Die Toten von Santa Clara
Roman
Tatort Sevilla: Der vermeintliche Selbstmord eines Bauunternehmers weckt das Misstrauen von Inspektor Javier Falcón.
Während ganz Sevilla unter der Hitze des Sommers leidet, wird Chefinspektor Javier Falcón in eine der klimatisierten Villen des...
Während ganz Sevilla unter der Hitze des Sommers leidet, wird Chefinspektor Javier Falcón in eine der klimatisierten Villen des...
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Produktinformationen zu „Die Toten von Santa Clara “
Tatort Sevilla: Der vermeintliche Selbstmord eines Bauunternehmers weckt das Misstrauen von Inspektor Javier Falcón.
Während ganz Sevilla unter der Hitze des Sommers leidet, wird Chefinspektor Javier Falcón in eine der klimatisierten Villen des Nobelvororts Santa Clara gerufen. Dort scheint der reiche Bauunternehmer Rafael Vega seinem Leben durch eigene Hand ein Ende bereitet zu haben. Die Staatsanwaltschaft will den Fall schnell zu den Akten legen, denn dieser Tod ist ein Skandal für Sevillas gute Gesellschaft. Doch eine rätselhafte handschriftliche Notiz von Vega weckt Falcóns Misstrauen...
Über den Autor:
Robert Wilson wurde 1957 geboren. Nach dem Studium an der Universität von Oxford arbeitete er unter anderem in der Schifffahrt und in der Werbung. Er bereiste Asien und Afrika und lebte zeitweise in Griechenland und Westafrika. Zusammen mit seiner Frau lebt er abwechselnd in England, Spanien und Portugal. Für Tod in Lissabon erhielt er den Golden Dagger Award und den Deutschen Krimi-Preis.
Während ganz Sevilla unter der Hitze des Sommers leidet, wird Chefinspektor Javier Falcón in eine der klimatisierten Villen des Nobelvororts Santa Clara gerufen. Dort scheint der reiche Bauunternehmer Rafael Vega seinem Leben durch eigene Hand ein Ende bereitet zu haben. Die Staatsanwaltschaft will den Fall schnell zu den Akten legen, denn dieser Tod ist ein Skandal für Sevillas gute Gesellschaft. Doch eine rätselhafte handschriftliche Notiz von Vega weckt Falcóns Misstrauen...
Über den Autor:
Robert Wilson wurde 1957 geboren. Nach dem Studium an der Universität von Oxford arbeitete er unter anderem in der Schifffahrt und in der Werbung. Er bereiste Asien und Afrika und lebte zeitweise in Griechenland und Westafrika. Zusammen mit seiner Frau lebt er abwechselnd in England, Spanien und Portugal. Für Tod in Lissabon erhielt er den Golden Dagger Award und den Deutschen Krimi-Preis.
Klappentext zu „Die Toten von Santa Clara “
Tatort Sevilla: Der vermeintliche Selbstmord eines Bauunternehmers weckt das Misstrauen von Inspektor Javier Falcón. Gegen den Willen seiner Vorgesetzten beginnt er, auf eigene Faust zu ermitteln.Während ganz Sevilla unter der Hitze des Sommers leidet, wird Chefinspektor Javier Falcón in eine der klimatisierten Villen des Nobelvororts Santa Clara gerufen. Dort scheint der reiche Bauunternehmer Rafael Vega seinem Leben durch eigene Hand ein Ende bereitet zu haben. Die Staatsanwaltschaft will den Fall schnell zu den Akten legen, denn dieser Tod ist ein Skandal für Sevillas gute Gesellschaft.
Doch etwas an dem Tatort weckt Falcóns Misstrauen: Eine rätselhafte handschriftliche Notiz von Vega und der offenbare Mord an seiner Frau, die mit einem Kissen im Bett erstickt wurde, lassen ihn gegen den Willen seiner Vorgesetzten die Ermittlungen aufnehmen. Bald ist Falcón einem infamen Komplott auf der Spur, das noch weit mehr Opfer zu fordern droht ...
Ein ausgezeichneter Autor.
Ein faszinierender Schauplatz.
Ein atemberaubendes Lesevergnügen.
Tatort Sevilla: Der vermeintliche Selbstmord eines Bauunternehmers weckt das Misstrauen von Inspektor Javier Falcón. Gegen den Willen seiner Vorgesetzten beginnt er, auf eigene Faust zu ermitteln ...
Während ganz Sevilla unter der Hitze des Sommers leidet, wird Chefinspektor Javier Falcón in eine der klimatisierten Villen des Nobelvororts Santa Clara gerufen. Dort scheint der reiche Bauunternehmer Rafael Vega seinem Leben durch eigene Hand ein Ende bereitet zu haben. Die Staatsanwaltschaft will den Fall schnell zu den Akten legen, denn dieser Tod ist ein Skandal für Sevillas gute Gesellschaft.
Doch etwas an dem Tatort weckt Falcóns Misstrauen: Eine rätselhafte handschriftliche Notiz von Vega und der offenbare Mord an seiner Frau, die mit einem Kissen im Bett erstickt wurde, lassen ihn gegen den Willen seiner Vorgesetzten die Ermittlungen aufnehmen. Bald ist Falcón einem infamen Komplott auf der Spur, das noch weit mehr Opfer zu fordern droht... Robert Wilson wurde mit dem renommierten Golden Dagger Award und dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet.
Ein faszinierender Schauplatz.
Ein atemberaubendes Lesevergnügen.
Tatort Sevilla: Der vermeintliche Selbstmord eines Bauunternehmers weckt das Misstrauen von Inspektor Javier Falcón. Gegen den Willen seiner Vorgesetzten beginnt er, auf eigene Faust zu ermitteln ...
Während ganz Sevilla unter der Hitze des Sommers leidet, wird Chefinspektor Javier Falcón in eine der klimatisierten Villen des Nobelvororts Santa Clara gerufen. Dort scheint der reiche Bauunternehmer Rafael Vega seinem Leben durch eigene Hand ein Ende bereitet zu haben. Die Staatsanwaltschaft will den Fall schnell zu den Akten legen, denn dieser Tod ist ein Skandal für Sevillas gute Gesellschaft.
