Die Schatzinsel
Durch Zufall gerät Jim Hawkins in den Besitz einer geheimnisvollen Karte, auf der die sagenhaften Schätze des Piratenkapitäns Flint verzeichnet sind. Gemeinsam mit seinen Freunden bricht Jim auf, die Schatzinsel zu finden. Doch auch einige Piraten aus...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Die Schatzinsel “
Durch Zufall gerät Jim Hawkins in den Besitz einer geheimnisvollen Karte, auf der die sagenhaften Schätze des Piratenkapitäns Flint verzeichnet sind. Gemeinsam mit seinen Freunden bricht Jim auf, die Schatzinsel zu finden. Doch auch einige Piraten aus Flints früherer Mannschaft sind hinter dem Schatz her, und der finstere Schiffskoch John Silver setzt alles daran, Jim aufzuhalten.
Klappentext zu „Die Schatzinsel “
Ein Abenteuer kommt selten allein ... - Die schönsten Klassiker der Kinderliteratur im cbj TaschenbuchDurch Zufall gerät Jim Hawkins in den Besitz einer geheimnisvollen Karte, auf der die sagenhaften Schätze des Piratenkapitäns Flint verzeichnet sind. Gemeinsam mit seinen Freunden bricht Jim auf, die Schatzinsel zu finden. Doch auch einige Piraten aus Flints früherer Mannschaft sind hinter dem Schatz her, und der finstere Schiffskoch John Silver setzt alles daran, Jim aufzuhalten.
- In wunderschöner moderner Ausstattung
- Behutsam überarbeitet und gekürzt
Lese-Probe zu „Die Schatzinsel “
TEIL I Der alte Freibeuter Kapitel 1 Der alte Seebär im "Admiral Benbow"Weil Squire Trelawney, Dr. Livesey und die übrigen Gentlemen mich gebeten haben, alle Einzelheiten über die Schatzinsel vom Anfang bis zum Ende niederzuschreiben und nichts zurückzuhalten als die Lage der Insel, und auch das nur, weil noch ungehobene Schätze dort liegen, greife ich im Jahr des Herrn 17.. zur Feder und gehe in die Zeit zurück, als mein Vater das Gasthaus "Zum Admiral Benbow" führte und der braun gebrannte alte Seemann mit der Säbelnarbe im Gesicht Wohnung unter unserem Dach nahm.
Ich erinnere mich an ihn, als sei es gestern gewesen, wie er schwerfällig zur Tür des Gasthauses kam, während ihm seine Seemannskiste auf einem Schubkarren nachgeführt wurde - ein großer, starker, schwerer Mann mit nussbraun gefärbtem Gesicht und einem teerigen Zopf, der ihm über die Schulter auf seinen beschmutzten blauen Rock fiel; seine Hände waren rau und narbig und hatten schwarze, abgebrochene Fingernägel; und die quer über eine Backe laufende Säbelnarbe war von schmutzig fahlem Weiß. Ich erinnere mich an ihn, wie er rings über die Bucht blickte, vor sich hin pfiff, während er so dastand und dann das alte Seemannslied anstimmte, das er später so oft sang: "Fünfzehn Mann auf der Kiste des Toten - Jo-ho-ho, und eine Flasche mit Rum!", mit einer hohen, zittrigen Altmännerstimme, die klang, als wäre sie an den Spaken der Ankerwinde gestimmt und gebrochen worden. Dann schlug er mit einem Stock, der aussah wie eine Handspake und den er mit sich führte, an die Tür und rief, als mein Vater erschien, mit grober Stimme nach einem Glas Rum. Als es ihm gebracht worden war, trank er es langsam wie ein Kenner, der beim Geschmack verweilt, und blickte immer noch über die Klippen und zu unserem Gasthausschild hinauf.
"Das ist eine nette Bucht", sagte er schließlich, "und der Grogladen hübsch gelegen. Viel los, Freund?"
Mein Vater verneinte; sehr wenig Kundschaft, und umso bedauerlicher sei es.
"Na
... mehr
gut", sagte er, "das ist der Ankerplatz für mich. Heda, Freundchen", rief er dem Mann zu, der den Karren geschoben hatte, "dreht hier bei und schafft meine Kiste hinauf. Ich will hier ein bisschen bleiben", fuhr er fort. "Ich bin ein einfacher Mann; Rum und Speck und Eier, das ist's, was ich brauche, und die Anhöhe dort drüben zum Beobachten der Schiffe. Wie Ihr zu mir sagen sollt? Ihr könnt Captain zu mir sagen. Oh, ich seh schon, worauf Ihr hinauswollt - da", er warf drei oder vier Goldstücke auf die Schwelle. "Ihr könnt mir's sagen, wenn ich damit fertig bin", sagte er und sah so grimmig drein wie ein Kommandant.
