Die Lady und der Schuft
"In Lisa Jacksons atemberaubender Liebesgeschichte erstrahlt das Mittelalter in schönstem Glanz!" - Romantic Times
"Lisa Jackson ist eine unverwechselbare, hervorragende Erzählerin!" - Publishers Weekly
"Ich würde jedes Buch mit ihrem Namen auf dem Cover lesen!" - Heather Graham
DieLady und der Schuft von Lisa Jackson
LESEPROBE
Castle Calon
12. Januar 1289
Morwennawarf sich auf dem Bett herum.
IhremBett?
Odervielleicht dem Bett von jemand anderem?
Siehob den Kopf und sah die rote Glut der Kohlen, die
goldeneSchatten auf die Burgmauern warf. Die Mauern
welcherBurg? Wo war sie? Nirgendwo gab es ein Fenster,
undhoch über den Wänden blitzten zwischen den knarrenden
Querbalkender fehlenden Zimmerdecke am nächtlichen
HimmelDutzende von Sternen.
Wowar sie?
Ineinem Gefängnis? In einem alten, verlassenen Verlies,
dessenDach dem Alter zum Opfer gefallen war?
»Morwenna.«
IhrName hallte von den dicken Wänden wider und ließ
dasBlut in ihren Adern gefrieren.
Siewandte ihren Kopf, starrte in das Dunkel und wisperte
mitwild klopfendem Herzen: »Wer ist da?«
»Ichbin es«, flüsterte eine tiefe Männerstimme, die sie
kennensollte, aus einer dunklen Ecke dieses, wie sie meinte,
unendlichgroßen Raums. Ein Schauder rann ihr über den
Rücken,sie zog sich mit einer Hand die Decke über ihre
Brustund merkte, sie war nackt. Die andere Hand glitt auf
derSuche nach dem Dolch über das Bett, doch genau wie
ihreKleider war er nicht mehr da.
»W-wer?«,fragte sie noch einmal.
»Weißtdu das wirklich nicht?«
Machteer sich lustig über sie?
»Nein.Wer seid Ihr?«
Ausder dunklen Ecke hörte sie ein dunkles Lachen.
OhGott.
»Carrick?«,wisperte sie, als er endlich in den Schein des
Feuerstrat. Ein hoch gewachsener Ritter mit breiten Schultern,
tiefliegenden Augen und einem wie aus Marmor gemeißelten
Kinn.Sie konnte ihm nicht trauen. Nicht noch
einmal.Gleichzeitig jedoch erwärmte sich ihr Blut, und sinnlich-
verführerischeBilder stahlen sich in ihre Gedanken.
Ertrat neben ihr Bett, das Pochen ihres Herzens wurde
stärker,und sie musste mühsam schlucken, da ihr Mund mit
einemMal absolut trocken war. Gegen ihren Willen erinnerte
siesich an die festen Muskeln, über die sie damals ihre Fingerspitzen
hattegleiten lassen, den salzigen Geschmacks seiner
Hautund seinen erregend männlichen Geruch.
»Wasmacht Ihr hier? Wie seid Ihr hereingekommen?«,
fragtesie, und dabei fiel ihr ein, dass sie keine Ahnung hatte,
wosie überhaupt war.
»Ichbin deinetwegen hier«, antwortete er, und obgleich
sieinnerlich erschauderte, schüttelte sie heftig den Kopf.
»Dasglaube ich Euch nicht.«
»Duhast mir nie geglaubt.« Jetzt stand er direkt neben
demBett, beugte sich nach vorn, und ihr Herz schlug
schmerzhaftgegen ihre Rippen, als er sich die Tunika über
denKopf zog und sie das Spiel der straffen Muskeln im
Scheindes Feuers erblickte. »Kannst du dich noch daran erinnern?«
Ohja oh ja, sie konnte sich erinnern.
Undverfluchte sich dafür.