Doch etwas an dem Tatort weckt Falcóns Misstrauen: Eine rätselhafte handschriftliche Notiz von Vega und der offenbare Mord an seiner Frau, die mit einem Kissen im Bett erstickt wurde, lassen ihn gegen den Willen seiner Vorgesetzten die Ermittlungen aufnehmen. Bald ist Falcón einem infamen Komplott auf der Spur, das noch weit mehr Opfer zu fordern droht... Robert Wilson wurde mit dem renommierten Golden Dagger Award und dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet.
Lese-Probe zu „Die Toten von Santa Clara “
RAFAEL(im Dunkeln blinzelnd)
Habe ich Angst? Wenn ich neben Luc a im Bett liege und mein kleiner Mario nebenan im Schlaf aufschreit, habe ich eigentlich keinen Grund, mich zu f rchten. Dennoch tue ich es. Meine Tr ume haben mich ge ngstigt, nur dass sie jetzt keine Tr ume mehr sind. Sie sind lebendiger. Sie handeln von Gesichtern, immer nur Gesichter. Sie scheinen mir unbekannt, und dann erlebe ich seltsame Augenblicke, in denen ich kurz davor bin, sie zu erkennen, aber es ist, als wehrten sie sich. Dann wache ich auf, weil ... Ich bin wieder ungenau gewesen. Sie sind nicht aus Fleisch und Blut. Sie sind eher geisterhaft als real, aber sie haben Gesichtsz ge. Sie haben eine Farbe, aber die ist nicht zu definieren. Sie sind fast, aber nicht ganz menschlich. Das ist es. Sie sind nur fast, aber nicht ganz menschlich. Ist das ein Hinweis?
Wenn ich mich vor diesen Gesichtern f rchten w rde, ginge ich nur widerwillig ins Bett, und doch freue ich mich manchmal auf den Schlaf; und ich merke, dass es daran liegt, dass ich die Antwort wissen will. Irgendwo in meinem Kopf gibt es einen Schl ssel, der die T r ffnen und mir sagen wird: Warum diese Gesichter? Warum nicht irgendwelche anderen? Was zeichnet sie aus? Mittlerweile sehe ich sie recht deutlich, auch tags ber, wenn meine Gedanken in irgendeiner Weise abschweifen. Mein Unbewusstes projiziert diese Phantomgesichter auf lebendige Menschen, nur einen Augenblick lang, bevor die echten Menschen wieder in den Vordergrund treten. Danach f hle ich mich t richt und aufgew hlt wie ein alter Mann, dem Namen auf der Zunge liegen, die er nicht hervorbringt.
Ich zittere. Das stellt mein Verstand mit mir an. Ich zeige erste Risse. Ich bin zum Schlafwandler geworden. Luc a hat es mir erz hlt, als ich unter der Dusche war. Sie sagte, dass ich um drei Uhr morgens in mein Arbeitszimmer hinuntergegangen w re. Sp ter habe ich auf dem Schreibtisch einen leeren Block gefunden. Darauf den Abdruck einer Handschrift. Das Original war
... mehr
nirgends zu finden. Ich habe das oberste Blatt vors Fenster gehalten und sah, dass es etwas war, was ich selbst geschrieben hatte: "... in der d nnen Luft ..."?
Mittwoch, 24. Juli 2002
Ich will zu meiner Mami. Ich will zu meiner Mami."
Consuelo Jim nez ffnete die Augen und blickte in ein Kindergesicht, das nur wenige Zentimeter von ihrem eigenen, halb im Kissen vergrabenen Kopf entfernt war. Ihre Wimpern streiften den Bezug. Das Kind packte ihren Oberarm.
"Ich will zu meiner Mami."
"Schon gut, Mario. Wir suchen deine Mami", sagte sie und dachte, dass es dazu noch viel zu fr h war. "Du wei t doch, dass sie direkt gegen ber ist, oder? Du kannst hier bei Mat as bleiben, mit uns fr hst cken, noch ein bisschen spielen ..."
"Ich will meine Mami."
Die Finger des Kindes gruben sich fordernd in ihren Arm. Sie strich ihm ber den Kopf und k sste seine Stirn.
Ihr widerstrebte es, im Nachthemd ber die Stra e zu gehen, so wie es die Frauen aus der Arbeiterschicht taten, wenn sie etwas aus dem Laden an der Ecke brauchten, aber das Kind zerrte quengelnd an ihr. Also streifte sie einen seidenen Morgenmantel ber ihren Pyjama und schl pfte in ein Paar goldfarbene Sandalen. Schnell fuhr sie sich noch einmal durchs Haar, w hrend Mario schon ihren Morgenmantel zuband und sie dann hinter sich herzerrte.
Sie fasste seine Hand und f hrte ihn Stufe f r Stufe die Treppe hinunter. Als sie das k hle, klimatisierte Haus verlie en, schlug ihnen eine undurchdringliche, schw le Hitze entgegen, die nach einer weiteren dr ckenden Nacht keinen Hauch von morgendlicher Frische mehr mit sich trug. Sie berquerten die leere Stra e. Palmwedel hingen ausgedorrt herab, und man hatte das Gef hl, als h tte das Viertel nur m hsam aus dem Schlaf gefunden. Das einzige Ger usch war das Surren der Klimaanlagen, die weitere unerw nschte hei e Luft in die erstickende Atmosph re des exklusiven Viertels Santa Clara am Stadtrand von Sevilla pusteten.
W hrend sie Mario, der pl tzlich st rrisch und bockig geworden war, als h tte er sich das mit seiner Mami anders berlegt, halb hinter sich herziehen musste, sah Consuelo, dass aus einem Riss in einem der hohen Balkone am Hause der Vegas Wasser tropfte. Dick wie Blut platschte es in der m rderischen Hitze auf die ppige Vegetation. Auf Consuelos Stirn bildete sich Schwei , und beim Gedanken an den restlichen Tag und die sich seit Wochen aufstauende, sengende Hitze wurde ihr bel. Sie tippte den Zahlenkode in das Ziffernfeld neben dem Au entor und trat auf die Einfahrt. Mario rannte zum Haus, dr ckte gegen die Haust r und stie sich den Kopf an dem Holzrahmen. Consuelo klingelte, und der elektrische Glockenton hallte in der Stille hinter den Doppelfenstern des Hauses nach wie in einer Kathedrale. Niemand r hrte sich. Schwei tropfen sickerten zwischen ihre Br ste. Mario h mmerte mit seiner kleinen Faust gegen die T r; es klang wie ein dumpfer Schmerz, hartn ckig wie untr stliche Trauer.
