Die Mission des Wanderchirurgen
Auf dem Sterbebett verspricht der Arzt Vitus seiner Geliebten Arlette, ein Mittel zu finden gegen die Pest - die Seuche, die ihr junges Leben forderte. Er macht sich auf den Weg nach Padua, zur berühmtesten Universität seiner Zeit. Doch er muss...
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Auf dem Sterbebett verspricht der Arzt Vitus seiner Geliebten Arlette, ein Mittel zu finden gegen die Pest - die Seuche, die ihr junges Leben forderte. Er macht sich auf den Weg nach Padua, zur berühmtesten Universität seiner Zeit. Doch er muss gefährliche und abenteuerliche Umwege gehen, um seine Mission zu erfüllen.
Wolf Serno schickt den berühmten Chirurgen Vitus erneut auf eine gefährliche Reise - auf die Suche nach einem Heilmittel gegen den Schwarzen Tod.
Auch als Hörbuch erhältlich:
Die Mission des Wanderchirurgen, Hörbuch (Best.-Nr.: 782463).
DieMission des Wanderchirurgen von Wolf Serno
LESEPROBE
Die Mission des Wanderchirurgen von Wolf Serno
Die Gebieterin Âmina Efsâneh
»Bei Allah, dem Kämpfenden, dem Listigen! Du hast mich benutzt wie eineBodenvase, in die du deinen Stängel hineingestoßen hast.
Das wirst du mir büßen!«
Niemand in der Medina von Tanger konnte sich daran erinnern, jemals so heißeMaitage erlebt zu haben. Der stete Wind, der gewöhnlich vom Dschebel al-Tariküber die Meerenge heranwehte, schien für immer eingeschlafen zu sein. Schon amfrühen Vormittag stand die Luft wie eine Mauer auf den zahllosen Plätzen,erdrückte jegliche Betriebsamkeit, schnürte der Stadt den Atem ab. Wo sonstgelärmt, gefeilscht und gegaukelt wurde, wo Geldwechsler ihre Kurse priesen,Trickdiebe betrogen, Schreiber ihre Dienste anboten, wo Trommler, Hornbläserund Flötisten musizierten, Magier und Jongleure Sprachlosigkeit verbreiteten,wo Schiffsmatrosen zechten, Huren nach Freiern Ausschau hielten, Sklaven denBesitzer wechselten, wo Fischer ihren Fang verkauften und Handwerker ihremTagewerk nachgingen, überall da herrschte Stille. Gassen, Gässchen, Hinterhöfewaren wie leer gefegt. Wer dennoch sein Haus verließ, glaubte, in der Gluthitzedie Steine der Zitadelle hoch über der Stadt knacken zu hören.
Am Fuße der alten Festung, auf einem kleinen vorgelagerten Souk, gab es eineeinzige Ausnahme. Fünfundzwanzig oder dreißig Männer hockten in typischerHaltung am Boden, einfach gekleidet, bärtig, den Kopf durch einen Turbangeschützt. Sie saßen starr, wie gelähmt, doch war der Grund dafür nicht diealles versengende Glut, sondern ein kleiner, drahtiger Mann, der vor ihnenstand und mit Händen und Füßen redete. Er bediente sich dabei des Spanischen,was durchaus verstanden wurde, denn Tanger gehörte anno 1579 zumportugiesischen Reich. Der Mann hatte eine marokkanische Dschellabah an, eineArt lange Tunika, braun-weiß gestreift, mit halblangen Ärmeln und Kapuze, dochwar er kein Berber und auch kein Beduine, wie seine Gesichtszüge verrieten.Seine Haut wies nicht das tiefe Braun der Wüstensöhne auf, sondern eher dieFarbe von Oliven.
Seine Stirn war hoch, und seine Augen waren schwach. Er blinzelte häufig, weiler kurzsichtig war und die beiden Berylle, die er trug, seine Sehschwäche nurunzureichend ausgleichen konnten.
