der Zukunft mit jeder Eizelle jeder Frau der Gegenwart, der Vergangenheit und der Zukunft einen Funken. Das war nötig, weil auch hier niemand wissen konnte, wann der Mensch etwas erfinden würde, was sein Leben um Hunderte oder Tausende von Jahren verlängert. Es gibt also auch einen Funken für ein ganz bestimmtes Spermatozoon aus einem ganz bestimmten Samenerguß von Julius Cäsar, der mit einer ganz bestimmten Eizelle von Marilyn Monroe hätte verschmelzen können. Und jedes Spermatozoon in den zahllosen Samenergüssen des möglichen Sohnes aus dieser Mesalliance hätte sich folglich mit jeder Eizelle der zahllosen möglichen Töchter von John F. Kennedy und Kleopatra verbinden können, oder die eines beliebigen Steinmetzen unter Cheops mit der einer Toilettenfrau zehntausend Jahre später - und all diese Möglichkeiten und ihre Nachkommen hätten sich wiederum verbinden können mit allen anderen Möglichkeiten und deren Nachkommen in Raum und Zeit, und so weiter und so fort und ohne Ende. So existieren neben den Funken für die Kombinationen aus allen Spermatozoen - die über die Jahrhunderte unentwegt literweise ausgestoßen werden - mit allen Eizellen aus allen Zeiten auch noch die der alternativen, sich hyperunendlich gabelnden und verzweigenden Generationen, die je hätten sein können: Siehe da, der Logos Spermatikos - das Absolut Unendliche Licht!
Darf ich fragen, ob du mir das alles erzählst, um mir etwas beizubringen?
Heilig, heilig und nochmals heilig! Ich spreche, weil mir der Gedanke an unser Licht noch immer die Sprache verschlägt.
Das ehrt dich. Vermutlich willst du nur sagen, daß es viel ist.
Ja, so kann man es auch formulieren.
Aber es ist dir ja wohl gelungen.
Fragen Sie mich nur nicht, wie. Das Dekodieren des Genoms, der vollständige geheime Name des Menschen, ist für diese Schlaumeier jetzt nur noch eine Frage des Geldes, einen Dollar pro Nukleotiden, um genau zu sein, also von drei Milliarden Dollar, und überall auf der Welt wird an diesem Projekt gearbeitet. Mit ihrer Biotechnologie werden sie die genetische Essenz einer bestimmten Eizelle, und damit auch eines bestimmten Zellkerns mit einem Schwänzchen, in absehbarer Zeit viel schneller und einfacher produzieren als wir hier mit unserer romantischen, reichlich altmodischen Züchterei - aber es muß unbedingt vor dem Jahr Zweitausend sein.
Genau. Und könnte vielleicht auch das etwas damit zu tun haben? Geht dir vielleicht jetzt ein Licht auf? Auch wir haben vor gerade mal fünfundsiebzig Menschenjahren mit Entsetzen festgestellt, wie schnell die technischen Fähigkeiten dort unten zunehmen und was die Menschen damit machen - und zwar nicht nur auf biotechnischem Gebiet, sondern auf allen anderen Gebieten auch. In absehbarer Zeit ist von unserer Organisation nur noch eine Leichenhauskonstruktion übrig, danach wird der Himmel zugeklappt wie ein Buch. Aber erzähl, wie hast du das hingekriegt?
Trotz aller Probleme sah ich vor siebzig Menschenjahren plötzlich die Möglichkeit, den gewünschten Funken nicht erst in vier, sondern bereits in drei Generationen in Geist und Fleisch zu materialisieren.
Sieh an. Deine kreativen Fähigkeiten sind größer, als ich dachte. Nur, ohne Einbußen würde es nicht gehen. Ich mußte deshalb etwas Schreckliches in die Welt setzen.Nämlich?
Den Ersten Weltkrieg.
Ja, das ist in der Tat ein Aspekt ein und derselben Sache. Es war eben auch dieses sinnlose Abschlachten, das uns dazu brachte, uns zunehmend mehr mit der technologischen Wende der Menschheitsgeschichte auseinanderzusetzen.
