Die Ruhe vor dem Sturm
Roman
Nach fast einem halben Jahrhundert will Max Rösling auf das elterliche Gut zurückkehren und sein Erbe antreten. Sehr zum Entsetzen seiner Familie, denn niemand erinnert sich gern an das, was damals auf dem Hof passierte...$$Ein neuer Fall für Rolf Stenberg...
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Produktinformationen zu „Die Ruhe vor dem Sturm “
Nach fast einem halben Jahrhundert will Max Rösling auf das elterliche Gut zurückkehren und sein Erbe antreten. Sehr zum Entsetzen seiner Familie, denn niemand erinnert sich gern an das, was damals auf dem Hof passierte...$$Ein neuer Fall für Rolf Stenberg und Lennart Roos.
Kajsa Linder glaubt an eine Fügung des Schicksals, als ihr der verlassene Hof Röshult zum Kauf angeboten wird. Sie träumt schon lange davon, mit ihrer Familie aufs Land zu ziehen. Doch sie wird nicht zur Ruhe kommen. Es beginnt mit dem Fund eines Tagebuches. Ein junges Mädchen muss sich Jahre zuvor auf dem Hof versteckt haben. Seither fehlt jede Spur von ihr. Kurz darauf ziehen Bauarbeiter eine jahrhundertealte Leiche aus dem moorigen Ackerland. Als Kommissar Stenberg den Fall übernimmt, verfolgt Kajsa die Ermittlungen noch mit Interesse. Doch dann steht Max Rösling, der Erbe des Hofes, plötzlich vor der Tür. Der Mann, der seit Jahren verdächtigt wird, seinen Vater getötet zu haben...
Kajsa Linder glaubt an eine Fügung des Schicksals, als ihr der verlassene Hof Röshult zum Kauf angeboten wird. Sie träumt schon lange davon, mit ihrer Familie aufs Land zu ziehen. Doch sie wird nicht zur Ruhe kommen. Es beginnt mit dem Fund eines Tagebuches. Ein junges Mädchen muss sich Jahre zuvor auf dem Hof versteckt haben. Seither fehlt jede Spur von ihr. Kurz darauf ziehen Bauarbeiter eine jahrhundertealte Leiche aus dem moorigen Ackerland. Als Kommissar Stenberg den Fall übernimmt, verfolgt Kajsa die Ermittlungen noch mit Interesse. Doch dann steht Max Rösling, der Erbe des Hofes, plötzlich vor der Tür. Der Mann, der seit Jahren verdächtigt wird, seinen Vater getötet zu haben...
Ein neuer Fall für Rolf Stenberg und Lennart Roos.
Nach fast einem halben Jahrhundert will Max Rösling auf das elterliche Gut zurückkehren und sein Erbe antreten. Sehr zum Entsetzen seiner Familie, denn niemand erinnert sich gern an das, was damals auf dem Hof passierte ...
Kajsa Linder glaubt an eine Fügung des Schicksals, als ihr der verlassene Hof Röshult zum Kauf angeboten wird. Sie träumt schon lange davon, mit ihrer Familie aufs Land zu ziehen. Doch sie wird nicht zur Ruhe kommen. Es beginnt mit dem Fund eines Tagebuches. Ein junges Mädchen muss sich Jahre zuvor auf dem Hof versteckt haben. Seither fehlt jede Spur von ihr. Kurz darauf ziehen Bauarbeiter eine jahrhundertealte Leiche aus dem moorigen Ackerland. Als Kommissar Stenberg den Fall übernimmt, verfolgt Kajsa die Ermittlungen noch mit Interesse. Doch dann steht Max Rösling, der Erbe des Hofes, plötzlich vor der Tür. Der Mann, der seit Jahren verdächtigt wird, seinen Vater getötet zu haben ...
- Ein faszinierendes Porträt der skandinavischen Gesellschaft.
- Die Entdeckung eines wirklichen Erzähltalents!
"Ein atemberaubender Thriller für alle Fans von Hakan Nesser." - Liza Marklund
"Ein hochspannender Krimi!"Brigitte über " - Der leiseste Verdacht"
Nach fast einem halben Jahrhundert will Max Rösling auf das elterliche Gut zurückkehren und sein Erbe antreten. Sehr zum Entsetzen seiner Familie, denn niemand erinnert sich gern an das, was damals auf dem Hof passierte ...
Kajsa Linder glaubt an eine Fügung des Schicksals, als ihr der verlassene Hof Röshult zum Kauf angeboten wird. Sie träumt schon lange davon, mit ihrer Familie aufs Land zu ziehen. Doch sie wird nicht zur Ruhe kommen. Es beginnt mit dem Fund eines Tagebuches. Ein junges Mädchen muss sich Jahre zuvor auf dem Hof versteckt haben. Seither fehlt jede Spur von ihr. Kurz darauf ziehen Bauarbeiter eine jahrhundertealte Leiche aus dem moorigen Ackerland. Als Kommissar Stenberg den Fall übernimmt, verfolgt Kajsa die Ermittlungen noch mit Interesse. Doch dann steht Max Rösling, der Erbe des Hofes, plötzlich vor der Tür. Der Mann, der seit Jahren verdächtigt wird, seinen Vater getötet zu haben ...
- Ein faszinierendes Porträt der skandinavischen Gesellschaft.
- Die Entdeckung eines wirklichen Erzähltalents!
"Ein atemberaubender Thriller für alle Fans von Hakan Nesser." - Liza Marklund
"Ein hochspannender Krimi!"Brigitte über " - Der leiseste Verdacht"
Lese-Probe zu „Die Ruhe vor dem Sturm “
Helena1
FREITAG, 11. APRIL
Die Dmerung war bereits weit fortgeschritten, als er den Hof erblickte. Oder zumindest einen Teil davon. Die Stle lien sich hinter der schwarzen Silhouette der nackten Zweige nur erahnen, doch das reichte aus, um seinen Herzschlag zu beschleunigen.
Das Taxi bremste behutsam, bevor es auf den schmalen Kiesweg abbog, der sich schnurgerade zwischen Weiden und frisch gepflten Feldern dahinzog. Er beugte sich hastig vor und klopfte an die Scheibe.
"Stopp ... halten Sie an!"
Es war als Aufforderung gemeint, klang jedoch mehr wie ein Hilferuf.
Der Fahrer sah ihn im Rkspiegel fragend an. "Hier?"
Er bekam seine Stimme wieder unter Kontrolle. "Ja, ich gehe das letzte Stk."
"Aber Ihre Tasche ... sie wird Ihnen auf dem Weg sehr schwer werden."
"Ich gehe das letzte Stk", beharrte er.
Der Fahrer hielt an und schaltete das Innenlicht ein. Sein Fahrgast nestelte an seiner Brieftasche, doch seine Hde zitterten heftig, und mit den Scheinen kannte er sich auch nicht aus.
