Die Pferdebande und der fremde Hengst
Chris, Karolin und Philipp machen einen Bodenarbeitskurs auf einer echten Westernranch. Aber schon kurz nach ihrer Ankunft dort scheint sich ein neuer Fall anzubahnen: Was haben die beiden Mädchen zu verbergen, die offensichtlich überhaupt keine...
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Produktinformationen zu „Die Pferdebande und der fremde Hengst “
Chris, Karolin und Philipp machen einen Bodenarbeitskurs auf einer echten Westernranch. Aber schon kurz nach ihrer Ankunft dort scheint sich ein neuer Fall anzubahnen: Was haben die beiden Mädchen zu verbergen, die offensichtlich überhaupt keine Ahnung von Pferden haben und trotzdem ein Pony besitzen? Und was hat es mit dem wunderschönen Hengst auf sich, den sie nachts ganz allein in einer Bretterbude finden? Die Pferdebande begibt sich auf die Spur ...
Klappentext zu „Die Pferdebande und der fremde Hengst “
Chris, Karolin und Philipp machen einen Bodenarbeitskurs auf einer echten Westernranch. Aber schon kurz nach ihrer Ankunft dort scheint sich ein neuer Fall anzubahnen: Was haben die beiden Mädchen zu verbergen, die offensichtlich überhaupt keine Ahnung von Pferden haben und trotzdem ein Pony besitzen? Und was hat es mit dem wunderschönen Hengst auf sich, den sie nachts ganz allein in einer Bretterbude finden? Die Pferdebande begibt sich auf die Spur ...
Lese-Probe zu „Die Pferdebande und der fremde Hengst “
Die Pferdebande und der fremde Hengst von Karin Müller1. Ausritt im Unwetter
„Fahr schneller!", trieb Philipp seine Schwester an. Karolin trat ächzend in die Pedale.
,,Ich kann nicht so schnell", beschwerte sie sich mit vor Anstrengung hochrotem Kopf und bemühte sich, ihren großen Bruder einzuholen. Die Räder der Geschwister blinkten in der warmen Frühlingssonne. Sie waren auf dem Weg zum Gut Hohenhain. Dort verbrachten die beiden fast jede freie Minute seit ihrem ersten Reitkurs dort. Aber nicht nur die Pferde waren längst ihre Freunde geworden. Zusammen mit Chris, der quirligen Tochter von Reitlehrerin Birte Mertens, bildeten sie die Pferdebande. Die drei Hobbydetektive gerieten immer wieder in spannende Abenteuer und waren sogar schon in richtige Kriminalfälle verwickelt worden. Mehr als einmal hatten sie der Polizei auf die richtige Spur geholfen. Philipp schoss mit seinem Fahrrad um die Kurve, dass der Sand unter dem blockierten Hinterreifen nur so spritzte. Es gab ein schabendes Geräusch, das jedoch von seinem Johlen übertönt wurde. ,,Die Anmeldebestätigung ist da!", kreischte er schon von Weitem. Chris half gerade Schmidtchen, dem Stallmeister, Wildfangs Hufe zu raspeln. Ihr lockiger Kopf schoss zeitgleich mit dem ihrer Traberstute in die Höhe, als sie ihre Freunde hörte. ,,Na, lauf schon", brummte der alte Mann, und Chris ließ vorsichtig den Huf zu Boden gleiten. ,,Danke. Ich bin gleich wieder da", versprach Chris und streichelte ihrer Stute noch schnell den Hals. Mumpitz, der wuschelige Mischlingshund, leckte eilig ein paar Hornspäne vom Boden auf und rannte dann fröhlich kläffend hinter ihr her. ,,Hallo! Was macht ihr denn für einen Lärm?", begrüßte Chris lachend die Geschwister. Karolin sprang vom Rad und knuddelte Mumpitz, der ihr begeistert durchs Gesicht
... mehr
schleckte.
