Die Farben des Teufels
Umbrien 1316: Der junge Adelige Silvano da Montacuto wird fälschlicherweise des Mordes bezichtigt und flieht. In einem Franziskanerkloster bei Assisi findet er Zuflucht aber keinen Frieden. Denn die Abtei wird von einer mysteriösen Mordserie erschüttert....
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Produktinformationen zu „Die Farben des Teufels “
Umbrien 1316: Der junge Adelige Silvano da Montacuto wird fälschlicherweise des Mordes bezichtigt und flieht. In einem Franziskanerkloster bei Assisi findet er Zuflucht aber keinen Frieden. Denn die Abtei wird von einer mysteriösen Mordserie erschüttert. Die Spuren weisen in
die Werkstatt des Klosters, wo nach
geheimen Rezepten Farben hergestellt werden. Mit der jungen Chiara versucht Silvano den Mörder zu fassen... »Ein aufregendes Verwirrspiel voller geheimnisvoller Morde und romantischer Verwicklungen« (Booklist). Ab 10.
die Werkstatt des Klosters, wo nach
geheimen Rezepten Farben hergestellt werden. Mit der jungen Chiara versucht Silvano den Mörder zu fassen... »Ein aufregendes Verwirrspiel voller geheimnisvoller Morde und romantischer Verwicklungen« (Booklist). Ab 10.
Italien, Anfang des 14. Jahrhunderts: Fschlich des Mordes beschuldigt, sucht der junge Adelige Silvano Zuflucht in einem Franziskanerkloster bei Assisi. Doch statt Ruhe und Frieden zu finden, ger er erneut in einen Strudel mysterier Verbrechen und abgrdiger Versuchungen: Ein Gast der Abtei liegt erstochen in seiner Zelle, ein Mch wird vergiftet, ein anderer erhgt im Glockenturm gefunden - und immer frt die Spur der Verbrechen in die Farbwerkstatt des Klosters. Edle Mineralien werden hier nach geheimen Rezepten zu Farben f Fresko-Malerei und Buchillustration verarbeitet. Kostbar, aber keineswegs ungefrlich sind die begehrten Substanzen, und von einigen hei es, sie wden die Sinne verwirren..- "Der Name der Rose" f Jugendliche
- Bestsellerverdhtig: mysterie Morde im Kloster, eine atemberaubende Krimihandlung und eine zarte Romanze
- Faszinierend: viele zeitgeschichtliche Details, u. a. er die mittelalterliche Herstellung von Farben
- Bestsellerverdhtig: mysterie Morde im Kloster, eine atemberaubende Krimihandlung und eine zarte Romanze
- Faszinierend: viele zeitgeschichtliche Details, u. a. er die mittelalterliche Herstellung von Farben
Lese-Probe zu „Die Farben des Teufels “
Silvano da Montacuto war nicht nur jung, gut aussehend und reich. Er war jung, gut aussehend, reich und verliebt. Als er an einem Hochsommerabend auf seinem grauen Hengst die Hauptstra e von Perugia entlangritt, seinen Falken auf dem Sattelknopf und seinen Jagdhund im Gefolge, h tte er kaum gl cklicher sein k nnen.Silvano war sechzehn Jahre alt, schlank und - mit seiner Feder am Hut und einem silbernen Dolch im G rtel - elegant herausgeputzt. Er war der einzige, geliebte Sohn seiner Mutter und der Stolz und die Freude seines Vaters. Und er war auf dem Weg zum Haus von Angelica, seiner Angebeteten.
Zuvor allerdings war Silvano mit seinem besten Freund Gervasio de' Oddini verabredet, dem er seinen neuen Falken Celeste zeigen wollte und von dem er einen Rat brauchte, wie er bei seinem Werben um Angelica am besten weiter vorgehen sollte.
"Wie ein J ger", w rde Gervasio bestimmt sagen. "Beobachte deine Beute, studiere ihre Gewohnheiten, gew hne sie an deine Gegenwart, indem du ihr harmlos und freundlich gegen bertrittst. Und dann, wenn sie Vertrauen gefasst hat und unvorbereitet ist, greifst du zu!"
"Aber ich bin doch harmlos - zumindest will ich ihr nichts antun", w rde Silvano antworten.
Und Gervasio w rde nur l cheln. Er war ein Jahr lter als sein Freund und spielte gerne den Mann von Welt, der nicht nur Erfahrung mit Frauen hat, sondern auch die Feinheiten der h fischen Liebe beherrscht - genauso wie die K nste des Jagens, des Fechtens und des Anh ufens von Schulden in den rtlichen Gastst tten.
