Die Feuer von Murano
Ein Venedig-Roman
Venezianisches Inferno 1569, die freie Republik Venedig steckt im Klammergriff zwischen den anrückenden Osmanen und dem immer mächtiger werdenden Kirchenstaat. Als eine Explosion in der Werft einen halben Stadtteil vernichtet, ist man schnell von...
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Produktinformationen zu „Die Feuer von Murano “
Venezianisches Inferno 1569, die freie Republik Venedig steckt im Klammergriff zwischen den anrückenden Osmanen und dem immer mächtiger werdenden Kirchenstaat. Als eine Explosion in der Werft einen halben Stadtteil vernichtet, ist man schnell von Brandstiftung durch die Türken überzeugt, das Klima der einst so liberalen Serenissima ist vergiftet. Indessen ermittelt Andrea Loredan, Dogensohn und Anwalt des Volkes in einer Serie von mysteriösen Morden. Sie führen ihn auf die Spur eines Spiones in Mönchskutte, eines verschollenen Glasbläsers und einer Geheimgesellschaft weiser Frauen, die von der Kirche verbotene Bücher verstecken. Als Andrea und die Segelnäherin Sofia sich plötzlich auf der Seite der von der Inquisition und der mächtigen papsttreuen Partei Venedigs Verfolgten wiederfinden, wird ihr Kampf um Gerechtigkeit und Freiheit zum Kampf um ihr Leben und ihre Liebe. In seinem preisgekrönten Debüt erzählt Giuseppe Furno nicht nur das packende Abenteuer des Dogensohns Andrea Loredan, sondern malt darüber hinaus ein farbenprächtiges, detailgenaues Bild Venedigs auf dem Gipfel seiner historischen Bedeutung. Ein packender Abenteuerroman und zugleich eine atemberaubende Zeitreise in die Republik Venedig auf dem glanzvollen Höhepunkt ihrer Macht.
"Die Feuer von Murano lässt Sie Geschichte erleben, als wären Sie im Kino."
Libero Gewinner des Premio Hemingway
Mit historischer Venedig-Karte und Anhang zum zeitgeschichtlichen Hintergrund.
"Die Feuer von Murano lässt Sie Geschichte erleben, als wären Sie im Kino."
Libero Gewinner des Premio Hemingway
Mit historischer Venedig-Karte und Anhang zum zeitgeschichtlichen Hintergrund.
Klappentext zu „Die Feuer von Murano “
Venezianisches Inferno1569, die freie Republik Venedig steckt im Klammergriff zwischen den anrückenden Osmanen und dem immer mächtiger werdenden Kirchenstaat. Als eine Explosion in der Werft einen halben Stadtteil vernichtet, ist man schnell von Brandstiftung durch die Türken überzeugt, das Klima der einst so liberalen Serenissima ist vergiftet. Indessen ermittelt Andrea Loredan, Dogensohn und Anwalt des Volkes in einer Serie von mysteriösen Morden. Sie führen ihn auf die Spur eines Spiones in Mönchskutte, eines verschollenen Glasbläsers und einer Geheimgesellschaft weiser Frauen, die von der Kirche verbotene Bücher verstecken. Als Andrea und die Segelnäherin Sofia sich plötzlich auf der Seite der von der Inquisition und der mächtigen papsttreuen Partei Venedigs Verfolgten wiederfinden, wird ihr Kampf um Gerechtigkeit und Freiheit zum Kampf um ihr Leben und ihre Liebe.
In seinem preisgekrönten Debüt erzählt Giuseppe Furno nicht nur das packende Abenteuer des Dogensohns Andrea Loredan, sondern malt darüber hinaus ein farbenprächtiges, detailgenaues Bild Venedigs auf dem Gipfel seiner historischen Bedeutung.
Ein packender Abenteuerroman und zugleich eine atemberaubende Zeitreise in die Republik Venedig auf dem glanzvollen Höhepunkt ihrer Macht.
"Die Feuer von Murano lässt Sie Geschichte erleben, als wären Sie im Kino."
Libero
Gewinner des Premio Hemingway
Mit historischer Venedig-Karte und Anhang zum zeitgeschichtlichen Hintergrund
Lese-Probe zu „Die Feuer von Murano “
DIE FEUER VON MURANO von GIUSEPPE FURNO1
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Venedig, 13. September 1569
Alles war in der Zeitspanne eines einzigen Atemzugs geschehen, kurz vor Mitternacht. Von diesem kurzen Moment waren Andrea ein Blitz, das Beben, der Knall, dann der Wind und zuletzt die Hitze und die Flammen in Erinnerung geblieben. Wer weiß, warum, aber im ersten Augenblick hatte er die Explosion dem Ende seiner Geschichte mit Taddea zugeschrieben. Wahrscheinlich hatte der Schlaf die beiden Ereignisse verbunden, die nichts miteinander gemein hatten, außer einer plötzlichen Veränderung.
Das Gefühl war noch lebendig, ja, glühend stark. Andrea hatte sich an diesem Tag von Taddea getrennt, bei Sonnenuntergang. Er erinnerte sich an die rote Sonnenscheibe mitten über dem Rio Foscari, an Taddeas Tränen, während sie sich den Verlobungsring abstreifte und ihm zurückgab, an die Vorhänge aus violetter Seide, das Glucksen des Wassers an den Wänden der Gondel. Mehr erinnerte er nicht. Reue und Sehnsucht waren nachts gekommen, als Andrea sich hingelegt hatte. Reue wegen des Eheversprechens, das er gegeben und bei jeder Begegnung erneuert hatte, in Erwartung wer weiß welcher Entwicklungen. Sehnsucht nach Taddeas zarter, aber sinnlicher Schönheit, ihrem Duft, dem intensiven Geschmack ihrer Küsse. Sie hatten sich getrennt, weil ihre in früher Jugend entstandene Liebe verbraucht war. Für Taddea trug er die Hauptschuld.
»Ich möchte einen Mann an meiner Seite ...«, hatte sie einmal während eines Streits gesagt.
Und so wälzte er sich in dieser kühlen Septembernacht im Bett, gequält vom Summen einer Mücke und wirren Gedanken, die auf der Suche nach den Bedeutungen des Wortes »Mann« hierhin und dorthin trieben, als die bleigefassten Fensterscheiben sich plötzlich verfärbten und ein blendend heller Lichtschein in das Zimmer fiel. Andrea öffnete die Augen, unsicher, ob er geträumt hatte, und dachte an ein Spätsommergewitter. Er richtete sich auf, die Arme fest auf die Rosshaarmatratze gestützt.