„Hast du auch schon deine Bestätigung?", fragte Philipp atemlos. „Na klar", sagte Chris. „Sie ist heute Morgen mit der Post gekommen."
,,Und da rufst du uns nicht gleich an?", fragte Philipp empört. Karolin verdrehte die Augen. Chris kicherte und zwinkerte ihr zu. ,,Ich wusste doch, dass ihr heute Nachmittag herkommt. Wozu die Eile?"
,,Bist du denn gar nicht aufgeregt? Tu bloß nicht so erwachsen!"
,,Ich hatte noch keine Zeit, mich aufzuregen", gab Chris verschmitzt zurück.
,,Kommt, wir machen gerade Wildfangs Hufe wieder schön. Danach kommen Lujah und Käffchen dran. Bringt ihr die beiden schon mal her? Ich habe Schmidtchen versprochen, ihm zu helfen." Karolin nickte und eilte in Richtung Stall, um die Halfter der beiden Ponys zu holen. Käffchen war ihr Pflegepony, Lujah das ihres Bruders. ,,Ich dachte, das macht der Schmied?", fragte Philipp und sah dem Stallmeister neugierig über die Schulter, der gerade den linken Hinterhuf von Wildfang auf seinem Oberschenkel abgestützt hatte.
„Macht er auch", brummte der Stallmeister. ,,Aber nur alle sechs bis acht Wochen. Wenn wir zwischendurch nicht nachfeilen, gibt es Risse und Hornspalten. Da muss man schon ein bisschen mitarbeiten, vor allem, wenn ihr immer so über die Schotterwege heizt."
,,Tun wir doch gar nicht", widersprach Chris entrüstet. ,,Das weiß doch jedes Kind, dass man da nur im Schritt drüberreiten soll!"
Philipp winkte ab. ,,Na, deswegen machen wir ja jetzt einen Kurs in Horsemanship mit." Er grinste Chris an, die immer noch beleidigt war, dass der alte Stallmeister ihr so einen Blödsinn unterstellte. ,,So, so, Horsemanship", brummte Schmidtchen auch prompt. ,,Wir haben das früher ,gesunder Menschenverstand` genannt." Chris tätschelte dem Pferdepfleger die Wange. Ihre Eltern hatten Schmidtchen mit in ihre Dienste übernommen, als sie vor einigen Jahren, als Chris noch klein war, Gut Hohenhain gekauft hatten. Der Stallmeister war für Chris wie ein Großvater. Er wusste einfach alles über Pferde und backte den besten Apfelkuchen, den man sich nur denken konnte. ,,Ach komm schon, Schmidtchen. Kann es vielleicht sein, dass du beleidigt bist, weil wir zur Abwechslung mal ins Westernreiten reinschnuppern wollen? Und das auch noch auf der ,Five Acres`Ranch?" ,,Quatsch", brummelte er. Doch dann konnte er sich doch nicht zurückhalten. ,,Diesen Cowboyhutträgern da drüben trau ich nicht von hier bis zum Hühnerstall", schimpfte er. ,,Cowboy und Indianer haben wir als Kinder schon gespielt. Aber mit Reiten hatte das nicht besonders viel zu tun. Und das hat sich bis heute nicht geändert, wenn ich mir diese Fransenträger so anschaue."
,,Aber wir machen Bodenarbeit in dem Kurs!", erwiderte Chris. ,,Neue Impulse! Wenn Mama das sagt, bist du immer ganz angetan." Schmidtchen brummte irgendetwas Unverständliches in seinen nicht vorhandenen Bart. Es klang nach ,,Neumodischer Kram ..." Dann legte er die Raspel zur Seite und nickte Chris zu, die den Fuß ihres Pferdes auf den Boden stellte.