Es war kurz nach acht Uhr morgens. Sie leckte den Schwei ab, der sich auf ihrer Oberlippe gebildet hatte.
Am Tor war mittlerweile das Hausm dchen aufgetaucht. Sie hatte keinen Schl ssel. Um diese Uhrzeit sei Se ora Vega f r gew hnlich schon wach, sagte sie. Im Garten neben dem Haus h rten sie den ukrainischen G rtner Sergei. Sie gingen zu ihm hin, und berrascht hielt er seine Hacke wie eine Waffe, als er die beiden Frauen erblickte. Er trug Shorts, und Schwei str mte an seinem muskul sen nackten Oberk rper herab. Er hatte seit sechs Uhr in der Fr h gearbeitet und nichts geh rt. Soweit er wusste, stand der Wagen noch in der Garage.
Consuelo lie Mario in der Obhut des Hausm dchens und ging mit Sergei zur R ckseite des Hauses. Er stieg auf die Veranda vor dem Wohnzimmer und sp hte durch die Jalousien der Schiebet r. Die war verschlossen. Also kletterte er ber das Gel nder und beugte sich vor, um ins K chenfenster zu blicken, das zum Garten hinausging. Sein Kopf zuckte entsetzt zur ck.
"Was ist los?", fragte Consuelo.
"Ich wei nicht", sagte er. "Se or Vega liegt auf dem Boden. Er bewegt sich nicht."
Consuelo nahm das Hausm dchen und Mario mit in ihr Haus. Der Junge sp rte, dass irgendetwas nicht stimmte, und fing an zu weinen. Das Hausm dchen versuchte vergeblich, ihn zu tr sten, und zappelnd wand er sich aus ihrer Umarmung. Consuelo w hlte die Nummer des Notrufs, z ndete sich eine Zigarette an und versuchte, sich zu konzentrieren, w hrend sie das hilflose Hausm dchen beobachtete: Die Frau stand ber den Kleinen gebeugt, der sich in einem Wutanfall tretend und heulend wie ein wildes Tier auf den Boden geworfen hatte und sich nun langsam zur Ruhe schluchzte. Consuelo berichtete, was sie gesehen hatte, und nannte Namen, Adresse und Telefonnummer, bevor sie den H rer auf die Gabel knallte, zu dem Kind ging, es ungeachtet der Tritte und Schl ge fest an sich dr ckte und immer wieder seinen Namen fl sterte, bis es reglos in ihren Scho sank.
Sie legte den Jungen in ihr Bett, zog sich an und rief das Hausm dchen nach oben, damit es ein Auge auf Mario hatte. Er war eingeschlafen. Consuelo betrachtete ihn eingehend, w hrend sie sich k mmte. Das Hausm dchen sa auf einer Ecke des Bettes, ungl cklich, nun Teil einer fremden Trag die geworden zu sein, die auch ihr eigenes Leben beeintr chtigen w rde.
Vor dem Haus der Vegas fuhr ein Streifenwagen vor. Consuelo ging hinaus, um den Polizisten zu begr en und f hrte ihn zur R ckseite des Hauses, wo er auf die Veranda kletterte. Er fragte sie, wo der G rtner war, und sie ging ber den Rasen zu einem kleinen Geb ude am Fu e des Hangs, wo Sergei sein Quartier hatte. Vergeblich. Der Polizist pochte derweil an das K chenfenster und gab per Funk einen kurzen Lagebericht ans Pr sidium, bevor er wieder von der Veranda stieg.
"Wissen Sie, wo Se ora Vega ist?", fragte er.
"Sie m sste im Haus sein. Da war sie jedenfalls gestern Abend, als ich sie angerufen habe, um ihr zu sagen, dass ihr Sohn bei meinen Jungen bernachten w rde", sagte Consuelo. "Warum haben Sie ans Fenster geklopft?"
"Es hat keinen Sinn, die T r einzutreten, wenn er blo betrunken auf dem Fu boden eingeschlafen ist."
"Betrunken?"
"Neben ihm liegt eine Flasche auf dem Boden."
"Ich kenne ihn seit Jahren, und ich habe nie erlebt, dass er die Kontrolle verliert ... nie."
"Vielleicht ist es anders, wenn er allein ist."
"Und was haben Sie sonst noch unternommen?", fragte Consuelo und versuchte angesichts der Gelassenheit des einheimischen Polizisten die schrille Reizbarkeit der Madrilenin in ihrer Stimme zu unterdr cken.
"Sobald Sie uns angerufen haben, wurde ein Krankenwagen auf den Weg geschickt, und jetzt ist der Inspector Jefe del Grupo de Homicidios, der Chefinspektor der Mordkommission, benachrichtigt worden."
"Im einen Moment ist er nur betrunken, im n chsten schon ermordet?"
"Auf dem Fu boden liegt ein Mann", erwiderte der Streifenpolizist jetzt rgerlich. "Er bewegt sich nicht und reagiert nicht auf Ger usche. Ich habe -"
"Meinen Sie nicht, dass Sie versuchen sollten, ins Haus zu kommen, um zu sehen, ob er noch lebt? Er reagiert nicht, aber vielleicht atmet er ja noch."
Auf der Miene des Streifenpolizisten spiegelte sich Unentschlossenheit, doch der eintreffende Krankenwagen rettete ihn. Gemeinsam mit den Not rzten stellte er fest, dass das Haus auf Vorder- und R ckseite komplett verriegelt war. Weitere Wagen hielten vor dem Haus.
