Ehrensache
Roman. Aus d. Engl. v. Ellen Schlootz
Der beliebte schottische Parlamentarier Gregor Jack ist der Lächerlichkeit preisgegeben, als er sich bei einer Razzia in einem Edelbordell in Edinburgh unter den Gästen befindet: ein gefundenes Fressen für die Presse. Dann verschwindet auch noch seine Frau...
Leider schon ausverkauft
Buch
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Produktdetails
Produktinformationen zu „Ehrensache “
Der beliebte schottische Parlamentarier Gregor Jack ist der Lächerlichkeit preisgegeben, als er sich bei einer Razzia in einem Edelbordell in Edinburgh unter den Gästen befindet: ein gefundenes Fressen für die Presse. Dann verschwindet auch noch seine Frau Elizabeth, und alles deutet darauf hin, dass jemand Jacks politische Existenz, und nicht nur die, vernichten will. Für Inspector John Rebus gibt es in dem Fall einige offene Fragen zuviel. Doch dann wird aus inoffiziellen Nachforschungen eine Untersuchung in einem Mordfall.
Klappentext zu „Ehrensache “
Gregor Jack steht vor einer großen politischen Karriere, denn er ist ein junger Abgeordneter des schottischen Parlaments und dazu in seinem Wahlkreis sehr beliebt. Doch als die Polizei bei einer Razzia ein Bordell in einem der besseren Stadtteile Edinburghs auffliegen lässt, scheinen alle Träume zu zerplatzen. Nicht nur, dass die Polizei Jack unter den Gästen findet, sein Foto prangt bereits am nächsten Morgen auf allen Titelseiten. Wie konnten die Medien so schnell von dem Einsatz erfahren haben? Ist der Abgeordnete möglicherweise in eine Falle gelockt worden? Detective Inspector John Rebus, eigentlich mit einem anderen Fall und zudem mit der brennenden Frage beschäftigt, ob er nach gescheiterter Ehe nun doch mit seiner neuen Freundin zusammenziehen soll, bekommt langsam Interesse an Gregor Jacks Fall nicht zuletzt deshalb, weil er in Jacks Werdegang Parallelen zu seinem eigenen Leben entdeckt und eine Sympathie für den Politiker entwickelt. Zusammen mit seinem Kollegen Brian Holmes beginnt Rebus zu recherchieren Rebus. Doch an Jacks Lebenslauf scheint nichts Auffälliges zu sein außer der Ehe mit der glamourösen Elizabeth Ferrie, der einzigen Tochter eines reichen Unternehmers. Böse Zungen behaupten, der Schwiegervater hätte ein paar Fäden gezogen, um Jacks Karriere auf die Sprünge zu helfen. Von Neugierde getrieben stattet Rebus Jack einen Besuch ab, der seine Frau seit dem Vorfall im Bordell nicht mehr gesehen hat. Kurze Zeit später wird die Leiche von Elizabeth Jack im Wochenendhaus in den Highlands gefunden...
"Ian Rankin ist Großbritanniens führender Krimiautor." -- Times Literary Supplement
"Rankin schreibt erstklassige Kriminalromane von packendem Realismus." -- Sunday Telegraph
"Dieser Autor ist gerade einmal vierzig Jahre alt, hat nun bereits elf höchst erfolgreiche Kriminalromane geschrieben, und sein Grad der Meisterschaft wird von keinem anderen Spannungsautor erreicht - geschweige denn die Beständigkeit seiner Qualität." -- The Times
"Rankin schreibt erstklassige Kriminalromane von packendem Realismus." -- Sunday Telegraph
"Dieser Autor ist gerade einmal vierzig Jahre alt, hat nun bereits elf höchst erfolgreiche Kriminalromane geschrieben, und sein Grad der Meisterschaft wird von keinem anderen Spannungsautor erreicht - geschweige denn die Beständigkeit seiner Qualität." -- The Times
Lese-Probe zu „Ehrensache “
Das Erstaunlichste an der Sache war, dass die Nachbarn sich nicht beschwert hatten, es noch nicht mal bemerkt hatten, wie viele von ihnen sp ter den Leuten von der Presse erz hlten. Jedenfalls nicht bis zu jener Nacht, als ihr Schlaf von einer pl tzlichen Betriebsamkeit auf der Stra e gest rt wurde. Autos, Minibusse, Polizisten, das Rauschen und Knistern von Funkger ten. Nicht dass es berm ig viel L rm gegeben h tte. Die Aktion wurde sogar derma en stilvoll und so z gig durchgef hrt, dass manche die ganze Aufregung verschliefen."Ich erwarte von Ihnen H flichkeit", hatte Chief Superintendent "Farmer" Watson seinen M nnern an jenem Abend im Besprechungsraum erkl rt. "Es mag zwar ein Hurenhaus sein, aber es befindet sich auf der richtigen Seite der Stadt, wenn Sie verstehen, was ich meine. Man kann nie wissen, wer sich dort gerade aufh lt. Vielleicht treffen wir ja sogar unseren lieben Chief Constable."