,,Fertig. Der Nächste bitte." Chris brachte Wildfang zurück auf die Weide, und Karolin lief in die Gegenrichtung los, um ihr Pflegepony vom Paddock zu holen. ,,Philipp! Komm und hilf mir", rief sie und streckte ihrem Bruder das Halfter seines störrischen Ponys entgegen. Lujah versperrte ihr mit seinem breiten Haflingerhintern den Weg aus dem Gatter. ,,Bin ja schon da", schnaufte ihr Bruder, der wohlweislich eine Gerte mitgebracht hatte. Seine ersten Ausflüge mit Lujah, die ihn schnurstracks ins Rosenbeet geführt und ihm reichlich Ärger mit Chris' Mutter beschert hatten, waren ihm eine Lehre
gewesen. Inzwischen wusste Philipp, dass Lujah den kleinen Stecken in Philipps Hand nur zu sehen brauchte, und schon machte er brav, was er sollte. Er war eben nicht nur ein bayerischer Dickschädel, sondern auch ein sehr kluges Pferd! Nachdem auch Lujahs und Käffchens Hufe wieder eine schöne runde Form hatten, zogen sich die drei Kinder mit einem Glas Saftschorle auf die Gartenbank vor der Küche des Guts zurück und lasen zum x-ten Mal die Kursausschreibung. In einer knappen Woche schon würden sie im Westernstall ,,Five Acres" einen Bodenarbeitskurs mit dem berühmten Trainer Johnny Paulsen mitmachen.
Zehn Teilnehmer hatten sich mit ihren Pferden angemeldet, und weitere zehn bis fünfzehn Personen würden als Zuschauer ohne Pferd mit dabei sein, um dem Spezialisten bei der Arbeit zuzusehen. Die Kinder hatten wochenlang darauf gespart, sich mit Stalldiensten, Kellnern im hofeigenen Café und Putzen der Gästezimmer etwas dazuverdient. Karolin hatte auf dem Flohmarkt sogar ihre komplette Barbiesammlung verkauft und Philipp die Hälfte all seiner Comics. Den Rest hatten ihnen dann die Eltern dazugegeben. ,,Geschicklichkeitsparcours, Roundpen und Führtraining", las Karolin aus der Anmeldung vor.
,,Ich bin echt schon so gespannt, wie das alles wird. In der Bücherei gab es sogar ein Buch von Johnny Paulsen. Das habe ich mir gleich ausgeliehen, damit ich ein bisschen vorbereitet bin."
,,Das wird schon klappen", meinte Chris und lehnte sich gemütlich zurück. ,,Unsere Pferde haben schließlich Kurserfahrung."
,,Ja, das schon, aber sieh mal hier." Philipp deutete auf das Faltblatt. ,,Verladetraining steht auch auf dem Programm. Ich kriege Lujah doch nie in einen Transporter, wenn er nicht will."
„Darum machen wir ja das Training", kicherte Karolin, die noch gut vor Augen hatte, wie schwierig es gewesen war, Lujah vor einiger Zeit in eine Tierklinik zu bringen. Philipp schmollte. ,,Wir werden ja sehen, wer es am besten hinbekommt", murmelte er. ,,Können wir jetzt reiten gehen? In zwei Stunden müssen wir wieder zu Hause sein. Ich habe noch jede Menge Mathe auf. Das würde ich gern vor dem Abendbrot fertig haben. Danach läuft meine Lieblingsserie im Fernsehen."
,,Gute Idee", fand auch Chris und schob die Prospekte und Anmeldungen auf einen ordentlichen Haufen zusammen, den sie mit einem Teller beschwerte. ,,Besser, wir bringen alles rein. Es sieht nach Regen aus", meinte Karolin und griff nach den Saftgläsern. ,,Na spitze", stöhnte Chris und blickte in den grauer werdenden Himmel. ,,Wie gut, dass wir nicht aus Zucker sind. Wir sollten unsere Regenjacken anziehen, nur für den Fall der Fälle."
,,Ich bringe die Unterlagen ins ..." Philipp sah sich kurz um, bevor er weitersprach. ,,... ins Geheimversteck."