Ein leises Klingeln ertönte vom Bord am Kopfende seines Bettes: Der Löffel, mit dem er einen Aufguss aus Weißdorn und Honig umgerührt hatte, zitterte am Rand des Glases. Im nächsten Augenblick wurde die leichte Vibration zu einem Beben des ganzen Zimmers, das mit Macht aus der Tiefe aufstieg. Die Erde bebte. Wie der Boden des Campo San Geremia, wenn die Stiere beim Rennen am Gründonnerstag durchgingen. Doch jetzt wankten auch die in die Erde gerammten Eichenholzpfeiler, das Floß aus Bohlen und die darauf gestützten Mauern, die die Herberge aus dem Wasser hoben. Sofort dachte Andrea an ein Erdbeben und an die Erzählungen seines Vaters. Aber er hatte weder Zeit nachzudenken noch aufzustehen. Der Knall, der jetzt folgte, hatte nichts mit dem rollenden, schlingernden Dröhnen des Donners zu tun. Er war trocken und scharf umrissen, eine tönende Kugel, die alles umhüllte und betäubte. Die beiden Fensterflügel flogen gleichzeitig auf wie durch den Hieb eines wütenden Dämons. Der Rückstoß auf dem Mauerbogen drückte die Scheiben aus der Bleifassung, sie platzten und zersplitterten. Andrea spürte den Hagel aus Glasscherben auf seinem nackten Körper und schloss die Augen, während ein glühendheißer Luftstrom, der nichts von einer Naturkraft hatte, im Zimmer zu toben begann, die Gardinen an die Decke peitschte, die Kleider vom Boden aufwirbelte und die Spiegelkommode mit dem Gestell für das Waschbecken umstürzte. Instinktiv erkannte er, dass er Schutz suchen musste. Mit einem Hüftschwung, den er seiner jugendlichen Kraft verdankte, drehte er sich um sich selbst und ließ sich auf den Boden aus Olivenholz fallen. Er spürte einen starken Schmerz im Knie, rollte jedoch weiter über den Boden unter das Bett. Genau in diesem Moment fiel ein großer Brocken Putz von der Decke. Andrea hörte den Aufprall des Rohrgeflechts, das zerplatzte, und sah einen Teil der schweren Mörtelbrocken in der Matratze versinken, einen anderen auf den Dielen des Fußbodens zerschellen. Ein Deckenbalken löste sich, zusammen mit einer Handvoll Dachziegel. Auch im Kamin an der linken Zimmerwand stürzte etwas herab. Ein Teil des Rauchfangs war heruntergekommen und blies eine schwarze Rauchwolke ins Zimmer. Wie ein Hagelschauer prasselten Gegenstände auf das Dach. Einige fielen durch das Loch, das sich im Dach geöffnet hatte. Andrea sah sie aufprallen und qualmend über den Boden rollen. Es schienen Teile von Ziegelsteinen und Metallsplitter zu sein.
2
So unmittelbar, wie sie gekommen waren, legten sich der Hagelschauer und das Beben. Der heiße Wind wich einer frischen nächtlichen Brise. Stille trat ein, als wäre dies die Pause zwischen der Ouvertüre und dem ersten Akt. Dann begannen die Schreie. Andrea hörte ihnen reglos zu. Es waren Schreie im Inneren des Hauses, gedämpft und erstickt.
Sie kamen aus den unteren Stockwerken. Kinder weinten. Eine Frau rief. Er erkannte die Stimme von Lorenzo, dem Besitzer der Locanda della Torre im Castello-Viertel. Andrea hatte ein Zimmer in diesem Wirtshaus am Zusammenfluss des Rio della Tetta mit dem Rio San Lorenzo genommen.
»Graziosa! Graziosa!«, rief der Mann nach seiner ältesten Tochter.
Jetzt kamen die Schreie von draußen, aus der calle San Lorenzo. Sie wurden lauter, häufiger. Jemand lief vorüber.
»Sie sind zu den Sagredo-Häusern gelaufen!«, erklang eine Frauenstimme, den benommenen Zustand der Ungewissheit durchbrechend.
»Weg, lauft weg von hier, ins Rialto, hier geht alles in die Luft!«, bestätigte ein Mann keuchend. Andrea tastete nach seinem Knie und spürte, dass sich etwas hineingebohrt hatte. Eine Spitze ragte heraus. Er packte sie mit den Fingernägeln und zog, in der Hoffnung, dass sie nicht abbrechen würde. Einen Augenblick später hielt er fluchend eine Glasscherbe zwischen den blutverschmierten Fingern.
Er drückte einen Zipfel des Bettlakens auf die Wunde. Mit der anderen Hand strich er sich über die Haut. Er begann mit dem Gesicht, seine Fingerspitzen glitten über die hohe Stirn, wo die Zeit und die Mühen noch keine Falten hinterlassen hatten, dann spreizte er die Finger zu einem Fächer und untersuchte seine Wangen, strich sich über Hals und Brust bis zu den Leisten und Oberschenkeln, so weit sein Arm in dieser liegenden Position reichte. Da waren keine Glassplitter mehr. Wieder betrachtete er seine Hände und bemerkte, dass das Halbdunkel heller wurde. An der Wand sah er den Schatten des Betstuhls in einem schwachen, gelblichen Licht, das sich zitternd hin und her bewegte, als ginge jemand mit einer brennenden Kerze durch das Zimmer. Aus seiner beengten Lage drehte er sich mühevoll zu dem Rechteck des herausgerissenen Fensters um. Da war die Lichtquelle: Dort draußen hatte sich eine verfrühte Morgenröte über den Nachthimmel gelegt, ein purpurner Schleier, vor dem von Zeit zu Zeit eine Locke aus Flammen aufloderte, begleitet von einer Rauchwolke.
Vom Himmel fielen leichte Gegenstände, funkensprühend wie abgebrannte Feuerwerkskörper oder glühende Blätter von einem nahen Waldbrand. Der Lichtschein wurde stärker, ebenso die Schreie. Und zu diesen Schreien gesellten sich nun wie ein gewaltiger Chor aus flehenden Rufen zum Himmel die Glocken der Feuerwachen. Zuerst läutete die Marangona, die Glocke von San Marco. Erhaben und unverwechselbar. Dann stimmte, weiter entfernt, die Grande von Santa Maria Gloriosa in San Polo mit ihrem abfallenden Ton ein. Zu den beiden auseinanderstrebenden Klängen gesellten sich andere, die Andrea, noch benommen, an ihrer Richtung und ihrem Ton zu erkennen versuchte. Von Norden fiel plötzlich die große Glocke von San Zanipòlo ein, die kaum eine Viertelmeile von der Locanda entfernt lag. Ihr starker, lebhafter Klang gab Andrea den Antrieb zum Handeln. Er zog sich am Bett hoch und war mit einem Sprung auf den Füßen.
Die Wunde am Knie schmerzte pochend. Er warf seine Toga über die Scherben und ging darüber bis zu dem zweibogigen Fenster. Was er sah, ließ ihn erzittern wie der Schlag, den er als Junge bekam, wenn er den Kopf frisch gefangener elektrischer Fische berührte. Er hielt sich an der Säule fest, seine Lippen öffneten sich, sein Atem wurde zu einem mühevollen Hauchen, und seine großen, wasserblauen Augen weiteten sich zu einer Maske, auf der Staunen und Entsetzen einander abwechselten und sich mischten wie Farben auf einer Palette. Denn im Osten, kaum weiter als eine halbe Meile entfernt, erhob sich eine Wand aus Feuer, und hinter den Dächern des Benediktinerinnenklosters, zwischen der Kirche San Francesco della Vigna und dem westlichen Ende des Arsenale* fehlte ein ganzes Stück Venedig.
3
Der Alte hatte sofort erkannt, dass die wirkliche Gefahr das Feuer sein würde. Nicht das Wasser. Denn das Feuer kannte er, er wusste mit ihm umzugehen und hatte es von Kind an am eigenen Leib gespürt. Darum respektierte er das Feuer. Er blickte sich um, dabei versuchte er, die Augen auf der Höhe des Wasserspiegels zu halten. Seine Stirn brannte. Ein Archipel aus glühenden Inseln umgab ihn. Inseln aus brennendem Öl, die auf dem Wasser schwammen.