Und tatsächlich hatte er, so schlecht seine Kleider waren und so grob er sprach, nicht die Erscheinung eines Matrosen, sondern sah eher aus wie ein Steuermann oder Schiffer, gewohnt, Gehorsam zu finden oder zuzuschlagen. Der Mann, der mit dem Schubkarren gekommen war, erzählte uns, die Postkutsche habe den Captain am Morgen zuvor beim "Royal George" abgesetzt; der Captain habe sich erkundigt, was für Gasthäuser es die Küste entlang gebe; und da er, nehme ich an, von unserem Gutes zu hören bekam und es ihm als einsam gelegen beschrieben wurde, hatte er es vor den anderen zu seinem Wohnsitz gewählt. Und das war alles, was wir über unseren Gast erfahren konnten.
Aus Gewohnheit war er ein sehr schweigsamer Mensch. Den ganzen Tag lungerte er in der Bucht oder auf den Klippen herum, ein Messingfernrohr unter dem Arm; den ganzen Abend saß er in einer Ecke der Gaststube nah am Fenster und trank starken Rum mit Wasser. Meist sagte er nichts, wenn man ihn anredete, sah nur rasch und grimmig auf und schnaubte durch die Nase wie ein Nebelhorn; wir und die Leute, die in unser Haus kamen, lernten es bald, ihn in Ruhe zu lassen. Jeden Tag, wenn er von seinen Streifzügen zurückkam, pflegte er zu fragen, ob irgendwelche Seeleute auf der Straße vorbeigekommen seien. Zuerst dachten wir, es sei der Mangel an Gesellschaft von seinesgleichen, der ihn diese Frage stellen ließ; aber schließlich fingen wir anzubegreifen, dass er sie zu vermeiden trachtete. Wenn ein Seemann im "Admiral Benbow" einkehrte (was ab und zu welche taten, die auf der Küstenstraße nach Bristol unterwegs waren), betrachtete ihn der Captain immer durch den Vorhang an der Tür, bevor er die Gaststube betrat; und man konnte sicher sein, dass er, war einer anwesend, sich so still wie ein Mäuschen verhielt. Für mich wenigstens gab es bei dieser Sache kein Geheimnis; denn ich war sozusagen Teilhaber seiner Befürchtungen. Er hatte mich eines Tages beiseite genommen und mir ein silbernes Vier-Pence-Stück für jeden Ersten des Monats versprochen, wenn ich nur mein "scharfes Auge für einen Seefahrer mit einem Bein offen hielte" und es ihn in dem Augenblick wissen ließe, da dieser auftauchte. Oft genug, wenn der Erste des Monats gekommen war und ich mich um meinen Lohn an ihn wandte, schnaubte er mich durch die Nase an und brachte mich durch sein Anstarren in Verlegenheit; aber bevor die Woche um war, besann er sich gewiss eines Besseren, brachte mir mein Vier-Pence-Stück und wiederholte seine frühere Anordnung, "nach dem Seefahrer mit einem Bein" Ausschau zu halten.
Wie diese Figur mich in meinen Träumen heimsuchte, brauche ich kaum zu sagen. In stürmischen Nächten, wenn der Wind an den vier Ecken des Hauses rüttelte und die Brandung die Bucht entlang und die Klippen hinauf brüllte, sah ich den Mann in tausend Gestalten und mit tausend teuflischen Grimassen. Bald war das Bein am Knie, bald an der Hüfte abgesägt, dann wieder war er eine Art Ungeheuer, das immer nur ein Bein gehabt hatte, und zwar in der Mitte des Körpers. Zu sehen, wie er sprang und rannte und mich über Hecke und Gräben verfolgte, war der schlimmste der Albträume. Und eigentlich bezahlte ich mein monatliches Vier-Pence-Stück hübsch teuer, in Anbetracht dieser schauerlichen Fantasiegebilde.
