Dunkle Seelen
Sie sind Vampire, die Elite des Bösen
Diesmal hat die Dark Academy ihre Pforten in Istanbul geöffnet. Cassie ist fasziniert von der schönen Stadt, doch ihr bleibt keine Zeit, sich auszuruhen. Denn bald werden nacheinander zwei Jungen tot...
Diesmal hat die Dark Academy ihre Pforten in Istanbul geöffnet. Cassie ist fasziniert von der schönen Stadt, doch ihr bleibt keine Zeit, sich auszuruhen. Denn bald werden nacheinander zwei Jungen tot...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Dunkle Seelen “
Sie sind Vampire, die Elite des Bösen
Diesmal hat die Dark Academy ihre Pforten in Istanbul geöffnet. Cassie ist fasziniert von der schönen Stadt, doch ihr bleibt keine Zeit, sich auszuruhen. Denn bald werden nacheinander zwei Jungen tot aufgefunden. Dass an der Akademie Schüler verschwinden, ist nichts Neues, doch diesmal handelt es sich um Auserwählte. Und auf einmal fehlt von Ranjit jede Spur. Obwohl Cassie ihm immer noch übel nimmt, dass er sie in New York alleingelassen hat, und die unerwarteten Annäherungsversuche Richards sie nicht kalt lassen, kann sie nicht leugnen, sich Sorgen um Ranjit zu machen. Hat er etwas mit den mysteriösen Todesfällen zu tun oder hat es ein Außenstehender auf die Auserwählten abgesehen? Ist Ranjit etwa selbst in Gefahr?
Diesmal hat die Dark Academy ihre Pforten in Istanbul geöffnet. Cassie ist fasziniert von der schönen Stadt, doch ihr bleibt keine Zeit, sich auszuruhen. Denn bald werden nacheinander zwei Jungen tot aufgefunden. Dass an der Akademie Schüler verschwinden, ist nichts Neues, doch diesmal handelt es sich um Auserwählte. Und auf einmal fehlt von Ranjit jede Spur. Obwohl Cassie ihm immer noch übel nimmt, dass er sie in New York alleingelassen hat, und die unerwarteten Annäherungsversuche Richards sie nicht kalt lassen, kann sie nicht leugnen, sich Sorgen um Ranjit zu machen. Hat er etwas mit den mysteriösen Todesfällen zu tun oder hat es ein Außenstehender auf die Auserwählten abgesehen? Ist Ranjit etwa selbst in Gefahr?
Klappentext zu „Dunkle Seelen “
Sie sind Vampire, die Elite des BösenDiesmal hat die Dark Academy ihre Pforten in Istanbul geöffnet. Cassie ist fasziniert von der schönen Stadt, doch ihr bleibt keine Zeit, sich auszuruhen. Denn bald werden nacheinander zwei Jungen tot aufgefunden. Dass an der Akademie Schüler verschwinden, ist nichts Neues, doch diesmal handelt es sich um Auserwählte. Und auf einmal fehlt von Ranjit jede Spur. Obwohl Cassie ihm immer noch übel nimmt, dass er sie in New York alleingelassen hat, und die unerwarteten Annäherungsversuche Richards sie nicht kalt lassen, kann sie nicht leugnen, sich Sorgen um Ranjit zu machen. Hat er etwas mit den mysteriösen Todesfällen zu tun oder hat es ein Außenstehender auf die Auserwählten abgesehen? Ist Ranjit etwa selbst in Gefahr?
Lese-Probe zu „Dunkle Seelen “
Dunkle Seelen von Gabriella PoolePROLOG
Es war keine Routine.
Lächelnd sah Yusuf Ahmed das Mädchen auf dem samtenen Sofa an und in seinen hungrigen Augen stand weit mehr als das einfache Verlangen eines Jungen nach einem Mädchen. Mit einem Finger fuhr er ihr über die Wange und zog eine sanfte Linie zu ihrem Kinn. Spannte sie und sich selbst auf die Folter, spürte, wie der Hunger wuchs, und genoss es.
»Noch einen Raki?« Er hielt ihr die Karaffe hin.