Inspector Jefe Javier Falc n hatte das Fr hst ck beendet und sa im Arbeitszimmer seines riesigen Hauses aus dem 18. Jahrhundert in der Altstadt von Sevilla. Er trank den Rest seines Kaffees und studierte die Bedienungsanleitung einer Digitalkamera, die er vor einer Woche gekauft hatte. Wegen der dicken Mauern und der traditionellen Bauweise des Hauses musste er die Klimaanlage nur selten einschalten. In dem Marmorbrunnen pl tscherte Wasser, ohne dass es ihn st rte. Nach einem f r ihn pers nlich sehr turbulenten Jahr hatte er nun seine Konzentrationsf higkeit wiedergefunden. Sein Handy auf dem Schreibtisch vibrierte. Seufzend griff er danach. Dies war die Tageszeit, zu der blicherweise die Leichen gefunden wurden. Er ging hinaus in den Kreuzgang um den Innenhof und lehnte sich an eine der S ulen, die die Galerie trugen. Dort h rte er sich die Fakten an, nackt und bar jeder Trag die. Zur ck in seinem Arbeitszimmer notierte er die Adresse: Santa Clara. Es klang nicht wie ein Ort, an dem irgendetwas Schlimmes passieren konnte.
Er schob das Handy in die Hosentasche, nahm seine Wagenschl ssel und ffnete das gewaltige Holztor vor dem Haus. Dann lie er seinen Seat zwischen die Orangenb ume rollen, die den Eingang flankierten, und ging zur ck, um das Tor zu schlie en.
Die Klimaanlage blies kalte Luft gegen seine Brust, als er ber die engen Kopfsteinpflasterstra en auf die von hohen B umen ges umte Plaza del Museo de Bellas Artes fuhr. Er verlie die Altstadt Richtung Fluss und bog rechts in die Calle del Torneo. Im morgendlichen Dunst waren in der Ferne die verschwommenen Umrisse der "Harfe" zu sehen, der gewaltigen Puente del Alamillo, die der Architekt Calatrava ber den Fluss gespannt hatte. Er entfernte sich vom Flussufer in Richtung Neustadt und k mpfte sich durch die Stra en um den Bahnhof Santa Justa, bevor er an endlosen Hochh usern vorbei der Avenida de Kansas City folgte, w hrend er an das exklusive Barrio, das Viereck, dachte, in das er fuhr.
Die Gartenstadt von Santa Clara war von den Amerikanern geplant worden, um den eigenen Offizieren Unterk nfte zu bieten, nachdem nach Unterzeichnung des Verteidigungs- und Wirtschaftsabkommens 1953 in der N he von Sevilla das Strategic Air Command eingerichtet worden war. Einige der Bungalows sahen immer noch aus wie in den 50er Jahren, andere hatte man an die spanische Architektur angepasst, und wieder andere waren von ihren wohlhabenden Besitzern komplett abgerissen und durch Neubauten palastartiger Villen ersetzt worden. Soweit sich Falc n erinnerte, hatte keine dieser Ver nderungen es geschafft, das Viertel von seiner allgegenw rtigen Unwirklichkeit zu befreien. Es hatte etwas damit zu tun, dass die H user einzeln auf eigenen Grundst cken standen, zusammen, aber isoliert, was v llig unspanisch war und eher an eine amerikanische Vorstadt erinnerte. Au erdem war es im Gegensatz zum Rest von Sevilla hier geradezu unheimlich still.
Falc n parkte im Schatten einiger B sche und B ume vor einem modernen Haus in der Calle Frey Francisco de Pareja, das trotz seiner Backsteinfassade und einiger Ornamente wie eine massive Festung wirkte. Beim Anblick des ersten Menschen, den er nach Betreten des Grundst cks sah, musste er sich zwingen, entschlossen weiterzugehen: Juez de Guardia Esteban Calder n, der zust ndige Staatsanwalt. Er hatte seit mehr als einem Jahr nicht mehr mit Calder n zusammengearbeitet, doch die Erinnerung an ihren letzten Fall war noch frisch. Sie gaben sich die Hand und klopften sich auf die Schulter. Falc n war berrascht, neben dem Staatsanwalt Consuelo Jim nez stehen zu sehen, eine Frau, die ebenfalls eine wichtige Rolle bei diesem einen Fall gespielt hatte. Aber nur noch wenig erinnerte an die gutb rgerliche Ehefrau, die er vor einem Jahr bei den Ermittlungen im Zusammenhang mit der Ermordung ihres Mannes kennen gelernt hatte. Mittlerweile trug sie ihr Haar in einer modernen Frisur und offen, dazu weniger Make-up und Schmuck. Er verstand nicht, was sie hier machte.
Die Not rzte gingen zu ihrem Krankenwagen zur ck und holten eine fahrbare Trage heraus. Falc n begr te den M dico Forense, den Gerichtsmediziner, und die Sekret rin des Staatsanwalts per Handschlag, w hrend Calder n den Streifenpolizisten fragte, ob er irgendwelche Spuren f r ein gewaltsames Eindringen ins Haus festgestellt hatte, worauf der Polizist Bericht erstattete.
Consuelo Jim nez war von dem neuen Javier Falc n fasziniert. Der Inspector Jefe trug nicht seinen obligatorischen Anzug, sondern Chinos und ein wei es Hemd, die rmel bis zu den Ellenbogen hoch gekrempelt. Mit seinem sehr kurz geschnittenem grauem Haar wirkte er j nger. Falc n sp rte ihr Interesse und berspielte seine Befangenheit, indem er einen weiteren seiner Beamten, Sub-Inspector P rez, vorstellte. Es entstand ein Moment nerv ser Verwirrung, in dem P rez sich verdr ckte.
"Sie fragen sich, was ich hier mache", sagte sie. "Ich wohne gegen ber. Ich habe die ... Ich war bei dem G rtner, als er Se or Vega auf dem Boden liegend entdeckt hat."
"Ich dachte, Sie h tten ein Haus in Heliopolis gekauft?"
"Nun, genau genommen war es Ra l, der das Haus in Heliopolis gekauft hat ... vor seinem Tod", sagte sie. "Er wollte in der N he seines geliebten B tis-Stadions sein, und ich interessiere mich nicht f r Fu ball."
"Und wie lange wohnen Sie schon hier?"
"Seit beinahe einem Jahr."
"Und Sie haben die Leiche entdeckt."
"Der G rtner, und wir wissen noch nicht, ob er wirklich tot ist."
"Hat irgendjemand einen Ersatzschl ssel?"
"Das bezweifle ich", sagte sie.
"Ich sollte mir das besser mal ansehen", meinte Falc n.