Aber obwohl mich die Vorstellung des Seefahrers mit dem einen Bein in solchen Schrecken versetzte, hatte ich vor dem Captain selber weit weniger Angst als jeder andere, der ihn kannte. Es gab Abende, an denen er ein Gutteil mehr Rum und Wasser zu sich nahm, als sein Kopf vertragen konnte; und da saß er dann manchmal und sang seine gottlosen alten, wilden Seemannslieder, ohne auf jemand Rücksicht zu nehmen; bisweilen jedoch bestellte er Runden und zwang die ganze zitternde Gesellschaft, seinen Geschichten zuzuhören oder seine Singerei im Chor zu begleiten. Oft hörte ich das Haus beim "Jo-ho-ho und eine Flasche Rum" erdröhnen, weil alle Nachbarn, die Todesangst im Gesicht, einfielen und einer lauter sang als der andere, um keine Bemerkung herauszufordern. Denn bei solchen Anfällen war er der rücksichtsloseste Kumpan, den man sich vorstellen kann. Er schlug dann mit der Hand auf den Tisch, um rundum Schweigen zu gebieten; er ging bei einer Frage mit einem Wutanfall hoch, oder manchmal auch, weil keine gestellt wurde und er glaubte, die Gesellschaft folge seiner Geschichte nicht. Auch wollte er niemandem erlauben, das Gasthaus zu verlassen, bevor er sich nicht selber müde getrunken hatte und wegtorkelte, ins Bett.
Es waren seine Geschichten, die die Leute am schlimmsten ängstigten. Fürchterliche Geschichten waren das; vom Aufknüpfen, und wie man Gefangene über die Planken springen lässt, von Stürmen auf See, von den Dry Tortugas und von wilden Taten und Orten an der Nordostküste Südamerikas. Nach seiner eigenen Darstellung musste er sein Leben unter den verruchtesten Gesellen zugebracht haben, die der Herrgott je auf See geduldet hat; und die Ausdrücke, mit denen er diese Geschichten erzählte, erschreckten unsere einfachen Landbewohner fast so sehr wie die Verbrechen, die er beschrieb. Mein Vater sagte immer, das Gasthaus werde ruiniert, denn die Leute würden bald nicht mehr hierher kommen, wenn sie tyrannisiert, ihnen der Mund verboten und sie schaudernd ins Bett geschickt würden; ich glaube aber eher, dass die Anwesenheit des Captain uns von Nutzen war. Die Leute waren zwar zunächst in Ängsten, hatten es aber doch ganz gern, wenn sie zurückdachten; im ruhigen Leben auf dem Land war es eine angenehme Aufregung; und es gab sogar eine Gruppe jüngerer Leute, die so taten, als bewunderten sie ihn, indem sie ihn einen "echten Seebären", eine "richtige alte Teerjacke" nannten, ihm andere solche Namen gaben und behaupteten, das sei die Sorte Menschen, um derentwillen England zur See so gefürchtet sei.
In einer Hinsicht allerdings drohte er uns zu ruinieren; denn er blieb weiter Woche um Woche und schließlich Monat um Monat, sodass das ganze Geld längst verbraucht war; und noch immer nahm mein Vater sich nicht das Herz, darauf zu bestehen, dass er mehr haben müsse. Erwähnte er es je, schnaubte der Captain so laut durch die Nase, dass man hätte sagen können, er heule auf, und scheuchte meinen Vater mit seinem Anstarren aus dem Zimmer. Ich habe ihn nach einer solchen Abfuhr die Hände ringen sehen und bin sicher, dass der Ärger und der Schrecken, in denen er lebte, seinen frühen und unglücklichen Tod sehr beschleunigt haben müssen.
Während der ganzen Zeit, die der Captain bei uns wohnte, traf er keine andere Änderung in seiner Kleidung, als einige Strümpfe von einem Hausierer zu kaufen. Als eine der Krempen seines Dreispitzes abriss, ließ er sie von da an herunterhängen, obwohl es eine große Belästigung war, wenn es stürmte. Ich erinnere mich, wie sein Rock aussah, den er droben in seinem Zimmer selber flickte und der zuletzt aus nichts als aufgesetzten Flicken bestand. Nie schrieb er einen Brief oder bekam einen, nie sprach er mit jemand außer mit unseren Nachbarn, und mit ihnen meist nur, wenn er vom Rum betrunken war. Die große Seemannskiste hatte keiner von uns je offen gesehen.
Nur einmal wurde ihm widersprochen, und das war gegen das Ende hin, als bei meinem armen Vater die zehrende Krankheit weit vorangeschritten war, die ihn dahinraffte. Dr. Livesey kam an einem Spätnachmittag, um nach dem Patienten zu sehen, nahm von meiner Mutter eine Kleinigkeit zu essen und ging in die Gaststube, um dort eine Pfeife zu rauchen, bis das Pferd vom Dorf heruntergebracht würde, denn wir hatten im alten "Benbow" keine Stallung. Ich folgte ihm hinein und entsinne mich, wie ich den Kontrast beobachtete, den der sauber gekleidete, freundliche Doktor mit seiner Perücke so weiß wie Schnee, seinen leuchtenden schwarzen Augen und angenehmen Manieren zu den ausgelassenen Landleuten bildete und vor allem zu der schmutzigen, schwerfälligen, triefäugigen Vogelscheuche, unserem Seeräuber, der dasaß im vorgeschrittenen Rumdusel, die Arme auf dem Tisch. Plötzlich fing er - das heißt, der Captain - mit seiner ewigen Singerei an:
"Fünfzehn Mann auf der Kiste des Toten - Jo-ho-ho, und eine Flasche mit Rum!