Ein solches Nasengestell mit Linsen hatten die Zuhörer noch niemals gesehen,und das, obwohl sie in einer weltoffenen Hafenstadt lebten. Phönizier, Römer,Goten, Wandalen, Byzantiner, Araber und wohl noch ein halbes Dutzend andereVölker hatten in ihren Mauern gelebt, sie manches Mal zerstört, doch immerwieder aufgebaut. Die Bewohner, ihre Kinder und Kindeskinder hatten sich als soüberlebensstark erwiesen, dass Eroberer und Zuwanderer immer wieder imSchmelztiegel der Rassen aufgegangen waren - hier an diesem ganz besonderen Ort,wo das Westmeer auf das Mittelländische Meer traf, der Islam auf dasChristentum prallte und das Tor nach Afrika aufgestoßen wurde. Der kleine,drahtige Mann machte eine Pause, denn als guter Erzähler wusste er, dassdadurch eine Geschichte nur noch spannender wurde. »Gieße etwas Wasser auf diePlane über uns, Enano«, sagte er zu dem Zwerg neben sich. »Sonst dörrt es unsallen das Hirn aus.«
»Wui, wui, Magister«, fistelte der Winzling mit seinem Fischmündchen undblickte nach oben, wo über den Köpfen der Lauschenden ein großes StückSegeltuch gespannt war. Er nahm einen Holzeimer und kletterte wie ein Äffchendas Stützgestänge hinauf. Hier und da ertönte Gelächter. Der Kleine mit seinenroten Haarbüscheln, dem hellblauen Kindergewand und dem fassähnlichen Buckelerinnerte an eine Mischung aus Kobold und Narr, und in gewisser Hinsicht war erdas auch. Auf dem höchsten Punkt angekommen, goss er den Inhalt nach und nachaus. »Wui, der Plempel spreizt sich dull!«, rief er fröhlich und schien sichnicht im Mindestens daran zu stören, dass seine Rotwelschbrocken von niemandemverstanden wurden. Das Wasser verteilte sich auf dem Tuch, feuchtete es aufbreiter Fläche an und schaffte so Verdunstung und Linderung für die darunterSitzenden. Beide, der drahtige Mann, der Magister gerufen wurde, und Enano, derZwerg, waren eine Zeit lang zur See gefahren, wo sie diese segensreicheErfindung kennen gelernt hatten.
»Erzähle weiter, Magister!«, forderte ein dürrer Alter und wischte sich einpaar der hartnäckigen Fliegen von den Augen. »Ja, erzähle weiter!«, erklang esvon mehreren Seiten. »Was ist eine eiserne Jungfrau?«
»Eine eiserne Jungfrau?«, fragte der Magister mit überraschend dunkler Stimmezurück. »Sagte ich das nicht schon?«
»Nein, das sagtest du nicht.«
Der drahtige Mann spitzte die Lippen und machte ein geheimnisvolles Gesicht.Unwillkürlich beugten sich die Zuhörer vor. »Nun, so wisset, die eiserneJungfrau ist weder Mensch noch Tier, denn sie ist nicht aus Fleisch und Blut.Sie steht tief unten im Kerker von Dosvaldes, einem Provinznest in Nordspanien.
Sie steht dort, solange es Menschen gibt, und manche sagen, es gab sie schon,bevor Gott der Herr oder, um es mit euren Worten zu sagen, Allah derAllmächtige die Welt erschuf.
Satan ist zugleich ihr Vater, ihr Sohn und ihr Bruder. Ihr Lächeln ist tot, ihrMund ist so schmal wie der Rücken eines Dolchs, ihr Gewand ist aus Stahl undreicht bis zum Boden hinab.«
Ein Raunen lief durch die Reihen. Die Männer steckten die Köpfe zusammen. (...)
© Droemer/Knaur Verlag
Interview mit Wolf Serno
Auch wenn Die Mission des Wanderchirurgen" keine direkte Fortsetzung von DerWanderchirurg" ist: Welche alten Bekannten treffen wir wieder?