Se or Vega lag auf dem R cken. Morgenmantel und Schlafanzug waren von seinen Schultern gerutscht und schn rten seine Arme ein. Sein Brustkorb war nackt, und es sah aus, als h tte er Hautabsch rfungen an Brust und Bauch und Kratzspuren am Hals. Das Gesicht des Mannes wirkte blass und hart, seine Lippen waren gelblich-grau.
Falc n kehrte zu Juez Calder n und dem M dico Forense zur ck.
"Meines Erachtens ist er tot, aber vielleicht wollen Sie noch einen Blick auf ihn werfen, bevor wir die T r aufbrechen", sagte er. "Wissen wir, wo seine Frau ist?"
Consuelo erkl rte die Situation noch einmal.
"Ich denke, wir m ssen reingehen", sagte Falc n.
"Das k nnte m glicherweise schwierig werden", vermutete Se ora Jim nez. "Luc a hat vor dem letzten Winter neue Fenster mit Doppelscheiben aus kugelsicherem Glas einbauen lassen. Und wenn die Haust r ordnungsgem verriegelt ist, sollten Sie vielleicht lieber versuchen, durch die Mauer reinzukommen."
"Sie kennen das Haus?"
In der Einfahrt tauchte eine Frau auf, eine beeindruckende Erscheinung mit roten Haaren, gr nen Augen und einer so wei en Haut, dass ihr Anblick im Sonnenlicht beinahe schmerzte.
"Hola, Consuelo", wandte sie sich an das einzig vertraute Gesicht in der Runde.
"Hola, Maddy", sagte Consuelo und stellte sie allen anderen als Madeleine Krugman vor, die Nachbarin von Se ora Vega.
"Ist Luc a oder Rafael irgendetwas zugesto en? Ich habe den Krankenwagen gesehen. Kann ich irgendetwas tun?"
Nicht nur wegen ihres amerikanischen Akzents, zog Madeleine Krugman alle Blicke auf sich. Sie war gro und schlank mit vollem Busen, ppigem Hintern und der angeborenen F higkeit, selbst langweilige M nner zu extravaganten Fantasien zu inspirieren. Lediglich Falc n und Calder n hatten ihre Hormone so weit im Griff, dass sie genug Selbstbeherrschung aufbrachten, ihr in die Augen zu sehen.
"Wir m ssen dringend ins Haus gelangen, Se ora Krugman", sagte Calder n. "Haben Sie einen Ersatzschl ssel?"
"Nein, habe ich nicht ... was ist denn mit Rafael und Luc a?"
"Rafael liegt reglos auf dem K chenfu boden", sagte Consuelo, "und was mit Luc a ist, wissen wir nicht."
Madeleine Krugman schnappte schockiert nach Luft. "Ich habe die Telefonnummer seines Anwalts. Rafael hat sie mir f r den Fall gegeben, dass es w hrend ihres Urlaubs ein Problem mit dem Haus gibt", sagte sie. "Ich m sste rasch zur ck ins Haus ..."
Sie machte ein paar Schritte r ckw rts und wandte sich zum Tor. Alle Blicke hefteten sich auf ihren Hintern, der sich unter dem wei en Leinen ihrer Schlaghose deutlich abzeichnete. Ein schmaler roter G rtel lag um ihre H ften wie eine Blutspur. Erst als sie hinter der Mauer verschwunden war, lie en sich auch wieder m nnliche Stimmen vernehmen, die w hrend ihres strahlenden Auftritts verstummt waren.
"Sie ist sehr sch n, nicht wahr?", fragte Consuelo Jim nez und rgerte sich ber ihr Bed rfnis, die Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken.
"Ja", sagte Falc n, "und ganz anders als die Sch nheit, die wir in dieser Gegend gew hnt sind. Wei . Durchscheinend."
"Ja", sagte Consuelo. "Sie ist sehr wei ."
"Wissen wir, wo der G rtner ist?", wechselte Falc n das Thema.
"Er ist verschwunden."
"Was wissen wir ber ihn?"
"Sein Name ist Sergei", sagte sie. "Er ist Russe oder Ukrainer. Wir teilen ihn uns, die Vegas, die Krugmans, Pablo Ortega und ich."
"Pablo Ortega ... der Schauspieler?", fragte Calder n.
"Ja, er ist erst vor kurzem hergezogen", sagte sie. "Er ist nicht besonders gl cklich."
"Das berrascht mich nicht.""Nat rlich. Waren Sie es nicht, Juez Calder n, der seinen Sohn f r zw lf Jahre ins Gef ngnis gebracht hat?", fragte Consuelo.
Mittwoch, 24. Juli 2002
Ich will zu meiner Mami. Ich will zu meiner Mami."
Consuelo Jim nez ffnete die Augen und blickte in ein Kindergesicht, das nur wenige Zentimeter von ihrem eigenen, halb im Kissen vergrabenen Kopf entfernt war. Ihre Wimpern streiften den Bezug. Das Kind packte ihren Oberarm.
"Ich will zu meiner Mami."
"Schon gut, Mario. Wir suchen deine Mami", sagte sie und dachte, dass es dazu noch viel zu fr h war. "Du wei t doch, dass sie direkt gegen ber ist, oder? Du kannst hier bei Mat as bleiben, mit uns fr hst cken, noch ein bisschen spielen ..."
"Ich will meine Mami."
Die Finger des Kindes gruben sich fordernd in ihren Arm. Sie strich ihm ber den Kopf und k sste seine Stirn.
Ihr widerstrebte es, im Nachthemd ber die Stra e zu gehen, so wie es die Frauen aus der Arbeiterschicht taten, wenn sie etwas aus dem Laden an der Ecke brauchten, aber das Kind zerrte quengelnd an ihr. Also streifte sie einen seidenen Morgenmantel ber ihren Pyjama und schl pfte in ein Paar goldfarbene Sandalen. Schnell fuhr sie sich noch einmal durchs Haar, w hrend Mario schon ihren Morgenmantel zuband und sie dann hinter sich herzerrte.