"Nehmen Sie sich den Betrag", sagte er und gab dem Fahrer sein Portemonnaie.
Der Fahrer nahm drei Hunderterscheine heraus und legte das Wechselgeld hinein. Dann stieg er aus und holte die Tasche aus dem Kofferraum.
Bevor er den Motor wieder anlie fragte er mit besorgtem Unterton: "Soll ich Sie wirklich hier absetzen?"
"Ich komme schon zurecht."
Der Fahrer warf nochmals einen Blick auf die schwere Tasche, als wolle er sagen: Gib mir nicht die Schuld, wenn du einen Herzschlag bekommst, Alter.
Dann fuhr er davon.
Sobald das Auto aur Hweite war, brach die Stille er ihn herein, drkte gegen sein Trommelfell, wrend die Konturen der Landschaft deutlicher hervortraten. Dunkle, gezackte Fichten, nackte, wellige Felder mit feucht glzenden Ackerfurchen, steinige Koppeln und Gehze mit immer noch unbelaubten Bmen. Dne Nebelschwaden trieben er den ausgebesserten Asphalt. Eine lautlose Einsamkeit, von vereinzelten kalten Sternen bewacht.
Die Kte
... mehr
kroch ihm die Beine hinauf. Er nahm die Reisetasche, klemmte sich die Aktenmappe unter den Arm und begann den Kiesweg entlangzugehen.
Auf halber Strecke musste er stehen bleiben, um Atem zu schfen. Er hte ein dumpfes Schnaufen, das nicht von ihm kam, fuhr herum und starrte in die Dunkelheit. Schwerflige Schatten bewegten sich gemhlich im Dunst hinter der Steinmauer, und er hte die beruhigenden Laute gror Wiederker. Ein slich stechender Geruch stieg ihm in die Nase und versetzte ihn um mindestens ffzig Jahre zurk. Ke. Die hatte er schon lange nicht mehr gesehen.
Die verbleibende Wegstrecke zwischen den Bmen lag nun fast in vligem Dunkel, und die Kte trieb ihn zur Eile an. An der Giebelseite der Stle betrat er den Hofplatz.
Das Wohnhaus wurde von den frei stehenden Wirtschaftsgebden flankiert. Alles war genauso groig angelegt, wie er es in Erinnerung hatte. Den Stlen gegener lagen die Scheune sowie der Fuhrpark.
Auf der Suche nach bekannten Details versuchten seine Augen die Dunkelheit zu durchdringen. Die gro Rosskastanie, die mitten auf dem Hofplatz gestanden hatte, war verschwunden. Ohne sie sah er merkwdig kalt aus. Vor der Scheune stand ein Traktor, vermutlich neueren Datums, jedenfalls war er sauber. Das Haus hatte immer noch seine alte rote Farbe, die in der Dunkelheit schwarz wirkte. Durch zwei Fenster des Wohnhauses fiel ein grelles gelbes Licht auf den Kies, ansonsten schien der ganze Hof wie in Schlaf versunken.
Er wusste, dass hinter den erleuchteten Fenstern die Khe lag. Er gab Acht, mit den Fen keinen Kies aufzuwirbeln. Aur einer Reihe von Khenschrken war nichts zu erkennen. Doch jetzt drangen leise Stimmen und Musik zu ihm nach draun, vermutlich von einem Fernseher.
Am Rande der beleuchteten Flhe blieb er unschlsig stehen. Noch wussten weder er noch die da drinnen, wie der weitere Abend verlaufen wde. In dieser Ungewissheit lag eine Freiheit, die er auskosten wollte.
Als er schlieich die entscheidenden Schritte machte und an die T klopfte, waren seine Hde vor Nervosit schweiass. Sein Herz pochte heftig. Nichts passierte. Er klopfte lauter und hte drinnen jemanden rufen. Eine Frauenstimme. Dann schwere Schritte, ehe die T sich fnete. Ein grogewachsener, krtiger Mann flte die Tfnung. Sein Gesicht lag im Schatten. Jetzt gab es kein Zurk mehr.
"Leif?", fragte er unsicher.
In diesem Moment wurde die Lampe er der Treppe angeschaltet. Er starrte gebannt in das Gesicht und sah seine Vermutung bestigt: Sein Gegener war das Abbild des Vaters. Eine Woge sentimentaler Empfindungen verdrgte f einen Augenblick die Angst.
"Erkennst du mich nicht?" Seine Stimme klang sonderbar dn und wacklig.
Keine Antwort. Der andere schaute ihn unbeteiligt und abwartend an.
"Ich bin's, Max", sagte er und zeigte auf die Tasche, als knte die seine Behauptung bekrtigen. Der andere lieseinen Blick zur Tasche und wieder zurk wandern. Forschend, zweifelnd.
Dann ein Ausdruck des Erstaunens, gemischt mit unverhohlenem Unbehagen.
Die Frauenstimme ertte abermals die gleichmige Gerschkulisse des Fernsehers irgendwo im Haus. "Wer ist denn da?"
Es war eine krtige Stimme, wenn auch ein wenig heiser und ungeduldig. Sie hatte sich seit ffundvierzig Jahren nicht verdert.
Der Mann im Trahmen trat einen Schritt zur Seite und brummte mrisch: "Ist wohl besser, wenn du reinkommst."
Das erste Hindernis war erwunden. Mit einem kaum unterdrkten Stoeufzer der Erleichterung stellte er die Reisetasche unter die Garderobe, hgte seinen Mantel auf und gltete seine Haare. Die Aktenmappe hatte er immer noch unter den Arm geklemmt. Er betrat die hell erleuchtete Khe, und der schwache Essensgeruch, der in der Luft hing, machte ihn sofort hungrig. Er hatte seit Kopenhagen nichts zu sich genommen und hte schwen knen, dass es hier Fleischklchen zum Abendessen gegeben hatte.
In der T zu dem in Dmerlicht liegenden Raum, der an die Khe grenzte, stand eine weiaarige Frau, klein und dr, aber mit geradem Rken. Sie fixierte ihn mit verschrkten Armen. Er ging rasch auf sie zu, streckte eine Hand aus und schlug einen vertraulichen Ton an.
"Gertrud! Erkennst du mich denn nicht? Ich bin's, Max! Wie lange ist das her?"
Sie blinzelte ihn neugierig an und ignorierte seine ausgestreckte Hand. Ihre gealterten Gesichtsze zeugten von Selbstdisziplin. Oder war es Gleichgtigkeit?
"Ich dachte, du wst schon lange tot", sagte sie wenig liebenswdig.
"Why ... warum sollte ich ...?" Er lachte nerv auf. "Ich bin nach Hause gekommen, um zu bleiben", fte er beinahe flehentlich hinzu.
"Hoffentlich nicht bei uns." Es kam wie ein Peitschenhieb.
"Nein, , in Schweden, meine ich."
"Aha ..."