Der Suff und der Teufel besorgten den Rest - Jo-ho-ho, und eine Flasche mit Rum!"
Zuerst hatte ich gedacht, die "Kiste des Toten" sei eben seine große Kiste oben in der Vorderkammer, und diese Vorstellung hatte sich in meinen Albträumen mit der von dem einbeinigen Seefahrer vermischt. Aber um diese Zeit hatten wir alle längst aufgehört, dem Lied irgendwelche besondere Aufmerksamkeit zu schenken; neu war es an diesem Abend für niemand als Dr. Livesey und machte auf ihn, wie ich beobachtete, keinen angenehmen Eindruck, denn er blickte einen Augenblick ärgerlich auf, bevor er in seinem Gespräch über eine neue Kur für den Rheumatismus mit dem alten Taylor, dem Gärtner, fortfuhr. Inzwischen wurde der Captain bei seiner eigenen Musik allmählich munterer und schlug schließlich mit der Hand in einer Art auf den Tisch, die, wie wir alle wussten, "Schweigen" bedeutete. Alles verstummte augenblicklich, nur Dr. Livesey nicht; er redete weiter wie zuvor, sprach deutlich und freundlich und zog zwischen ein paar Wörtern kräftig an seiner Pfeife. Der Captain glotzte ihn eine Weile an, schlug wieder mit der Hand auf den Tisch, glotzte noch böser und legte schließlich mit einem niederträchtigen, gemeinen Fluch los:
"Ruhe dort im Zwischendeck!"
"Meint Ihr mich, Sir?", sagte der Doktor; und als der Grobian ihm mit noch einem Fluch bestätigt hatte, dass dem so sei, erwiderte der Doktor: "Dann habe ich Euch nur das eine zu sagen, Sir, dass die Welt bald einen dreckigen Halunken los sein wird, wenn Ihr mit dem Rumtrinken so weitermacht."
Die Wut des alten Kerls war fürchterlich. Er sprang auf, zog ein Seemanns-Klappmesser und öffnete es, wiegte es offen auf der Handfläche und drohte, den Doktor an die Wand zu nageln.
Der Doktor rührte sich nicht einmal. Er sprach zu ihm wie vorher über die Schulter, im selben Tonfall; ziemlich laut, dass alle im Zimmer es hören konnten, aber vollkommen ruhig und bestimmt:
"Wenn Ihr nicht augenblicklich das Messer da in die Tasche steckt, werdet Ihr, das verspreche ich Euch, bei der nächsten Schwurgerichtsverhandlung hängen."
Dann folgte ein Wechsel harter Blicke zwischen ihnen; der Captain gab bald klein bei, steckte das Messer weg und nahm seinen Platz wieder ein, wobei er wie ein verprügelter Hund knurrte.
"Und jetzt, Sir", fuhr der Doktor fort, "da ich weiß, dass es in meinem Bezirk einen solchen Burschen gibt, könnt Ihr darauf zählen, dass ich Tag und Nacht ein Auge auf Euch haben werde. Ich bin nicht nur Arzt; ich bin eine Amtsperson; und wenn mir die leiseste Klage über Euch zu Ohren kommt, und wär's nur wegen einer solchen Grobheit wie heute Abend, werde ich wirksame Maßnahmen ergreifen, um Euch aufstöbern und aus diesem Haus treiben zu lassen. Lasst Euch das genügen."
Bald darauf wurde Dr. Liveseys Pferd an die Tür gebracht und er ritt ab; der Captain aber hielt an diesem Abend und an vielen kommenden Frieden.
Kapitel II Der Schwarze Hund taucht auf und verschwindet Nicht sehr lange danach trug sich das erste der geheimnisvollen Ereignisse zu, die uns schließlich von dem Captain befreiten, wenn auch nicht, wie man sehen wird, von seinen Angelegenheiten. Es war ein bitterkalter Winter mit langen, harten Frösten und schweren Stürmen; und von Anfang an war es klar, dass mein armer Vater wenig Aussicht hatte, das Frühjahr zu erleben. Er wurde täglich weniger; meine Mutter und ich mussten mit dem ganzen Gasthaus fertig werden und wurden genügend in Trab gehalten, ohne auf unseren unangenehmen Gast viel achten zu können.