Am heutigen Abend hatten sich Silvano und Gervasio im Aquila verabredet, ihrer Lieblingssch nke in der N he des Hauptplatzes der Stadt, der Platea Magna. Silvano band sein Pferd drau en fest, doch Celeste, die ihre Falkenhaube auf dem Kopf hatte, nahm er mit, und Ettore, sein Jagdhund, durfte ihm gleichfalls folgen. Die Gastst tte war stets der ideale Ort f r diskrete, unbeobachtete Gespr che, denn sie war voll mit l rmenden Trinkern und tr b vom
... mehr
Kerzenrauch.
Silvano entdeckte seinen Freund in der D sternis, schl ngelte sich an Holztischen vorbei und stieg ber ausgestreckte Beine. Gervasio trank mit einem Mann, den Silvano noch nie zuvor gesehen hatte, der sich jedoch schweigend verdr ckte, als er n her kam. Gervasio lie mehr Wein kommen und die beiden jungen M nner verzogen sich in einen ruhigeren Teil des Raumes.
"H bscher Vogel", sagte Gervasio und blickte bewundernd auf Celestes bunt gemusterte Brustfedern.
"Aus Br gge", sagte Silvano wie beil ufig, obwohl er vor Stolz fast platzte. "Nat rlich in Brabant zugerichtet."
"Nat rlich", erwiderte Gervasio ironisch. Sein eigener Falke war ein kleiner Baumfalke, und mehr konnte sich sein Vater auch nicht leisten, denn Gervasios Familie geh rte zum niederen Adel, und er selbst war der sechste und j ngste Sohn. Silvano hingegen war der einzige Sohn und Erbe von Baron Montacuto und seine Kleider, sein Pferd und jetzt auch noch sein Falke taten aller Welt seinen Stand und Reichtum kund.
Die Freunde brachten gut zehn Minuten damit zu, die Qualit ten des Vogels zu er rtern, der ein Geburtstagsgeschenk gewesen war, dann jedoch wandte sich ihr Gespr ch der sch nen Angelica zu.
"Wenn eine gewisse Dame doch nur genauso leicht wie Celeste durch sanfte Worte und Komplimente zu z hmen w re, was?", sagte Gervasio und wechselte damit zu dem Thema, bei dem er sich seinem Freund berlegen f hlte.
Silvano stie einen tiefen Seufzer aus. Er war nur zu bereit, den ganzen Abend lang ber Angelica zu reden, doch im Augenblick fehlte ihm jede Hoffnung, dass sie berhaupt von ihm Notiz nahm. Sie war mit einem reichen Schafz chter verheiratet, der viel lter war als sie und ihr sch ne Gew nder, Duftwasser und Schmuck kaufte, aber das war noch nicht einmal das Problem. In Silvanos Augen war sie ihm an Sch nheit ebenso haushoch berlegen, wie er ihr standesm ig berlegen war - und er konnte einfach nicht glauben, dass sie ihn jemals erh ren w rde, selbst wenn sie ganz ungebunden w re.
"Schreibe ein Gedicht f r sie", schlug Gervasio vor und sah seinen Freund eindringlich an. Er war weitaus weniger romantisch als Silvano und konnte sich bestens vorstellen, dass ein gut gekleideter und gut aussehender Junge mit
Geld und einem Titel Erfolg haben w rde bei einer jungen Frau, die mit einem ltlichen Bauern mit Bauch und einer Warze auf dem Nasenfl gel verheiratet war.
Und es bestand kein Zweifel, dass Silvano gut aussah. Sein hellbraunes Haar war so geschnitten, dass es glatt bis auf Kinnl nge herabfiel. Seine Augen waren von einem hellen Silbergrau, umrandet von langen, dunklen Wimpern - beides ein Erbe seiner belgischen Mutter. Die Baronessa Montacuto hatte ein zartes Gesicht wie auch eine zarte Konstitution, doch was ihr gesundheitlich zum Nachteil gereichte und der Grund daf r war, warum sie drei weitere S hne und zwei T chter tot geboren hatte, verlieh ihrem verbliebenen Sohn genau die Anmut, die perfekt zu seiner vorbestimmten Laufbahn passte.