»Ich glaube, ich habe schon genug«, antwortete sie herausfordernd.
Er lachte leise. Ja, dachte er. Ja, ich denke, da hast du wahrscheinlich recht.
Yusuf wich einen kleinen Schritt zurück. Das Warten in die Länge zu ziehen, versetzte ihm einen masochistischen Kick. Er hatte Hunger, aber nicht so großen, dass er es überstürzen würde.
Durch das offene Fenster drang die laue Nachtluft herein. Er warf einen Blick nach draußen und bestaunte die atemberaubende Aussicht, die sich ihm bot: der Mond stand über dem Bosporus, die Lichter eines Kreuzfahrtschiffs glitzerten wie Diamanten an einer Halskette. In der dunstigen, warmen Luft glänzten die Kuppel und die hoch aufragenden Minarette der Blauen Moschee wie Quarz.
Sie erinnerte ihn vage an Sacre Coeur im letzten Herbsttrimester in Paris, als alles sich verändert hatte. Als sich das Blatt zum ersten Mal seit sehr, sehr langer Zeit gegen die Auserwählten gewendet hatte. Als dieses verwahrloste Gossenkind, diese Stipendiatin Cassie Bell, in der Akademie aufgetaucht war. Als sie schockierenderweise von Estelle Azzedine auserwählt und dann überlistet worden war, der neue Wirt zu werden, den die alte Frau für ihren mächtigen Geist benötigte.
Jetzt wünschte er sich, er hätte nichts damit zu tun gehabt ... obwohl er sich noch immer mit einiger Wonne an den Schauder der Erregung, den er bei der Vereinigungszeremonie
... mehr
verspürt hatte, entsann. Das Gefühl von Arroganz und Macht und die Überzeugung, ein Recht darauf zu haben. Er erinnerte sich lebhaft an den Zorn der kleinen Bell, als sie sie festgehalten und Estelles Gnade ausgeliefert hatten, und er erinnerte sich auch an das unerwartete Mitleid - und die Furcht -, die plötzlich in ihm aufgekommen war. Und zwar weil es so schnell schiefgegangen war. Das Vereinigungsritual war unterbrochen worden; ein Teil von Estelles Geist hatte sich mit Cassie vereint, ein Teil blieb ausgesperrt, draußen in der Leere. Die Auserwählten waren so fassungslos gewesen, als sei eine Bombe in ihrer Mitte hochgegangen.
Yusuf schüttelte den Kopf. Inzwischen war ein weiteres Trimester vergangen - in New York - und jetzt hatte wiederum ein neues angefangen, und das Mädchen, Cassie, schien sich daran zu gewöhnen, eine der Auserwählten zu sein. Tatsächlich freute ihn das. Es freute sie alle. Oder zumindest die meisten von ihnen ... Wer konnte also sagen, ob das Ganze nicht doch noch eine positive Wendung für die Auserwählten nahm? Ihn selbst eingeschlossen.
Er machte die Augen zu und atmete die warme Luft ein, die gewürzt war von Nachtblumen, Meeresbrise, Benzinabgasen und Kohlerauch. Mein Gott, hier würde es ihm gefallen. Es war sein letztes Trimester an der Akademie, was ihn sowohl mit leisem Bedauern als auch mit Erwartung erfüllte. Vor ihm erstrahlte seine Zukunft voller Wohlstand, Erfolg und Einfluss. Wie hätte es auch anders sein können? Aber trotzdem, er würde die Kameradschaft vermissen, die Geheimnisse, die Macht, die es mit sich brachte, einer der Auserwählten an der Akademie zu sein. Er hatte Spaß gehabt.
Eine Hand berührte ihn sacht am Arm. Yusuf drehte sich zu dem Mädchen um, und plötzlich empfand er schmerzhaft die Schönheit der Nacht und seine hungrige Sehnsucht.
Sie blinzelte. Ihr Blick war bereits ein wenig verschwommen und entrückt, und auf ihren Lippen lag ein zitterndes Lächeln, beinah als habe sie halb vergessen, dass es dort war.
Gut...