Chris und Karolin grinsten und sahen ihm kopfschüttelnd nach, wie er in geduckter Haltung über den Hof in Richtung der Stallungen rannte. Das Geheimversteck der Pferdebande befand sich ganz hinten auf dem Heuboden und war aus Strohballen aufgeschichtet mit einem schmalen Kriechgang als Einlass. Eigentlich benutzten sie es nur, um sich zu besprechen, wenn sie gerade in ein neues Abenteuer oder einen Kriminalfall verwickelt waren. Aber danach sah so ein Bodenarbeitskurs ja nun wirklich nicht aus. ,,Wenn's ihm Spaß macht ...", meinte Karolin. Die Kinder sattelten ihre Ponys und schafften es tatsächlich, den Wald zu erreichen, bevor die ersten dicken Tropfen fielen. Die Regenfront entwickelte sich in rasender Geschwindigkeit zu einem heftigen Gewitter. Ein Hagelschauer mit mächtigen Windböen pladderte auf sie herab. Im Wald waren sie zumindest einigermaßen geschützt solange der Sturm keine dicken Äste abriss. Die Kinder saßen ab, und Karolin zuckte jedes Mal zusammen, wenn es über ihnen krachte, und hätte sich am liebsten unter Käffchens tropfender Mähne verkrochen.
Die Ponys standen dicht aneinandergedrängt, stemmten ihre dicken Pferdehintern in die Richtung, aus der der Wind blies, und hielten ergeben ihre Köpfe gesenkt. Karolin zählte heimlich die Sekunden zwischen Blitz und Donner. Zum Glück schien sich das Unwetter von ihnen wegzubewegen. Und zum Glück hatten sie ihre Reithelme auf. ,,Ich finde die Dinger superpraktisch", meinte Philipp. ,,Nicht nur fürs Runterfallen. Auch für herumfliegende Äste und Hagelkörner, groß wie Pflaumen, sind sie echt nützlich. Vielleicht sollte ich auch bei dem Kurs mit Helm arbeiten, falls mir der Roundpen um die Ohren fliegt." ,,Bitte was?", fragte Chris entgeistert.
„Na, das ist doch so eine spezielle Bodenarbeitsgerte, so ein Stab oder Stecken, oder etwa nicht?", fragte Philipp und stieg wieder aufs Pferd. ,,Pen heißt auf Englisch Stift, und round bedeutet rund. Was guckst du denn so?" Chris schüttelte sich wie ein junger Hund.
,,Igitt, mir ist Wasser in den Kragen gelaufen", schimpfte sie und bemühte sich sichtlich, nicht laut loszuprusten. Genauso schnell, wie der Sturm gekommen war, legte er sich mit dem abziehenden Gewitter wieder. ,,Wollen wir nach Hause?", fragte Karolin zaghaft. ,,Philipp, ein Roundpen ist etwas ganz anderes ...", wandte sie sich dann an ihren Bruder. Aber Chris unterbrach sie. ,,Ja, auf dem kürzesten Weg", stimmte sie der Freundin zu. ,,Es ist einfach noch zu kalt. Ich möchte nicht, dass die Pferde sich erkälten." Philipp nieste. ,,Na klar, und an uns denkst du nicht! Stell dir vor, ich kriege eine Grippe! Dann kann ich den Kurs knicken. Also, ab nach Hause. Da lang!", rief er und wendete Lujah, der eilig antrabte. ,,Und das wäre wirklich superschade", bestätigte Chris lachend. ,,Dann würde dein Bruder nie erfahren, was ein Roundpen ist!" Weißt du, worum es sich bei einem Roundpen handelt?
© 2010 Schneiderbuch verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH.
„Hast du auch schon deine Bestätigung?", fragte Philipp atemlos. „Na klar", sagte Chris. „Sie ist heute Morgen mit der Post gekommen."
,,Und da rufst du uns nicht gleich an?", fragte Philipp empört. Karolin verdrehte die Augen. Chris kicherte und zwinkerte ihr zu. ,,Ich wusste doch, dass ihr heute Nachmittag herkommt. Wozu die Eile?"