Silvano konnte reiten, fechten, jagen, er sang wie ein Vogel und verstand es fast so gut wie ein M nch, das Lateinische zu lesen. Doch sollte seine Zukunft nicht in der Kirche liegen. Nein, Silvano w rde der n chste Baron Montacuto werden - unterst tzt von einer Heerschar von Dienern, den Eink nften aus umfangreichen L ndereien n rdlich von Perugia und einer sch nen Baronessa, die seine Nachkommenschaft aufziehen w rde. Allerdings - davon war Gervasio berzeugt - w rde das nicht Angelica sein. Die Frau des Schafz chters w rde voraussichtlich dick sein, ehe sie f nfundzwanzig war. Und zu diesem Zeitpunkt w rde Silvano sie sicher l ngst verlassen haben.
Gervasios Lippen kr uselten sich zu einem L cheln, als er an Angelicas ppige Reize dachte. "Schreib ihr ein Gedicht", sagte er noch einmal. "Das wird sie beeindrucken."
Eine leichte R te hatte Silvanos sch n geformte Wangenknochen berzogen.
"Du hast schon eins geschrieben, stimmt's?", sagte Gervasio lachend. "Ich hab es doch gewusst! Komm schon, lass h ren."
Silvano kramte in der Tasche an seinem G rtel und zog ein St ck Pergament hervor, auf dem viel mit schwarzer Tinte herumgekritzelt und ausgestrichen war. Er gab vor, seine Verse nicht richtig lesen zu k nnen, doch in Wirklichkeit kannte er die Worte auswendig.
"Verwundet ist mein blutend Herz
Und leidet zweifach nun an Schmerz.
Amor h chstselbst schoss seinen Pfeil
Der Dame Blick tat seinen Teil.
Der Knabe Amor eilt' von hinnen,
Doch seinem Werk nie mehr entrinnen
Kann ich nun, nie mein Schicksal wenden,
Nur sie, nur sie kann Hilfe spenden.
Ihr Blick die tiefe Wunde heilte,
Wenn er voll Liebe auf mir weilte.
Ein Wink von ihren zarten H nden
Kann alle meine Leiden enden.
Mehr hab ich bisher noch nicht", sagte Silvano, dessen Wangen inzwischen gl hten.
"Das hilft bestimmt weiter", sagte Gervasio und versuchte, ein Grinsen zu unterdr cken.
"Glaubst du wirklich, es gef llt ihr?"
"Bestimmt, wenn du es ihr mit flehender Stimme vortr gst und ordentlich mit deinen langen Wimpern klimperst. Genau genommen", sagte Gervasio und stand auf, "sollten wir gehen und sie gleich aufsuchen. Man soll das Eisen schmieden, solange es hei ist."
Angelica wohnte im Westen der Stadt, in der N he des Trasimenischen Tors, einen kurzen Fu weg von der Gastst tte entfernt. Die beiden M nner gingen an der wuchtigen Franziskuskirche vorbei, der seitlich ein Kloster angeschlossen war, das Gervasio immer einen ganz besonderen Schrecken einjagte. Er hatte Angst, dass er eines Tages dort als M nch eintreten musste - genau dann, wenn sein Vater gestorben war und seine Br der das v terliche Erbe verteilt hatten. Und Gervasio fand keinerlei Gefallen an Armut und Demut, von der Keuschheit mal ganz zu schweigen.
Zwei junge M nche in ihren rmlichen grauen Kutten kamen barfu aus der gro en Kirche, als die beiden Freunde vor bergingen, und Gervasio verzog schmerzlich das Gesicht bei ihrem Anblick. Rasch schob er Silvano in Richtung Westen weiter.
Angelica sa am Fenster des Stadthauses, das ihr Mann besa , und langweilte sich. Tommaso war unterwegs, um in der Toskana ber Schafpreise zu verhandeln, doch sie weigerte sich, den Fu in das alte, aus roh behauenem Stein gebaute Bauernhaus au erhalb von Gubbio zu setzen, selbst wenn er nicht unterwegs war. Der Kauf des eleganten Palazzos in der Stadt war Teil ihres Ehevertrags gewesen. Der alte Tommaso brachte Reichtum und G ter in die Verbindung ein; Angelica steuerte ihre Sch nheit bei. Ihre Familie wusste nur zu gut, dass sie sonst nichts zu bieten hatte: weder Namen noch Bildung, keine besonderen F higkeiten oder Fertigkeiten, nichts als ihr perfekt geformtes ovales Gesicht, umrahmt von den schwingenden blonden Locken, und ihre vollendeten Rundungen.