Er stellte sein Glas beiseite und nahm ihr Gesicht zwischen beide Hände. Mit ihrem goldenen, herzförmigen Gesicht und den großen, dunklen Augen sah sie einfach zum Anbeißen aus. Ihre Lippen teilten sich und sie stöhnte leise auf. Vielleicht war es ein Ausdruck von Begehren oder von Verwirrung. Aber Yusuf kümmerte es nicht länger. Sie hatte getrunken, was er ihr angeboten hatte. Sie würde sich nicht erinnern.
Für einen kurzen Moment zögerte er noch. Es war verboten, sich auf diese Art und Weise zu nähren. Es war zu gefährlich. Aber genau deswegen war es auch so erregend und unwiderstehlich. Und wenn Yusuf irgendetwas war, dann erfahren. Er war stark, er war geschickt.
Und verdammt noch mal, er war hungrig.
Er umfasste ihr Gesicht und zog ihre Lippen entschlossen auf seine. Für einen Moment verspürte er die simple Freude menschlicher Berührung. Dann pulsierte der Geist in seiner Brust und Energie schoss in seine Adern. Seine Augen weiteten sich, wurden rot.
Als das Mädchen leise stöhnend protestierte, riss er sich zusammen. Er würde ihr nicht wehtun. Das war nicht die Art, wie er seine Kicks bekam. Also lockerte er seinen Griff, intensivierte den Kuss und spürte, wie Lebensenergie seine Nervenenden kribbeln ließ. Oh, Nahrung, Befriedigung, Wonne.
Seine Sinne schärften sich, sein Geruchs- und Geschmackssinn waren plötzlich unglaublich ausgeprägt. Er konnte den Herzschlag der Stadt hören, das Vibrieren der Schiffsmotoren. Er hörte leise Schritte. Und ein Wispern rief seinen Namen.
Yusuf Ahmeeeed ...
Hatte er sich verhört? Er ließ das Mädchen los und lauschte aufmerksam.
Er hatte den Ort gut gewählt: diesen abgeschiedenen Raum mit seinen romantischen Bögen und Nischen über dem Restaurant in Altistanbul. Außerdem hatte er den Besitzer extrem gut bezahlt, weil er absolut klargestellt hatte, dass er nicht gestört werden wollte.
Woher kannte diese Person seinen Namen? War es jemand von der Akademie ...?
Bei dem Gedanken lief ihm ein Schauder über den Rücken. Das konnte er jetzt nicht brauchen. Nicht gerade jetzt, am Ende seiner Schullaufbahn. Erwischt zu werden, während er sich ohne Erlaubnis nährte und dann auch noch auf eine verbotene Art und Weise. Man könnte ihn hinauswerfen, so wie Katerina Svensson nach dem Zwischenfall mit der kleinen Bell. Sir Alric nahm seine Regeln sehr, sehr ernst ...
Lautlos und mit allen Sinnen in Alarmbereitschaft wandte er sich der Dunkelheit jenseits des Fensterbogens zu. Er trat näher ans Fenster heran und wurde außergewöhnlich ruhig, während er forschend in die Nacht hinausspähte. Unter ihm befand sich ein Innenhof, der an drei Seiten von einem im Schatten liegenden Balkon umgeben war.
Da. An einer gefliesten Wand voller Risse huschte eine Silhouette vorbei.
Jemand spionierte ihm nach. Jemand, der seinen Namen kannte. Der ihn verhöhnte: einen Schüler der Oberstufe, der Abschlussklasse, einen der mächtigsten Auserwählten! Der Geist in ihm regte sich wieder, aber diesmal vor Zorn. Wie konnte diese Person es wagen!
Seinen Hunger hatte er weitgehend gestillt, aber der romantische Augenblick war jetzt verloren. Ein Grund mehr, wütend auf den Eindringling zu sein. Er berührte das Gesicht des Mädchens. Nach und nach kam sie sachte wieder zu sich, ihr Blick schärfte sich, der Mund verzog sich zu einem entschlosseneren Lächeln. Verführerisch strich sie ihm mit der Hand über die Brust, nahm den Haifischzahn, der als Anhänger an seiner Goldkette baumelte, zwischen die Finger und drehte ihn hin und her.