,,Bist du denn gar nicht aufgeregt? Tu bloß nicht so erwachsen!"
,,Ich hatte noch keine Zeit, mich aufzuregen", gab Chris verschmitzt zurück.
,,Kommt, wir machen gerade Wildfangs Hufe wieder schön. Danach kommen Lujah und Käffchen dran. Bringt ihr die beiden schon mal her? Ich habe Schmidtchen versprochen, ihm zu helfen." Karolin nickte und eilte in Richtung Stall, um die Halfter der beiden Ponys zu holen. Käffchen war ihr Pflegepony, Lujah das ihres Bruders. ,,Ich dachte, das macht der Schmied?", fragte Philipp und sah dem Stallmeister neugierig über die Schulter, der gerade den linken Hinterhuf von Wildfang auf seinem Oberschenkel abgestützt hatte.
„Macht er auch", brummte der Stallmeister. ,,Aber nur alle sechs bis acht Wochen. Wenn wir zwischendurch nicht nachfeilen, gibt es Risse und Hornspalten. Da muss man schon ein bisschen mitarbeiten, vor allem, wenn ihr immer so über die Schotterwege heizt."
,,Tun wir doch gar nicht", widersprach Chris entrüstet. ,,Das weiß doch jedes Kind, dass man da nur im Schritt drüberreiten soll!"
Philipp winkte ab. ,,Na, deswegen machen wir ja jetzt einen Kurs in Horsemanship mit." Er grinste Chris an, die immer noch beleidigt war, dass der alte Stallmeister ihr so einen Blödsinn unterstellte. ,,So, so, Horsemanship", brummte Schmidtchen auch prompt. ,,Wir haben das früher ,gesunder Menschenverstand` genannt." Chris tätschelte dem Pferdepfleger die Wange. Ihre Eltern hatten Schmidtchen mit in ihre Dienste übernommen, als sie vor einigen Jahren, als Chris noch klein war, Gut Hohenhain gekauft hatten. Der Stallmeister war für Chris wie ein Großvater. Er wusste einfach alles über Pferde und backte den besten Apfelkuchen, den man sich nur denken konnte. ,,Ach komm schon, Schmidtchen. Kann es vielleicht sein, dass du beleidigt bist, weil wir zur Abwechslung mal ins Westernreiten reinschnuppern wollen? Und das auch noch auf der ,Five Acres`Ranch?" ,,Quatsch", brummelte er. Doch dann konnte er sich doch nicht zurückhalten. ,,Diesen Cowboyhutträgern da drüben trau ich nicht von hier bis zum Hühnerstall", schimpfte er. ,,Cowboy und Indianer haben wir als Kinder schon gespielt. Aber mit Reiten hatte das nicht besonders viel zu tun. Und das hat sich bis heute nicht geändert, wenn ich mir diese Fransenträger so anschaue."
,,Aber wir machen Bodenarbeit in dem Kurs!", erwiderte Chris. ,,Neue Impulse! Wenn Mama das sagt, bist du immer ganz angetan." Schmidtchen brummte irgendetwas Unverständliches in seinen nicht vorhandenen Bart. Es klang nach ,,Neumodischer Kram ..." Dann legte er die Raspel zur Seite und nickte Chris zu, die den Fuß ihres Pferdes auf den Boden stellte.