Denn mit der Explosion waren die Zisternen aus Terrakotta zur Herstellung des griechischen Feuers, der Mischung aus Öl, Terpentin und Kalk, die für die Brandtöpfe benutzt wurde, zersprungen, und jetzt flossen hunderttausend Pfund dieser Flüssigkeit in die Lagune.
Der Alte tauchte wieder unter Wasser. Er riss sich die Knopfleiste der Tunika vom Hals bis zur Taille auf, schlüpfte aus dem linken, dann aus dem rechten Ärmel und ließ sie auf den Grund sinken. Dann tauchte er auf. Die tropfnassen, wallenden weißen Haare gingen über in einen ebenso weißen Bart, so dicht, dass man die Lippen und die mit Falten bedeckten Wangenknochen nur ahnen konnte. Er schnappte nach Luft und versank wieder bis zu den Augen. Das Meer wurde wärmer, die Feuerinseln schlossen sich zusammen. Er dachte an Öltropfen, die verstreut auf einer Flüssigkeit schwimmen, und an ihre Neigung, sich zu verbinden. Bald würde jeder Durchschlupf sich schließen, und dieser Wasserspiegel, in dessen Mitte er schwamm, würde sich in eine unermessliche Feuerfläche verwandeln.
Er dachte an den Tod. Es geschah selten, dass er an den Tod dachte, trotz seines Alters und seines stürmischen Lebens. Ihm fiel die Belagerung von Rodi ein, die von Brandtöpfen getroffenen, christlichen Soldaten, die er hatte verbrennen sehen. Der stechende Geruch versengten Fleisches, ihre Schreie, das Zappeln, dann die Zuckungen, das Röcheln, das Schweigen, schließlich die Starre, das alles hatte sich ihm unauslöschlich ins Gedächtnis geprägt. Die Toten blieben auf der feuchten, dampfenden Erde liegen, die einen über den anderen, wie Holzscheite im Kamin.
Er musste etwas tun, nicht nur in Erwartung des Endes an der Oberfläche bleiben. Er war nicht zweitausend Meilen gesegelt, hatte Schiffbruch riskiert, Piratenüberfälle abgewehrt und viele Male seine Haut gerettet, bis zu dieser entsetzlichen Explosion, um nun hier zu sterben, wo sein Kopf als Docht brennen würde. Einen Schritt vom Ziel entfernt. Eine Lohe verbrühte ihm den Nacken. Mit kräftigen Stößen der Arme und Beine drehte sich der geübte Schwimmer um sich selbst. Weniger als zehn Ellen entfernt hatten sich zwei Inseln aus brennendem Öl zischend und rauchend vereint und strebten nun der Halbinsel aus Feuer zu, die an der nördlichen Mauer des Arsenale begann und die Stelle anzeigte, wo das Öl ausfloss. Wieder fühlte er die Glut im Gesicht. Er atmete mehrmals ein und versank erneut im Wasser und in seinem Zorn. Nachdem er ein paar Faden tief untergetaucht war, begann er zu schwimmen, um sich so weit wie möglich von dem großen Feuer zu entfernen, das ihn verschlingen konnte. In dieser Tiefe war das Wasser eiskalt, und die Reflexe der Flammen über dem Wasser ließen das Licht tanzen wie auf einem von Sonnenstrahlen getroffenen Kristallglas. Das farbige Schauspiel wurde begleitet vom unheimlichen Zischen des Öls auf der Oberfläche, wenn es mit dem Wasser in Berührung kam. Ein Geräusch wie das Rollen der Kiesel am Strand beim Zurückfließen einer großen Welle.
Der Alte schwamm durch eine Algenbank, die Algen kitzelten sein Gesicht. Er spürte, wie der Zorn sich in Sehnsucht verwandelte. Als er aufblickte, erschien ihm der Wasserspiegel frei vom Feuer, also packte er das Wasser mit beiden Händen und ließ sich nach oben ziehen. Beim Auftauchen war aus der Sehnsucht ein fester Wille zu überleben geworden. Nicht, um weiterhin Tage und Nächte aneinanderzureihen, denn er hatte genug Dinge im Leben gesehen, sondern um die Aufgabe zu Ende zu bringen, die er sich gestellt hatte. Er hatte geschworen, dass er bis zum Äußersten gehen würde. Für die Menschen, die er geliebt hatte. Damit die Macht nicht in die falschen Hände geriet. Also musste er jetzt überlegen, wie er hier herauskommen sollte, aus diesem vom Feuer umringten Meeresauge, das um ihn herum rasch kleiner wurde, wie die Augen eines schläfrigen Kindes.
Wieder gab es einen Blitz, eine Explosion, das Wachtürmchen von San Cristoforo öffnete sich zum Himmel wie ein zerfetztes Kanonenrohr und zerbarst in die tausend Teile, aus denen es erbaut war.
4
Andrea stand geblendet am Fenster und starrte auf das schwarze, von Flammen umrahmte Loch. Plötzlich sah er aus dem Augenwinkel einen glühenden Gegenstand vom Himmel fallen, langsam, wegen der Entfernung, dann immer schneller, je näher er kam und je größer er wurde. Es schien, als stürzte das Ding direkt auf ihn zu. Er dachte an einen Brandtopf, von einem Katapult abgeschossen. Vielleicht war es ein Angriff der Türken. Er trat einen Schritt zurück und kauerte sich in der Zimmerecke zusammen. Die Flamme durchquerte sein Blickfeld und traf mit einem lauten dumpfen Krachen auf dem Boden auf.
Andrea schaute aus dem Fenster. Der Meteorit war an der Kalksteinmauer des nahen Gartens zerschellt, die versprengten Teile glühten und rauchten noch immer. Um ein Haar hätte er eine Frau und ihre beiden Kinder getroffen, jetzt betrachteten sie fassungslos das Durcheinander. In der Glut erkannte man Holzbalken, die mit Metallplatten verbunden waren, offenbar Teile einer Dachdeckung, die von der Wucht der Explosion in den Himmel geschleudert worden waren. Derart teure Dächer aus Kupfer oder Blei hatten in Venedig nur der Palazzo Ducale, die Kirche San Marco und wenige reiche Häuser am Canal Grande. Andrea zuckte zusammen, und als er in die Richtung des Arsenale spähte, sah er, dass dessen Mauer nicht mehr existierte, dieses Dachstück also nichts anderes sein konnte als die kupferne Fiale eines seiner Wachtürme.
»Grundgütiger ...«, hörte er sich flüstern, als er das vom Feuer erleuchtete Panorama betrachtete. Die Flammen hatten sich ausgebreitet und die Masten und Segel zweier im inneren Becken ankernder Galeeren erfasst. In der Richtung, in die er blickte, hatte die Stadt ihre Geometrie und Architektur völlig verloren, sie erschien wie ein sturmgepeitschtes Meer voller Wellenkämme und planlos entstandener Höhlen und Wasserschluchten. Ein leichter Windhauch trug den süßen, stechenden Geruch von Schießpulver heran, wie nach einem Kanonenfeuer. Andrea wurde bewusst, dass in diesem schwarzen Tal bis vor wenigen Augenblicken die Häuser im Besitz von Bernardo Sagredo gestanden hatten, wo viele Arbeiter des Arsenale wohnten, Handwerker und Bürger, außerdem ein paar Patrizier aus altem Geschlecht. Von all dem existierte nichts mehr. Jenseits des Arsenale, gegenüber den Trümmern seiner einstigen Umfriedungsmauer, waren die Kirche und das Kloster Santa Maria della Celestia der Zisterzienserinnen verschwunden, außerdem eine Handvoll Häuser, die sie wie eine Kette umringt hatten.