Tommaso wollte einen Erben. Seine erste Frau hatte keine Kinder geb ren k nnen, daher hatte er sich nach ihrem Tod alsbald wieder verheiraten wollen. Angelica sehnte sich nach einem h bschen Haus, nach Dienerschaft und sch nen Kleidern. Im Haus ihrer Eltern war sie selbst wenig mehr als eine Magd gewesen, und sie hatte sich geschworen, einmal nicht so rote und abgearbeitete H nde zu bekommen wie ihre Mutter. Also hatte Tommaso das Stadthaus erworben, und w hrend des ersten Jahres ihrer Ehe hatte Angelica mit ebenso gro er Freude M bel und Wandbeh nge gekauft wie Seidenstoffe, Spitzen und Pelze f r ihren verw hnten K rper - je nach Jahreszeit das Richtige.
Doch inzwischen langweilte sie sich. Das erwartete Kind, mit dem man fest gerechnet hatte, war nicht gekommen. Sie war zwar schwanger gewesen, aber die Schwangerschaft hatte nach wenigen Wochen des beginnenden Lebens mit Blut und Schmerzen geendet, was Angelica als Entschuldigung benutzte, um Tommaso monatelang aus ihrem Bett fernzuhalten. Und sie fragte sich allm hlich, ob all die sch nen Gew nder sie f r einen kleinen, rundlichen und viel lteren Mann entsch digen konnten.
Angelica warf einen Blick aus dem Fenster und pl tzlich berzog sich ihr Gesicht vor Freude mit einer zarten R te. In der Stra e unten standen zwei gut aussehende junge M nner, und sie wusste, dass einer von ihnen in sie verliebt war.
Silvano blickte nach oben und entdeckte seine Angebetete. Sie trug ein hellblaues Gewand mit einem wei en Musselineinsatz am Ausschnitt, dazu eine doppelte Perlenkette um den Hals. Ihm blieb jedes Wort im Hals stecken, und er wusste, dass er es nicht schaffen w rde, sein Gedicht vorzutragen.
"Lies du es vor", fl sterte er Gervasio zu. "Du kannst es besser aufsagen als ich." Heftig schob er seinem Freund das Pergament zu und wandte sich von dem Palazzo ab, um seine Verwirrung zu verbergen.
"Nein, nein, nein!", sagte das M dchen und funkelte ihren Bruder an. "Du kannst mich nicht zwingen!"
"Ich glaube, du wirst noch einsehen, dass ich das sehr wohl kann", sagte Bernardo. "Ich bin dein Bruder und Vormund, und wenn ich sage, dass du ins Kloster gehst, wer sollte mir das verwehren?"
Chiara weinte vor Wut und Angst. "Dann musst du mich schon fesseln und in einem Sack dort abliefern", rief sie. "Denn keiner soll jemals sagen, dass ich freiwillig ins Kloster gegangen bin!"
"Wenn das n tig ist, werde ich es eben tun", erwiderte Bernardo unger hrt. "Es bleibt dir keine andere Wahl. Vater hat nicht genug Geld hinterlassen, als dass ich dir eine anst ndige Mitgift geben k nnte. F r die geringe Summe, mit der die Armen Klarissen als Spende einverstanden sind, w rdest du nie einen Ehemann finden. Und du willst doch nicht an einen absto enden alten Kerl verheiratet werden, oder?"
Chiara hielt kurz in ihrem Wutausbruch inne. Konnte es vielleicht doch sein, dass es Bernardo auf seine Art gut mit ihr meinte? Doch sie kannte ihn ja von klein auf, und es hatte in ihrem Leben sehr wenig Freundlichkeit gegeben, seit ihr Vater vor sechs Monaten gestorben war. Und davor auch nicht gerade viel.
"Aber warum kann ich denn nicht hier bei dir und Vanna bleiben?", fragte sie und fing an zu schluchzen. "Hier ist doch mein Zuhause, und ich k nnte euch helfen, auf die Kinder aufzupassen."
"Das haben wir doch alles schon besprochen", sagte Bernardo ungeduldig. "Ich kann daf r eine Magd einstellen, die mich viel weniger Geld kostet, als wenn ich dich mit Fleisch und Wein und anst ndiger Kleidung versorgen m sste."
"Dann lass mich Brot essen und Bier trinken und grobe Sachen tragen!", rief Chiara. "Nur schick mich nicht fort!"
"Du verh ltst dich l cherlich!" Jetzt schien Bernardo zornig zu werden. "Ich verschachere dich doch nicht als Sklavin. Viele M dchen in deiner Lage treten in heilige Orden ein und f hren ein and chtiges und sinnvolles Leben. Warum solltest du das nicht tun?"