Es war an einem kalten Januarmorgen, sehr früh, die Bucht ringsum grau vom Raureif, die See plätscherte sanft über die Steine, die Sonne stand noch tief, berührte nur die Kuppen der Hügel und leuchtete weit seewärts hinaus. Der Captain war zeitiger als üblich aufgestanden und hatte sich zum Strand hinunter aufgemacht; sein Entermesser baumelte unter den breiten Schößen des alten blauen Rocks, sein Messingfernrohr hatte er unter dem Arm und den Hut auf dem Kopf nach hinten geschoben. Ich erinnere mich, wie sein Atem einer Rauchfahne gleich in seinem Kielwasser hing, während er davonstrebte; und der letzte Laut, den ich von ihm hörte, als er um den großen Felsen bog, war ein lautes Schnauben der Entrüstung, als beschäftige er sich in seinen Gedanken immer noch mit Dr. Livesey.
Nun, Mutter war beim Vater droben; und ich deckte den Frühstückstisch für die Rückkehr des Captain, als die Tür der Gaststube aufging und ein Mann hereintrat, der mir bisher noch nie vor Augen gekommen war. Es war ein blasser, talgiger Mensch, dem an der linken Hand zwei Finger fehlten; und obwohl er ein Entermesser trug, sah er nicht sehr nach einem Kämpfer aus. Ich hielt immer meine Augen nach Seefahrern offen, nach ein- oder zweibeinigen, und ich erinnere mich, dass mich dieser stutzig machte. Er sah nicht seemännisch aus und doch hatte er etwas von der See an sich.Ich fragte ihn, was er wünsche, und er sagte, er nehme einen Rum; während ich aber aus der Stube gehen wollte, um den Rum zu holen, setzte er sich auf einen Tisch und forderte mich mit einem Wink auf, näher zu kommen. Ich blieb stehen, wo ich war, meine Serviette in der Hand.
Und tatsächlich hatte er, so schlecht seine Kleider waren und so grob er sprach, nicht die Erscheinung eines Matrosen, sondern sah eher aus wie ein Steuermann oder Schiffer, gewohnt, Gehorsam zu finden oder zuzuschlagen. Der Mann, der mit dem Schubkarren gekommen war, erzählte uns, die Postkutsche habe den Captain am Morgen zuvor beim "Royal George" abgesetzt; der Captain habe sich erkundigt, was für Gasthäuser es die Küste entlang gebe; und da er, nehme ich an, von unserem Gutes zu hören bekam und es ihm als einsam gelegen beschrieben wurde, hatte er es vor den anderen zu seinem Wohnsitz gewählt. Und das war alles, was wir über unseren Gast erfahren konnten.
Aus Gewohnheit war er ein sehr schweigsamer Mensch. Den ganzen Tag lungerte er in der Bucht oder auf den Klippen herum, ein Messingfernrohr unter dem Arm; den ganzen Abend saß er in einer Ecke der Gaststube nah am Fenster und trank starken Rum mit Wasser. Meist sagte er nichts, wenn man ihn anredete, sah nur rasch und grimmig auf und schnaubte durch die Nase wie ein Nebelhorn; wir und die Leute, die in unser Haus kamen, lernten es bald, ihn in Ruhe zu lassen. Jeden Tag, wenn er von seinen Streifzügen zurückkam, pflegte er zu fragen, ob irgendwelche Seeleute auf der Straße vorbeigekommen seien. Zuerst dachten wir, es sei der Mangel an Gesellschaft von seinesgleichen, der ihn diese Frage stellen ließ; aber schließlich fingen wir anzubegreifen, dass er sie zu vermeiden trachtete. Wenn ein Seemann im "Admiral Benbow" einkehrte (was ab und zu welche taten, die auf der Küstenstraße nach Bristol unterwegs waren), betrachtete ihn der Captain immer durch den Vorhang an der Tür, bevor er die Gaststube betrat; und man konnte sicher sein, dass er, war einer anwesend, sich so still wie ein Mäuschen verhielt. Für mich wenigstens gab es bei dieser Sache kein Geheimnis; denn ich war sozusagen Teilhaber seiner Befürchtungen. Er hatte mich eines Tages beiseite genommen und mir ein silbernes Vier-Pence-Stück für jeden Ersten des Monats versprochen, wenn ich nur mein "scharfes Auge für einen Seefahrer mit einem Bein offen hielte" und es ihn in dem Augenblick wissen ließe, da dieser auftauchte. Oft genug, wenn der Erste des Monats gekommen war und ich mich um meinen Lohn an ihn wandte, schnaubte er mich durch die Nase an und brachte mich durch sein Anstarren in Verlegenheit; aber bevor die Woche um war, besann er sich gewiss eines Besseren, brachte mir mein Vier-Pence-Stück und wiederholte seine frühere Anordnung, "nach dem Seefahrer mit einem Bein" Ausschau zu halten.
