Echt verrückt!
Die gefönte Maus, der Grazer Yogi und Hausfrau Heike, die das Survival-Wochenende im Preisausschreiben gewann: Rüdiger Nehberg, der als wandelndes Insektenvertilgungsmittel salonfähig wurde, erzählt seine verrücktesten Erlebnisse - humorvoll, selbstironisch und schonungslos ehrlich.
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Echt verrückt! von RüdigerNehberg
LESEPROBE
Die Kobra
Der Anruf weckte mich aus tiefstem Bäckerschlaf. Es war zweiUhr nachts. »Der Hanno* ist von der Kobra gebissen worden!« Martina war völligaufgeregt. Sie war Hannos Freundin, und mit Hanno war ich dank unseres gemeinsamenHobbys, der Schlangen, seit längerem befreundet. Sowohl er als auch ich hattenmehrere dieser Tiere in Terrarien in unseren Wohnungen. Giftige wie ungiftige.Mir war sofort klar: Das war Martina und niemand anderer, und es war tödlicherErnst. Sie war nicht die Frau, die mich nur geweckt hätte, um mich auf den Armzu nehmen.
»Er hat doch Serum im Kühlschrank!«, wüsste ich. »Du musstes sofort spritzen. Möglichst in die Vene. Verlier keine Sekunde!«
»Nein, er ist inzwischen übern Berg. Er liegt im Tropenkrankenhaus.Ich wollte mich nur mal ausquatschen. Ich habe ein paar schreckliche Stundenhinter mir. Kannst du ihn morgen früh besuchen?«
Was war passiert?
Hanno arbeitete für einen amerikanischen Konzern, der eineNiederlassung in Hamburg hatte. Abitur und fließende Englischkenntnisse warenVoraussetzung, um überhaupt als Mitarbeiter in Frage zu kommen. Und hatte mandas geschafft, hatte man sich in die strenge Hierarchie einzuordnen. Esherrschte Krawattenzwang, und für die Älteren - d.h. ab dreißig - war esratsam, verheiratet zu sein, ungeschieden, zwei Kinder zu haben, ein Einzelhausund einen Wagen der gehobenen Klasse. Um sich diesen Standard leisten zukönnen, war die Besoldung entsprechend geregelt. Der Konzern expandierte, dieAktien waren begehrt, die jährliche Dividende für die Mitarbeiter warbeachtlich. 14 Gehälter waren die Norm, wenn man länger zur Firmagehörte. Nicht zuletzt wegen der materiellen Anreize war das Betriebsklimatrotz der straffen, fast militärischen Betriebsstruktur nicht schlecht.
1973. Wieder einmal war ein Fortbildungsseminar angesagt.Diesmal nicht, wie bisher, in einem deutschen Luxushotel, sondern, um es nochattraktiver zu machen, in einem amerikanischen in der Nähe von Kalkutta inIndien.
Für Hanno waren Event und Ort doppelt reizvoll. Vor allem, alser las: »Samstag zur freien Disposition«. Da gab es gar kein Überlegen mehr.Sofort hatte er sich zu dem Seminar angemeldet. Diesen freien Tag würde ernutzen, um sich einen lang gehegten Traum zu erfüllen. Hanno wollte durch denDschungel stromern und sich eine Kobra fangen! Natürlich behielt er das fürsich. Er konnte nicht damit rechnen, bei seinen Kollegen mit seinem extravagantenHobby auf Verständnis zu stoßen. Eher würde er damit Irritationen auslösen undProbleme heraufbeschwören.
Während seine Kollegen sich zu verschiedenen Besichtigungsfahrtenanmeldeten, nahm Hanno eine Taxe und fuhr in ein fernab gelegenes kleinesRegenwalddorf. Sie hielt auf dem zentralen Marktplatz. Sofort war er von vielenNeugierigen umringt.
»Gibt es hier einen Schlangenfänger?«, erkundigte er sich.Er vertraute seinem Glück. Bestimmt würde es hier jemanden geben. Wenn nichthier, dann eben ein Dorf weiter. Den Wagen ließe er warten, um flexibel zu bleiben.Er wollte keine Zeit verlieren.
Er hatte die Frage noch gar nicht richtig ausgesprochen,als ein Riesengedrängel und ein Höllenlärm einsetzten. Hände reckten sichgestikulierend in die Luft, Stimmen überschlugen sich. Im Nu war er in eineMenschenmenge eingekeilt. Spontan steckte Hanno seine Geldbörse in die Innentasche.
»Einen?«, lachte der Taxifahrer, der den Dolmetscher spielte.»Alle sind sie Schlangenfänger.«
Ja, filterte er den Wortschwall, überall und immer gäbe eshier Kobras. Und es wäre kein Problem, sie zu fangen. Massenhaft. Draußenebenso wie im Haus. Zu jeder Tagesund Nachtzeit. Mehr, als einem lieb seinkönnte. Jeder garantierte ihm beste Fänge.
Einer tat sich besonders hervor. Vor allem sprach er etwasEnglisch. »Wenn die dich beißen, bist du sofort tot. Im unübersichtlichenDickicht ist die Gefahr besonders groß. Deshalb lass sie mich für dich fangen.«
Der Taxifahrer schmunzelte. »Vereinbare mit ihm eine Fangprämie.Gib ihm einen kleinen Grundlohn und für jedes gefangene Tier eine besonderePrämie. Nur dann entwickelt er Ehrgeiz. Wenn du das nicht machst, verjagt er dirdie Tiere sogar, damit du morgen wieder kommst.«
Der Taxifahrer kannte seine Pappenheimer. Hanno befolgte denRat und entschied sich für den mit den guten Englischkenntnissen. Der Wagen würdewarten. »Vor Einbruch der Nacht bin ich nicht zurück«, rief er dem Driver nochzu. Nicht, dass der nach zwei Stunden die Geduld verlor und verschwand. DasDorf war so klein, dass es schwer sein würde, eine andere Taxe aufzutreiben.
Hanno und sein Fänger verschwanden im Wald. Doch so sehr siesich auch umschauten - von Schlangen keine Spur. Auch nicht nach drei Stunden.Auch nicht nach fünf Stunden. (...)
© 2003 Piper Verlag GmbH, München
- Autor: Rüdiger Nehberg
- 2009, 10. Aufl., 272 Seiten, mit Abbildungen, Maße: 12 x 18,8 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Piper
- ISBN-10: 349224324X
- ISBN-13: 9783492243247
- Erscheinungsdatum: 01.03.2005
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
Schreiben Sie einen Kommentar zu "Echt verrückt!".
Kommentar verfassen