Weil ich schlie lich eine Familie habe, dachte Chiara. Und mich nicht dazu berufen f hle. Aber sie war zu stolz, ihren Bruder um etwas Zuneigung zu bitten. Zuneigung war ihr schon seit dem Tod ihrer Mutter nicht mehr wirklich entgegengebracht worden und damals war sie ein kleines M dchen gewesen und hatte gerade ihre Milchz hne verloren. Ihr Vater war seinem Sohn allzu hnlich gewesen: ein Mann, dem Z rtlichkeiten oder Gef hlsbezeugungen nicht lagen. Chiara berlegte fl chtig, wie ihre Schw gerin Vanna es nur aushalten konnte, mit so einem kalten Fisch verheiratet zu sein.
Doch dann verdr ngte sie den Gedanken ebenso wie das Gef hl, schmerzlich zur ckgewiesen zu werden. Sie schwieg einige Minuten, bis die Tr nen auf ihren Wangen getrocknet waren. Die Aussicht, Nonne zu werden, lie ihre Zukunft tr bselig erscheinen, ohne jede Hoffnung auf Abenteuer oder Romanzen, und pl tzlich f hlte Chiara eine t dliche M digkeit, als ob sie nicht mit Worten, sondern k rperlich mit ihrem Bruder gerungen h tte.
"Wie ich sehe, wei t du auch keine Antwort", sagte Bernardo. "Dann ist es also beschlossene Sache."
Er hatte gewonnen.
Silvano wandte sich ab und biss sich auf die Lippe, w hrend Gervasio Angelica seine Verse vortrug. Auf einmal klangen sie banal und unglaublich naiv, wie sie da mit Gervasios heller, leicht ironischer Stimme aufgesagt wurden, und doch hatte er die ganze Leidenschaft seines Herzens hineingelegt, als er sie schrieb. Silvano konnte es kaum erwarten, ganz erwachsen zu werden und eine Geliebte zu haben und einen richtigen Bart und Eigentum, das er selbst verwaltete.Mit seinen m dchenhaften Z gen und seinem zierlichen K rper war er eine Zielscheibe des Spotts f r die Freunde seines Vaters, die allesamt wohlhabende M nner mittleren Alters waren und Brustk sten wie F sser und Beine wie Baumst mme hatten.
Silvano entdeckte seinen Freund in der D sternis, schl ngelte sich an Holztischen vorbei und stieg ber ausgestreckte Beine. Gervasio trank mit einem Mann, den Silvano noch nie zuvor gesehen hatte, der sich jedoch schweigend verdr ckte, als er n her kam. Gervasio lie mehr Wein kommen und die beiden jungen M nner verzogen sich in einen ruhigeren Teil des Raumes.
"H bscher Vogel", sagte Gervasio und blickte bewundernd auf Celestes bunt gemusterte Brustfedern.
"Aus Br gge", sagte Silvano wie beil ufig, obwohl er vor Stolz fast platzte. "Nat rlich in Brabant zugerichtet."
"Nat rlich", erwiderte Gervasio ironisch. Sein eigener Falke war ein kleiner Baumfalke, und mehr konnte sich sein Vater auch nicht leisten, denn Gervasios Familie geh rte zum niederen Adel, und er selbst war der sechste und j ngste Sohn. Silvano hingegen war der einzige Sohn und Erbe von Baron Montacuto und seine Kleider, sein Pferd und jetzt auch noch sein Falke taten aller Welt seinen Stand und Reichtum kund.
Die Freunde brachten gut zehn Minuten damit zu, die Qualit ten des Vogels zu er rtern, der ein Geburtstagsgeschenk gewesen war, dann jedoch wandte sich ihr Gespr ch der sch nen Angelica zu.
"Wenn eine gewisse Dame doch nur genauso leicht wie Celeste durch sanfte Worte und Komplimente zu z hmen w re, was?", sagte Gervasio und wechselte damit zu dem Thema, bei dem er sich seinem Freund berlegen f hlte.
Silvano stie einen tiefen Seufzer aus. Er war nur zu bereit, den ganzen Abend lang ber Angelica zu reden, doch im Augenblick fehlte ihm jede Hoffnung, dass sie berhaupt von ihm Notiz nahm. Sie war mit einem reichen Schafz chter verheiratet, der viel lter war als sie und ihr sch ne Gew nder, Duftwasser und Schmuck kaufte, aber das war noch nicht einmal das Problem. In Silvanos Augen war sie ihm an Sch nheit ebenso haushoch berlegen, wie er ihr standesm ig berlegen war - und er konnte einfach nicht glauben, dass sie ihn jemals erh ren w rde, selbst wenn sie ganz ungebunden w re.