,,Fertig. Der Nächste bitte." Chris brachte Wildfang zurück auf die Weide, und Karolin lief in die Gegenrichtung los, um ihr Pflegepony vom Paddock zu holen. ,,Philipp! Komm und hilf mir", rief sie und streckte ihrem Bruder das Halfter seines störrischen Ponys entgegen. Lujah versperrte ihr mit seinem breiten Haflingerhintern den Weg aus dem Gatter. ,,Bin ja schon da", schnaufte ihr Bruder, der wohlweislich eine Gerte mitgebracht hatte. Seine ersten Ausflüge mit Lujah, die ihn schnurstracks ins Rosenbeet geführt und ihm reichlich Ärger mit Chris' Mutter beschert hatten, waren ihm eine Lehre
gewesen. Inzwischen wusste Philipp, dass Lujah den kleinen Stecken in Philipps Hand nur zu sehen brauchte, und schon machte er brav, was er sollte. Er war eben nicht nur ein bayerischer Dickschädel, sondern auch ein sehr kluges Pferd! Nachdem auch Lujahs und Käffchens Hufe wieder eine schöne runde Form hatten, zogen sich die drei Kinder mit einem Glas Saftschorle auf die Gartenbank vor der Küche des Guts zurück und lasen zum x-ten Mal die Kursausschreibung. In einer knappen Woche schon würden sie im Westernstall ,,Five Acres" einen Bodenarbeitskurs mit dem berühmten Trainer Johnny Paulsen mitmachen.
Zehn Teilnehmer hatten sich mit ihren Pferden angemeldet, und weitere zehn bis fünfzehn Personen würden als Zuschauer ohne Pferd mit dabei sein, um dem Spezialisten bei der Arbeit zuzusehen. Die Kinder hatten wochenlang darauf gespart, sich mit Stalldiensten, Kellnern im hofeigenen Café und Putzen der Gästezimmer etwas dazuverdient. Karolin hatte auf dem Flohmarkt sogar ihre komplette Barbiesammlung verkauft und Philipp die Hälfte all seiner Comics. Den Rest hatten ihnen dann die Eltern dazugegeben. ,,Geschicklichkeitsparcours, Roundpen und Führtraining", las Karolin aus der Anmeldung vor.
,,Ich bin echt schon so gespannt, wie das alles wird. In der Bücherei gab es sogar ein Buch von Johnny Paulsen. Das habe ich mir gleich ausgeliehen, damit ich ein bisschen vorbereitet bin."
,,Das wird schon klappen", meinte Chris und lehnte sich gemütlich zurück. ,,Unsere Pferde haben schließlich Kurserfahrung."
,,Ja, das schon, aber sieh mal hier." Philipp deutete auf das Faltblatt. ,,Verladetraining steht auch auf dem Programm. Ich kriege Lujah doch nie in einen Transporter, wenn er nicht will."
„Darum machen wir ja das Training", kicherte Karolin, die noch gut vor Augen hatte, wie schwierig es gewesen war, Lujah vor einiger Zeit in eine Tierklinik zu bringen. Philipp schmollte. ,,Wir werden ja sehen, wer es am besten hinbekommt", murmelte er. ,,Können wir jetzt reiten gehen? In zwei Stunden müssen wir wieder zu Hause sein. Ich habe noch jede Menge Mathe auf. Das würde ich gern vor dem Abendbrot fertig haben. Danach läuft meine Lieblingsserie im Fernsehen."
,,Gute Idee", fand auch Chris und schob die Prospekte und Anmeldungen auf einen ordentlichen Haufen zusammen, den sie mit einem Teller beschwerte. ,,Besser, wir bringen alles rein. Es sieht nach Regen aus", meinte Karolin und griff nach den Saftgläsern. ,,Na spitze", stöhnte Chris und blickte in den grauer werdenden Himmel. ,,Wie gut, dass wir nicht aus Zucker sind. Wir sollten unsere Regenjacken anziehen, nur für den Fall der Fälle."
,,Ich bringe die Unterlagen ins ..." Philipp sah sich kurz um, bevor er weitersprach. ,,... ins Geheimversteck."