In diesem Moment fiel ihm der Brief ein.
»Aus der Celestia wurde ein Brief für Euch gebracht, Avvocato, er liegt oben in Eurem Zimmer am gewohnten Platz«, hatte der paròn Lorenzo gesagt. Andrea, der noch unter dem Eindruck der schmerzhaften Trennung von Taddea stand, hatte ihm gedankt und den Brief vergessen.
Mit einem Ruck drehte er sich zum Zimmer um, einen Schritt entfernt stand das Schreibpult, der noch unzerstörte Teller aus blauem Glas, in den die Wirtsleute die Sendschreiben an ihn legten, war leer. Sein Blick ging auf das Durcheinander aus Scherben, Kleidern und Holzstücken auf dem Fußboden, der Brief war zwischen die Tischbeine geflogen. Er hob ihn auf. Das blaue Siegel mit dem aufgeprägten Kreuz war noch intakt. Ein Ritzen mit dem Fingernagel, und der Siegellack sprang splitternd auf. Das Blatt aus festem venezianischem Papier war sorgfältig gefaltet. Andrea öffnete es und ging zurück ans Fenster in das helle Licht des Feuers. In der Mitte des Blattes standen, mit purpurroter Tinte und eleganter, leicht nach links geneigter Handschrift geschrieben, nur zwei Zeilen und eine Unterschrift.
Andrea überflog sie: Die Äbtissin der Celestia, Lucia Vivarini, bat ihn, wegen dringender und vertraulicher Nachrichten in das Kloster zu kommen.
Als wollte er sichergehen, las Andrea die Zeilen noch einmal. Dann schaute er wieder nach draußen, wo alle Sicherheit verloren war. Von diesem Fenster des Dachbodens, dem höchsten Punkt der Locanda direkt unter dem Altan, konnte er die Silhouetten der ersten Helfer erkennen, die begannen, sich an den Trümmern abzumühen, während andere an Bord der brennenden Schiffe kletterten, um die Flammen zu löschen und von den noch unversehrten Schiffen fernzuhalten. Je mehr Helfer herbeiströmten, desto mehr verbanden sich die vereinzelten Schreie zu einem entfernten, diffusen Hintergrundlärm, ähnlich dem Beifall der Menge während des Himmelfahrtsfestes, und dazu kam das Läuten hunderter Glocken, als wollten sie das Unglück segnen.
»Ser Loredan, seid Ihr wohlauf ?« Andrea blickte hinunter auf die Straße: Lorenzo, ein beleibter Vierziger, dessen Kleider stets nach Gewürzen rochen, schwenkte eine Laterne. Er trug zwei Säcke auf dem Rücken und hielt seine Tochter Graziosa an der Hand. »Kommt sofort herunter!«, rief er besorgt. »Das Arsenale brennt! Es scheint, dass eine Pulverkammer explodiert ist. Wenn die anderen auch hochgehen, stürzt ganz Castello ein! Ganz Venedig! «
Der Alarm schien Andrea so gleichgültig zu lassen, dass der Wirt sich bekreuzigte und den Warnruf mit deutlicheren Worten wiederholte: »Um Gottes willen, ser Loredan! Wenn Ihr hierbleibt, gibt es keine Rettung für Euch!«
In diesem Moment kam eine Frau im Nachthemd aus der Locanda. Sie hielt ein Kind von etwa drei Jahren im Arm, das in einen Schal gehüllt war, und an der Hand einen Jungen kurz vor dem Jugendalter in einer Tunika, die ihm bis zu den Füßen reichte. Es war Maria, die junge Frau des Wirts, mit den beiden anderen Kindern, Rocco und Bernardino. Humpelnd, denn sie hatte ein Hüftleiden, ging sie zu ihrem Mann und blickte ebenfalls hinauf.
In diesem Moment zeichneten mehrere Explosionen Blitze an den Himmel. Aus dem Heck eines brennenden Schiffes flogen lodernde Pfeile, die an das Feuerwerk einer Karnevalsapparatur erinnerten. Es war das Waffenlager im Achterdeck, das explodierte. Ein nächster, stärkerer Knall, und das ganze Achterkastell löste sich vom Heck und stürzte ins Wasser.
Die Frau packte Lorenzo am Arm. »Gehen wir!«, rief sie laut, damit auch Andrea sie hörte. »Ser Loredan ist erwachsen und kann für sich selbst entscheiden.« Der Griff um den Arm wurde zu einem resoluten Stoß, der den Wirt und seine Kinder auf der Calle in Bewegung setzte.
Dieser Aufbruch war eine Befreiung, dasselbe Gefühl verspürte Andrea jedes Mal, wenn er ein Fest verließ, das allzu höfliche und aufdringliche Hausherren gaben. Er spähte wieder zum Arsenale hin: Die Flammen breiteten sich aus, wurden höher und heller. Sicher hatten sie die Werften für die Galeassen und das nahe Lager des Tauwerks erreicht, denn das Gebäude glühte, und der Rauch war weiß wie von brennenden Stoppelfeldern im August. Die ersten Vorboten dieser Rauchwolke trugen den unverwechselbaren Geruch verbrannten Hanfs heran.
Er dachte an Taddea, deren Familie im sestiere San Marco ein Haus besaß, am Campo San Paternian, nicht weit vom Gefahrenherd entfernt. Sicher beobachtete sie gerade den Brand. Vielleicht sorgt sie sich um mich, dachte Andrea. Denn aus dieser Entfernung ließen sich die Grenzen der Zerstörung nicht klar genug erkennen, um Schäden an der Locanda della Torre auszuschließen. Taddea weinend im Arm ihres Vaters, den sie anflehte, sie gehen zu lassen. Andrea wurde bewusst, dass diese Katastrophe und die Gefühle, die sie auslöste, eine unwiederbringliche Gelegenheit boten, sie zu bitten, zu ihm zurückzukehren. Aber wollte er das wirklich?
Sein Blick wanderte zu der dreibogigen Brücke über dem Rio San Lorenzo, wenige Schritte von der Locanda entfernt. Auf dem höchsten Punkt der Brücke gingen, beleuchtet von einigen Ölfackeln, zwei Männer mit einer Trage. Hinter ihnen zwei weitere. Es waren die ersten Verletzten aus der Umgebung der Explosion. Am Ufer der Locanda angekommen, zögerten die Träger. Andrea konnte ihren aufgeregten Wortwechsel hören.
»Wir bringen sie zum Ospedaletto!«
»Nein, lieber in die Kirche Santa Maria Formosa«, entgegnete ein anderer. »Da ist es sicherer.«
»Ins Ospedaletto, sage ich dir!«, entschied der Erste und ging am Ufer San Lorenzo auf die Locanda zu. Als er näher kam, konnte Andrea die Trage und was sie transportierte, besser erkennen. Es war ein Türflügel, darauf lag ein kleines Mädchen mit blutigen Kleidern, der Kopf war unnatürlich verdreht, während der schlaffe Körper bei jeder Bewegung schaukelte, ein magerer Arm und die schmale Hand hingen herab.