»Willst du mich nicht küssen?«
Wenn du nur wüsstest, dachte er trocken.
»Entschuldige, Habibi. Ich habe eine SMS bekommen, es ist ein Notfall. Du musst gehen.«
Ihr Schmollmund war ein zauberhafter Anblick. Er lachte.
»Wir sehen uns morgen Nacht wieder. Dann werde ich dich für heute entschädigen, okay?«
»Oh ja. Das wirst du bestimmt.« Sie zwinkerte, warf ihm eine neckische Kusshand zu und verschwand.
Yusuf stieß einen letzten sehnsüchtigen Seufzer aus, doch seine Muskeln spannten sich bereits für die Jagd. Leichtfüßig und schnell schwang er sich durch den Fensterbogen und hinaus auf den klapprigen Balkon. Die dunkle Gestalt hatte jede Menge Zeit zur Flucht gehabt, setzte sich aber erst in Bewegung, als Yusuf behände in den Innenhof hinuntersprang. Töricht, dachte er.
Während sie durch die Gassen von Sultanahmet rannten, war die Gestalt ihm stets einige Schritte voraus. Wer auch immer es war, er war beinahe genauso flink und wendig wie Yusuf. Je weiter sie rannten, desto dunkler und einsamer wurde es. Die Geräusche der Stadt waren nur noch gedämpft zu hören, als hätte Yusuf den Spion in eine andere Zeitzone verfolgt. Keine Menschenseele weit und breit.
Dann stellte er überrascht fest, dass die Gestalt die Treppe eines Nebengebäudes der Hagia Sophia hinaufsprang. Er wurde langsamer. War es ein Mausoleum? Noch immer hatte Yusuf keine Angst. Er näherte sich dem Eingang und stellte fest, dass die Krypta wegen Renovierungsarbeiten geschlossen war. Als er eintrat, war sie zwar menschenleer, aber entgegen seiner Erwartungen nicht dunkel. Über ihm erstrahlte eine byzantinische Kuppeldecke im Licht von Hunderten von Kerzen.
Kerzen...?
Er blieb stehen und spitzte die Ohren. Alle mit Holzschnitzereien verzierten Türen, die von dem Raum abgingen, standen offen.
Jetzt war Yusuf auf der Hut. Jenseits des gewaltigen Atriums war die Krypta ein Labyrinth aus Torbögen und Durchgängen, und wer immer ihn bei seinem nächtlichen Vergnügen gestört hatte, versteckte sich darin. Und er machte das gut ...
Diese heimliche Jagd erfüllte Yusuf mit prickelnder Erregung. Wirklich kein verschwendeter Abend. Ein Gegner verhalf ihm zu einem beinahe genauso großen Kick wie eine Geliebte. Er würde diesem Emporkömmling eine Lektion erteilen.
Ha! Eine plötzliche Bewegung, aus dem Augenwinkel wahrgenommen. Da, hinter diesem Torbogen mit der brüchigen, verblassten Vergoldung. Yusuf bewegte sich flink und lautlos wie eine Katze.
Der Vorraum war klein, mit einem maßwerkverblendeten Kreuzgang und halbzerstörten blauen Mosaiken.
Das Kerzenlicht drang nicht bis in die Schatten hinter den Säulen vor. Es gab keinen Ausgang: Es war eine Falle. Mit einem schiefen Lächeln blieb Yusuf stehen. Es wurde Zeit, den Spieß umzudrehen und diesen unverschämten Stalker zu stellen.
»Zeig dich.« Seine Stimme hallte klar und befehlend durch das Gewölbe.
Und erntete nur Stille. Langsam lief er in einem Halbkreis durch den Raum und blickte in jede Ecke, jeden Schatten.
»Du kannst nirgendwohin. Komm raus.«
Immer noch nichts. Die Stille lastete schwer in der flackernden goldenen Luft.
»Verdammt noch mal, wer bist du? Zeig dich sofort.« Eine Bewegung, ein Geräusch hinter ihm. Wahrscheinlich nur ein Schritt, aber nah. Zu nah.
