Dolmen
Die Polizistin Marie Kermeur kehrt auf ihre Heimatinsel Lands'en zurück, um ihren Jugendfreund Christian zu heiraten. Am Hochzeitsmorgen entdeckt sie am Strand die Leiche ihres Bruders. In seiner Hand findet sie eine rätselhafte Botschaft in bretonischer...
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Die Polizistin Marie Kermeur kehrt auf ihre Heimatinsel Lands'en zurück, um ihren Jugendfreund Christian zu heiraten. Am Hochzeitsmorgen entdeckt sie am Strand die Leiche ihres Bruders. In seiner Hand findet sie eine rätselhafte Botschaft in bretonischer Sprache. Als einer der Menhire aus dem mystischen Steinkreis zu bluten anfängt, vermuten die Inselbewohner, dass der Fluch aus einer alten Legende wieder über der Insel lastet. Marie trotzt jedoch dem allgemeinen Aberglauben und beginnt zu ermitteln. Sie wird von Lucas Fersen, einem Spezialisten für rituelle Mordfälle, unterstützt. Auch wenn das Verhältnis der beiden zuerst angespannt ist, entwickeln sie schon bald ganz andere Gefühle füreinander. Gemeinsam kommen sie einem erschütternden Familiengeheimnis auf die Spur, und für Marie ist nichts mehr, wie es war ...
"Hohes Tempo und spannend wie ein guter TV-Krimi."
FÜR SIE
Marie trotzt jedoch dem allgemeinen Aberglauben und beginnt zu ermitteln. Sie wird von Lucas Fersen, einem Spezialisten für rituelle Mordfälle, unterstützt. Auch wenn das Verhältnis der beiden zuerst angespannt ist, entwickeln sie schon bald ganz andere Gefühle füreinander. Gemeinsam kommen sie einem erschütternden Familiengeheimnis auf die Spur, und für Marie ist nichts mehr, wie es war
Dolmen vonNicole Jamet und Marie-Anne Le Pezennec
Leseprobe
Mitleisem Lächeln beobachtete ich, wie die Menschen, die mir eigentlich nahestanden, fröhlich den Junggesellenabschied vorbereiteten. Sie wussten allenicht, dass am nächsten Tag niemandem mehr nach Lachen zumute sein würde. Odernach Heiraten. Ich leerte mein Glas in einem Zug und bahnte mir mit denEllbogen einen Weg zum Ausgang. Mein Abschiedsgruß ging in dem munteren Treibenunter. Ich lief über die Pier undvorbei am Rathaus, das am äußersten Ende des Hafens lag. Dort schlug mir derraue Wind vom Meer entgegen. Keine drei Wochen mehr bis zum Sommer, und dochwar es trotz des strahlenden Sonnenscheins empfindlich kühl und derNordwestwind fegte in Böen über die Insel. Die Touristen hatten dieses vonRiffen und gefährlichen Strömungen umgebene Stück Fels und Heide, dasregelmäßig im Nebel verschwand und bei schwerer See völlig vom Festlandabgeschnitten war, lange Zeit gemieden. Sie verbrachten ihre Ferien lieber auf den Inseln des Morbihan. Die lagennördlicher. Und verkehrsgünstiger. »Landsen«bedeutete nicht zufällig Ende der Welt. Inzwischen gab es eine regelmäßigeSchiffsverbindung nach Brest, die Überfahrt dauerte knapp eine Stunde. Es wardavon die Rede, im kommenden Jahr einen Flugplatz zu bauen. Und ein weiteresHotel sowie ein Zentrum für Thalasso-Therapie Die älteren Inselbewohnerbehaupteten, Landsen sei dabei, seine Seele an den Teufel zu verkaufen. Ich, der ich besser informiert war, und nocheinige andere, deren Geheimnis ich kannte, wussten, dass die Insel ihre Seelelängst verkauft hatte. Gegen Blut.
Der Ortlag bereits weit hinter mir und ich kam schließlich dort an, wo alles begonnenhatte. An der nördlichsten Spitze der Insel. Der wildesten. Ty Kern. DerZöllnerpfad führte an der oberen Kante einer Felswand entlang, die steil zumMeer abfiel und in einer kleinen Bucht endete, voller Klippen, scharf wieEntermesser. Von diesem Pfad ging auchdie kleine Steinbrücke zum alten Leuchtturm ab, der schon seit mindestenszwanzig Jahren nicht mehr in Betrieb war. Nach Ansicht der alten Inselbewohnerhätte man es niemals zulassen dürfen, dass ein Schriftsteller in die winzigeWohnung einzog, die einst den Leuchtturmwärter beherbergt hatte. Dass derSchriftsteller Ire war, machte die Sache nicht besser. Die alten Leute hier misstrautenallen Ausländern, woher sie auch kamen. Wer von den Inselbewohnern akzeptiertwerden wollte, musste mindestens Bretone sein, möglichst seit mehrerenGenerationen, und möglichst ein Kind dieser Insel. Wie ich.