"Es wurde mir da dren zu einsam. Ich hatte das Gefl, dass ich zurkmusste", sagte er ausweichend.
Ihr unbarmherziger Blick war an seiner Kleidung hgen geblieben, die sie schweigend musterte.
"Ich dachte, es we sch, dich ... und den Hof wieder zu sehen, nach ... all these years. Du siehst gut aus."
"Ich kann nicht klagen."
"Du wirkst wirklich keinen Tag ter als ffzig", legte er sich ins Zeug.
"Du schon", entgegnete sie spitz.
"Ja, ja, die Zeit ... time takes its toll", sagte er gutmig.
"Bist du verheiratet?", fragte sie unvermittelt.
"Ich bin ... widower, meine Frau ist gestorben."
"Hm, du willst sicher eine Tasse Kaffee", sagte sie ohne jede Herzlichkeit und ging zum Herd.
"Ja, das we sch", sagte er mit neuer Hoffnung. "Ich habe seit dem Flughafen in Kopenhagen nichts in den Magen bekommen." Er hoffte, diese Auskunft wde ein wenig Essbares auf den Tisch zaubern, doch sie schien seinen Wink nicht verstehen zu wollen. Wrend sie mit der Kaffeemaschine beschtigt war, schaltete sich der Mann, der die T gefnet hatte, in das Gesprh ein.
"Du bist also mit dem Flugzeug direkt aus Amerika gekommen?", erkundigte er sich.
Max drehte den Kopf und dachte, er sollte seine Bemungen darauf konzentrieren, den Sohn des Hauses f sich zu gewinnen.
"Ja, stell dir vor", sagte er lhelnd. "Gestern war ich noch in New York, und heute bin ich auf Rhult. '52 war das Reisen noch eine ganz andere Sache. Da hing ich zwei Wochen lang er dem Klo oder der Reling, um mich zu ergeben. Dass ich dich sofort wiedererkannt habe! Du bist Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. Das habe ich schon damals gesehen, bevor ich ... obwohl du ja erst zwf warst."
Das Gesicht des Bruders verfinsterte sich, und Max bereute, den Vater erhaupt ins Spiel gebracht zu haben. "Was macht denn Birger eigentlich?", fragte er ausweichend. "Geht's ihm gut? Wohnt er hier in der Ne?"
Gertrud stand am Khentisch und klapperte mit den Kaffeetassen. Ohne aufzublicken sagte sie: "Der wohnt in Malm Wir sehen ihn nur selten."
Sie verzog den Mund, der bittere Unterton war ihm nicht entgangen. Offenbar war auch dies ein heikles Thema. Doch er war noch nicht bereit, vom eingeschlagenen Weg abzuweichen, und obwohl sein Lheln bereits krampfhafte Ze trug, fragte er forsch: "Mit dem Hof alles in Ordnung?"
Sie warf eine Packung Kekse auf den Tisch. "Wir kommen er die Runden."
"Ihr habt mit der Aussaat begonnen?"
Keine Antwort.
Plzlich flte er sich mutlos. Er war nicht willkommen und flte sich ihrer Feindseligkeit hilflos ausgeliefert. Unaufgefordert lieer sich auf einen der Khenstle sinken und schaute sich suchend nach einem Vorwand um, die sinnlose Plauderei fortzusetzen. Er stellte fest, dass alles vorhanden war, was zu einer modernen Einrichtung gehte. Weder die Khe noch der Traktor vor der T deuteten auf finanzielle Schwierigkeiten hin. "Hier hat sich in der Zwischenzeit ja einiges getan", sagte er vorsichtig. "Alles sieht so gepflegt aus."
Als auch auf diese Bemerkung niemand einging, fragte er Leif: "Bewirtschaftest du den Hof ganz allein oder hast du Unterstzung?"
Leif nahm ebenfalls auf einem der Stle Platz und legte seine krtigen, behaarten Unterarme auf die Tischplatte. Ohne seinen Gast eines Blickes zu wdigen, wandte er sich der dunklen Fensterscheibe zu.
"Ich habe keine Hilfe und ich brauche auch keine. Ich habe die Produktion ziemlich runtergefahren, und mit dem Mastvieh komme ich schon allein zurecht. F die Heuernte stelle ich ein paar Leute ein."
"Really? Mastvieh?", wiederholte Max interessiert. "Lohnt sich das denn?"
Der andere warf ihm einen misstrauischen Blick zu. "Wieso?"
Max gab auf. Aus denen war nichts herauszukriegen. Er wschte sich weit, weit fort, doch nun musste er die Suppe auch auslfeln, die er sich eingebrockt hatte. Da konnte er genauso gut gleich zur Sache kommen und es hinter sich bringen. Alles andere als unerschrocken betrat er vermintes Gelde.
"Ist doch wohl kein Wunder, dass ich mich f die finanzielle Lage des Hofs interessiere. Soweit ich wei bin ich an ihm beteiligt, und so hielt ich es f an der Zeit, mein Erbe einzufordern."
Das schockierte Schweigen, das darauf folgte, wurde erst wieder vom geschtigen Gurgeln der Kaffeemaschine gebrochen. Er spte mehr, als dass er sah, wie Mutter und Sohn verstohlene Blicke tauschten. Vermutlich sollte er sich auf eine heftige Auseinandersetzung gefasst machen, und diese lieauch nicht lange auf sich warten. Wrend Gertrud schweigend die Tassen flte, erhob sich ihr Sohn und lehnte sich er den Tisch. Auf dem wettergegerbten Gesicht schimmerten rote Flecken. Seine dunklen Augen funkelten gefrlich.
In einem Ton, der furchtbare Erinnerungen wachrief, zischte er durch die Zne: "Hier wird nichts aufgeteilt. Der Hof wird zusammengehalten. Darauf haben wir uns geeinigt."
Max sank tiefer in den Stuhl. Es schien ihm, als we sein Vater plzlich auferstanden. Er nahm all seinen verbliebenen Mut zusammen und versuchte einen klen Kopf zu bewahren, indem er sich vergegenwtigte, dass der Mann, der vor ihm stand, zwf Jahre jger war als er selbst.
"Was hei hier wir?", stieer hervor. "Ich bin nie gefragt worden."
Nun kam Gertrud ihrem Sohn zur Hilfe. Als hte er das nig gehabt.
"Ausgerechnet du sprichst von Erbe?", fuhr sie ihn an. "Hast du erhaupt keine Scham im Leib?"
Max lhelte gequt und fragte mit klopfendem Herzen: "Was wei du schon von Scham?"
So, nun kpften sie jedenfalls mit offenem Visier, und alle wussten, woran sie waren. Max stkte sich rasch mit einem Schluck brhein Kaffees.
Um allen Ansprhen von vornherein einen Riegel vorzuschieben, verkdete Leif: "Du hast alle Rechte verloren, als du dich davongemacht hast."