Andrea hatte das deutliche Gefühl, dass sie tot war. Der nächste Verletzte, den er sah, verdrängte diesen Gedanken: es war ein Junge, der weinte und den Mund aufriss, als bekäme er keine Luft. Man hatte ihn auf eine Leiter gelegt, der Kittel, mit dem er zugedeckt war, drohte zur Seite zu rutschen und offenbarte, dass er nackt war. Eine Frau, wahrscheinlich seine Mutter, ging schluchzend an seiner Seite, manchmal zupfte sie den Kittel zurecht.
Das Grüppchen verschwand in der Calle Cappello. Doch schon tauchten weitere Verletzte auf. Andrea wartete nicht länger, eilig kleidete er sich an: Kniebundhosen aus Tuch und eine leichte Bluse, an den Füßen die Stiefel, die er zum Reiten benutzte. Zum Schluss warf er sich einen Ledermantel um. Dann faltete er den Brief zusammen und steckte ihn in die Tasche. Er nahm die Öllampe, doch seinen Degen ließ er zurück. Einen Augenblick später lief er, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinunter und stürzte aus der Tür der Locanda. Ein letzter Zweifel ließ ihn innehalten. Jetzt musste er sich entscheiden: nach rechts, Richtung Sestiere San Marco zu Taddeas Haus, oder nach links, der Ungewissheit, vielleicht dem Tod entgegen, über die San-Lorenzo-Brücke zum Arsenale, der Celestia und dem Widerschein der Hölle. Diese Richtung nahm er.
* Im Anhang finden Sie Wissenswertes über Venedig im 16. Jahrhundert, ein Glossar zu den wichtigsten italienischen Begriffen sowie einen historischen Stadtplan mit den Hauptorten der Handlung.
© rütten & loenning
Venedig, 13. September 1569
Alles war in der Zeitspanne eines einzigen Atemzugs geschehen, kurz vor Mitternacht. Von diesem kurzen Moment waren Andrea ein Blitz, das Beben, der Knall, dann der Wind und zuletzt die Hitze und die Flammen in Erinnerung geblieben. Wer weiß, warum, aber im ersten Augenblick hatte er die Explosion dem Ende seiner Geschichte mit Taddea zugeschrieben. Wahrscheinlich hatte der Schlaf die beiden Ereignisse verbunden, die nichts miteinander gemein hatten, außer einer plötzlichen Veränderung.
Das Gefühl war noch lebendig, ja, glühend stark. Andrea hatte sich an diesem Tag von Taddea getrennt, bei Sonnenuntergang. Er erinnerte sich an die rote Sonnenscheibe mitten über dem Rio Foscari, an Taddeas Tränen, während sie sich den Verlobungsring abstreifte und ihm zurückgab, an die Vorhänge aus violetter Seide, das Glucksen des Wassers an den Wänden der Gondel. Mehr erinnerte er nicht. Reue und Sehnsucht waren nachts gekommen, als Andrea sich hingelegt hatte. Reue wegen des Eheversprechens, das er gegeben und bei jeder Begegnung erneuert hatte, in Erwartung wer weiß welcher Entwicklungen. Sehnsucht nach Taddeas zarter, aber sinnlicher Schönheit, ihrem Duft, dem intensiven Geschmack ihrer Küsse. Sie hatten sich getrennt, weil ihre in früher Jugend entstandene Liebe verbraucht war. Für Taddea trug er die Hauptschuld.
»Ich möchte einen Mann an meiner Seite ...«, hatte sie einmal während eines Streits gesagt.
Und so wälzte er sich in dieser kühlen Septembernacht im Bett, gequält vom Summen einer Mücke und wirren Gedanken, die auf der Suche nach den Bedeutungen des Wortes »Mann« hierhin und dorthin trieben, als die bleigefassten Fensterscheiben sich plötzlich verfärbten und ein blendend heller Lichtschein in das Zimmer fiel. Andrea öffnete die Augen, unsicher, ob er geträumt hatte, und dachte an ein Spätsommergewitter. Er richtete sich auf, die Arme fest auf die Rosshaarmatratze gestützt.
Ein leises Klingeln ertönte vom Bord am Kopfende seines Bettes: Der Löffel, mit dem er einen Aufguss aus Weißdorn und Honig umgerührt hatte, zitterte am Rand des Glases. Im nächsten Augenblick wurde die leichte Vibration zu einem Beben des ganzen Zimmers, das mit Macht aus der Tiefe aufstieg. Die Erde bebte. Wie der Boden des Campo San Geremia, wenn die Stiere beim Rennen am Gründonnerstag durchgingen. Doch jetzt wankten auch die in die Erde gerammten Eichenholzpfeiler, das Floß aus Bohlen und die darauf gestützten Mauern, die die Herberge aus dem Wasser hoben. Sofort dachte Andrea an ein Erdbeben und an die Erzählungen seines Vaters. Aber er hatte weder Zeit nachzudenken noch aufzustehen. Der Knall, der jetzt folgte, hatte nichts mit dem rollenden, schlingernden Dröhnen des Donners zu tun. Er war trocken und scharf umrissen, eine tönende Kugel, die alles umhüllte und betäubte. Die beiden Fensterflügel flogen gleichzeitig auf wie durch den Hieb eines wütenden Dämons. Der Rückstoß auf dem Mauerbogen drückte die Scheiben aus der Bleifassung, sie platzten und zersplitterten. Andrea spürte den Hagel aus Glasscherben auf seinem nackten Körper und schloss die Augen, während ein glühendheißer Luftstrom, der nichts von einer Naturkraft hatte, im Zimmer zu toben begann, die Gardinen an die Decke peitschte, die Kleider vom Boden aufwirbelte und die Spiegelkommode mit dem Gestell für das Waschbecken umstürzte. Instinktiv erkannte er, dass er Schutz suchen musste. Mit einem Hüftschwung, den er seiner jugendlichen Kraft verdankte, drehte er sich um sich selbst und ließ sich auf den Boden aus Olivenholz fallen. Er spürte einen starken Schmerz im Knie, rollte jedoch weiter über den Boden unter das Bett. Genau in diesem Moment fiel ein großer Brocken Putz von der Decke. Andrea hörte den Aufprall des Rohrgeflechts, das zerplatzte, und sah einen Teil der schweren Mörtelbrocken in der Matratze versinken, einen anderen auf den Dielen des Fußbodens zerschellen. Ein Deckenbalken löste sich, zusammen mit einer Handvoll Dachziegel. Auch im Kamin an der linken Zimmerwand stürzte etwas herab. Ein Teil des Rauchfangs war heruntergekommen und blies eine schwarze Rauchwolke ins Zimmer. Wie ein Hagelschauer prasselten Gegenstände auf das Dach. Einige fielen durch das Loch, das sich im Dach geöffnet hatte. Andrea sah sie aufprallen und qualmend über den Boden rollen. Es schienen Teile von Ziegelsteinen und Metallsplitter zu sein.
2
So unmittelbar, wie sie gekommen waren, legten sich der Hagelschauer und das Beben. Der heiße Wind wich einer frischen nächtlichen Brise. Stille trat ein, als wäre dies die Pause zwischen der Ouvertüre und dem ersten Akt. Dann begannen die Schreie. Andrea hörte ihnen reglos zu. Es waren Schreie im Inneren des Hauses, gedämpft und erstickt.