Wie diese Figur mich in meinen Träumen heimsuchte, brauche ich kaum zu sagen. In stürmischen Nächten, wenn der Wind an den vier Ecken des Hauses rüttelte und die Brandung die Bucht entlang und die Klippen hinauf brüllte, sah ich den Mann in tausend Gestalten und mit tausend teuflischen Grimassen. Bald war das Bein am Knie, bald an der Hüfte abgesägt, dann wieder war er eine Art Ungeheuer, das immer nur ein Bein gehabt hatte, und zwar in der Mitte des Körpers. Zu sehen, wie er sprang und rannte und mich über Hecke und Gräben verfolgte, war der schlimmste der Albträume. Und eigentlich bezahlte ich mein monatliches Vier-Pence-Stück hübsch teuer, in Anbetracht dieser schauerlichen Fantasiegebilde.
Aber obwohl mich die Vorstellung des Seefahrers mit dem einen Bein in solchen Schrecken versetzte, hatte ich vor dem Captain selber weit weniger Angst als jeder andere, der ihn kannte. Es gab Abende, an denen er ein Gutteil mehr Rum und Wasser zu sich nahm, als sein Kopf vertragen konnte; und da saß er dann manchmal und sang seine gottlosen alten, wilden Seemannslieder, ohne auf jemand Rücksicht zu nehmen; bisweilen jedoch bestellte er Runden und zwang die ganze zitternde Gesellschaft, seinen Geschichten zuzuhören oder seine Singerei im Chor zu begleiten. Oft hörte ich das Haus beim "Jo-ho-ho und eine Flasche Rum" erdröhnen, weil alle Nachbarn, die Todesangst im Gesicht, einfielen und einer lauter sang als der andere, um keine Bemerkung herauszufordern. Denn bei solchen Anfällen war er der rücksichtsloseste Kumpan, den man sich vorstellen kann. Er schlug dann mit der Hand auf den Tisch, um rundum Schweigen zu gebieten; er ging bei einer Frage mit einem Wutanfall hoch, oder manchmal auch, weil keine gestellt wurde und er glaubte, die Gesellschaft folge seiner Geschichte nicht. Auch wollte er niemandem erlauben, das Gasthaus zu verlassen, bevor er sich nicht selber müde getrunken hatte und wegtorkelte, ins Bett.
Es waren seine Geschichten, die die Leute am schlimmsten ängstigten. Fürchterliche Geschichten waren das; vom Aufknüpfen, und wie man Gefangene über die Planken springen lässt, von Stürmen auf See, von den Dry Tortugas und von wilden Taten und Orten an der Nordostküste Südamerikas. Nach seiner eigenen Darstellung musste er sein Leben unter den verruchtesten Gesellen zugebracht haben, die der Herrgott je auf See geduldet hat; und die Ausdrücke, mit denen er diese Geschichten erzählte, erschreckten unsere einfachen Landbewohner fast so sehr wie die Verbrechen, die er beschrieb. Mein Vater sagte immer, das Gasthaus werde ruiniert, denn die Leute würden bald nicht mehr hierher kommen, wenn sie tyrannisiert, ihnen der Mund verboten und sie schaudernd ins Bett geschickt würden; ich glaube aber eher, dass die Anwesenheit des Captain uns von Nutzen war. Die Leute waren zwar zunächst in Ängsten, hatten es aber doch ganz gern, wenn sie zurückdachten; im ruhigen Leben auf dem Land war es eine angenehme Aufregung; und es gab sogar eine Gruppe jüngerer Leute, die so taten, als bewunderten sie ihn, indem sie ihn einen "echten Seebären", eine "richtige alte Teerjacke" nannten, ihm andere solche Namen gaben und behaupteten, das sei die Sorte Menschen, um derentwillen England zur See so gefürchtet sei.
In einer Hinsicht allerdings drohte er uns zu ruinieren; denn er blieb weiter Woche um Woche und schließlich Monat um Monat, sodass das ganze Geld längst verbraucht war; und noch immer nahm mein Vater sich nicht das Herz, darauf zu bestehen, dass er mehr haben müsse. Erwähnte er es je, schnaubte der Captain so laut durch die Nase, dass man hätte sagen können, er heule auf, und scheuchte meinen Vater mit seinem Anstarren aus dem Zimmer. Ich habe ihn nach einer solchen Abfuhr die Hände ringen sehen und bin sicher, dass der Ärger und der Schrecken, in denen er lebte, seinen frühen und unglücklichen Tod sehr beschleunigt haben müssen.