"Schon mlich, dass ihr dieser Meinung seid", entgegnete Max mit bebender Stimme. Er war bemt, die Diskussion auf einem sachlichen Niveau zu halten. "Doch zuflig habe ich das Gesetz auf meiner Seite."
Leif rang sich ein hnisches Lachen ab, aber es klang mehr wie ein Knurren.
"Welches Gesetz? Das mhte ich sehen. An deiner Stelle wde ich das Wort 'Gesetz' lieber nicht in den Mund nehmen."
"Du bist wirklich unverscht!", warf Gertrud gehsig ein. "Kommst einfach hierher und redest von Geld, nach allem, was du getan hast. Ich wundere mich, dass du dich erhaupt nach Hause traust."
Max' gute Vorsze begannen zu schwinden. "Ihr knt mich nicht einschhtern", sagte er gepresst. "Ich habe keinen Grund, vor irgendetwas Angst zu haben. Und meine Rechte kenne ich genau."
Leif schlug mit der Faust auf den Tisch, worauf der Kaffee aller drei Tassen erschwappte.
"Keinen Schimmer hast du!", schrie er. "Die Zeiten haben sich gedert. Jedenfalls hier in Schweden."
Auch Max schlug mit der Faust auf den Tisch, ohne allerdings Leifs Kunststk mit den Kaffeetassen zu wiederholen.
"Glaubst du etwa, ich hte all die Jahre auf einer einsamen Insel verbracht? Natlich weiich, dass die Zeiten sich gedert haben. Aber was hat das mit dieser Sache hier zu tun? Ich bin verdammt noch mal ebenso der Sohn des Alten wie du. God damn it!"
Nun lehnte sich Gertrud er den Tisch und machte eine beschwichtigende Handbewegung. "Beruhigt euch, alle beide!", sagte sie gebieterisch. Sie wandte sich an Max und fuhr vorwurfsvoll fort: "Du verstehst doch wohl, dass wir ... nicht gerade begeistert sind, wenn du hier plzlich auftauchst, so mir nichts, dir nichts, und vom Erbe sprichst, nach all den Jahren. Sonst hast du es ja nie f nig gehalten, mal von dir hen zu lassen."
Er konnte ein hnisches Schnauben nicht unterdrken. "Htet ihr euch denn gefreut, wenn ich frer gekommen we und das Thema zur Sprache gebracht hte?"
Sie blieb eine Antwort schuldig, doch schien sie sich um eine versnlichere Haltung zu bemen.
"Natlich werden wir versuchen, eine gemeinsame Lung zu finden, wenn dir wirklich von Rechts wegen etwas zusteht. Aber das muss ja erst mal geklt werden."
Leif wollte davon nichts wissen. "Wieso gemeinsame Lung? Ihm steht erhaupt nichts zu. Einbuchten sollte man den wegen Mordes!"
Max entging nicht, dass Gertrud ihrem wenden Sohn einen warnenden Blick zuwarf. Er selbst war gefrlich gereizt und fuhr streitlustig fort: "Komm blonicht mit diesen alten Anschuldigungen. Was damals passiert ist, wurde lgst aufgeklt. Da kommt man nach Hause auf den Hof, wo man geboren wurde, und wird wie ein fucking ...Verbrecher behandelt."
"Gar nichts wurde aufgeklt!", rief Leif. "Du bist doch einfach abgehauen!"
Max bemte sich darum, einen Rest seiner anfglichen Wde wiederzuerlangen. "Wenn wir versuchen, uns an die Fakten zu halten, dann steht mir hier einiges zu."
Gudrun lachte sptisch in ihre Kaffeetasse. "Das glaubst du im Ernst?"
Sie nickte Leif auffordernd zu. "Hol das Inventarverzeichnis von Henning", sagte sie.
"Warum denn das?", protestierte er.
"Tu, was ich sage. Du wei, wo es ist."
Er gehorchte widerstrebend und verschwand brummend in dem dunklen Raum hinter der Khe, in dem immer noch der Fernseher lief.
Max versprach sich nichts Gutes von dieser Idee und spte misstrauisch zu Gertrud hiner, die mit unergrdlicher Miene ihren Kaffee schlfte.
Leif kehrte zurk und warf missmutig ein Bdel Papiere auf den Tisch. Gertrud setzte sich die Brille auf. In aller Ruhe begann sie in den alten, vergilbten Unterlagen zu bltern. Sie fand rasch, wonach sie gesucht hatte, und schob Max triumphierend ein Blatt entgegen.
"Hier siehst du es selbst. Der erschuss belief sich auf hundertachtzigtausend, von dem noch die dreigtausend Schulden abgezogen werden msen. Bleiben hundertffzigtausend. Dort steht es. Angenommen, dir stde tatshlich etwas zu, dann wen das ...", sie erschlug die Summe rasch im Kopf, "... die Hfte geht ja mir, und den Rest mstet dann ihr drei Sne unter euch aufteilen. Bleibt f dich also ein Sechstel, das wen ... ffundzwanzigtausend."
Max schob das Blatt heftig von sich fort. "Versuch blonicht, mich f dumm zu verkaufen", stieer hervor, "die Frage ist schlieich, was der Hof heute wert ist."
"Das hat damit erhaupt nichts zu tun!", rief Leif. "Die Frage ist, was du erben solltest, als der Alte starb. Aurdem steht mir ein gewisser Lohn daf zu, dass ich mich in all den Jahren auch um deinen Anteil gekmert habe." Er hielt inne und erschlug einige Zahlen im Kopf, dann fuhr er fort: "Ffhundert im Jahr sind ja wohl nicht zu viel verlangt. Was macht das nach ffundvierzig Jahren? Zweiundzwanzigtausendffhundert, nicht wahr? Bleibt f dich ein Rest von zweieinhalbtausend. Die kann ich dir sofort in die Hand drken, dann brauchen wir uns nie wiederzusehen."
Max begann sich um seinen Blutdruck zu sorgen. Es pochte in den Schlen, sein Gesicht glte. Er sollte sich vorsehen. Schlieich war er nicht nach Hause gekommen, damit ihn hier der Schlag traf.
In einem Ton, als sei er er ihr gieriges Gezk erhaben, sagte er: "Wenn ihr solch eine Rechnung aufstellt, hat jede weitere Diskussion erhaupt keinen Sinn. Dann werde ich einen Anwalt beauftragen, der die Angelegenheit vor Gericht bringt."
Sie brauchten einige Sekunden, um diese Wendung zu verarbeiten. Gertrud trat ein paar Schritte zurk und schlug erneut einen versnlicheren Ton an.
"Du solltest nichts erstzen. Erst mal wollen wir sehen, ob dir von Rechts wegen was zusteht, und sollte das der Fall sein, dann knen wir immer noch in Ruhe er alles diskutieren. Denn eins steht doch wohl fest: Wenn wir da irgendwelche Anwte mit reinziehen, wird am Ende f keinen von uns was rig bleiben, nachdem die ihr Honorar kassiert haben."