Watson grinste, um zu signalisieren, dass dies ein Scherz sein sollte. Aber einige Beamte im Raum, die den CC besser kannten, als Watson das offenbar tat, tauschten vielsagende Blicke und grinsten sp ttisch.
"Also gut", sagte Watson, "dann wollen wir den Angriffsplan noch einmal durchgehen ..."
Mein Gott, das macht ihm richtig Spa , dachte Detective Inspector John Rebus. Er genie t jede einzelne Sekunde. Und warum auch nicht? Schlie lich war das Watsons geistiges Kind, und es sollte eine Hausgeburt werden. Das hie , Watson trug die volle Verantwortung daf r, von der unbefleckten Empf ngnis bis zur unbefleckten Entbindung.
Vielleicht hatte das etwas mit den m nnlichen Wechseljahren zu tun, dieses Bed rfnis, ein bisschen die Muskeln spielen zu lassen. Die meisten Chief Supers, die Rebus in seinen zwanzig Jahren bei der Polizei erlebt hatte, hatten sich damit zufrieden gegeben, Papiere zu unterschreiben und auf die Pensionierung zu warten. Doch nicht Watson. Watson war wie Channel Four - voller unabh ngiger Sendungen, die nur wenige interessierten. Er
... mehr
wirbelte nicht gerade gro e Wellen auf, aber er plantschte wie der Teufel.
Und nun schien er sogar einen Informanten zu haben, irgendein unsichtbares Wesen, das ihm das Wort "Bordell" ins Ohr gefl stert hatte. S nde und Ausschweifung! Das hatte in Watsons hartem presbyterianischem Herz heiligen Zorn entfacht. Er war ein typischer Highland-Christ, der Sex in der Ehe gerade noch akzeptabel fand - sein Sohn und seine Tochter waren Beweis daf r -, alles andere jedoch kategorisch ablehnte. Wenn es ein Bordell in Edinburgh gab, dann w rde Watson daf r sorgen, dass es geschlossen wurde.
Doch dann hatte der Informant ihm die Adresse genannt, und das hatte ein gewisses Z gern hervorgerufen. Das Bordell lag n mlich in einer der besseren Stra en der New Town, ruhige georgianische H userreihen, ges umt von B umen, Saabs und Volvos. In den H usern lebten Akademiker: Anw lte, rzte, Professoren. Das war kein Seemannspuff, nicht ein paar dunkle, feuchte Zimmer ber einer Hafenkneipe. Das war, wie Rebus selbst zum Besten gegeben hatte, ein Etablissement f r die Etablierten. Watson hatte diesen Scherz nicht verstanden.
Mehrere Tage und N chte wurde mit nicht gekennzeichneten Autos und unauff lligen Zivilbeamten Wache gehalten. Bis es kaum noch einen Zweifel gab: Was auch immer in den R umen hinter den geschlossenen Fensterl den geschah, geschah nach Mitternacht, und dann ging es ziemlich lebhaft zu. Eigenartigerweise kamen nur wenige der zahlreichen M nner mit dem Auto an. Doch ein wachsamer Detective Constable, der mitten in der Nacht pinkeln ging, entdeckte, warum. Die M nner parkten ihre Autos in Seitenstra en und gingen zu Fu zum Eingang des vierst ckigen Hauses. Vielleicht geh rte das zu den Regeln des Hauses. Das Knallen von Autot ren zu so sp ter Stunde w rde in der Stra e Misstrauen erregen. Oder vielleicht war es auch im eigenen Interesse der Besucher, ihre Autos nicht in der hell erleuchteten Stra e abzustellen, wo sie m glicherweise erkannt werden k nnten ...