Er fuhr auf dem Absatz herum, die Muskeln angespannt zum Angriff. Diese Dreistigkeit hatte ihn wütend gemacht. Er blickte in ein funkelndes Lächeln, dem ein weiteres, finstereres Funkeln folgte.
»Du! Was zum Teufel ... «
Yusuf taumelte rückwärts und riss entsetzt die Hände hoch. Ihm blieb nicht einmal Zeit zu schreien. Er konnte nicht weglaufen. Konnte seine vor Angst geweiteten Augen nicht schließen. Zum ersten und letzten Mal in seinem Leben verspürte er ein erdrückendes und lähmendes Grauen, als die Gestalt auf ihn zusprang.
Dann erloschen alle Kerzen im Gebäude und Yusufs Welt versank in absoluter Schwärze.
Übersetzung: Michaela Link
© 2010 für die deutschsprachige Ausgabe cbt/cbj Verlag, München,
Yusuf schüttelte den Kopf. Inzwischen war ein weiteres Trimester vergangen - in New York - und jetzt hatte wiederum ein neues angefangen, und das Mädchen, Cassie, schien sich daran zu gewöhnen, eine der Auserwählten zu sein. Tatsächlich freute ihn das. Es freute sie alle. Oder zumindest die meisten von ihnen ... Wer konnte also sagen, ob das Ganze nicht doch noch eine positive Wendung für die Auserwählten nahm? Ihn selbst eingeschlossen.
Er machte die Augen zu und atmete die warme Luft ein, die gewürzt war von Nachtblumen, Meeresbrise, Benzinabgasen und Kohlerauch. Mein Gott, hier würde es ihm gefallen. Es war sein letztes Trimester an der Akademie, was ihn sowohl mit leisem Bedauern als auch mit Erwartung erfüllte. Vor ihm erstrahlte seine Zukunft voller Wohlstand, Erfolg und Einfluss. Wie hätte es auch anders sein können? Aber trotzdem, er würde die Kameradschaft vermissen, die Geheimnisse, die Macht, die es mit sich brachte, einer der Auserwählten an der Akademie zu sein. Er hatte Spaß gehabt.
Eine Hand berührte ihn sacht am Arm. Yusuf drehte sich zu dem Mädchen um, und plötzlich empfand er schmerzhaft die Schönheit der Nacht und seine hungrige Sehnsucht.
Sie blinzelte. Ihr Blick war bereits ein wenig verschwommen und entrückt, und auf ihren Lippen lag ein zitterndes Lächeln, beinah als habe sie halb vergessen, dass es dort war.
Gut...
Er stellte sein Glas beiseite und nahm ihr Gesicht zwischen beide Hände. Mit ihrem goldenen, herzförmigen Gesicht und den großen, dunklen Augen sah sie einfach zum Anbeißen aus. Ihre Lippen teilten sich und sie stöhnte leise auf. Vielleicht war es ein Ausdruck von Begehren oder von Verwirrung. Aber Yusuf kümmerte es nicht länger. Sie hatte getrunken, was er ihr angeboten hatte. Sie würde sich nicht erinnern.
Für einen kurzen Moment zögerte er noch. Es war verboten, sich auf diese Art und Weise zu nähren. Es war zu gefährlich. Aber genau deswegen war es auch so erregend und unwiderstehlich. Und wenn Yusuf irgendetwas war, dann erfahren. Er war stark, er war geschickt.
Und verdammt noch mal, er war hungrig.
Er umfasste ihr Gesicht und zog ihre Lippen entschlossen auf seine. Für einen Moment verspürte er die simple Freude menschlicher Berührung. Dann pulsierte der Geist in seiner Brust und Energie schoss in seine Adern. Seine Augen weiteten sich, wurden rot.
Als das Mädchen leise stöhnend protestierte, riss er sich zusammen. Er würde ihr nicht wehtun. Das war nicht die Art, wie er seine Kicks bekam. Also lockerte er seinen Griff, intensivierte den Kuss und spürte, wie Lebensenergie seine Nervenenden kribbeln ließ. Oh, Nahrung, Befriedigung, Wonne.