Sie fasste seine Hand und f hrte ihn Stufe f r Stufe die Treppe hinunter. Als sie das k hle, klimatisierte Haus verlie en, schlug ihnen eine undurchdringliche, schw le Hitze entgegen, die nach einer weiteren dr ckenden Nacht keinen Hauch von morgendlicher Frische mehr mit sich trug. Sie berquerten die leere Stra e. Palmwedel hingen ausgedorrt herab, und man hatte das Gef hl, als h tte das Viertel nur m hsam aus dem Schlaf gefunden. Das einzige Ger usch war das Surren der Klimaanlagen, die weitere unerw nschte hei e Luft in die erstickende Atmosph re des exklusiven Viertels Santa Clara am Stadtrand von Sevilla pusteten.
W hrend sie Mario, der pl tzlich st rrisch und bockig geworden war, als h tte er sich das mit seiner Mami anders berlegt, halb hinter sich herziehen musste, sah Consuelo, dass aus einem Riss in einem der hohen Balkone am Hause der Vegas Wasser tropfte. Dick wie Blut platschte es in der m rderischen Hitze auf die ppige Vegetation. Auf Consuelos Stirn bildete sich Schwei , und beim Gedanken an den restlichen Tag und die sich seit Wochen aufstauende, sengende Hitze wurde ihr bel. Sie tippte den Zahlenkode in das Ziffernfeld neben dem Au entor und trat auf die Einfahrt. Mario rannte zum Haus, dr ckte gegen die Haust r und stie sich den Kopf an dem Holzrahmen. Consuelo klingelte, und der elektrische Glockenton hallte in der Stille hinter den Doppelfenstern des Hauses nach wie in einer Kathedrale. Niemand r hrte sich. Schwei tropfen sickerten zwischen ihre Br ste. Mario h mmerte mit seiner kleinen Faust gegen die T r; es klang wie ein dumpfer Schmerz, hartn ckig wie untr stliche Trauer.
Es war kurz nach acht Uhr morgens. Sie leckte den Schwei ab, der sich auf ihrer Oberlippe gebildet hatte.
Am Tor war mittlerweile das Hausm dchen aufgetaucht. Sie hatte keinen Schl ssel. Um diese Uhrzeit sei Se ora Vega f r gew hnlich schon wach, sagte sie. Im Garten neben dem Haus h rten sie den ukrainischen G rtner Sergei. Sie gingen zu ihm hin, und berrascht hielt er seine Hacke wie eine Waffe, als er die beiden Frauen erblickte. Er trug Shorts, und Schwei str mte an seinem muskul sen nackten Oberk rper herab. Er hatte seit sechs Uhr in der Fr h gearbeitet und nichts geh rt. Soweit er wusste, stand der Wagen noch in der Garage.
Consuelo lie Mario in der Obhut des Hausm dchens und ging mit Sergei zur R ckseite des Hauses. Er stieg auf die Veranda vor dem Wohnzimmer und sp hte durch die Jalousien der Schiebet r. Die war verschlossen. Also kletterte er ber das Gel nder und beugte sich vor, um ins K chenfenster zu blicken, das zum Garten hinausging. Sein Kopf zuckte entsetzt zur ck.
"Was ist los?", fragte Consuelo.
"Ich wei nicht", sagte er. "Se or Vega liegt auf dem Boden. Er bewegt sich nicht."
Consuelo nahm das Hausm dchen und Mario mit in ihr Haus. Der Junge sp rte, dass irgendetwas nicht stimmte, und fing an zu weinen. Das Hausm dchen versuchte vergeblich, ihn zu tr sten, und zappelnd wand er sich aus ihrer Umarmung. Consuelo w hlte die Nummer des Notrufs, z ndete sich eine Zigarette an und versuchte, sich zu konzentrieren, w hrend sie das hilflose Hausm dchen beobachtete: Die Frau stand ber den Kleinen gebeugt, der sich in einem Wutanfall tretend und heulend wie ein wildes Tier auf den Boden geworfen hatte und sich nun langsam zur Ruhe schluchzte. Consuelo berichtete, was sie gesehen hatte, und nannte Namen, Adresse und Telefonnummer, bevor sie den H rer auf die Gabel knallte, zu dem Kind ging, es ungeachtet der Tritte und Schl ge fest an sich dr ckte und immer wieder seinen Namen fl sterte, bis es reglos in ihren Scho sank.
Sie legte den Jungen in ihr Bett, zog sich an und rief das Hausm dchen nach oben, damit es ein Auge auf Mario hatte. Er war eingeschlafen. Consuelo betrachtete ihn eingehend, w hrend sie sich k mmte. Das Hausm dchen sa auf einer Ecke des Bettes, ungl cklich, nun Teil einer fremden Trag die geworden zu sein, die auch ihr eigenes Leben beeintr chtigen w rde.
Vor dem Haus der Vegas fuhr ein Streifenwagen vor. Consuelo ging hinaus, um den Polizisten zu begr en und f hrte ihn zur R ckseite des Hauses, wo er auf die Veranda kletterte. Er fragte sie, wo der G rtner war, und sie ging ber den Rasen zu einem kleinen Geb ude am Fu e des Hangs, wo Sergei sein Quartier hatte. Vergeblich. Der Polizist pochte derweil an das K chenfenster und gab per Funk einen kurzen Lagebericht ans Pr sidium, bevor er wieder von der Veranda stieg.
"Wissen Sie, wo Se ora Vega ist?", fragte er.
"Sie m sste im Haus sein. Da war sie jedenfalls gestern Abend, als ich sie angerufen habe, um ihr zu sagen, dass ihr Sohn bei meinen Jungen bernachten w rde", sagte Consuelo. "Warum haben Sie ans Fenster geklopft?"
"Es hat keinen Sinn, die T r einzutreten, wenn er blo betrunken auf dem Fu boden eingeschlafen ist."
"Betrunken?"
"Neben ihm liegt eine Flasche auf dem Boden."
"Ich kenne ihn seit Jahren, und ich habe nie erlebt, dass er die Kontrolle verliert ... nie."
"Vielleicht ist es anders, wenn er allein ist."
"Und was haben Sie sonst noch unternommen?", fragte Consuelo und versuchte angesichts der Gelassenheit des einheimischen Polizisten die schrille Reizbarkeit der Madrilenin in ihrer Stimme zu unterdr cken.
"Sobald Sie uns angerufen haben, wurde ein Krankenwagen auf den Weg geschickt, und jetzt ist der Inspector Jefe del Grupo de Homicidios, der Chefinspektor der Mordkommission, benachrichtigt worden."