Kraftfahrzeugkennzeichen wurden aufgenommen und berpr ft, ebenso Fotos von den Besuchern des Hauses. Au erdem machte man den Eigent mer des Hauses ausfindig. Neben diversen H usern in Edinburgh geh rte ihm die H lfte von einem Weingut in Frankreich, und er lebte das ganze Jahr in Bordeaux. Sein Anwalt hatte das Haus an eine Mrs Croft vermietet, eine sehr distinguierte Dame Mitte f nfzig. Nach Aussage des Anwalts zahlte sie die Miete immer p nktlich und in bar. Gab's da ein Problem ...?
Kein Problem, versicherte man ihm, aber wenn er das Gespr ch bitte f r sich behalten k nnte ...
In der Zwischenzeit hatte man festgestellt, dass es sich bei den Autobesitzern um Gesch ftsleute handelte, einige aus der Gegend, die meisten kamen jedoch von s dlich der Landesgrenze in die Stadt. Durch diese Information ermutigt, hatte Watson mit der Planung der Razzia begonnen. Mit seiner blichen Mischung aus Witz und Scharfsinn nannte er die Aktion Operation Hush Puppies.
"Schweinehunde, die ins Bordell schleichen, verstehen Sie, John."
"Ja, Sir", antwortete Rebus. "Ich hab auch mal so ein Paar Schuhe gehabt und mich oft gefragt, wieso die eigentlich so hei en."
Watson zuckte die Schultern. Er war niemand, der sich leicht ablenken lie . "Vergessen Sie das mit den Hush Puppies", sagte er. "Hauptsache, wir erwischen die Schweinehunde."
Da ab Mitternacht offenbar immer der meiste Betrieb im Haus herrschte, setzte man die Razzia f r ein Uhr am Samstagmorgen an. Die Durchsuchungsbeschl sse waren ausgestellt. Jeder im Team kannte seinen Platz. Und der Anwalt hatte ihnen sogar Pl ne vom Haus zur Verf gung gestellt, die die Beamten auswendig gelernt hatten.
"Das ist ja der reinste Kaninchenbau", hatte Watson gesagt.
"Kein Problem, Sir, solange wir genug Frettchen haben."
In Wahrheit freute Rebus sich ganz und gar nicht auf seine Arbeit in dieser Nacht. Bordelle mochten zwar illegal sein, aber sie erf llten einen Zweck, und wenn sie sich um ein ehrbares u eres bem hten, wie es dieses zweifellos tat, wo lag dann das Problem? Er sah einen Teil seines Zweifels in Watsons Blick widergespiegelt. Doch Watson hatte sich mit so viel Begeisterung in die Sache gekniet, dass ein R ckzug jetzt undenkbar war und als ein Zeichen von Schw che gewertet w rde. Also wurde Operation Hush Puppies durchgezogen, obwohl niemand so richtig wild darauf war. W hrend andere gef hrlichere Stra en nicht patrouilliert wurden. W hrend in Familien misshandelt wurde. W hrend weiterhin ungekl rt blieb, ob die Tote im Water of Leith wirklich ertrunken war ...
"Okay, gehen wir rein."
Sie verlie en die Autos und Minibusse und marschierten zum Eingang, klopften leise an. Die T r wurde von innen ge ffnet, und dann berst rzten sich die Ereignisse wie auf einem Video, das mit doppelter Geschwindigkeit l uft. Weitere T ren wurden ge ffnet ... wie viele T ren konnte denn so ein Haus haben? Erst anklopfen, dann ffnen; ja, sie waren h flich.
"W rden Sie sich bitte anziehen ..."
"Wenn Sie jetzt mit hinunterkommen k nnten ..."
"Sie k nnen zuerst Ihre Hose anziehen, Sir, wenn Sie m chten ..."
Dann: "Du meine G te, Sir, sehen Sie sich das mal an." Rebus folgte dem jugendlichen Detective Constable, der ganz rot im Gesicht geworden war. "Hier rein, Sir. Da fallen einem ja die Augen aus dem Kopf."
Ach ja, die Folterkammer. Ketten, Lederriemen und Peitschen. Mehrere vom Boden bis zur Decke reichende Spiegel, ein ganzer Schrank mit Zubeh r.
"Hier ist ja mehr Leder als in einem verdammten Melkschuppen."
"Sie scheinen ja eine Menge ber K he zu wissen, Kleiner", sagte Rebus. Er war froh, dass der Raum gerade nicht benutzt wurde. Aber es sollte noch mehr berraschungen geben.