»Ihrsolltet gehen«, sagte sie zu ihm.
»Wohin?«
»Egal,Hauptsache fort.« Sie stieß die Worte mühsam aus.
SeinLächeln war verführerisch und wissend. Oh, er war
einTeufel. Isa hatte Recht. Morwenna hätte ihn niemals in
ihreNähe lassen dürfen, in diesen zum Himmel geöffneten
Raum.
Aberdu hast ihn nicht hereingelassen. Du weißt schließlich
nichteinmal, wo du bist. Vielleicht bist du seine Gefangene,
unddies ist deine Zelle. Wäre es nicht möglich, dass er
dichhier als seine Sklavin hält, damit du ihm zu Diensten
bist,das Lager mit ihm teilst und ihm uneingeschränkt gehorchst?
»WennIhr nicht geht, dann gehe ich«, erklärte sie und
suchtemit den Augen den Boden und die Haken an der Tür
nachihren Kleidern ab.
»Achja?«, fragte er spöttisch, setzte sich neben sie aufs
Bettund strich mit einem Finger über ihr Gesicht. Ihre Haut
fingan zu kribbeln, und ihr Blut schlug kleine Wellen der
Lust.»Ich glaube eher, nicht.«
»Schwein.«
Lachendließ er seinen Finger tiefer gleiten, schob die
Bettdeckezur Seite, entblößte ihre Brust und verfolgte mit
zufriedenerMiene, wie ihre Brustwarze unter seinem Blick
hartwurde wie Stein. Obgleich Morwenna wusste, dass sie
einengrauenhaften Fehler beging, hob sie ihm ihr Gesicht
entgegen,spürte die Wärme seines Atems auf ihrer kühlen
Hautund wusste mit Bestimmtheit, dass sie es niemals schaffen
würde,ihm zu widerstehen. Eine wunderbare Wärme
zogdurch die intimsten Regionen ihres Körpers, und unter
derBerührung seiner schwielig harten Finger seufzte sie leise
auf.
Erneigte seinen Kopf und drückte einen sanften Kuss auf
ihrennackten Bauch.
Siefing an zu stöhnen, und ihr Blut begann zu kochen,
plötzlichjedoch spürte sie, dass sie nicht allein mit Carrick
war,dass unsichtbare Augen aufmerksam verfolgten, was sie
tat.Die Augen eines Wesens, das ihr nicht wohl gesonnen war.
Dochwo war der Beobachter verborgen? Hinter einem
derDeckenbalken, zwischen denen sie die Sterne über den
Himmelschießen sah oder gar noch näher? Vielleicht
ganzin ihrer Nähe, irgendwo in diesem Raum?
»Morwenna!«,wurde sie von jemandem gerufen, aber sie
konntesich nicht stören lassen, nun, da dieser Mann, den sie
vonganzem Herzen geliebt hatte, zu ihr zurückgekehrt
war.»Morwenna!«
»Morwenna!«
Sieriss die Augen auf.
DerTraum löste sich auf wie ein nächtlicher Geist im ersten
Dämmerlicht.
DerHund zu ihren Füßen stieß ein unwilliges Knurren
aus.
»MeineGüte!« Sie richtete sich auf und strich sich die
Haareaus den Augen. Es war nur ein Traum gewesen. Alles
nurein vermaledeiter Traum. Schon wieder. Lernte sie es
dennnie?
Eswar niemand in ihrem Zimmer, kein geheimnisvoller
Krieger,der sie verführen wollte, kein ehemaliger Geliebter,
derzu ihr zurückgekehrt war. Sie war mutterseelenallein.
Abertrotzdem irgendetwas fehlte, wie ein Luftzug in einem
versiegeltenGrab. Da ihr dieser Gedanke eine Gänsehaut
einjagte,zog sie sich die Decke bis zum Kinn.
»Wasbin ich doch manchmal gedankenlos«, murmelte sie
leiseund atmete so tief wie möglich ein.