"Schreibe ein Gedicht f r sie", schlug Gervasio vor und sah seinen Freund eindringlich an. Er war weitaus weniger romantisch als Silvano und konnte sich bestens vorstellen, dass ein gut gekleideter und gut aussehender Junge mit
Geld und einem Titel Erfolg haben w rde bei einer jungen Frau, die mit einem ltlichen Bauern mit Bauch und einer Warze auf dem Nasenfl gel verheiratet war.
Und es bestand kein Zweifel, dass Silvano gut aussah. Sein hellbraunes Haar war so geschnitten, dass es glatt bis auf Kinnl nge herabfiel. Seine Augen waren von einem hellen Silbergrau, umrandet von langen, dunklen Wimpern - beides ein Erbe seiner belgischen Mutter. Die Baronessa Montacuto hatte ein zartes Gesicht wie auch eine zarte Konstitution, doch was ihr gesundheitlich zum Nachteil gereichte und der Grund daf r war, warum sie drei weitere S hne und zwei T chter tot geboren hatte, verlieh ihrem verbliebenen Sohn genau die Anmut, die perfekt zu seiner vorbestimmten Laufbahn passte.
Silvano konnte reiten, fechten, jagen, er sang wie ein Vogel und verstand es fast so gut wie ein M nch, das Lateinische zu lesen. Doch sollte seine Zukunft nicht in der Kirche liegen. Nein, Silvano w rde der n chste Baron Montacuto werden - unterst tzt von einer Heerschar von Dienern, den Eink nften aus umfangreichen L ndereien n rdlich von Perugia und einer sch nen Baronessa, die seine Nachkommenschaft aufziehen w rde. Allerdings - davon war Gervasio berzeugt - w rde das nicht Angelica sein. Die Frau des Schafz chters w rde voraussichtlich dick sein, ehe sie f nfundzwanzig war. Und zu diesem Zeitpunkt w rde Silvano sie sicher l ngst verlassen haben.
Gervasios Lippen kr uselten sich zu einem L cheln, als er an Angelicas ppige Reize dachte. "Schreib ihr ein Gedicht", sagte er noch einmal. "Das wird sie beeindrucken."
Eine leichte R te hatte Silvanos sch n geformte Wangenknochen berzogen.
"Du hast schon eins geschrieben, stimmt's?", sagte Gervasio lachend. "Ich hab es doch gewusst! Komm schon, lass h ren."
Silvano kramte in der Tasche an seinem G rtel und zog ein St ck Pergament hervor, auf dem viel mit schwarzer Tinte herumgekritzelt und ausgestrichen war. Er gab vor, seine Verse nicht richtig lesen zu k nnen, doch in Wirklichkeit kannte er die Worte auswendig.
"Verwundet ist mein blutend Herz
Und leidet zweifach nun an Schmerz.
Amor h chstselbst schoss seinen Pfeil
Der Dame Blick tat seinen Teil.
Der Knabe Amor eilt' von hinnen,
Doch seinem Werk nie mehr entrinnen
Kann ich nun, nie mein Schicksal wenden,
Nur sie, nur sie kann Hilfe spenden.
Ihr Blick die tiefe Wunde heilte,
Wenn er voll Liebe auf mir weilte.
Ein Wink von ihren zarten H nden
Kann alle meine Leiden enden.
Mehr hab ich bisher noch nicht", sagte Silvano, dessen Wangen inzwischen gl hten.
"Das hilft bestimmt weiter", sagte Gervasio und versuchte, ein Grinsen zu unterdr cken.
"Glaubst du wirklich, es gef llt ihr?"
"Bestimmt, wenn du es ihr mit flehender Stimme vortr gst und ordentlich mit deinen langen Wimpern klimperst. Genau genommen", sagte Gervasio und stand auf, "sollten wir gehen und sie gleich aufsuchen. Man soll das Eisen schmieden, solange es hei ist."
Angelica wohnte im Westen der Stadt, in der N he des Trasimenischen Tors, einen kurzen Fu weg von der Gastst tte entfernt. Die beiden M nner gingen an der wuchtigen Franziskuskirche vorbei, der seitlich ein Kloster angeschlossen war, das Gervasio immer einen ganz besonderen Schrecken einjagte. Er hatte Angst, dass er eines Tages dort als M nch eintreten musste - genau dann, wenn sein Vater gestorben war und seine Br der das v terliche Erbe verteilt hatten. Und Gervasio fand keinerlei Gefallen an Armut und Demut, von der Keuschheit mal ganz zu schweigen.
