Die Zärtlichkeit der Wölfe
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Ausgezeichnet als bester britischer Debütroman.
Ausgezeichnet als bester britischer Deb troman.
"Atmosph risch, unter die Haut gehend und meisterhaft geschrieben." The Independent
"Ein beeindruckendes Zeugnis f r die Sogkraft wahrer Literatur!" Aus der Jury-Begr ndung des Costa-Award-Kommittees
"Vor dem geistigen Auge entstehen Kanadas Schneelandschaften, zwischenmenschliche Beziehungen, eine klirrende K lte, die in die Adern schie t. Hautnah erlebt man die abenteuerliche Suche nach dem M rder mit, der blutr nstig in einem unwirtlichen Aussiedlerdorf im Kanada des 19. Jahrhunderts zugeschlagen hat. (...) Ihre beeindruckende Geschichte entfaltet sich gleich einer genussvollen Reise durch die kanadische Winterlandschaft." B cher
Die Zärtlichkeit der Wölfe von Stef Penney
LESEPROBE
Das letzte Mal sah ich Laurent Dammet in Scotts Laden - mit einem toten Wolf über derSchulter. Ich war gekommen, um Nadeln zu besorgen, und er war wegen desKopfgelds da. Seit Scott von einem Yankee hereingelegt worden war, der erst mitden Ohren auftauchte und das Kopfgeld kassierte, dann ein paar Tage später diePfoten für einen weiteren Dollar anschleppte und schlussendlich auch noch ausdem Schwanz Kapital schlug, bestand er darauf, dass man ihm den ganzen Kadaverbrachte. Es war im Winter gewesen, daher hatten die Einzelteile relativ frischgewirkt, aber die Geschichte über diesen Schwindel hatte schnell die Runde gemacht.Sehr zu Scotts Missfallen. Das Wolfsgesicht war also das Erste, was ich beimBetreten des Ladens sah. Die Zunge hing schlaff aus der Schnauze, die zu einerFratze verzerrt war. Ich zuckte unwillkürlich zurück. Scott brüllte los, und Dammet entschuldigte sich vielmals. Es war einfachunmöglich, ihm böse zu sein, dazu war er viel zu charmant - und außerdemhinkte er. Der Kadaver wurde irgendwo nach draußen geschafft, und während ichmich im Laden umsah, fingen die beiden Männer an, sich über das mottenzerfresseneFell zu streiten, das über der Tür hing. Ich glaube, Dammetwitzelte, Scott solle es doch durch ein neues ersetzen. Auf dem darunterangebrachten Schild war zu lesen: >Canis lupus (männlich), der erste in der Stadt Caulfield erlegte Wolf, 11. Februar 1860«. Dieses Schildverrät eine Menge über John Scott, es demonstriert, wie wichtig es ihm ist,gebildet zu erscheinen, wie selbstherrlich er ist und wie wenig ernst er es mitder Wahrheit nimmt. Denn es war ganz sicher nicht der erste Wolf, der in dieserGegend geschossen worden war, und so etwas wie eine «Stadt Caulfield«gibt es streng genommen auch überhaupt nicht, selbst wenn er das gerne hätte,denn dann gäbe es auch einen Gemeinderat, und er könnte der Bürgermeister sein.
«Und überhaupt ist das ein Weibchen.Die Rüden haben einen dunkleren Kragen und sind größer. Dieses Exemplar hier istziemlich klein.«
Jammet wusste, wovon er redete, da er mehrWölfe zur Strecke gebracht hatte als jeder andere, den ich kenne. Er lächelte,zum Zeichen, dass er niemandem zu nahe treten wollte, aber Scott trat man immer :u nahe - und auch heute ließ er die Gelegenheitnicht aus, sich aufzuplustern.
»Ich nehme an, Sie erinnern sichbesser daran als ich, Mr Jammet?«
Jammet zuckte die Achseln. Da er 1860 nochnicht hier gewesen und im Gegensatz zu uns Übrigen Franzose war, musste ersich vorsehen.