Max nahm eine gewisse Besorgnis in ihrer Stimme wahr und konnte der Versuchung nicht widerstehen, seinen flhtigen Vorteil auszuspielen.
"Ich habe keine Angst vor Anwten", sagte er. "Denn ihr werdet die Kosten ernehmen msen, falls ihr euch nicht einverstanden erklt, mir mein rechtmiges Erbteil auszuzahlen. Wobei ihr natlich nicht vergessen dft, dass ich auch das Erbe meiner Mutter nie bekommen habe."
Der letzte Satz schien ihnen endgtig die Sprache verschlagen zu haben.
"Denn auch ich hatte schlieich eine Mutter, oder wollt ihr das etwa leugnen?", fte er leise hinzu.
Sie starrten schweigend vor sich hin, als msten sie ihre Lage neu erdenken.
Doch an einer Fortsetzung der Diskussion war ihm nicht gelegen. Er hatte ihnen seinen Standpunkt hinreichend dargelegt. Falls sie noch etwas zu sagen hatten, sollten sie ihn zu einem speren Zeitpunkt eben perslich aufsuchen. Er schaute auf die Uhr. Halb neun. Hhste Zeit, an die Rkfahrt zu denken. Vor ein paar Stunden war er naiv genug gewesen, auf ihre Gastfreundschaft zu vertrauen - zumindest war er davon ausgegangen, dass sie ihn f ein paar Tage beherbergen wden -, doch nun sah er ein, wie trerisch diese Hoffnung gewesen war. Aurdem wollte er keine Minute lger als nig bei ihnen bleiben. Ein wenig peinlich war blo dass er die gro Reisetasche mitgeschleppt hatte.
"Vielleicht dfte ich kurz euer Telefon benutzen, um mir ein Taxi zu rufen", sagte er steif.
Gertrud wurde aus ihren Gedanken gerissen und betrachtete ihn mit neu erwachtem Interesse, als begriffe sie erst jetzt, wer er eigentlich war.
Mit einem Mal klang sie ausgesprochen versnlich: "Ach, das hat doch keine Eile." Sie flte seine Kaffeetasse auf. "Wir haben uns schlieich seit er vierzig Jahren nicht gesehen. Erzl uns lieber ein bisschen, wie es dir ergangen ist in all der Zeit, was du erlebt hast. Hier bei uns passiert ja nicht so viel. We sch, mal was Neues zu hen."
Er sparte sich eine Erwiderung. Um zu demonstrieren, dass ihre Freundlichkeit zu sp kam, griff er nach seiner Aktenmappe und schaute sich suchend nach dem Telefon um. Doch sie lienicht locker.
"Du bist doch sicherlich hungrig, nachdem du den ganzen Tag unterwegs warst. Ich kann dir ein paar Fleischklchen aufwmen."
Sie war schon auf den Beinen und kmerte sich nicht um seinen halbherzigen Protest. Leif, der nicht so schnell umschalten konnte wie sie und dem die Zornesre immer noch im Gesicht stand, schaute bestzt zu, wie sie mit Pfannen und Tfen hantierte, doch sie lieihn nicht zu Wort kommen.
"Wie ist es dir in Amerika ergangen?", fragte sie. "Wo hast du erhaupt gelebt?"
Max sah dabei zu, wie sie sich in der Khe zu schaffen machte. Fasziniert erinnerte er sich, dass sie stets so gewesen war - schlagfertig und launisch. Bei ihr wusste man nie, woran man war. Einst war er von ihrer sprunghaften Launenhaftigkeit wie verzaubert gewesen.
"All over", antwortete er vage, "hauptshlich in Chicago."
"Hm, Chicago. Was hast du da gemacht?"
"Ich war Geschtsmann, in der Autobranche."
"Hast du Autos verkauft?"
Auf halber Strecke musste er stehen bleiben, um Atem zu schfen. Er hte ein dumpfes Schnaufen, das nicht von ihm kam, fuhr herum und starrte in die Dunkelheit. Schwerflige Schatten bewegten sich gemhlich im Dunst hinter der Steinmauer, und er hte die beruhigenden Laute gror Wiederker. Ein slich stechender Geruch stieg ihm in die Nase und versetzte ihn um mindestens ffzig Jahre zurk. Ke. Die hatte er schon lange nicht mehr gesehen.
Die verbleibende Wegstrecke zwischen den Bmen lag nun fast in vligem Dunkel, und die Kte trieb ihn zur Eile an. An der Giebelseite der Stle betrat er den Hofplatz.
Das Wohnhaus wurde von den frei stehenden Wirtschaftsgebden flankiert. Alles war genauso groig angelegt, wie er es in Erinnerung hatte. Den Stlen gegener lagen die Scheune sowie der Fuhrpark.
Auf der Suche nach bekannten Details versuchten seine Augen die Dunkelheit zu durchdringen. Die gro Rosskastanie, die mitten auf dem Hofplatz gestanden hatte, war verschwunden. Ohne sie sah er merkwdig kalt aus. Vor der Scheune stand ein Traktor, vermutlich neueren Datums, jedenfalls war er sauber. Das Haus hatte immer noch seine alte rote Farbe, die in der Dunkelheit schwarz wirkte. Durch zwei Fenster des Wohnhauses fiel ein grelles gelbes Licht auf den Kies, ansonsten schien der ganze Hof wie in Schlaf versunken.
Er wusste, dass hinter den erleuchteten Fenstern die Khe lag. Er gab Acht, mit den Fen keinen Kies aufzuwirbeln. Aur einer Reihe von Khenschrken war nichts zu erkennen. Doch jetzt drangen leise Stimmen und Musik zu ihm nach draun, vermutlich von einem Fernseher.
Am Rande der beleuchteten Flhe blieb er unschlsig stehen. Noch wussten weder er noch die da drinnen, wie der weitere Abend verlaufen wde. In dieser Ungewissheit lag eine Freiheit, die er auskosten wollte.
Als er schlieich die entscheidenden Schritte machte und an die T klopfte, waren seine Hde vor Nervosit schweiass. Sein Herz pochte heftig. Nichts passierte. Er klopfte lauter und hte drinnen jemanden rufen. Eine Frauenstimme. Dann schwere Schritte, ehe die T sich fnete. Ein grogewachsener, krtiger Mann flte die Tfnung. Sein Gesicht lag im Schatten. Jetzt gab es kein Zurk mehr.
"Leif?", fragte er unsicher.
In diesem Moment wurde die Lampe er der Treppe angeschaltet. Er starrte gebannt in das Gesicht und sah seine Vermutung bestigt: Sein Gegener war das Abbild des Vaters. Eine Woge sentimentaler Empfindungen verdrgte f einen Augenblick die Angst.
"Erkennst du mich nicht?" Seine Stimme klang sonderbar dn und wacklig.