Sie kamen aus den unteren Stockwerken. Kinder weinten. Eine Frau rief. Er erkannte die Stimme von Lorenzo, dem Besitzer der Locanda della Torre im Castello-Viertel. Andrea hatte ein Zimmer in diesem Wirtshaus am Zusammenfluss des Rio della Tetta mit dem Rio San Lorenzo genommen.
»Graziosa! Graziosa!«, rief der Mann nach seiner ältesten Tochter.
Jetzt kamen die Schreie von draußen, aus der calle San Lorenzo. Sie wurden lauter, häufiger. Jemand lief vorüber.
»Sie sind zu den Sagredo-Häusern gelaufen!«, erklang eine Frauenstimme, den benommenen Zustand der Ungewissheit durchbrechend.
»Weg, lauft weg von hier, ins Rialto, hier geht alles in die Luft!«, bestätigte ein Mann keuchend. Andrea tastete nach seinem Knie und spürte, dass sich etwas hineingebohrt hatte. Eine Spitze ragte heraus. Er packte sie mit den Fingernägeln und zog, in der Hoffnung, dass sie nicht abbrechen würde. Einen Augenblick später hielt er fluchend eine Glasscherbe zwischen den blutverschmierten Fingern.
Er drückte einen Zipfel des Bettlakens auf die Wunde. Mit der anderen Hand strich er sich über die Haut. Er begann mit dem Gesicht, seine Fingerspitzen glitten über die hohe Stirn, wo die Zeit und die Mühen noch keine Falten hinterlassen hatten, dann spreizte er die Finger zu einem Fächer und untersuchte seine Wangen, strich sich über Hals und Brust bis zu den Leisten und Oberschenkeln, so weit sein Arm in dieser liegenden Position reichte. Da waren keine Glassplitter mehr. Wieder betrachtete er seine Hände und bemerkte, dass das Halbdunkel heller wurde. An der Wand sah er den Schatten des Betstuhls in einem schwachen, gelblichen Licht, das sich zitternd hin und her bewegte, als ginge jemand mit einer brennenden Kerze durch das Zimmer. Aus seiner beengten Lage drehte er sich mühevoll zu dem Rechteck des herausgerissenen Fensters um. Da war die Lichtquelle: Dort draußen hatte sich eine verfrühte Morgenröte über den Nachthimmel gelegt, ein purpurner Schleier, vor dem von Zeit zu Zeit eine Locke aus Flammen aufloderte, begleitet von einer Rauchwolke.
Vom Himmel fielen leichte Gegenstände, funkensprühend wie abgebrannte Feuerwerkskörper oder glühende Blätter von einem nahen Waldbrand. Der Lichtschein wurde stärker, ebenso die Schreie. Und zu diesen Schreien gesellten sich nun wie ein gewaltiger Chor aus flehenden Rufen zum Himmel die Glocken der Feuerwachen. Zuerst läutete die Marangona, die Glocke von San Marco. Erhaben und unverwechselbar. Dann stimmte, weiter entfernt, die Grande von Santa Maria Gloriosa in San Polo mit ihrem abfallenden Ton ein. Zu den beiden auseinanderstrebenden Klängen gesellten sich andere, die Andrea, noch benommen, an ihrer Richtung und ihrem Ton zu erkennen versuchte. Von Norden fiel plötzlich die große Glocke von San Zanipòlo ein, die kaum eine Viertelmeile von der Locanda entfernt lag. Ihr starker, lebhafter Klang gab Andrea den Antrieb zum Handeln. Er zog sich am Bett hoch und war mit einem Sprung auf den Füßen.
Die Wunde am Knie schmerzte pochend. Er warf seine Toga über die Scherben und ging darüber bis zu dem zweibogigen Fenster. Was er sah, ließ ihn erzittern wie der Schlag, den er als Junge bekam, wenn er den Kopf frisch gefangener elektrischer Fische berührte. Er hielt sich an der Säule fest, seine Lippen öffneten sich, sein Atem wurde zu einem mühevollen Hauchen, und seine großen, wasserblauen Augen weiteten sich zu einer Maske, auf der Staunen und Entsetzen einander abwechselten und sich mischten wie Farben auf einer Palette. Denn im Osten, kaum weiter als eine halbe Meile entfernt, erhob sich eine Wand aus Feuer, und hinter den Dächern des Benediktinerinnenklosters, zwischen der Kirche San Francesco della Vigna und dem westlichen Ende des Arsenale* fehlte ein ganzes Stück Venedig.
3
Der Alte hatte sofort erkannt, dass die wirkliche Gefahr das Feuer sein würde. Nicht das Wasser. Denn das Feuer kannte er, er wusste mit ihm umzugehen und hatte es von Kind an am eigenen Leib gespürt. Darum respektierte er das Feuer. Er blickte sich um, dabei versuchte er, die Augen auf der Höhe des Wasserspiegels zu halten. Seine Stirn brannte. Ein Archipel aus glühenden Inseln umgab ihn. Inseln aus brennendem Öl, die auf dem Wasser schwammen.
Denn mit der Explosion waren die Zisternen aus Terrakotta zur Herstellung des griechischen Feuers, der Mischung aus Öl, Terpentin und Kalk, die für die Brandtöpfe benutzt wurde, zersprungen, und jetzt flossen hunderttausend Pfund dieser Flüssigkeit in die Lagune.
Der Alte tauchte wieder unter Wasser. Er riss sich die Knopfleiste der Tunika vom Hals bis zur Taille auf, schlüpfte aus dem linken, dann aus dem rechten Ärmel und ließ sie auf den Grund sinken. Dann tauchte er auf. Die tropfnassen, wallenden weißen Haare gingen über in einen ebenso weißen Bart, so dicht, dass man die Lippen und die mit Falten bedeckten Wangenknochen nur ahnen konnte. Er schnappte nach Luft und versank wieder bis zu den Augen. Das Meer wurde wärmer, die Feuerinseln schlossen sich zusammen. Er dachte an Öltropfen, die verstreut auf einer Flüssigkeit schwimmen, und an ihre Neigung, sich zu verbinden. Bald würde jeder Durchschlupf sich schließen, und dieser Wasserspiegel, in dessen Mitte er schwamm, würde sich in eine unermessliche Feuerfläche verwandeln.
Er dachte an den Tod. Es geschah selten, dass er an den Tod dachte, trotz seines Alters und seines stürmischen Lebens. Ihm fiel die Belagerung von Rodi ein, die von Brandtöpfen getroffenen, christlichen Soldaten, die er hatte verbrennen sehen. Der stechende Geruch versengten Fleisches, ihre Schreie, das Zappeln, dann die Zuckungen, das Röcheln, das Schweigen, schließlich die Starre, das alles hatte sich ihm unauslöschlich ins Gedächtnis geprägt. Die Toten blieben auf der feuchten, dampfenden Erde liegen, die einen über den anderen, wie Holzscheite im Kamin.