In diesem Augenblick trat ich an denLadentisch. »Ich glaube auch, dass es ein Weibchen war, MrScott. Der Mann, der es damals hergebracht hat, sagte, die Welpen hätten dieganze Nacht geheult. Ich erinnere mich noch ganz genau.«
Und ich erinnerte mich auch nochgenau, wie Scott den Kadaver an den Hinterbeinen vor dem Laden aufgehängthatte, damit ihn alle angaffen konnten. Ich hatte noch nie zuvor einen Wolfgesehen und mich gewundert, wie klein er war. Er hing dort, die Nase auf dieErde gerichtet und die Augen geschlossen, als würde er sich schämen. DieMänner machten Scherze über das tote Tier, die Kinder kicherten und fordertensich gegenseitig auf, ihm die Hand in die Schnauze zu stecken. Sie posiertenmit dem erlegten Tier, um die anderen zum Lachen zu bringen.
Scott richtete seine kleinen,leuchtend blauen Augen auf mich - und es war schwer zu sagen, ob er über michverärgert war, weil ich mich auf die Seite eines Ausländers geschlagen hatte,oder ob er einfach so verärgert war.
»Na, und was ist mit dem Kerl späterpassiert?« Doc Wade, der Mann, der das Kopfgeldkassiert hatte, war im Frühjahr darauf ertrunken, und Scott sagte das soverächtlich, als bewiese Doc Wades' Ende seineSchuld.
"Nun ja ...« Jammetzuckte die Achseln und zwinkerte mir zu, derFrechdachs.
Irgendwie - ich glaube, es warScott, der die Rede darauf brachte - kamen wir dann auf die armen Mädchen zusprechen, was meistens geschah, wenn ein Gespräch um das Thema Wölfe kreiste.Obwohl es jede Menge bedauernswerte Frauen gibt auf der Welt (aus eigenerErfahrung kann ich sagen, mehr als genug), bezieht sich "arme Mädchen« bei unsausschließlich auf zwei bestimmte - die Seton-Schwesternnämlich, die vor vielen Jahren verschwanden. Wir tauschten ein paar Minuten langbelanglose Nebensächlichkeiten über den Vorfall aus, bis wir abrupt von demSchrillen der Ladenglocke und dem Hereinkommen von MrsKnox unterbrochen wurden. Wir taten, als wären wir voll und ganz in dieKnopfauslage auf dem Ladentisch vertieft. Laurent Jammetnahm seinen Dollar, verbeugte sich vor mir und MrsKnox und ging wortlos.
Die Glocke tanzte noch eine ganzeWeile an ihrer Metallfeder, nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte.
Das war alles, überhaupt nichtsBedeutsames. An jenem letzten Mal, als ich ihn sah.
Laurent Jammetwar unser nächster Nachbar. Und trotzdem war uns sein Leben ein Rätsel. Ichfragte mich immer wieder, wie er es schaffte, mit seinem schlimmen Bein Wölfezu jagen, bis mir jemand erzählte, dass er mit Strychnin vergiftetes Hirschfleischals Köder auslegte. Die Kunst bestand dann nur noch darin, die Fährte bis zudem toten Tier zu verfolgen. Eigentlich entspricht das nicht meinerVorstellung von Jagd. Ich weiß, dass viele Wölfe gelernt haben, sich aus derReichweite eines Winchester-Gewehrs fernzuhalten, sodumm können sie also nicht sein, aber klug genug, einer geschenkten Mahlzeit zumisstrauen, sind sie dann auch wieder nicht. Worin besteht aber der Verdienst,einer zum Tode verurteilten Kreatur so lange zu folgen, bis sie ihr Ende ereilthat? Auch sonst gab es vieles an Laurent Jammet, dasungewöhnlich war: Er machte lange Reisen in unbekannte Gebiete, bekam Besuchvon dunklen, wortkargen Fremden und zeigte sich gelegentlich unerwartetgroßzügig, was in krassem Gegensatz zu seiner baufälligen Hütte stand. Wirwussten, dass er aus Quebec stammte. Wir wussten auch, dass er katholisch war,obwohl er nur selten in die Kirche oder zur Beichte ging (wobei er währendseiner langen Abwesenheiten möglicherweise beides tat). Er war höflich undimmer gutgelaunt, hatte aber keine engen Freunde und hielt sich stets ein wenigabseits. Und er sah, wenn ich das sagen darf, gut aus mit seinen nahezuschwarzen Haaren und Augen und seinem Gesicht, das immer schien, als habe ergerade gelächelt oder als werde er es jeden Moment tun. Allen Frauen begegneteer auf die gleiche charmante und respektvolle Art, ohne dass er sie oder ihreEhemänner dabei je in Verlegenheit gebracht hätte. Er war nicht verheiratet undmachte auch keinerlei Anstalten, etwas daran zu ändern, aber manche Männer sindeben allein glücklicher, besonders dann, wenn sie eher zu Unordnung undUnbeständigkeit neigen.