Während der ganzen Zeit, die der Captain bei uns wohnte, traf er keine andere Änderung in seiner Kleidung, als einige Strümpfe von einem Hausierer zu kaufen. Als eine der Krempen seines Dreispitzes abriss, ließ er sie von da an herunterhängen, obwohl es eine große Belästigung war, wenn es stürmte. Ich erinnere mich, wie sein Rock aussah, den er droben in seinem Zimmer selber flickte und der zuletzt aus nichts als aufgesetzten Flicken bestand. Nie schrieb er einen Brief oder bekam einen, nie sprach er mit jemand außer mit unseren Nachbarn, und mit ihnen meist nur, wenn er vom Rum betrunken war. Die große Seemannskiste hatte keiner von uns je offen gesehen.
Nur einmal wurde ihm widersprochen, und das war gegen das Ende hin, als bei meinem armen Vater die zehrende Krankheit weit vorangeschritten war, die ihn dahinraffte. Dr. Livesey kam an einem Spätnachmittag, um nach dem Patienten zu sehen, nahm von meiner Mutter eine Kleinigkeit zu essen und ging in die Gaststube, um dort eine Pfeife zu rauchen, bis das Pferd vom Dorf heruntergebracht würde, denn wir hatten im alten "Benbow" keine Stallung. Ich folgte ihm hinein und entsinne mich, wie ich den Kontrast beobachtete, den der sauber gekleidete, freundliche Doktor mit seiner Perücke so weiß wie Schnee, seinen leuchtenden schwarzen Augen und angenehmen Manieren zu den ausgelassenen Landleuten bildete und vor allem zu der schmutzigen, schwerfälligen, triefäugigen Vogelscheuche, unserem Seeräuber, der dasaß im vorgeschrittenen Rumdusel, die Arme auf dem Tisch. Plötzlich fing er - das heißt, der Captain - mit seiner ewigen Singerei an:
"Fünfzehn Mann auf der Kiste des Toten - Jo-ho-ho, und eine Flasche mit Rum!
Der Suff und der Teufel besorgten den Rest - Jo-ho-ho, und eine Flasche mit Rum!"
Zuerst hatte ich gedacht, die "Kiste des Toten" sei eben seine große Kiste oben in der Vorderkammer, und diese Vorstellung hatte sich in meinen Albträumen mit der von dem einbeinigen Seefahrer vermischt. Aber um diese Zeit hatten wir alle längst aufgehört, dem Lied irgendwelche besondere Aufmerksamkeit zu schenken; neu war es an diesem Abend für niemand als Dr. Livesey und machte auf ihn, wie ich beobachtete, keinen angenehmen Eindruck, denn er blickte einen Augenblick ärgerlich auf, bevor er in seinem Gespräch über eine neue Kur für den Rheumatismus mit dem alten Taylor, dem Gärtner, fortfuhr. Inzwischen wurde der Captain bei seiner eigenen Musik allmählich munterer und schlug schließlich mit der Hand in einer Art auf den Tisch, die, wie wir alle wussten, "Schweigen" bedeutete. Alles verstummte augenblicklich, nur Dr. Livesey nicht; er redete weiter wie zuvor, sprach deutlich und freundlich und zog zwischen ein paar Wörtern kräftig an seiner Pfeife. Der Captain glotzte ihn eine Weile an, schlug wieder mit der Hand auf den Tisch, glotzte noch böser und legte schließlich mit einem niederträchtigen, gemeinen Fluch los:
"Ruhe dort im Zwischendeck!"
"Meint Ihr mich, Sir?", sagte der Doktor; und als der Grobian ihm mit noch einem Fluch bestätigt hatte, dass dem so sei, erwiderte der Doktor: "Dann habe ich Euch nur das eine zu sagen, Sir, dass die Welt bald einen dreckigen Halunken los sein wird, wenn Ihr mit dem Rumtrinken so weitermacht."
Die Wut des alten Kerls war fürchterlich. Er sprang auf, zog ein Seemanns-Klappmesser und öffnete es, wiegte es offen auf der Handfläche und drohte, den Doktor an die Wand zu nageln.