"Im einen Moment ist er nur betrunken, im n chsten schon ermordet?"
"Auf dem Fu boden liegt ein Mann", erwiderte der Streifenpolizist jetzt rgerlich. "Er bewegt sich nicht und reagiert nicht auf Ger usche. Ich habe -"
"Meinen Sie nicht, dass Sie versuchen sollten, ins Haus zu kommen, um zu sehen, ob er noch lebt? Er reagiert nicht, aber vielleicht atmet er ja noch."
Auf der Miene des Streifenpolizisten spiegelte sich Unentschlossenheit, doch der eintreffende Krankenwagen rettete ihn. Gemeinsam mit den Not rzten stellte er fest, dass das Haus auf Vorder- und R ckseite komplett verriegelt war. Weitere Wagen hielten vor dem Haus.
Inspector Jefe Javier Falc n hatte das Fr hst ck beendet und sa im Arbeitszimmer seines riesigen Hauses aus dem 18. Jahrhundert in der Altstadt von Sevilla. Er trank den Rest seines Kaffees und studierte die Bedienungsanleitung einer Digitalkamera, die er vor einer Woche gekauft hatte. Wegen der dicken Mauern und der traditionellen Bauweise des Hauses musste er die Klimaanlage nur selten einschalten. In dem Marmorbrunnen pl tscherte Wasser, ohne dass es ihn st rte. Nach einem f r ihn pers nlich sehr turbulenten Jahr hatte er nun seine Konzentrationsf higkeit wiedergefunden. Sein Handy auf dem Schreibtisch vibrierte. Seufzend griff er danach. Dies war die Tageszeit, zu der blicherweise die Leichen gefunden wurden. Er ging hinaus in den Kreuzgang um den Innenhof und lehnte sich an eine der S ulen, die die Galerie trugen. Dort h rte er sich die Fakten an, nackt und bar jeder Trag die. Zur ck in seinem Arbeitszimmer notierte er die Adresse: Santa Clara. Es klang nicht wie ein Ort, an dem irgendetwas Schlimmes passieren konnte.
Er schob das Handy in die Hosentasche, nahm seine Wagenschl ssel und ffnete das gewaltige Holztor vor dem Haus. Dann lie er seinen Seat zwischen die Orangenb ume rollen, die den Eingang flankierten, und ging zur ck, um das Tor zu schlie en.
Die Klimaanlage blies kalte Luft gegen seine Brust, als er ber die engen Kopfsteinpflasterstra en auf die von hohen B umen ges umte Plaza del Museo de Bellas Artes fuhr. Er verlie die Altstadt Richtung Fluss und bog rechts in die Calle del Torneo. Im morgendlichen Dunst waren in der Ferne die verschwommenen Umrisse der "Harfe" zu sehen, der gewaltigen Puente del Alamillo, die der Architekt Calatrava ber den Fluss gespannt hatte. Er entfernte sich vom Flussufer in Richtung Neustadt und k mpfte sich durch die Stra en um den Bahnhof Santa Justa, bevor er an endlosen Hochh usern vorbei der Avenida de Kansas City folgte, w hrend er an das exklusive Barrio, das Viereck, dachte, in das er fuhr.
Die Gartenstadt von Santa Clara war von den Amerikanern geplant worden, um den eigenen Offizieren Unterk nfte zu bieten, nachdem nach Unterzeichnung des Verteidigungs- und Wirtschaftsabkommens 1953 in der N he von Sevilla das Strategic Air Command eingerichtet worden war. Einige der Bungalows sahen immer noch aus wie in den 50er Jahren, andere hatte man an die spanische Architektur angepasst, und wieder andere waren von ihren wohlhabenden Besitzern komplett abgerissen und durch Neubauten palastartiger Villen ersetzt worden. Soweit sich Falc n erinnerte, hatte keine dieser Ver nderungen es geschafft, das Viertel von seiner allgegenw rtigen Unwirklichkeit zu befreien. Es hatte etwas damit zu tun, dass die H user einzeln auf eigenen Grundst cken standen, zusammen, aber isoliert, was v llig unspanisch war und eher an eine amerikanische Vorstadt erinnerte. Au erdem war es im Gegensatz zum Rest von Sevilla hier geradezu unheimlich still.
Falc n parkte im Schatten einiger B sche und B ume vor einem modernen Haus in der Calle Frey Francisco de Pareja, das trotz seiner Backsteinfassade und einiger Ornamente wie eine massive Festung wirkte. Beim Anblick des ersten Menschen, den er nach Betreten des Grundst cks sah, musste er sich zwingen, entschlossen weiterzugehen: Juez de Guardia Esteban Calder n, der zust ndige Staatsanwalt. Er hatte seit mehr als einem Jahr nicht mehr mit Calder n zusammengearbeitet, doch die Erinnerung an ihren letzten Fall war noch frisch. Sie gaben sich die Hand und klopften sich auf die Schulter. Falc n war berrascht, neben dem Staatsanwalt Consuelo Jim nez stehen zu sehen, eine Frau, die ebenfalls eine wichtige Rolle bei diesem einen Fall gespielt hatte. Aber nur noch wenig erinnerte an die gutb rgerliche Ehefrau, die er vor einem Jahr bei den Ermittlungen im Zusammenhang mit der Ermordung ihres Mannes kennen gelernt hatte. Mittlerweile trug sie ihr Haar in einer modernen Frisur und offen, dazu weniger Make-up und Schmuck. Er verstand nicht, was sie hier machte.
Die Not rzte gingen zu ihrem Krankenwagen zur ck und holten eine fahrbare Trage heraus. Falc n begr te den M dico Forense, den Gerichtsmediziner, und die Sekret rin des Staatsanwalts per Handschlag, w hrend Calder n den Streifenpolizisten fragte, ob er irgendwelche Spuren f r ein gewaltsames Eindringen ins Haus festgestellt hatte, worauf der Polizist Bericht erstattete.
Consuelo Jim nez war von dem neuen Javier Falc n fasziniert. Der Inspector Jefe trug nicht seinen obligatorischen Anzug, sondern Chinos und ein wei es Hemd, die rmel bis zu den Ellenbogen hoch gekrempelt. Mit seinem sehr kurz geschnittenem grauem Haar wirkte er j nger. Falc n sp rte ihr Interesse und berspielte seine Befangenheit, indem er einen weiteren seiner Beamten, Sub-Inspector P rez, vorstellte. Es entstand ein Moment nerv ser Verwirrung, in dem P rez sich verdr ckte.