Zwei junge M nche in ihren rmlichen grauen Kutten kamen barfu aus der gro en Kirche, als die beiden Freunde vor bergingen, und Gervasio verzog schmerzlich das Gesicht bei ihrem Anblick. Rasch schob er Silvano in Richtung Westen weiter.
Angelica sa am Fenster des Stadthauses, das ihr Mann besa , und langweilte sich. Tommaso war unterwegs, um in der Toskana ber Schafpreise zu verhandeln, doch sie weigerte sich, den Fu in das alte, aus roh behauenem Stein gebaute Bauernhaus au erhalb von Gubbio zu setzen, selbst wenn er nicht unterwegs war. Der Kauf des eleganten Palazzos in der Stadt war Teil ihres Ehevertrags gewesen. Der alte Tommaso brachte Reichtum und G ter in die Verbindung ein; Angelica steuerte ihre Sch nheit bei. Ihre Familie wusste nur zu gut, dass sie sonst nichts zu bieten hatte: weder Namen noch Bildung, keine besonderen F higkeiten oder Fertigkeiten, nichts als ihr perfekt geformtes ovales Gesicht, umrahmt von den schwingenden blonden Locken, und ihre vollendeten Rundungen.
Tommaso wollte einen Erben. Seine erste Frau hatte keine Kinder geb ren k nnen, daher hatte er sich nach ihrem Tod alsbald wieder verheiraten wollen. Angelica sehnte sich nach einem h bschen Haus, nach Dienerschaft und sch nen Kleidern. Im Haus ihrer Eltern war sie selbst wenig mehr als eine Magd gewesen, und sie hatte sich geschworen, einmal nicht so rote und abgearbeitete H nde zu bekommen wie ihre Mutter. Also hatte Tommaso das Stadthaus erworben, und w hrend des ersten Jahres ihrer Ehe hatte Angelica mit ebenso gro er Freude M bel und Wandbeh nge gekauft wie Seidenstoffe, Spitzen und Pelze f r ihren verw hnten K rper - je nach Jahreszeit das Richtige.
Doch inzwischen langweilte sie sich. Das erwartete Kind, mit dem man fest gerechnet hatte, war nicht gekommen. Sie war zwar schwanger gewesen, aber die Schwangerschaft hatte nach wenigen Wochen des beginnenden Lebens mit Blut und Schmerzen geendet, was Angelica als Entschuldigung benutzte, um Tommaso monatelang aus ihrem Bett fernzuhalten. Und sie fragte sich allm hlich, ob all die sch nen Gew nder sie f r einen kleinen, rundlichen und viel lteren Mann entsch digen konnten.
Angelica warf einen Blick aus dem Fenster und pl tzlich berzog sich ihr Gesicht vor Freude mit einer zarten R te. In der Stra e unten standen zwei gut aussehende junge M nner, und sie wusste, dass einer von ihnen in sie verliebt war.
Silvano blickte nach oben und entdeckte seine Angebetete. Sie trug ein hellblaues Gewand mit einem wei en Musselineinsatz am Ausschnitt, dazu eine doppelte Perlenkette um den Hals. Ihm blieb jedes Wort im Hals stecken, und er wusste, dass er es nicht schaffen w rde, sein Gedicht vorzutragen.
"Lies du es vor", fl sterte er Gervasio zu. "Du kannst es besser aufsagen als ich." Heftig schob er seinem Freund das Pergament zu und wandte sich von dem Palazzo ab, um seine Verwirrung zu verbergen.
"Nein, nein, nein!", sagte das M dchen und funkelte ihren Bruder an. "Du kannst mich nicht zwingen!"
"Ich glaube, du wirst noch einsehen, dass ich das sehr wohl kann", sagte Bernardo. "Ich bin dein Bruder und Vormund, und wenn ich sage, dass du ins Kloster gehst, wer sollte mir das verwehren?"
Chiara weinte vor Wut und Angst. "Dann musst du mich schon fesseln und in einem Sack dort abliefern", rief sie. "Denn keiner soll jemals sagen, dass ich freiwillig ins Kloster gegangen bin!"
"Wenn das n tig ist, werde ich es eben tun", erwiderte Bernardo unger hrt. "Es bleibt dir keine andere Wahl. Vater hat nicht genug Geld hinterlassen, als dass ich dir eine anst ndige Mitgift geben k nnte. F r die geringe Summe, mit der die Armen Klarissen als Spende einverstanden sind, w rdest du nie einen Ehemann finden. Und du willst doch nicht an einen absto enden alten Kerl verheiratet werden, oder?"