Seine Sinne schärften sich, sein Geruchs- und Geschmackssinn waren plötzlich unglaublich ausgeprägt. Er konnte den Herzschlag der Stadt hören, das Vibrieren der Schiffsmotoren. Er hörte leise Schritte. Und ein Wispern rief seinen Namen.
Yusuf Ahmeeeed ...
Hatte er sich verhört? Er ließ das Mädchen los und lauschte aufmerksam.
Er hatte den Ort gut gewählt: diesen abgeschiedenen Raum mit seinen romantischen Bögen und Nischen über dem Restaurant in Altistanbul. Außerdem hatte er den Besitzer extrem gut bezahlt, weil er absolut klargestellt hatte, dass er nicht gestört werden wollte.
Woher kannte diese Person seinen Namen? War es jemand von der Akademie ...?
Bei dem Gedanken lief ihm ein Schauder über den Rücken. Das konnte er jetzt nicht brauchen. Nicht gerade jetzt, am Ende seiner Schullaufbahn. Erwischt zu werden, während er sich ohne Erlaubnis nährte und dann auch noch auf eine verbotene Art und Weise. Man könnte ihn hinauswerfen, so wie Katerina Svensson nach dem Zwischenfall mit der kleinen Bell. Sir Alric nahm seine Regeln sehr, sehr ernst ...
Lautlos und mit allen Sinnen in Alarmbereitschaft wandte er sich der Dunkelheit jenseits des Fensterbogens zu. Er trat näher ans Fenster heran und wurde außergewöhnlich ruhig, während er forschend in die Nacht hinausspähte. Unter ihm befand sich ein Innenhof, der an drei Seiten von einem im Schatten liegenden Balkon umgeben war.
Da. An einer gefliesten Wand voller Risse huschte eine Silhouette vorbei.
Jemand spionierte ihm nach. Jemand, der seinen Namen kannte. Der ihn verhöhnte: einen Schüler der Oberstufe, der Abschlussklasse, einen der mächtigsten Auserwählten! Der Geist in ihm regte sich wieder, aber diesmal vor Zorn. Wie konnte diese Person es wagen!
Seinen Hunger hatte er weitgehend gestillt, aber der romantische Augenblick war jetzt verloren. Ein Grund mehr, wütend auf den Eindringling zu sein. Er berührte das Gesicht des Mädchens. Nach und nach kam sie sachte wieder zu sich, ihr Blick schärfte sich, der Mund verzog sich zu einem entschlosseneren Lächeln. Verführerisch strich sie ihm mit der Hand über die Brust, nahm den Haifischzahn, der als Anhänger an seiner Goldkette baumelte, zwischen die Finger und drehte ihn hin und her.
»Willst du mich nicht küssen?«
Wenn du nur wüsstest, dachte er trocken.
»Entschuldige, Habibi. Ich habe eine SMS bekommen, es ist ein Notfall. Du musst gehen.«
Ihr Schmollmund war ein zauberhafter Anblick. Er lachte.
»Wir sehen uns morgen Nacht wieder. Dann werde ich dich für heute entschädigen, okay?«
»Oh ja. Das wirst du bestimmt.« Sie zwinkerte, warf ihm eine neckische Kusshand zu und verschwand.
Yusuf stieß einen letzten sehnsüchtigen Seufzer aus, doch seine Muskeln spannten sich bereits für die Jagd. Leichtfüßig und schnell schwang er sich durch den Fensterbogen und hinaus auf den klapprigen Balkon. Die dunkle Gestalt hatte jede Menge Zeit zur Flucht gehabt, setzte sich aber erst in Bewegung, als Yusuf behände in den Innenhof hinuntersprang. Töricht, dachte er.
Während sie durch die Gassen von Sultanahmet rannten, war die Gestalt ihm stets einige Schritte voraus. Wer auch immer es war, er war beinahe genauso flink und wendig wie Yusuf. Je weiter sie rannten, desto dunkler und einsamer wurde es. Die Geräusche der Stadt waren nur noch gedämpft zu hören, als hätte Yusuf den Spion in eine andere Zeitzone verfolgt. Keine Menschenseele weit und breit.