Er musste etwas tun, nicht nur in Erwartung des Endes an der Oberfläche bleiben. Er war nicht zweitausend Meilen gesegelt, hatte Schiffbruch riskiert, Piratenüberfälle abgewehrt und viele Male seine Haut gerettet, bis zu dieser entsetzlichen Explosion, um nun hier zu sterben, wo sein Kopf als Docht brennen würde. Einen Schritt vom Ziel entfernt. Eine Lohe verbrühte ihm den Nacken. Mit kräftigen Stößen der Arme und Beine drehte sich der geübte Schwimmer um sich selbst. Weniger als zehn Ellen entfernt hatten sich zwei Inseln aus brennendem Öl zischend und rauchend vereint und strebten nun der Halbinsel aus Feuer zu, die an der nördlichen Mauer des Arsenale begann und die Stelle anzeigte, wo das Öl ausfloss. Wieder fühlte er die Glut im Gesicht. Er atmete mehrmals ein und versank erneut im Wasser und in seinem Zorn. Nachdem er ein paar Faden tief untergetaucht war, begann er zu schwimmen, um sich so weit wie möglich von dem großen Feuer zu entfernen, das ihn verschlingen konnte. In dieser Tiefe war das Wasser eiskalt, und die Reflexe der Flammen über dem Wasser ließen das Licht tanzen wie auf einem von Sonnenstrahlen getroffenen Kristallglas. Das farbige Schauspiel wurde begleitet vom unheimlichen Zischen des Öls auf der Oberfläche, wenn es mit dem Wasser in Berührung kam. Ein Geräusch wie das Rollen der Kiesel am Strand beim Zurückfließen einer großen Welle.
Der Alte schwamm durch eine Algenbank, die Algen kitzelten sein Gesicht. Er spürte, wie der Zorn sich in Sehnsucht verwandelte. Als er aufblickte, erschien ihm der Wasserspiegel frei vom Feuer, also packte er das Wasser mit beiden Händen und ließ sich nach oben ziehen. Beim Auftauchen war aus der Sehnsucht ein fester Wille zu überleben geworden. Nicht, um weiterhin Tage und Nächte aneinanderzureihen, denn er hatte genug Dinge im Leben gesehen, sondern um die Aufgabe zu Ende zu bringen, die er sich gestellt hatte. Er hatte geschworen, dass er bis zum Äußersten gehen würde. Für die Menschen, die er geliebt hatte. Damit die Macht nicht in die falschen Hände geriet. Also musste er jetzt überlegen, wie er hier herauskommen sollte, aus diesem vom Feuer umringten Meeresauge, das um ihn herum rasch kleiner wurde, wie die Augen eines schläfrigen Kindes.
Wieder gab es einen Blitz, eine Explosion, das Wachtürmchen von San Cristoforo öffnete sich zum Himmel wie ein zerfetztes Kanonenrohr und zerbarst in die tausend Teile, aus denen es erbaut war.
4
Andrea stand geblendet am Fenster und starrte auf das schwarze, von Flammen umrahmte Loch. Plötzlich sah er aus dem Augenwinkel einen glühenden Gegenstand vom Himmel fallen, langsam, wegen der Entfernung, dann immer schneller, je näher er kam und je größer er wurde. Es schien, als stürzte das Ding direkt auf ihn zu. Er dachte an einen Brandtopf, von einem Katapult abgeschossen. Vielleicht war es ein Angriff der Türken. Er trat einen Schritt zurück und kauerte sich in der Zimmerecke zusammen. Die Flamme durchquerte sein Blickfeld und traf mit einem lauten dumpfen Krachen auf dem Boden auf.
Andrea schaute aus dem Fenster. Der Meteorit war an der Kalksteinmauer des nahen Gartens zerschellt, die versprengten Teile glühten und rauchten noch immer. Um ein Haar hätte er eine Frau und ihre beiden Kinder getroffen, jetzt betrachteten sie fassungslos das Durcheinander. In der Glut erkannte man Holzbalken, die mit Metallplatten verbunden waren, offenbar Teile einer Dachdeckung, die von der Wucht der Explosion in den Himmel geschleudert worden waren. Derart teure Dächer aus Kupfer oder Blei hatten in Venedig nur der Palazzo Ducale, die Kirche San Marco und wenige reiche Häuser am Canal Grande. Andrea zuckte zusammen, und als er in die Richtung des Arsenale spähte, sah er, dass dessen Mauer nicht mehr existierte, dieses Dachstück also nichts anderes sein konnte als die kupferne Fiale eines seiner Wachtürme.
»Grundgütiger ...«, hörte er sich flüstern, als er das vom Feuer erleuchtete Panorama betrachtete. Die Flammen hatten sich ausgebreitet und die Masten und Segel zweier im inneren Becken ankernder Galeeren erfasst. In der Richtung, in die er blickte, hatte die Stadt ihre Geometrie und Architektur völlig verloren, sie erschien wie ein sturmgepeitschtes Meer voller Wellenkämme und planlos entstandener Höhlen und Wasserschluchten. Ein leichter Windhauch trug den süßen, stechenden Geruch von Schießpulver heran, wie nach einem Kanonenfeuer. Andrea wurde bewusst, dass in diesem schwarzen Tal bis vor wenigen Augenblicken die Häuser im Besitz von Bernardo Sagredo gestanden hatten, wo viele Arbeiter des Arsenale wohnten, Handwerker und Bürger, außerdem ein paar Patrizier aus altem Geschlecht. Von all dem existierte nichts mehr. Jenseits des Arsenale, gegenüber den Trümmern seiner einstigen Umfriedungsmauer, waren die Kirche und das Kloster Santa Maria della Celestia der Zisterzienserinnen verschwunden, außerdem eine Handvoll Häuser, die sie wie eine Kette umringt hatten.
In diesem Moment fiel ihm der Brief ein.
»Aus der Celestia wurde ein Brief für Euch gebracht, Avvocato, er liegt oben in Eurem Zimmer am gewohnten Platz«, hatte der paròn Lorenzo gesagt. Andrea, der noch unter dem Eindruck der schmerzhaften Trennung von Taddea stand, hatte ihm gedankt und den Brief vergessen.
Mit einem Ruck drehte er sich zum Zimmer um, einen Schritt entfernt stand das Schreibpult, der noch unzerstörte Teller aus blauem Glas, in den die Wirtsleute die Sendschreiben an ihn legten, war leer. Sein Blick ging auf das Durcheinander aus Scherben, Kleidern und Holzstücken auf dem Fußboden, der Brief war zwischen die Tischbeine geflogen. Er hob ihn auf. Das blaue Siegel mit dem aufgeprägten Kreuz war noch intakt. Ein Ritzen mit dem Fingernagel, und der Siegellack sprang splitternd auf. Das Blatt aus festem venezianischem Papier war sorgfältig gefaltet. Andrea öffnete es und ging zurück ans Fenster in das helle Licht des Feuers. In der Mitte des Blattes standen, mit purpurroter Tinte und eleganter, leicht nach links geneigter Handschrift geschrieben, nur zwei Zeilen und eine Unterschrift.
Andrea überflog sie: Die Äbtissin der Celestia, Lucia Vivarini, bat ihn, wegen dringender und vertraulicher Nachrichten in das Kloster zu kommen.
Als wollte er sichergehen, las Andrea die Zeilen noch einmal. Dann schaute er wieder nach draußen, wo alle Sicherheit verloren war. Von diesem Fenster des Dachbodens, dem höchsten Punkt der Locanda direkt unter dem Altan, konnte er die Silhouetten der ersten Helfer erkennen, die begannen, sich an den Trümmern abzumühen, während andere an Bord der brennenden Schiffe kletterten, um die Flammen zu löschen und von den noch unversehrten Schiffen fernzuhalten. Je mehr Helfer herbeiströmten, desto mehr verbanden sich die vereinzelten Schreie zu einem entfernten, diffusen Hintergrundlärm, ähnlich dem Beifall der Menge während des Himmelfahrtsfestes, und dazu kam das Läuten hunderter Glocken, als wollten sie das Unglück segnen.