Chiara hielt kurz in ihrem Wutausbruch inne. Konnte es vielleicht doch sein, dass es Bernardo auf seine Art gut mit ihr meinte? Doch sie kannte ihn ja von klein auf, und es hatte in ihrem Leben sehr wenig Freundlichkeit gegeben, seit ihr Vater vor sechs Monaten gestorben war. Und davor auch nicht gerade viel.
"Aber warum kann ich denn nicht hier bei dir und Vanna bleiben?", fragte sie und fing an zu schluchzen. "Hier ist doch mein Zuhause, und ich k nnte euch helfen, auf die Kinder aufzupassen."
"Das haben wir doch alles schon besprochen", sagte Bernardo ungeduldig. "Ich kann daf r eine Magd einstellen, die mich viel weniger Geld kostet, als wenn ich dich mit Fleisch und Wein und anst ndiger Kleidung versorgen m sste."
"Dann lass mich Brot essen und Bier trinken und grobe Sachen tragen!", rief Chiara. "Nur schick mich nicht fort!"
"Du verh ltst dich l cherlich!" Jetzt schien Bernardo zornig zu werden. "Ich verschachere dich doch nicht als Sklavin. Viele M dchen in deiner Lage treten in heilige Orden ein und f hren ein and chtiges und sinnvolles Leben. Warum solltest du das nicht tun?"
Weil ich schlie lich eine Familie habe, dachte Chiara. Und mich nicht dazu berufen f hle. Aber sie war zu stolz, ihren Bruder um etwas Zuneigung zu bitten. Zuneigung war ihr schon seit dem Tod ihrer Mutter nicht mehr wirklich entgegengebracht worden und damals war sie ein kleines M dchen gewesen und hatte gerade ihre Milchz hne verloren. Ihr Vater war seinem Sohn allzu hnlich gewesen: ein Mann, dem Z rtlichkeiten oder Gef hlsbezeugungen nicht lagen. Chiara berlegte fl chtig, wie ihre Schw gerin Vanna es nur aushalten konnte, mit so einem kalten Fisch verheiratet zu sein.
Doch dann verdr ngte sie den Gedanken ebenso wie das Gef hl, schmerzlich zur ckgewiesen zu werden. Sie schwieg einige Minuten, bis die Tr nen auf ihren Wangen getrocknet waren. Die Aussicht, Nonne zu werden, lie ihre Zukunft tr bselig erscheinen, ohne jede Hoffnung auf Abenteuer oder Romanzen, und pl tzlich f hlte Chiara eine t dliche M digkeit, als ob sie nicht mit Worten, sondern k rperlich mit ihrem Bruder gerungen h tte.
"Wie ich sehe, wei t du auch keine Antwort", sagte Bernardo. "Dann ist es also beschlossene Sache."
Er hatte gewonnen.
Silvano wandte sich ab und biss sich auf die Lippe, w hrend Gervasio Angelica seine Verse vortrug. Auf einmal klangen sie banal und unglaublich naiv, wie sie da mit Gervasios heller, leicht ironischer Stimme aufgesagt wurden, und doch hatte er die ganze Leidenschaft seines Herzens hineingelegt, als er sie schrieb. Silvano konnte es kaum erwarten, ganz erwachsen zu werden und eine Geliebte zu haben und einen richtigen Bart und Eigentum, das er selbst verwaltete.Mit seinen m dchenhaften Z gen und seinem zierlichen K rper war er eine Zielscheibe des Spotts f r die Freunde seines Vaters, die allesamt wohlhabende M nner mittleren Alters waren und Brustk sten wie F sser und Beine wie Baumst mme hatten.
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Autoren-Porträt von Mary Hoffman
Mary Hoffman studierte englische Literatur in Cambridge und London. Sie ist die Autorin zahlreicher überaus erfolgreicher Kinder und Jugendbücher. Der große internationale Durchbruch gelang ihr mit ihrer Stravaganza-Trilogie, in der sie sich vom Italien des 16. Jahrhunderts inspirieren ließ. Mary Hoffman hat drei erwachsene Töchter und lebt mit ihrem Mann in West Oxfordshire.
Bibliographische Angaben
- Autor: Mary Hoffman
- Altersempfehlung: 12 - 15 Jahre
- 2007, 1, 349 Seiten, Maße: 14 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Riekert, Eva
- Verlag: cbj
- ISBN-10: 3570133419
- ISBN-13: 9783570133415
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