Obwohlich diese Gegend, in der ich in meiner Kindheit gespielt hatte, in- undauswendig kannte, hielt ich unwillkürlich den Atem an, als ich die Menhire vonTy Kern vor mir aufragen sah. Sechs Granitriesen umstanden, dem offenen Meerzugewandt, einen Dolmen, und der Sage nach röteten sie sich bei steigendem Mondnoch immer vom Blut der Strandräuber. Ich betrachtete die Monolithen, die inder Junisonne täuschend harmlos aussahen, einen nach dem anderen. Bei meinemLieblingsstein, dem mit dem Profi l eines alten Elefanten, verharrte ich ein weniglänger. Dann legte ich meine Hand auf den warmen Stein des Dolmen. Bei derBerührung wurde mir eiskalt. In der nächsten Nacht war aufsteigender Mond. Eswürde Blut fließen. Es würde nicht ratsam sein, hier herumzulungern
»Hör auf zu zappeln! Davon kommt erauch nicht schneller zurück!« Marie neigte den Kopf, um ihre Mutter sehen zukönnen, die zu ihren Füßen kniete und ihrer Anweisung mit einem heftigen Ruckam Saum Nachdruck verliehen hatte. Jeanne war im Jahr zuvor siebzig geworden.Sie hatte kurzes graues Haar und das ausgezehrte, früh gealterte Gesicht vonFrauen, die häufig rauer Witterung ausgesetzt sind. »Er ist bei Morgengrauen inSaint-Malo losgesegelt. Und er hat den Wind im Rücken. Er müsste längst dasein«, seufzte die angehende Braut.
»Wenn dein Vater auf Thunfischfangging, blieb er sechs Monate lang weg«, bemerkte Jeanne und musterte den Rockdes Kleides kritisch. »Und du wirst schon nach wenigen Stunden nervös Haltstill!« Das von einer fernen Vorfahrin kunstvoll bestickte Spitzenkleid war imLaufe der Jahre immer wieder länger gemacht worden, da die jungen Frauen, diees als Braut trugen, von Generation zu Generation größer wurden. Bei jedem Herauslassen des Saums waren kaummerkliche feine Linien zurückgeblieben. Sie ähnelten den Strichen, mit denen man im Türrahmen das Wachsen seinerKinder festhält und die mit der Zeit blasser werden, ohne je ganz zuverschwinden. Jeanne allerdings neigte keineswegs dazu, rührselig in derVergangenheit zu schwelgen. Ihr genaues Hinschauen hatte nur einen Zweck: Siewollte sichergehen, dass durch das mehrfache behutsame Waschen die Spuren derJahre weitgehend getilgt worden waren und das Kleid genau die richtigeLänge hatte, das heißt den Bodenberührte, aber nicht darüber schleifte. Befriedigt rappelte sie sich auf unddrehte ihre Tochter zum Spiegel um. »Wie auf den Leib geschneidert!«
Mit hochgezogenen Brauen betrachtetesich Marie in dem großen Standspiegel. In ihren grünen Augen stand einfragender Blick, als wäre ihr das Bild im Spiegel unbekannt, ja geradezu fremd.Das Weiß des Kleides unterstrich ihren perlmuttfarbenen Teint und brachte ihrrötlich blondes Haar zur Geltung. Sie flocht es gewöhnlich zu einem Zopf, dochheute fiel es ihr offen über die Schultern und bis zur Taille. Haar wie das derFee Morgane, behauptete ihr Verlobter Christian. Eine grünäugige Meerjungfrau,die das Zeug dazu hatte, allen Seeleuten der Welt den Kopf zu verdrehen. DieMänner, mit denen sie vor Christian befreundet gewesen war, hatten gesagt, siesei schön. Jetzt glaubte sie ihnen. Scheu lächelte sie der Unbekannten imSpiegel zu. Doch plötzlich zogen sich ihre Brauen zusammen, denn der Spiegelzeigte auch ihre Mutter, die sich gerade auf die Zehenspitzen stellte, um denMusselin-Ballen vom oberen Kleiderschrankbord zu ziehen. »Warte, ich hol ihnrunter!« Marie wirbelte herum. Doch Jeanne zog schon am Stoff - und riss nocheinen weiteren Gegenstand mit, der dumpf auf den Holzboden polterte. Sie sprangzurück und bekreuzigte sich flüchtig, als sei das Ding vom Teufel besessen. Undgenau so empfand Jeanne es auch.