Keine Antwort. Der andere schaute ihn unbeteiligt und abwartend an.
"Ich bin's, Max", sagte er und zeigte auf die Tasche, als knte die seine Behauptung bekrtigen. Der andere lieseinen Blick zur Tasche und wieder zurk wandern. Forschend, zweifelnd.
Dann ein Ausdruck des Erstaunens, gemischt mit unverhohlenem Unbehagen.
Die Frauenstimme ertte abermals die gleichmige Gerschkulisse des Fernsehers irgendwo im Haus. "Wer ist denn da?"
Es war eine krtige Stimme, wenn auch ein wenig heiser und ungeduldig. Sie hatte sich seit ffundvierzig Jahren nicht verdert.
Der Mann im Trahmen trat einen Schritt zur Seite und brummte mrisch: "Ist wohl besser, wenn du reinkommst."
Das erste Hindernis war erwunden. Mit einem kaum unterdrkten Stoeufzer der Erleichterung stellte er die Reisetasche unter die Garderobe, hgte seinen Mantel auf und gltete seine Haare. Die Aktenmappe hatte er immer noch unter den Arm geklemmt. Er betrat die hell erleuchtete Khe, und der schwache Essensgeruch, der in der Luft hing, machte ihn sofort hungrig. Er hatte seit Kopenhagen nichts zu sich genommen und hte schwen knen, dass es hier Fleischklchen zum Abendessen gegeben hatte.
In der T zu dem in Dmerlicht liegenden Raum, der an die Khe grenzte, stand eine weiaarige Frau, klein und dr, aber mit geradem Rken. Sie fixierte ihn mit verschrkten Armen. Er ging rasch auf sie zu, streckte eine Hand aus und schlug einen vertraulichen Ton an.
"Gertrud! Erkennst du mich denn nicht? Ich bin's, Max! Wie lange ist das her?"
Sie blinzelte ihn neugierig an und ignorierte seine ausgestreckte Hand. Ihre gealterten Gesichtsze zeugten von Selbstdisziplin. Oder war es Gleichgtigkeit?
"Ich dachte, du wst schon lange tot", sagte sie wenig liebenswdig.
"Why ... warum sollte ich ...?" Er lachte nerv auf. "Ich bin nach Hause gekommen, um zu bleiben", fte er beinahe flehentlich hinzu.
"Hoffentlich nicht bei uns." Es kam wie ein Peitschenhieb.
"Nein, , in Schweden, meine ich."
"Aha ..."
"Es wurde mir da dren zu einsam. Ich hatte das Gefl, dass ich zurkmusste", sagte er ausweichend.
Ihr unbarmherziger Blick war an seiner Kleidung hgen geblieben, die sie schweigend musterte.
"Ich dachte, es we sch, dich ... und den Hof wieder zu sehen, nach ... all these years. Du siehst gut aus."
"Ich kann nicht klagen."
"Du wirkst wirklich keinen Tag ter als ffzig", legte er sich ins Zeug.
"Du schon", entgegnete sie spitz.
"Ja, ja, die Zeit ... time takes its toll", sagte er gutmig.
"Bist du verheiratet?", fragte sie unvermittelt.
"Ich bin ... widower, meine Frau ist gestorben."
"Hm, du willst sicher eine Tasse Kaffee", sagte sie ohne jede Herzlichkeit und ging zum Herd.
"Ja, das we sch", sagte er mit neuer Hoffnung. "Ich habe seit dem Flughafen in Kopenhagen nichts in den Magen bekommen." Er hoffte, diese Auskunft wde ein wenig Essbares auf den Tisch zaubern, doch sie schien seinen Wink nicht verstehen zu wollen. Wrend sie mit der Kaffeemaschine beschtigt war, schaltete sich der Mann, der die T gefnet hatte, in das Gesprh ein.
"Du bist also mit dem Flugzeug direkt aus Amerika gekommen?", erkundigte er sich.
Max drehte den Kopf und dachte, er sollte seine Bemungen darauf konzentrieren, den Sohn des Hauses f sich zu gewinnen.
"Ja, stell dir vor", sagte er lhelnd. "Gestern war ich noch in New York, und heute bin ich auf Rhult. '52 war das Reisen noch eine ganz andere Sache. Da hing ich zwei Wochen lang er dem Klo oder der Reling, um mich zu ergeben. Dass ich dich sofort wiedererkannt habe! Du bist Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. Das habe ich schon damals gesehen, bevor ich ... obwohl du ja erst zwf warst."
Das Gesicht des Bruders verfinsterte sich, und Max bereute, den Vater erhaupt ins Spiel gebracht zu haben. "Was macht denn Birger eigentlich?", fragte er ausweichend. "Geht's ihm gut? Wohnt er hier in der Ne?"
Gertrud stand am Khentisch und klapperte mit den Kaffeetassen. Ohne aufzublicken sagte sie: "Der wohnt in Malm Wir sehen ihn nur selten."
Sie verzog den Mund, der bittere Unterton war ihm nicht entgangen. Offenbar war auch dies ein heikles Thema. Doch er war noch nicht bereit, vom eingeschlagenen Weg abzuweichen, und obwohl sein Lheln bereits krampfhafte Ze trug, fragte er forsch: "Mit dem Hof alles in Ordnung?"
Sie warf eine Packung Kekse auf den Tisch. "Wir kommen er die Runden."
"Ihr habt mit der Aussaat begonnen?"
Keine Antwort.
Plzlich flte er sich mutlos. Er war nicht willkommen und flte sich ihrer Feindseligkeit hilflos ausgeliefert. Unaufgefordert lieer sich auf einen der Khenstle sinken und schaute sich suchend nach einem Vorwand um, die sinnlose Plauderei fortzusetzen. Er stellte fest, dass alles vorhanden war, was zu einer modernen Einrichtung gehte. Weder die Khe noch der Traktor vor der T deuteten auf finanzielle Schwierigkeiten hin. "Hier hat sich in der Zwischenzeit ja einiges getan", sagte er vorsichtig. "Alles sieht so gepflegt aus."
Als auch auf diese Bemerkung niemand einging, fragte er Leif: "Bewirtschaftest du den Hof ganz allein oder hast du Unterstzung?"
Leif nahm ebenfalls auf einem der Stle Platz und legte seine krtigen, behaarten Unterarme auf die Tischplatte. Ohne seinen Gast eines Blickes zu wdigen, wandte er sich der dunklen Fensterscheibe zu.
"Ich habe keine Hilfe und ich brauche auch keine. Ich habe die Produktion ziemlich runtergefahren, und mit dem Mastvieh komme ich schon allein zurecht. F die Heuernte stelle ich ein paar Leute ein."
"Really? Mastvieh?", wiederholte Max interessiert. "Lohnt sich das denn?"
Der andere warf ihm einen misstrauischen Blick zu. "Wieso?"