Siewar in ihrem Schlafzimmer auf Castle Calon, in ihrem
eigenenZimmer auf ihrer eigenen Burg, die ihr von ihrem
BruderKelan überlassen worden war. Sie sah sich in dem
großenRaum mit den weiß gekalkten Wänden und den
buntenWandbehängen um. Die hohe Zimmerdecke war
vollkommenin Ordnung, im Kamin brannte ein Feuer, und
durchdie schmalen Ritzen der geschlossenen Fensterläden
drangenein paar graue Fetzen frühmorgendlichen Lichts.
Alleswar wie immer. Selbst der Hund, ein räudiger, alter
Köter,der zusammen mit der Burg an sie gefallen war, lag
nochim Tiefschlaf auf dem Bett und blies mit leisem
Schnarchenin das Kaninchenfell, das achtlos über dem Fußende
lag.Sie hatte sich von den alten Gerüchten Angst einjagen
lassen,denen zufolge ein Geist auf Calon sein Unwesen
treibensollte, das war alles.
»LadyMorwenna!«, hallte Isas aufgeregte Stimme durch
denFlur.
Morwennafuhr zusammen. Plötzlich war der Hund hellwach,
sprangmit einem Satz vom Bett und fing so wild an
zubellen, als schlüge er trotz seiner Taubheit wegen irgendeines
VorfallsAlarm.
»Ruhe,Mort!«, befahl Morwenna.
Miteinem leisen, unwilligen Knurren senkte das Vieh den
getüpfeltenKopf.
Jemandklopfte eindringlich an die Tür. »M lady!«
»Ichkomme!«, brüllte Morwenna leicht verärgert, weil
einsolches Drängen in Isas Stimme lag. Ständig war die alte
Frauin Sorge um die Zukunft, immer ahnte sie irgendwelche
Gefahrenund meinte, in allen Ecken dunkle Gestalten
lauernzu sehen. Morwenna warf ihre Tunika über und
stürzte,als das laute Hämmern wieder anfing, über das frische
Strohin Richtung Tür.
»Wasist los?« Nachdem sie den Riegel zurückgeschoben
unddie Tür geöffnet hatte, blickte sie in Isas kreidebleiches
Gesicht.Neben Isa stand einer der Jäger, Jason, ein großer,
schlaksigerKerl mit schlechter Haut und dazu passenden
Zähnen,und drehte seine Kappe nervös zwischen den Händen.
Siesah die beiden fragend an. »Was ist passiert?«
»Vorden Toren der Burg wurde ein Mann gefunden«, erklärte
Isaihr mit atemloser Stimme. Ein paar Strähnen ihrer
früherroten Haare hatten sich unter ihrer Kapuze hervorgeschoben,
undihre eisblauen Augen blinzelten nervös. »Er
istso gut wie tot. Irgendwer hat derart auf ihn eingedroschen,
dasses das reinste Wunder ist, dass er überhaupt noch
lebt.«Sie runzelte die Stirn und presste ihre schmalen Lippen
sofest aufeinander, dass man sie kaum noch sah. »Er
wurdederart übel zugerichtet, dass niemand « Sie atmete
tiefein. » ihn erkennen würde, nicht einmal sein eigener
Vater.«Sie schüttelte so heftig den Kopf, dass ihr die Kapuze
derKutte auf die Schultern fiel. »Ich bezweifle, dass er auch
nurbis morgen überleben wird. Sagt es ihr, Jason.«
»Esstimmt«, pflichtete der Jäger Isa bei. »Ich habe ihn gefunden,
alsich vor Anbruch der Dämmerung auf der Jagd
nacheinem Hirsch gewesen bin. Ich bin über einen umgestürzten
Baumstammgestiegen, und da hat er gelegen. Er
warüber und über mit Blättern und Erde bedeckt und hat
kaumnoch geatmet.«
»Undwo ist er jetzt?«
»ImWachzimmer. Sir Alexander denkt, er könnte ein
Spionsein.«
»Einfast toter Spion«, verbesserte Morwenna.