Chris und Karolin grinsten und sahen ihm kopfschüttelnd nach, wie er in geduckter Haltung über den Hof in Richtung der Stallungen rannte. Das Geheimversteck der Pferdebande befand sich ganz hinten auf dem Heuboden und war aus Strohballen aufgeschichtet mit einem schmalen Kriechgang als Einlass. Eigentlich benutzten sie es nur, um sich zu besprechen, wenn sie gerade in ein neues Abenteuer oder einen Kriminalfall verwickelt waren. Aber danach sah so ein Bodenarbeitskurs ja nun wirklich nicht aus. ,,Wenn's ihm Spaß macht ...", meinte Karolin. Die Kinder sattelten ihre Ponys und schafften es tatsächlich, den Wald zu erreichen, bevor die ersten dicken Tropfen fielen. Die Regenfront entwickelte sich in rasender Geschwindigkeit zu einem heftigen Gewitter. Ein Hagelschauer mit mächtigen Windböen pladderte auf sie herab. Im Wald waren sie zumindest einigermaßen geschützt solange der Sturm keine dicken Äste abriss. Die Kinder saßen ab, und Karolin zuckte jedes Mal zusammen, wenn es über ihnen krachte, und hätte sich am liebsten unter Käffchens tropfender Mähne verkrochen.
Die Ponys standen dicht aneinandergedrängt, stemmten ihre dicken Pferdehintern in die Richtung, aus der der Wind blies, und hielten ergeben ihre Köpfe gesenkt. Karolin zählte heimlich die Sekunden zwischen Blitz und Donner. Zum Glück schien sich das Unwetter von ihnen wegzubewegen. Und zum Glück hatten sie ihre Reithelme auf. ,,Ich finde die Dinger superpraktisch", meinte Philipp. ,,Nicht nur fürs Runterfallen. Auch für herumfliegende Äste und Hagelkörner, groß wie Pflaumen, sind sie echt nützlich. Vielleicht sollte ich auch bei dem Kurs mit Helm arbeiten, falls mir der Roundpen um die Ohren fliegt." ,,Bitte was?", fragte Chris entgeistert.
„Na, das ist doch so eine spezielle Bodenarbeitsgerte, so ein Stab oder Stecken, oder etwa nicht?", fragte Philipp und stieg wieder aufs Pferd. ,,Pen heißt auf Englisch Stift, und round bedeutet rund. Was guckst du denn so?" Chris schüttelte sich wie ein junger Hund.
,,Igitt, mir ist Wasser in den Kragen gelaufen", schimpfte sie und bemühte sich sichtlich, nicht laut loszuprusten. Genauso schnell, wie der Sturm gekommen war, legte er sich mit dem abziehenden Gewitter wieder. ,,Wollen wir nach Hause?", fragte Karolin zaghaft. ,,Philipp, ein Roundpen ist etwas ganz anderes ...", wandte sie sich dann an ihren Bruder. Aber Chris unterbrach sie. ,,Ja, auf dem kürzesten Weg", stimmte sie der Freundin zu. ,,Es ist einfach noch zu kalt. Ich möchte nicht, dass die Pferde sich erkälten." Philipp nieste. ,,Na klar, und an uns denkst du nicht! Stell dir vor, ich kriege eine Grippe! Dann kann ich den Kurs knicken. Also, ab nach Hause. Da lang!", rief er und wendete Lujah, der eilig antrabte. ,,Und das wäre wirklich superschade", bestätigte Chris lachend. ,,Dann würde dein Bruder nie erfahren, was ein Roundpen ist!" Weißt du, worum es sich bei einem Roundpen handelt?
© 2010 Schneiderbuch verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH.
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Autoren-Porträt von Karin Müller
Karin Müller wurde in Kitzingen am Main geboren. Sie studierte an der Universität Lüneburg und arbeitete nach einem Volontariat als Radio- und Zeitungsredakteurin im Kulturressort. Heute lebt sie mit Pferden, Hund, Katzen und ihrer Tochter Carlotta in einem Fachwerkhexenhaus auf dem Land bei Hannover.
Bibliographische Angaben
- Autor: Karin Müller
- Altersempfehlung: 8 - 10 Jahre
- 2010, 124 Seiten, mit Abbildungen, Maße: 15 x 21,5 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Schneiderbuch
- ISBN-10: 3505127159
- ISBN-13: 9783505127151
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