Max gab auf. Aus denen war nichts herauszukriegen. Er wschte sich weit, weit fort, doch nun musste er die Suppe auch auslfeln, die er sich eingebrockt hatte. Da konnte er genauso gut gleich zur Sache kommen und es hinter sich bringen. Alles andere als unerschrocken betrat er vermintes Gelde.
"Ist doch wohl kein Wunder, dass ich mich f die finanzielle Lage des Hofs interessiere. Soweit ich wei bin ich an ihm beteiligt, und so hielt ich es f an der Zeit, mein Erbe einzufordern."
Das schockierte Schweigen, das darauf folgte, wurde erst wieder vom geschtigen Gurgeln der Kaffeemaschine gebrochen. Er spte mehr, als dass er sah, wie Mutter und Sohn verstohlene Blicke tauschten. Vermutlich sollte er sich auf eine heftige Auseinandersetzung gefasst machen, und diese lieauch nicht lange auf sich warten. Wrend Gertrud schweigend die Tassen flte, erhob sich ihr Sohn und lehnte sich er den Tisch. Auf dem wettergegerbten Gesicht schimmerten rote Flecken. Seine dunklen Augen funkelten gefrlich.
In einem Ton, der furchtbare Erinnerungen wachrief, zischte er durch die Zne: "Hier wird nichts aufgeteilt. Der Hof wird zusammengehalten. Darauf haben wir uns geeinigt."
Max sank tiefer in den Stuhl. Es schien ihm, als we sein Vater plzlich auferstanden. Er nahm all seinen verbliebenen Mut zusammen und versuchte einen klen Kopf zu bewahren, indem er sich vergegenwtigte, dass der Mann, der vor ihm stand, zwf Jahre jger war als er selbst.
"Was hei hier wir?", stieer hervor. "Ich bin nie gefragt worden."
Nun kam Gertrud ihrem Sohn zur Hilfe. Als hte er das nig gehabt.
"Ausgerechnet du sprichst von Erbe?", fuhr sie ihn an. "Hast du erhaupt keine Scham im Leib?"
Max lhelte gequt und fragte mit klopfendem Herzen: "Was wei du schon von Scham?"
So, nun kpften sie jedenfalls mit offenem Visier, und alle wussten, woran sie waren. Max stkte sich rasch mit einem Schluck brhein Kaffees.
Um allen Ansprhen von vornherein einen Riegel vorzuschieben, verkdete Leif: "Du hast alle Rechte verloren, als du dich davongemacht hast."
"Schon mlich, dass ihr dieser Meinung seid", entgegnete Max mit bebender Stimme. Er war bemt, die Diskussion auf einem sachlichen Niveau zu halten. "Doch zuflig habe ich das Gesetz auf meiner Seite."
Leif rang sich ein hnisches Lachen ab, aber es klang mehr wie ein Knurren.
"Welches Gesetz? Das mhte ich sehen. An deiner Stelle wde ich das Wort 'Gesetz' lieber nicht in den Mund nehmen."
"Du bist wirklich unverscht!", warf Gertrud gehsig ein. "Kommst einfach hierher und redest von Geld, nach allem, was du getan hast. Ich wundere mich, dass du dich erhaupt nach Hause traust."
Max' gute Vorsze begannen zu schwinden. "Ihr knt mich nicht einschhtern", sagte er gepresst. "Ich habe keinen Grund, vor irgendetwas Angst zu haben. Und meine Rechte kenne ich genau."
Leif schlug mit der Faust auf den Tisch, worauf der Kaffee aller drei Tassen erschwappte.
"Keinen Schimmer hast du!", schrie er. "Die Zeiten haben sich gedert. Jedenfalls hier in Schweden."
Auch Max schlug mit der Faust auf den Tisch, ohne allerdings Leifs Kunststk mit den Kaffeetassen zu wiederholen.
"Glaubst du etwa, ich hte all die Jahre auf einer einsamen Insel verbracht? Natlich weiich, dass die Zeiten sich gedert haben. Aber was hat das mit dieser Sache hier zu tun? Ich bin verdammt noch mal ebenso der Sohn des Alten wie du. God damn it!"
Nun lehnte sich Gertrud er den Tisch und machte eine beschwichtigende Handbewegung. "Beruhigt euch, alle beide!", sagte sie gebieterisch. Sie wandte sich an Max und fuhr vorwurfsvoll fort: "Du verstehst doch wohl, dass wir ... nicht gerade begeistert sind, wenn du hier plzlich auftauchst, so mir nichts, dir nichts, und vom Erbe sprichst, nach all den Jahren. Sonst hast du es ja nie f nig gehalten, mal von dir hen zu lassen."
Er konnte ein hnisches Schnauben nicht unterdrken. "Htet ihr euch denn gefreut, wenn ich frer gekommen we und das Thema zur Sprache gebracht hte?"
Sie blieb eine Antwort schuldig, doch schien sie sich um eine versnlichere Haltung zu bemen.
"Natlich werden wir versuchen, eine gemeinsame Lung zu finden, wenn dir wirklich von Rechts wegen etwas zusteht. Aber das muss ja erst mal geklt werden."
Leif wollte davon nichts wissen. "Wieso gemeinsame Lung? Ihm steht erhaupt nichts zu. Einbuchten sollte man den wegen Mordes!"
Max entging nicht, dass Gertrud ihrem wenden Sohn einen warnenden Blick zuwarf. Er selbst war gefrlich gereizt und fuhr streitlustig fort: "Komm blonicht mit diesen alten Anschuldigungen. Was damals passiert ist, wurde lgst aufgeklt. Da kommt man nach Hause auf den Hof, wo man geboren wurde, und wird wie ein fucking ...Verbrecher behandelt."
"Gar nichts wurde aufgeklt!", rief Leif. "Du bist doch einfach abgehauen!"
Max bemte sich darum, einen Rest seiner anfglichen Wde wiederzuerlangen. "Wenn wir versuchen, uns an die Fakten zu halten, dann steht mir hier einiges zu."
Gudrun lachte sptisch in ihre Kaffeetasse. "Das glaubst du im Ernst?"
Sie nickte Leif auffordernd zu. "Hol das Inventarverzeichnis von Henning", sagte sie.
"Warum denn das?", protestierte er.
"Tu, was ich sage. Du wei, wo es ist."
Er gehorchte widerstrebend und verschwand brummend in dem dunklen Raum hinter der Khe, in dem immer noch der Fernseher lief.
Max versprach sich nichts Gutes von dieser Idee und spte misstrauisch zu Gertrud hiner, die mit unergrdlicher Miene ihren Kaffee schlfte.
Leif kehrte zurk und warf missmutig ein Bdel Papiere auf den Tisch. Gertrud setzte sich die Brille auf. In aller Ruhe begann sie in den alten, vergilbten Unterlagen zu bltern. Sie fand rasch, wonach sie gesucht hatte, und schob Max triumphierend ein Blatt entgegen.