Isanickte und sah aus, als wollte sie noch etwas sagen,
hieltihre Zunge dann aber im Zaum.
»Warder Arzt schon bei ihm?«
»Nein,M Lady, noch nicht«, antwortete Isa.
»Undwarum nicht?«, wollte Morwenna von ihr wissen.
»Nygyllmuss den Mann sofort untersuchen.«
Isaschwieg. Sie mochte den Arzt nicht.
»Lasstden Verwundeten hierher bringen, wo es warm ist.
Vielleichtkann er noch gerettet werden.«
»Dasist ziemlich unwahrscheinlich.«
»Trotzdemwerden wir es versuchen.« Morwennas Blick
wanderteden Korridor hinunter, bis er auf die Tür eines im
Momentunbewohnten Raumes fiel. »Bringt ihn in Tadds
Zimmer.«
»Nein,M lady«, widersprach die alte Frau ihr eilig. »Dort
wärees nicht sicher schließlich ist der Raum nur ein paar
Türenvon Eurem eigenen Schlafgemach entfernt.«
»HabtIhr nicht gesagt, er wäre so gut wie tot?«
»Ja,aber trotzdem kann man ihm nicht trauen.«
»Dannhaltet Ihr ihn also ebenfalls für einen Spion?«
Isanickte eifrig, und ihr Gesicht wurde dabei noch runzliger
alssonst. Sie blickte auf Morwenna, nestelte mit ihren
vonder Gicht knorrigen Fingern am Ärmel ihres Umhangs
undblickte eilig wieder fort.
MorwennasNackenhaare richteten sich auf. »Irgendetwas
habtIhr mir bisher verschwiegen.« Sie erinnerte sich an
denTraum, in dem sie von unsichtbaren Augen beobachtet
wordenwar. »Was ist es, Isa?«
»Ichspüre, dass sich was zusammenbraut, irgendeine Gefahr,
auchwenn ich sie noch nicht deutlich erkennen kann.«
Plötzlichpackte die Alte Morwennas Unterarm, ihre Augen
wurdendunkel und die Pupillen weit wie jedes Mal, wenn
sieetwas sah. »Bitte, Lady«, wisperte sie tonlos. »Ich fürchte
umEure Sicherheit. Ihr dürft kein Wagnis eingehen.«
Morwennahätte gerne widersprochen, konnte es jedoch
nicht.Allzu häufig hatten sich Isas dunkle Ahnungen und
Visionender Zukunft als wahr erwiesen. Hatte sie nicht erklärt,
dieFrau des Töpfers würde Drillinge bekommen, alles
Jungen,und bei der Geburt des Dritten sterben? Hatte
sienicht vorhergesagt, dass in den Heuschober bei Penbrooke
derBlitz einschlagen würde, und war nicht weniger
alsvierzehn Tage später der Schober vom Blitz getroffen
undangezündet worden, wobei Morwennas Bruder Tadd
derFeuersbrunst nur knapp entronnen war? Und der mysteriöse
Todder Frau des Kaufmanns. Isa hatte geschworen,
dieFrau sei vergiftet worden, und am Ende hatte sich herausgestellt,
dassihr Ehemann die Tat begangen und dem armen
WeibsbildSchierling verabreicht hatte, weil sie sich mit
demMüller eingelassen hatte. Immer wieder in den siebenundsechzig
Jahrenihres Lebens hatte Isa Dinge sehen können,
dieniemand anderes sah.
(...)
© Blanvalet Verlag
Übersetzung: Uta Hege
- Autor: Lisa Jackson
- 2006, 445 Seiten, Maße: 12,4 x 18,3 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Aus d. Amerikan. v. Uta Hege
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 344236146X
- ISBN-13: 9783442361465
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