Da istzunächst natürlich Vitus, der Held, den wir schon aus Der Wanderchirurg" undaus Der Chirurg von Campodios" kennen. Vitus hat mit der Mission" dievielleicht schwierigste aller seiner Aufgaben übernommen. Dann ist da noch derMagister, ein kleiner Mann mit großem Herzen und nie versiegendem Humor, derwie immer unverbrüchlich an Vitus Seite steht (und wieder einmal seine Berylleverliert), und nicht zuletzt Enano, der Zwerg, der nach wie vor rotwelschradebrecht und diesmal - unverhofft - zu Vaterfreuden kommt.
Auf ihrem Sterbebettverspricht Vitus seiner Geliebten, ein Mittel gegen die Pest zu finden.Verraten Sie zu viel, wenn Sie sagen, ob Die Mission des Wanderchirurgen" erfüllt wird?
DieMission ist erfolgreich, weil es Vitus gelingt, eine geheime Botschaft desHumanisten und Dichters Francesco Petrarca zu entschlüsseln, aus derhervorgeht, dass der Pestfloh der Verursacher des schwarzen Todes ist.Allerdings kennt Vitus - naturgemäß - noch keine Antibiotika, um die Seuchewirksam bekämpfen zu können. Doch die Ursache einer Erkrankung zu erkennen,ist schon der erste Schritt zur Heilung."
Mit den SchauplätzenLondon, Gibraltar, Tanger und Padua beschreiben Sie Europas Aufbruch in dieNeuzeit und ein wenig 1001 Nacht. Worin liegt der Reiz dieser mitunter ziemlichdüsteren Zeit?
Das 16.Jahrhundert ist die Zeit der Entdeckungen - auch in medizinischer Hinsicht.Überdies war damals alles ganz anders: das Essen, die Kleidung, die Waffen, dieSchiffe, die Tänze, die Sitten, die Bräuche und vieles mehr. Darüber zuschreiben und dieses Wissen in meine Handlungen einzubetten, macht mir besondereFreude. Jeder meiner Romane soll Interessantes aus früheren Zeiten vermitteln.
Ganz en passant erfährtman in Ihren Büchern eine Menge über die medizinische Vorstellungswelt derVergangenheit. Ist an Ihnen ein Mediziner verloren gegangen?
Nein, wohlkaum. Ein guter Mediziner ist niemals nur Theoretiker, sondern immer auchPraktiker, und ich glaube nicht, dass ich das Zeug zu einem erfolgreichenOperateur hätte. Anders Vitus: Er beherrscht beides, was damals übrigenskeineswegs selbstverständlich war. Wie sagte schon Paracelsus: Wo er nit einchirurgus darzu ist, so steht er do wie ein ölgöz, der nichts ist als eingemalter aff."
Das Rezept eines Serno-Romans - wie viele Anteile hat erjeweils von: einem Abenteuerroman, einem historischen Roman und einemSchelmenroman?
Komplimentfür diese Frage! Sie ist mir so noch nie gestellt worden. Ich glaube, dieStärke eines Serno-Romans liegt zunächst darin, dass er einfache undeindringliche Bilder auf die Netzhaut des Lesers projiziert. Ferner in derlebendigen Ausformung der Figuren und ihrer Dialoge. Dazu ein wenig Liebe,Spaß, Schmerz, Abenteuer und Historie - umrühren, fertig. Doch im Ernst: Wenndas Ganze so einfach wäre, könnte ich ein Buch in wenigen Wochen schreiben - soaber brauche ich Monate, bisweilen sogar Jahre.
Die Fragen stellteMathias Voigt, literaturtest.de.
- Autor: Wolf Serno
- 2006, 1, 700 Seiten, Maße: 13 x 19 cm, Geb. mit Su.
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3828977480
- ISBN-13: 9783828977488
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