Ich habe diesem Krieg also noch einen Sinn zu geben gewußt. Und zwar wie folgt: Als meine 301 655 722 Angestellten auf meine Anweisungen hin von der erforderlichen Sequenz an Aminosäuren zu einem möglichen Großvater zurückrechneten, stießen sie auf einen Österreicher, einen gewissen Wolfgang Delius, der 1892 oh ne bestimmte Absicht geboren wurde. Es stellte sich heraus, daß die Großmutter väterlicherseits nur eine gewisse Eva Weiß sein konnte, ebenfalls ohne bestimmte Absicht geboren, aber erst 1908, in Brüssel.
Weiß klingt nicht gerade flämisch. Sollte es nicht De Witte sein? Ihre Eltern waren deutschsprachige Juden aus Frankfurt und Wien. Eine Diamanthändlerfamilie.Fromm?
Völlig agnostisch. Die lachten über uns.Hm.
Der Glaube, das ist für Menschen ziemlich kompliziert, davon können wir uns kaum eine Vorstellung machen. Für uns gibt es schließlich keinen Glauben, nur Wissen.
ja, ja, ich merke schon, daß du nur am äußersten Rand des Lichts operierst. Aber mach weiter. Im April 1914 bekam ich Ihre Anweisung, und bereits im Juni sprang in Sarajevo ein Student aus der Nische, ein gewisser Gavrilo Princip, und erschoß den österreichischen Erzherzog. Beim Hören des Vornamens und des Nachnamens werden Sie eine gewisse innere Freude nicht unterdrücken können. Er war ein Anhänger Nietzsches, des unheimlichsten aller Gäste.
© Rowohlt Verlag
Übersetzung: Martina den Hertog-Vogt
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Autoren-Porträt von Harry Mulisch
Geboren am 29.Juli 1927 in Haarlem, Sohn eines ehemaligen Offiziers aus Österreich-Ungarn, welcher im Zweiten Weltkieg mit den deutschen Besatzern kollaborierte, und einer Jüdin aus Frankfurt; seine später geschiedenen Eltern sprachen Deutsch miteinander. Mulisch verfasste zwischen 1947 und 1959 einige Romane und literarische Artikel und Rezensionen in niederländischen Zeitungen (Berichterstatter u.a. für "Elseviers Weekblad"). Die Teilnahme am Eichmann-Prozeß verarbeitete er in der Reportage "Strafsache 40/61", das 1963 mit dem Vijverberg - Prijs ausgezeichnet wurde. Seither schrieb er Romane, Erzählungen, Gedichte, Dramen, Opernlibretti, Essays, Manifeste und philosophische Werke. Spätestens mit seinem in sechzehn Sprachen übersetzten politischen Roman "Das Attentat" wurde er weltberühmt, die Verfilmung von Fons Rademaker erhielt einen Oskar. Für sein literarisches Schaffen erhielt er 1995 den Niederländischen Literaturpreis.Harry Mulisch starb 2010 im Alter von 83 Jahren.
Bibliographische Angaben
- Autor: Harry Mulisch
- 2008, 1. Auflage, Sonderausgabe., 880 Seiten, Maße: 12,5 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung:Hertog-Vogt, Martina den
- Übersetzer: Martina den Hertog-Vogt
- Verlag: Rowohlt TB.
- ISBN-10: 3499247526
- ISBN-13: 9783499247521
Rezension zu „Die Entdeckung des Himmels “
"Harry Mulisch hat sich selbst zum Romanhelden gemacht und ein Meisterwerk geschaffen. Ihm gelingt ein großer Zeitroman der Nachkriegsgeneration." (Der Spiegel)"Harry Mulisch hat sich selbst zum Romanhelden gemacht und ein Meisterwerk geschaffen. Ihm gelingt ein großer Zeitroman der Nachkriegsgeneration." (Der Spiegel)
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