"Hier siehst du es selbst. Der erschuss belief sich auf hundertachtzigtausend, von dem noch die dreigtausend Schulden abgezogen werden msen. Bleiben hundertffzigtausend. Dort steht es. Angenommen, dir stde tatshlich etwas zu, dann wen das ...", sie erschlug die Summe rasch im Kopf, "... die Hfte geht ja mir, und den Rest mstet dann ihr drei Sne unter euch aufteilen. Bleibt f dich also ein Sechstel, das wen ... ffundzwanzigtausend."
Max schob das Blatt heftig von sich fort. "Versuch blonicht, mich f dumm zu verkaufen", stieer hervor, "die Frage ist schlieich, was der Hof heute wert ist."
"Das hat damit erhaupt nichts zu tun!", rief Leif. "Die Frage ist, was du erben solltest, als der Alte starb. Aurdem steht mir ein gewisser Lohn daf zu, dass ich mich in all den Jahren auch um deinen Anteil gekmert habe." Er hielt inne und erschlug einige Zahlen im Kopf, dann fuhr er fort: "Ffhundert im Jahr sind ja wohl nicht zu viel verlangt. Was macht das nach ffundvierzig Jahren? Zweiundzwanzigtausendffhundert, nicht wahr? Bleibt f dich ein Rest von zweieinhalbtausend. Die kann ich dir sofort in die Hand drken, dann brauchen wir uns nie wiederzusehen."
Max begann sich um seinen Blutdruck zu sorgen. Es pochte in den Schlen, sein Gesicht glte. Er sollte sich vorsehen. Schlieich war er nicht nach Hause gekommen, damit ihn hier der Schlag traf.
In einem Ton, als sei er er ihr gieriges Gezk erhaben, sagte er: "Wenn ihr solch eine Rechnung aufstellt, hat jede weitere Diskussion erhaupt keinen Sinn. Dann werde ich einen Anwalt beauftragen, der die Angelegenheit vor Gericht bringt."
Sie brauchten einige Sekunden, um diese Wendung zu verarbeiten. Gertrud trat ein paar Schritte zurk und schlug erneut einen versnlicheren Ton an.
"Du solltest nichts erstzen. Erst mal wollen wir sehen, ob dir von Rechts wegen was zusteht, und sollte das der Fall sein, dann knen wir immer noch in Ruhe er alles diskutieren. Denn eins steht doch wohl fest: Wenn wir da irgendwelche Anwte mit reinziehen, wird am Ende f keinen von uns was rig bleiben, nachdem die ihr Honorar kassiert haben."
Max nahm eine gewisse Besorgnis in ihrer Stimme wahr und konnte der Versuchung nicht widerstehen, seinen flhtigen Vorteil auszuspielen.
"Ich habe keine Angst vor Anwten", sagte er. "Denn ihr werdet die Kosten ernehmen msen, falls ihr euch nicht einverstanden erklt, mir mein rechtmiges Erbteil auszuzahlen. Wobei ihr natlich nicht vergessen dft, dass ich auch das Erbe meiner Mutter nie bekommen habe."
Der letzte Satz schien ihnen endgtig die Sprache verschlagen zu haben.
"Denn auch ich hatte schlieich eine Mutter, oder wollt ihr das etwa leugnen?", fte er leise hinzu.
Sie starrten schweigend vor sich hin, als msten sie ihre Lage neu erdenken.
Doch an einer Fortsetzung der Diskussion war ihm nicht gelegen. Er hatte ihnen seinen Standpunkt hinreichend dargelegt. Falls sie noch etwas zu sagen hatten, sollten sie ihn zu einem speren Zeitpunkt eben perslich aufsuchen. Er schaute auf die Uhr. Halb neun. Hhste Zeit, an die Rkfahrt zu denken. Vor ein paar Stunden war er naiv genug gewesen, auf ihre Gastfreundschaft zu vertrauen - zumindest war er davon ausgegangen, dass sie ihn f ein paar Tage beherbergen wden -, doch nun sah er ein, wie trerisch diese Hoffnung gewesen war. Aurdem wollte er keine Minute lger als nig bei ihnen bleiben. Ein wenig peinlich war blo dass er die gro Reisetasche mitgeschleppt hatte.
"Vielleicht dfte ich kurz euer Telefon benutzen, um mir ein Taxi zu rufen", sagte er steif.
Gertrud wurde aus ihren Gedanken gerissen und betrachtete ihn mit neu erwachtem Interesse, als begriffe sie erst jetzt, wer er eigentlich war.
Mit einem Mal klang sie ausgesprochen versnlich: "Ach, das hat doch keine Eile." Sie flte seine Kaffeetasse auf. "Wir haben uns schlieich seit er vierzig Jahren nicht gesehen. Erzl uns lieber ein bisschen, wie es dir ergangen ist in all der Zeit, was du erlebt hast. Hier bei uns passiert ja nicht so viel. We sch, mal was Neues zu hen."
Er sparte sich eine Erwiderung. Um zu demonstrieren, dass ihre Freundlichkeit zu sp kam, griff er nach seiner Aktenmappe und schaute sich suchend nach dem Telefon um. Doch sie lienicht locker.
"Du bist doch sicherlich hungrig, nachdem du den ganzen Tag unterwegs warst. Ich kann dir ein paar Fleischklchen aufwmen."
Sie war schon auf den Beinen und kmerte sich nicht um seinen halbherzigen Protest. Leif, der nicht so schnell umschalten konnte wie sie und dem die Zornesre immer noch im Gesicht stand, schaute bestzt zu, wie sie mit Pfannen und Tfen hantierte, doch sie lieihn nicht zu Wort kommen.
"Wie ist es dir in Amerika ergangen?", fragte sie. "Wo hast du erhaupt gelebt?"
Max sah dabei zu, wie sie sich in der Khe zu schaffen machte. Fasziniert erinnerte er sich, dass sie stets so gewesen war - schlagfertig und launisch. Bei ihr wusste man nie, woran man war. Einst war er von ihrer sprunghaften Launenhaftigkeit wie verzaubert gewesen.
"All over", antwortete er vage, "hauptshlich in Chicago."
"Hm, Chicago. Was hast du da gemacht?"
"Ich war Geschtsmann, in der Autobranche."
"Hast du Autos verkauft?"
... weniger
Autoren-Porträt von Helena Brink
Helena Brink ist ein Pseudonym, hinter dem sich ein schwedisches Schriftstellerehepaar verbirgt.Knut Krüger, geb. 1966, arbeitete nach seinem Germanistik-Studium im Buchhandel und Verlagswesen. Er ist heute freier Autor, Lektor und Übersetzer für englische und skandinavische Literatur. Lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in München.
Bibliographische Angaben
- Autor: Helena Brink
- 2007, 687 Seiten, Maße: 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Krüger, Knut
- Verlag: Diana
- ISBN-10: 3453351908
- ISBN-13: 9783453351905
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