Die Geburt des Löwen
Die Geburt des Löwen vonOm C. Parkin
LESEPROBE
Alsjemand, der die Perlen der Verwirklichung liebt, die in den Texten derWeisheitsliteratur zu finden sind, könnte ich obige Zitate mit endloserBegeisterung fortsetzen. Mit welcher Klarheit wird das Wesen von Erleuchtungtrotz begrenzter sprachlicher Mittel, trotz der Übersetzung und trotz der Kluftvon über tausend Jahren in diesen Versen zum Ausdruck gebracht!
Ichhabe in den vergangenen 25 Jahren das Glück gehabt, auch physisch solchen»Kennern des Absoluten« begegnet zu sein. Die Begegnung mit Anandamayi Ma z. B.war und ist für mich der lebendige Beweis dafür, wie sich Gottverwirklichung auchheute noch offenbaren kann. Nachdem ich viele Jahre lang eher dertraditionellen Überlieferung der Bhakti (der liebenden Hingabe an ein erwähltesIdeal) gefolgt war, hatte in den letzten Jahren auch Jñana, der Weg derErkenntnis und Selbsterforschung, an Bedeutung gewonnen. Die Lehren Shri RamanaMaharshis und Nisargadattas vermittelten tiefe Einsichten in das unvergänglicheinnere Wesen und bauten vor allen Dingen keine neuen Grenzen auf, wie sie sonstdurch die Zugehörigkeit zu bestimmten Wegen und Traditionen allzu leichtentstehen. Vielleicht war ihre nackte Klarheit und die Unerbittlichkeit ihrerErforschung der eher männliche Pol des Erkennens, welcher jetzt anstand. 1996erzählte mir ein Bekannter von einem Deutschen, der nach einem Autounfall dasErwachen zu seinem wahren Selbst erfahren hatte. Die Broschüre »MythosErleuchtung « fiel mir in die Hände. Ich begann, sie beiläufig zu lesen, anfangsmit der Einstellung: »Aha, wieder ein neuer so genannter Erleuchteter «Schließlich waren die historisch glaubhaft Befreiten bisher eher in Indienangesiedelt und liefen einem hier nicht gerade zahlreich über den Weg. So einAnspruch musste doch erst einmal kritisch beäugt werden
BeimLesen des Textes traten diese Überlegungen jedoch bald in den Hintergrund. Ichbekam Herzklopfen, und eine innere Beschleunigung trat ein, ein Gefühl, als obdas Kartenhaus aller zurechtgelegten Konstruktionen wie »das bin ich und dasist die Welt« zusammenbrach. Ein »Fall ins Bodenlose « geschah, in dem alleStützen entzogen wurden und der illusorische Charakter von Chandravali undihrer Welt bloßgelegt wurde. Das, was ich über »reines Bewusstsein« in den Schriftengelesen hatte, war plötzlich keine theoretische Aussage mehr.
Hattedieses Erleben etwas mit OM C. Parkin zu tun, dessen Interview ich gerade gelesenhatte? Hatte »ich« etwas mit »ihm« zu tun? Vom inneren Gefühl her war es eherein Teilhaben an dem ohnehin immer präsenten, gleichen Hintergrund, der sonstwie eine Leinwand vom Geflimmer unseres Lebensdramas überschattet wird, aberniemandem »persönlich « gehört. Wie auch immer, ich fuhr einige Wochen späterzu einem Satsang mit OM, doch die physische Begegnung war, verglichen mit derinneren Erfahrung, nicht ausschlaggebend. Vielleicht diente sie eher dazu,»Werkzeuge « zu verbinden, in diesem Fall Lektorin, Autor und Verlag desBuches, das Sie gerade lesen. Kurz vor Weihnachten kam ein Anruf von OM, ob ichmir vorstellen könne, aus den Tonbandaufzeichnungen seiner bisher gehaltenenSatsangs ein Buch zusammenzustellen. Ich war begeistert, beinhaltete das dochArbeit und Vertiefung spirituellen Erkennens in einem. Ich erinnere mich, als ichdie ersten 50 Seiten von OM erhielt. Ein merkwürdiges Gefühl des Schwindels, alsträte ich in leeren Raum, kam zuweilen auf.
Dieetwa 500 Seiten Material stammten sowohl aus Satsangs, die OM zwischenDezember 1994 und März 1997 gehalten hatte, als auch aus Interviews, die zuspeziellen Themen gemacht worden waren. In den Satsangs begleitet OM denfragenden Sucher in seinem eigenen Prozess der Erforschung, es wird alsospontan die Ausgangssituation der jeweiligen Person einbezogen. Die Interviewsbehandeln auch übergreifende Fragen philosophischer Natur. Das Ordnen desMaterials geschah wie das organische Wachstum einer Pflanze, es fügte sich nacheinem inneren Gesetz. Wiederholungen und Überschneidungen waren nicht immervermeidbar, um den Zusammenhang zu bewahren. Die Aussagekraft und Authentizitätdes Materials machten mich betroffen. Ungefiltert von einer Übersetzung laghier ein Zeugnis des Erwachens und eine präzise Anleitung zur Selbsterforschungin deutscher Sprache vor, gepaart mit dem unbestechlichen Einfühlungsvermögeneines westlichen Psychologen in die falsche, hemmende Struktur des persönlichenIch! Die Lehre des Advaita, der Nicht-Dualität, ist nicht mit Ramana Maharshiversiegt oder in Indien geblieben. Unaufhaltsam strahlt ihre stille Kraft imWesten weiter, lädt zum Satsang ein und entblößt den Mythos, mit dem der Menschdes Westens Erleuchtung als fern vom Hier und Jetzt umgeben hat.
Weggefährten,die traditionellen Pfaden treu geblieben waren, blieben z. T. kritischdistanziert, zumal OM keineswegs darauf bedacht ist, ein traditionellesHeiligenbild zu untermauern. Eine Freundin jedoch meinte: »Vielleicht will Gottdamit zeigen, dass Erleuchtung auch außerhalb der Tradition möglich ist.« Wieunwesentlich und blass diese Begriffe »außerhalb«, »innerhalb«, »traditionell«,»untraditionell« jedoch angesichts der grundlegenden Wahrheit sind! Sie haben letztlichkeine Bedeutung. Die gesprochenen Worte sind nicht OM spersönliche Botschaft oder sein Auftrag für die Welt.
»Bistdu dir sicher, dass ich das alles gesagt habe?«, fragte OM micheinmal während der Woche, in der wir gemeinsam an dem Buch arbeiteten. DieWildgänse fliegen über das Wasser und spiegeln sich. Es ist weder ihre Absicht,ein Spiegelbild zu erzeugen, noch die des Sees. Es geschieht. OM ist derKlang des Absoluten. Er gehört niemandem, aber jeder darf ihn hören. In derStille des Herzens offenbart sich, dass du DAS bist, wasdu suchst.
ChandravaliSchang, Lohmar im November 1997
©Goldmann Verlag
- Autor: Om C. Parkin
- 2006, 384 Seiten, Maße: 11,8 x 18,3 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Goldmann
- ISBN-10: 3442217423
- ISBN-13: 9783442217427
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