Dann stellte er überrascht fest, dass die Gestalt die Treppe eines Nebengebäudes der Hagia Sophia hinaufsprang. Er wurde langsamer. War es ein Mausoleum? Noch immer hatte Yusuf keine Angst. Er näherte sich dem Eingang und stellte fest, dass die Krypta wegen Renovierungsarbeiten geschlossen war. Als er eintrat, war sie zwar menschenleer, aber entgegen seiner Erwartungen nicht dunkel. Über ihm erstrahlte eine byzantinische Kuppeldecke im Licht von Hunderten von Kerzen.
Kerzen...?
Er blieb stehen und spitzte die Ohren. Alle mit Holzschnitzereien verzierten Türen, die von dem Raum abgingen, standen offen.
Jetzt war Yusuf auf der Hut. Jenseits des gewaltigen Atriums war die Krypta ein Labyrinth aus Torbögen und Durchgängen, und wer immer ihn bei seinem nächtlichen Vergnügen gestört hatte, versteckte sich darin. Und er machte das gut ...
Diese heimliche Jagd erfüllte Yusuf mit prickelnder Erregung. Wirklich kein verschwendeter Abend. Ein Gegner verhalf ihm zu einem beinahe genauso großen Kick wie eine Geliebte. Er würde diesem Emporkömmling eine Lektion erteilen.
Ha! Eine plötzliche Bewegung, aus dem Augenwinkel wahrgenommen. Da, hinter diesem Torbogen mit der brüchigen, verblassten Vergoldung. Yusuf bewegte sich flink und lautlos wie eine Katze.
Der Vorraum war klein, mit einem maßwerkverblendeten Kreuzgang und halbzerstörten blauen Mosaiken.
Das Kerzenlicht drang nicht bis in die Schatten hinter den Säulen vor. Es gab keinen Ausgang: Es war eine Falle. Mit einem schiefen Lächeln blieb Yusuf stehen. Es wurde Zeit, den Spieß umzudrehen und diesen unverschämten Stalker zu stellen.
»Zeig dich.« Seine Stimme hallte klar und befehlend durch das Gewölbe.
Und erntete nur Stille. Langsam lief er in einem Halbkreis durch den Raum und blickte in jede Ecke, jeden Schatten.
»Du kannst nirgendwohin. Komm raus.«
Immer noch nichts. Die Stille lastete schwer in der flackernden goldenen Luft.
»Verdammt noch mal, wer bist du? Zeig dich sofort.« Eine Bewegung, ein Geräusch hinter ihm. Wahrscheinlich nur ein Schritt, aber nah. Zu nah.
Er fuhr auf dem Absatz herum, die Muskeln angespannt zum Angriff. Diese Dreistigkeit hatte ihn wütend gemacht. Er blickte in ein funkelndes Lächeln, dem ein weiteres, finstereres Funkeln folgte.
»Du! Was zum Teufel ... «
Yusuf taumelte rückwärts und riss entsetzt die Hände hoch. Ihm blieb nicht einmal Zeit zu schreien. Er konnte nicht weglaufen. Konnte seine vor Angst geweiteten Augen nicht schließen. Zum ersten und letzten Mal in seinem Leben verspürte er ein erdrückendes und lähmendes Grauen, als die Gestalt auf ihn zusprang.
Dann erloschen alle Kerzen im Gebäude und Yusufs Welt versank in absoluter Schwärze.
Übersetzung: Michaela Link
© 2010 für die deutschsprachige Ausgabe cbt/cbj Verlag, München,
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Bibliographische Angaben
- Autor: Gabriella Poole
- Altersempfehlung: 12 - 15 Jahre
- 2010, 302 Seiten, Maße: 13,5 x 21,5 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Link, Michaela
- Übersetzer: Michaela Link
- Verlag: cbt
- ISBN-10: 3570160998
- ISBN-13: 9783570160992
Kommentar zu "Dunkle Seelen"
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