»Ser Loredan, seid Ihr wohlauf ?« Andrea blickte hinunter auf die Straße: Lorenzo, ein beleibter Vierziger, dessen Kleider stets nach Gewürzen rochen, schwenkte eine Laterne. Er trug zwei Säcke auf dem Rücken und hielt seine Tochter Graziosa an der Hand. »Kommt sofort herunter!«, rief er besorgt. »Das Arsenale brennt! Es scheint, dass eine Pulverkammer explodiert ist. Wenn die anderen auch hochgehen, stürzt ganz Castello ein! Ganz Venedig! «
Der Alarm schien Andrea so gleichgültig zu lassen, dass der Wirt sich bekreuzigte und den Warnruf mit deutlicheren Worten wiederholte: »Um Gottes willen, ser Loredan! Wenn Ihr hierbleibt, gibt es keine Rettung für Euch!«
In diesem Moment kam eine Frau im Nachthemd aus der Locanda. Sie hielt ein Kind von etwa drei Jahren im Arm, das in einen Schal gehüllt war, und an der Hand einen Jungen kurz vor dem Jugendalter in einer Tunika, die ihm bis zu den Füßen reichte. Es war Maria, die junge Frau des Wirts, mit den beiden anderen Kindern, Rocco und Bernardino. Humpelnd, denn sie hatte ein Hüftleiden, ging sie zu ihrem Mann und blickte ebenfalls hinauf.
In diesem Moment zeichneten mehrere Explosionen Blitze an den Himmel. Aus dem Heck eines brennenden Schiffes flogen lodernde Pfeile, die an das Feuerwerk einer Karnevalsapparatur erinnerten. Es war das Waffenlager im Achterdeck, das explodierte. Ein nächster, stärkerer Knall, und das ganze Achterkastell löste sich vom Heck und stürzte ins Wasser.
Die Frau packte Lorenzo am Arm. »Gehen wir!«, rief sie laut, damit auch Andrea sie hörte. »Ser Loredan ist erwachsen und kann für sich selbst entscheiden.« Der Griff um den Arm wurde zu einem resoluten Stoß, der den Wirt und seine Kinder auf der Calle in Bewegung setzte.
Dieser Aufbruch war eine Befreiung, dasselbe Gefühl verspürte Andrea jedes Mal, wenn er ein Fest verließ, das allzu höfliche und aufdringliche Hausherren gaben. Er spähte wieder zum Arsenale hin: Die Flammen breiteten sich aus, wurden höher und heller. Sicher hatten sie die Werften für die Galeassen und das nahe Lager des Tauwerks erreicht, denn das Gebäude glühte, und der Rauch war weiß wie von brennenden Stoppelfeldern im August. Die ersten Vorboten dieser Rauchwolke trugen den unverwechselbaren Geruch verbrannten Hanfs heran.
Er dachte an Taddea, deren Familie im sestiere San Marco ein Haus besaß, am Campo San Paternian, nicht weit vom Gefahrenherd entfernt. Sicher beobachtete sie gerade den Brand. Vielleicht sorgt sie sich um mich, dachte Andrea. Denn aus dieser Entfernung ließen sich die Grenzen der Zerstörung nicht klar genug erkennen, um Schäden an der Locanda della Torre auszuschließen. Taddea weinend im Arm ihres Vaters, den sie anflehte, sie gehen zu lassen. Andrea wurde bewusst, dass diese Katastrophe und die Gefühle, die sie auslöste, eine unwiederbringliche Gelegenheit boten, sie zu bitten, zu ihm zurückzukehren. Aber wollte er das wirklich?
Sein Blick wanderte zu der dreibogigen Brücke über dem Rio San Lorenzo, wenige Schritte von der Locanda entfernt. Auf dem höchsten Punkt der Brücke gingen, beleuchtet von einigen Ölfackeln, zwei Männer mit einer Trage. Hinter ihnen zwei weitere. Es waren die ersten Verletzten aus der Umgebung der Explosion. Am Ufer der Locanda angekommen, zögerten die Träger. Andrea konnte ihren aufgeregten Wortwechsel hören.
»Wir bringen sie zum Ospedaletto!«
»Nein, lieber in die Kirche Santa Maria Formosa«, entgegnete ein anderer. »Da ist es sicherer.«
»Ins Ospedaletto, sage ich dir!«, entschied der Erste und ging am Ufer San Lorenzo auf die Locanda zu. Als er näher kam, konnte Andrea die Trage und was sie transportierte, besser erkennen. Es war ein Türflügel, darauf lag ein kleines Mädchen mit blutigen Kleidern, der Kopf war unnatürlich verdreht, während der schlaffe Körper bei jeder Bewegung schaukelte, ein magerer Arm und die schmale Hand hingen herab.
Andrea hatte das deutliche Gefühl, dass sie tot war. Der nächste Verletzte, den er sah, verdrängte diesen Gedanken: es war ein Junge, der weinte und den Mund aufriss, als bekäme er keine Luft. Man hatte ihn auf eine Leiter gelegt, der Kittel, mit dem er zugedeckt war, drohte zur Seite zu rutschen und offenbarte, dass er nackt war. Eine Frau, wahrscheinlich seine Mutter, ging schluchzend an seiner Seite, manchmal zupfte sie den Kittel zurecht.
Das Grüppchen verschwand in der Calle Cappello. Doch schon tauchten weitere Verletzte auf. Andrea wartete nicht länger, eilig kleidete er sich an: Kniebundhosen aus Tuch und eine leichte Bluse, an den Füßen die Stiefel, die er zum Reiten benutzte. Zum Schluss warf er sich einen Ledermantel um. Dann faltete er den Brief zusammen und steckte ihn in die Tasche. Er nahm die Öllampe, doch seinen Degen ließ er zurück. Einen Augenblick später lief er, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinunter und stürzte aus der Tür der Locanda. Ein letzter Zweifel ließ ihn innehalten. Jetzt musste er sich entscheiden: nach rechts, Richtung Sestiere San Marco zu Taddeas Haus, oder nach links, der Ungewissheit, vielleicht dem Tod entgegen, über die San-Lorenzo-Brücke zum Arsenale, der Celestia und dem Widerschein der Hölle. Diese Richtung nahm er.
* Im Anhang finden Sie Wissenswertes über Venedig im 16. Jahrhundert, ein Glossar zu den wichtigsten italienischen Begriffen sowie einen historischen Stadtplan mit den Hauptorten der Handlung.
© rütten & loenning
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Autoren-Porträt von Giuseppe Furno
Giuseppe Furno, geb. 1953 in Rom, in Italien bekannter Drehbuchautor für TV-Serien, versteht sich bestens auf das Knüpfen von Geschichten.Annette Kopetzki, geboren in Hamburg, war Lektorin für deutsche Literatur in Italien und promovierte über literarische Übersetzung. Veröffentlichungen und Seminare über interkulturelle Germanistik und Übersetzungstheorie.
Bibliographische Angaben
- Autor: Giuseppe Furno
- 2013, 1, 988 Seiten, Maße: 14,5 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Kopetzki, Annette
- Übersetzer: Annette Kopetzki
- Verlag: RÜTTEN & LOENING
- ISBN-10: 3352008639
- ISBN-13: 9783352008634
- Erscheinungsdatum: 11.11.2013
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