"Sie fragen sich, was ich hier mache", sagte sie. "Ich wohne gegen ber. Ich habe die ... Ich war bei dem G rtner, als er Se or Vega auf dem Boden liegend entdeckt hat."
"Ich dachte, Sie h tten ein Haus in Heliopolis gekauft?"
"Nun, genau genommen war es Ra l, der das Haus in Heliopolis gekauft hat ... vor seinem Tod", sagte sie. "Er wollte in der N he seines geliebten B tis-Stadions sein, und ich interessiere mich nicht f r Fu ball."
"Und wie lange wohnen Sie schon hier?"
"Seit beinahe einem Jahr."
"Und Sie haben die Leiche entdeckt."
"Der G rtner, und wir wissen noch nicht, ob er wirklich tot ist."
"Hat irgendjemand einen Ersatzschl ssel?"
"Das bezweifle ich", sagte sie.
"Ich sollte mir das besser mal ansehen", meinte Falc n.
Se or Vega lag auf dem R cken. Morgenmantel und Schlafanzug waren von seinen Schultern gerutscht und schn rten seine Arme ein. Sein Brustkorb war nackt, und es sah aus, als h tte er Hautabsch rfungen an Brust und Bauch und Kratzspuren am Hals. Das Gesicht des Mannes wirkte blass und hart, seine Lippen waren gelblich-grau.
Falc n kehrte zu Juez Calder n und dem M dico Forense zur ck.
"Meines Erachtens ist er tot, aber vielleicht wollen Sie noch einen Blick auf ihn werfen, bevor wir die T r aufbrechen", sagte er. "Wissen wir, wo seine Frau ist?"
Consuelo erkl rte die Situation noch einmal.
"Ich denke, wir m ssen reingehen", sagte Falc n.
"Das k nnte m glicherweise schwierig werden", vermutete Se ora Jim nez. "Luc a hat vor dem letzten Winter neue Fenster mit Doppelscheiben aus kugelsicherem Glas einbauen lassen. Und wenn die Haust r ordnungsgem verriegelt ist, sollten Sie vielleicht lieber versuchen, durch die Mauer reinzukommen."
"Sie kennen das Haus?"
In der Einfahrt tauchte eine Frau auf, eine beeindruckende Erscheinung mit roten Haaren, gr nen Augen und einer so wei en Haut, dass ihr Anblick im Sonnenlicht beinahe schmerzte.
"Hola, Consuelo", wandte sie sich an das einzig vertraute Gesicht in der Runde.
"Hola, Maddy", sagte Consuelo und stellte sie allen anderen als Madeleine Krugman vor, die Nachbarin von Se ora Vega.
"Ist Luc a oder Rafael irgendetwas zugesto en? Ich habe den Krankenwagen gesehen. Kann ich irgendetwas tun?"
Nicht nur wegen ihres amerikanischen Akzents, zog Madeleine Krugman alle Blicke auf sich. Sie war gro und schlank mit vollem Busen, ppigem Hintern und der angeborenen F higkeit, selbst langweilige M nner zu extravaganten Fantasien zu inspirieren. Lediglich Falc n und Calder n hatten ihre Hormone so weit im Griff, dass sie genug Selbstbeherrschung aufbrachten, ihr in die Augen zu sehen.
"Wir m ssen dringend ins Haus gelangen, Se ora Krugman", sagte Calder n. "Haben Sie einen Ersatzschl ssel?"
"Nein, habe ich nicht ... was ist denn mit Rafael und Luc a?"
"Rafael liegt reglos auf dem K chenfu boden", sagte Consuelo, "und was mit Luc a ist, wissen wir nicht."
Madeleine Krugman schnappte schockiert nach Luft. "Ich habe die Telefonnummer seines Anwalts. Rafael hat sie mir f r den Fall gegeben, dass es w hrend ihres Urlaubs ein Problem mit dem Haus gibt", sagte sie. "Ich m sste rasch zur ck ins Haus ..."
Sie machte ein paar Schritte r ckw rts und wandte sich zum Tor. Alle Blicke hefteten sich auf ihren Hintern, der sich unter dem wei en Leinen ihrer Schlaghose deutlich abzeichnete. Ein schmaler roter G rtel lag um ihre H ften wie eine Blutspur. Erst als sie hinter der Mauer verschwunden war, lie en sich auch wieder m nnliche Stimmen vernehmen, die w hrend ihres strahlenden Auftritts verstummt waren.
"Sie ist sehr sch n, nicht wahr?", fragte Consuelo Jim nez und rgerte sich ber ihr Bed rfnis, die Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken.
"Ja", sagte Falc n, "und ganz anders als die Sch nheit, die wir in dieser Gegend gew hnt sind. Wei . Durchscheinend."
"Ja", sagte Consuelo. "Sie ist sehr wei ."
"Wissen wir, wo der G rtner ist?", wechselte Falc n das Thema.
"Er ist verschwunden."
"Was wissen wir ber ihn?"
"Sein Name ist Sergei", sagte sie. "Er ist Russe oder Ukrainer. Wir teilen ihn uns, die Vegas, die Krugmans, Pablo Ortega und ich."
"Pablo Ortega ... der Schauspieler?", fragte Calder n.
"Ja, er ist erst vor kurzem hergezogen", sagte sie. "Er ist nicht besonders gl cklich."
"Das berrascht mich nicht.""Nat rlich. Waren Sie es nicht, Juez Calder n, der seinen Sohn f r zw lf Jahre ins Gef ngnis gebracht hat?", fragte Consuelo.
... weniger
Autoren-Porträt von Robert Wilson
Robert Wilson, 1957 in England geboren, studierte an der Universität von Oxford. Er lebt abwechselnd in England, Spanien und Portugal. Für seine Thriller erhielt er bereits zahlreiche Preise.
Bibliographische Angaben
- Autor: Robert Wilson
- 2005, 2. Aufl., 506 Seiten, Maße: 14,2 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Lutze, Kristian
- Verlag: Page & Turner
- ISBN-10: 3442202949
- ISBN-13: 9783442202942
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