Manche Menschen ziehen einenunbestimmten, aber ganz und gar nicht böswilligen Neid auf sich. Jammet, so faul und gutmütig, wie er war, gehörte zu diesenMenschen, die einfach so, leicht und mühelos, durch das Leben zu gleitenschienen. Ich hielt ihn für einen Glückspilz, weil er sich ganz offensichtlichnicht den Kopf über all die Dinge zerbrach, die uns anderen graue Haare wachsenlassen. Er selbst hatte keine grauen Haare, dafür aber eine Vergangenheit, dieer größtenteils für sich behielt. Er glaubte sicher auch eine Zukunft zuhaben, nehme ich an, doch die hatte er nicht. Er war vielleicht vierzig. Älter sollteer nicht werden.
Es ist ein Dienstagmorgen MitteNovember, ungefähr zwei Wochen nach unserer Begegnung im Laden: In furchtbarerStimmung gehe ich von unserem Haus den Weg hinunter und lege mir meineStrafpredigt sorgfältig zurecht. Höchstwahrscheinlich übe ich sie sogar laut -Selbstgespräche sind nur eine der vielen absonderlichen Gewohnheiten, die mansich aneignet, wenn man in der Wildnis wohnt. Der Weg, der eigentlich nicht vielmehr ist als eine Reihe von Hufen und Wagenrädern ausgetretener Spurrinnen,folgt einem Fluss, der sich dort in eine ganze Folge kleiner Wasserfälleergießt. Unter den Birken leuchten smaragdgrüne Moospolster im Sonnenlicht.Laub, das unter dem Frost der vergangenen Nacht erstarrt ist, knistert unter meinenFüßen und erzählt flüsternd vom nahenden Winter. Der Himmel ist so gleißendblau, dass es in den Augen schmerzt. Ich gehe schnell in meinem Zorn, den Kopfhoch erhoben. Vermutlich wirke ich dadurch sogar fröhlich.
Jammets Hütte steht am Ufer des Flusses aufeinem mit Unkraut überwucherten Flecken, der einen Garten darstellen soll. Dieungeschälten Holzbalkenwände sind über die Jahre ausgeblichen, sodass sie nungrau und wollig aussehen, eher wie ein lebendes Wesen als ein Gebäude. Sie istein Überbleibsel aus vergangenen Zeiten, diese Hütte: Ihre Tür besteht auseinem mit Hirschleder bespannten Holzrahmen, die Fenster sind mit geöltemPergamentpapier glasiert. Im Winter muss es dort drinnen eisig kalt sein. Diesist kein Ort, an dem die Damen von Dove River oftvorbeikommen, und ich selbst hin seit Monaten nicht mehr hier gewesen, aber ichweiß nicht, wo ich sonst noch suchen soll.
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© Goldmann Verlag
Übersetzung: Stefanie Retterbush
- Autor: Stef Penney
- 2007, 544 Seiten, Maße: 14,5 x 21,9 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzer: Stefanie Retterbush
- Verlag: Arkana
- ISBN-10: 3442311500
- ISBN-13: 9783442311507
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