Der Doktor rührte sich nicht einmal. Er sprach zu ihm wie vorher über die Schulter, im selben Tonfall; ziemlich laut, dass alle im Zimmer es hören konnten, aber vollkommen ruhig und bestimmt:
"Wenn Ihr nicht augenblicklich das Messer da in die Tasche steckt, werdet Ihr, das verspreche ich Euch, bei der nächsten Schwurgerichtsverhandlung hängen."
Dann folgte ein Wechsel harter Blicke zwischen ihnen; der Captain gab bald klein bei, steckte das Messer weg und nahm seinen Platz wieder ein, wobei er wie ein verprügelter Hund knurrte.
"Und jetzt, Sir", fuhr der Doktor fort, "da ich weiß, dass es in meinem Bezirk einen solchen Burschen gibt, könnt Ihr darauf zählen, dass ich Tag und Nacht ein Auge auf Euch haben werde. Ich bin nicht nur Arzt; ich bin eine Amtsperson; und wenn mir die leiseste Klage über Euch zu Ohren kommt, und wär's nur wegen einer solchen Grobheit wie heute Abend, werde ich wirksame Maßnahmen ergreifen, um Euch aufstöbern und aus diesem Haus treiben zu lassen. Lasst Euch das genügen."
Bald darauf wurde Dr. Liveseys Pferd an die Tür gebracht und er ritt ab; der Captain aber hielt an diesem Abend und an vielen kommenden Frieden.
Kapitel II Der Schwarze Hund taucht auf und verschwindet Nicht sehr lange danach trug sich das erste der geheimnisvollen Ereignisse zu, die uns schließlich von dem Captain befreiten, wenn auch nicht, wie man sehen wird, von seinen Angelegenheiten. Es war ein bitterkalter Winter mit langen, harten Frösten und schweren Stürmen; und von Anfang an war es klar, dass mein armer Vater wenig Aussicht hatte, das Frühjahr zu erleben. Er wurde täglich weniger; meine Mutter und ich mussten mit dem ganzen Gasthaus fertig werden und wurden genügend in Trab gehalten, ohne auf unseren unangenehmen Gast viel achten zu können.
Es war an einem kalten Januarmorgen, sehr früh, die Bucht ringsum grau vom Raureif, die See plätscherte sanft über die Steine, die Sonne stand noch tief, berührte nur die Kuppen der Hügel und leuchtete weit seewärts hinaus. Der Captain war zeitiger als üblich aufgestanden und hatte sich zum Strand hinunter aufgemacht; sein Entermesser baumelte unter den breiten Schößen des alten blauen Rocks, sein Messingfernrohr hatte er unter dem Arm und den Hut auf dem Kopf nach hinten geschoben. Ich erinnere mich, wie sein Atem einer Rauchfahne gleich in seinem Kielwasser hing, während er davonstrebte; und der letzte Laut, den ich von ihm hörte, als er um den großen Felsen bog, war ein lautes Schnauben der Entrüstung, als beschäftige er sich in seinen Gedanken immer noch mit Dr. Livesey.
Nun, Mutter war beim Vater droben; und ich deckte den Frühstückstisch für die Rückkehr des Captain, als die Tür der Gaststube aufging und ein Mann hereintrat, der mir bisher noch nie vor Augen gekommen war. Es war ein blasser, talgiger Mensch, dem an der linken Hand zwei Finger fehlten; und obwohl er ein Entermesser trug, sah er nicht sehr nach einem Kämpfer aus. Ich hielt immer meine Augen nach Seefahrern offen, nach ein- oder zweibeinigen, und ich erinnere mich, dass mich dieser stutzig machte. Er sah nicht seemännisch aus und doch hatte er etwas von der See an sich.Ich fragte ihn, was er wünsche, und er sagte, er nehme einen Rum; während ich aber aus der Stube gehen wollte, um den Rum zu holen, setzte er sich auf einen Tisch und forderte mich mit einem Wink auf, näher zu kommen. Ich blieb stehen, wo ich war, meine Serviette in der Hand.
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Autoren-Porträt von Robert Louis Stevenson
Robert Louis Stevenson, geboren 1850 in Edinburgh, schrieb unter anderem Reiseerzählungen, Abenteuerromane und Lyrik. Stevenson starb im Alter von 44 Jahren auf der Südseeinsel Samoa.
Bibliographische Angaben
- Autor: Robert Louis Stevenson
- Altersempfehlung: 10 - 12 Jahre
- 2007, 294 Seiten, mit Abbildungen, Maße: 12,6 x 18,3 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Otto Weith
- Verlag: Omnibus TB bei Bertelsmann
- ISBN-10: 357021866X
- ISBN-13: 9783570218662
Kommentar zu "Die Schatzinsel"
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