Es handelte sich um eineAutomatik-Pistole. Eine Sigpro 9-mm-Parabellum. Eine gefährliche Waffe, die sienie aus Brest hätte mitnehmen dürfen. Denn wenn ihre Vorgesetzten davonerfahren hätten, hätte ihr das einen weit schlimmeren, wenn auch wenigerverletzenden Tadel eintragen können als den Vorwurf, den sie aus den blitzendenAugen ihrer Mutter las. Marie griff hastig nach der Pistole, ließ sie in einerSchublade verschwinden und schloss diese ab. »Nun zieh doch nicht so ein Gesicht! Sie ist nicht geladen«, murmeltesie mit einem leicht aggressiven Unterton, als wäre sie auf frischer Tatertappt worden. Sie trat zu Jeanne, deren Gesichtsausdruck sich fast unmerklichverändert hatte, und neigte den Kopf, damit der Schleier festgesteckt werdenkonnte. Sie lächelte schuldbewusst. »Das ist doch nur ein Werkzeug für meineArbeit«, fügte sie besänftigend hinzu. »Du hättest das Werkzeug bei denen dalassen können«, bemerkte Jeanne und befestigte die duftigen Wolken aus Musselinin Maries Haar. Bei denen da. Jeanne hatte sich nie zu einer anderenBezeichnung für den SPRJ, die regionale kriminalpolizeiliche Dienststelle inBrest, durchringen können. Wenn sie nach dem Beruf ihrer Tochter gefragt wurde,antwortete sie stets ausweichend, Marie sei Beamtin im Innenministerium. Marieschaute noch einmal auf ihr von zartem Musselin umschmeicheltes Gesicht imSpiegel, doch der Zauber war verflogen. Auch ihre Gedanken flogen davon. Zudenen da.
Sie war nicht auf das kleine Abschiedsfestgefasst gewesen, das ihre Kollegen für sie organisiert hatten, daher war ihreerste, ein wenig kühle Reaktion, dass dies kein Abschied für immer sei. »Sobaldihr klar wird, dass sie den Falschen geheiratet hat, kommt sie zurück.« Franckhatte ihr Unbehagen gespürt und war ihr zu Hilfe geeilt, mit seiner üblichenheiteren Leichtigkeit - und einer Spur Wehmut, weil er selbst ihre Liebe nichthatte erlangen können. Alle hatten gelacht, Marie ein wenig lauter als dieanderen. Ein üppiger Mund, volle Wangen und der Teint eines jungen Mädchens.Trotz seiner dreißig Jahre war Leutnant Franck Caradec mit einem Puppengesichtgeschlagen, dem jegliche Männlichkeit abging, wie er immer klagte. Er machtesein Gesicht sogar für sein Junggesellentum verantwortlich, das er zunehmendlästig fand. Obwohl er fünf Jahre jünger war als die ranghöhere Marie, hatte eseine kurze Liaison zwischen den beiden gegeben, die jedoch in beiderseitigemEinvernehmen und vor allem auf Drängen Maries in einer Freundschaft endete.
Ein Jahr. Ein Sabbatjahr, in dem siekeinen Fuß in ihr Büro setzen würde, Francks dumme Bemerkungen nicht ertragenmusste und nicht mehr wettern durfte gegen den allgemeinen Schlendrian, dieGeldknappheit, die Hierarchie, die Kaffeemaschine, die Rechtsverfahren. ZwölfMonate keine Verhöre, Delinquenten und Nachforschungen, kein Beschatten undBeobachten mehr. Doch Marie mochteihren Kopf noch so sehr im weichen Musselin vergraben und sich innerlichvorbeten, sie sei glücklich, sie wusste es besser. All das würde ihr fehlen.Und zwar schrecklich. Niemand hatte verstanden, dass sie zu den Bullen, den»Flics«, wollte. Ihre Entscheidung war wie eine Sturmflut über die FamilieKermeur gekommen. Und Jeanne hatte die allgemeine Stimmung auf ihre Weise zumAusdruck gebracht - lapidar. »Du warst schon immer ein Sorgenkind.« Mariewusste, dass von ihren Brüdern keine Unterstützung zu erwarten war, auch wennsie ihre Schwester liebten. Oder gerade weil sie ihre Schwester liebten. Zudemhätten Loïc und Gildas nie gewagt, ihrer Mutter zu widersprechen. In Landsengenossen die Frauen der Hochseefischer schon seit langem den Respekt, der einemFamilienoberhaupt zukam. Man hörte auf sie. Maries Vater hatte sich damitbegnügt, auf seiner Pfeife herumzukauen, und kein Wort gesagt. Milic warkeineswegs einverstanden mit dem Entschluss seiner Tochter, auch wenn er ihrimmer alles durchgehen ließ. Er wusste eben, dass nichts und niemand sie vonihrem Beruf abbringen konnte. Nichts und niemand. Außer Christian.
© Droemer Knaur
Übersetzung: Susanne Schmitz
- Autoren: Nicole Jamet , Marie-Anne Le Pezennec
- 2007, 510 Seiten, Maße: 12,4 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Susanne Schmitz
- Verlag: Droemer/Knaur
- ISBN-10: 3426636530
- ISBN-13: 9783426636534
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