In manchen Teilen des Hauses schien sich nichts Anst igeres abzuspielen als Kost mpartys; man sah Krankenschwestern und Oberschwestern, Nonnenschleier und hohe Abs tze. Nur dass die meisten Kost me mehr freigaben als sie verbargen. Eine junge Frau trug eine Art Taucheranzug aus Gummi, bei dem an den Brustwarzen und im Schritt L cher waren. Eine andere sah aus wie eine Mischung aus Heidi und Eva Braun. Watson beobachtete die Parade, und rechtschaffener Zorn ergriff ihn. Nun hatte er keinerlei Zweifel mehr. Es war absolut richtig, dieses Etablissement zu schlie en. Dann setzte er sein Gespr ch mit Mrs Croft fort. Chief Inspector Lauderdale hielt sich ganz in seiner N he auf. Er hatte darauf bestanden, mitzukommen, weil er seinen Vorgesetzten kannte und ein Fiasko bef rchtet hatte. Nun ja, dachte Rebus l chelnd, bisher war nichts in die Hose gegangen.
Mrs Croft sprach mit einem verfeinerten Cockney-Akzent, der immer weniger fein klang, je l nger sich die Sache hinzog und je mehr Paare die Treppe herunter in das gro e, mit Sofas vollgestellte Wohnzimmer str mten. Ein Raum, in dem es nach teurem Parf m und Markenwhisky roch. Mrs Croft stritt alles ab. Sie stritt sogar ab, dass sie sich in einem Bordell befanden.
Bin ich die H terin meines Bordells?, ging es Rebus durch den Kopf. Trotzdem musste er ihre Darbietung bewundern. Sie w re eine Gesch ftsfrau, erkl rte sie immer wieder, eine Steuerzahlerin, und h tte ihre Rechte. Und wo w re berhaupt ihr Anwalt?
"Ich dachte, sie vertritt hier die Rechte der sexuell Ausgehungerten", fl sterte Lauderdale Rebus zu - ein seltener Anflug von Humor bei einem der verdrie lichsten Typen, mit denen Rebus je zusammengearbeitet hatte. Deshalb verdiente diese Bemerkung ein L cheln.
"Was grinsen Sie so? Ich wusste nicht, dass wir gerade Pause machen. Gehen Sie wieder an die Arbeit."
"Ja, Sir." Rebus wartete, bis Lauderdale sich von ihm abgewandt hatte, um besser h ren zu k nnen, was Watson sagte, und machte mit der Hand unauff llig ein V-Zeichen in seine Richtung. Mrs Croft bekam das jedoch mit, dachte anscheinend, sie w re gemeint, und erwiderte die Geste. Lauderdale und Watson drehten sich beide zu Rebus um, doch dieser war bereits verschwunden ...
Einige Beamte, die man im Garten hinter dem Haus postiert hatte, f hrten nun ein paar bleichgesichtige Gestalten ins Haus zur ck. Ein Mann war aus einem Fenster im ersten Stock gesprungen, mit dem Ergebnis, dass er nun humpelte. Er beharrte dennoch darauf, dass er keinen Arzt brauchte, dass kein Krankenwagen gerufen werden sollte. Die Frauen schienen das Ganze eher am sant zu finden, besonders den Ausdruck auf den Gesichtern ihrer Kunden. Dieser reichte von besch mt und verlegen bis zu w tend und verlegen. Es gab das eine oder andere kurze Aufbegehren la: Ich kenne meine Rechte. Doch im Wesentlichen taten alle, was man ihnen sagte, das hei t, sie hielten den Mund und bten sich in Geduld.
Scham und Verlegenheit lie en ein wenig nach, als einer der M nner daran erinnerte, dass es nicht verboten w re, ein Bordell zu besuchen. Es w re lediglich verboten, eines zu f hren oder in einem zu arbeiten. Das stimmte zwar, bedeutete jedoch nicht, dass die anwesenden M nner einfach in die Anonymit t der Nacht entfliehen konnten. Bevor man sie wegschickte, w rde man ihnen erst ein wenig Angst einjagen. Wenn man den Bordellen die Kunden verschreckte, hatte man irgendwann keine Bordelle mehr. Das war die Logik, die dahintersteckte. Also legten die Beamten mit ihren blichen Geschichten los, wie sie sie auch Freiern auf dem Stra enstrich erz hlten.
"Nur einen guten Rat unter vier Augen, Sir. An Ihrer Stelle w rde ich mich auf AIDS untersuchen lassen. Das meine ich ernst. Die meisten von diesen Frauen k nnten durchaus infiziert sein, auch wenn man es ihnen nicht ansieht. Man sieht es sowieso erst, wenn es schon zu sp t ist. Sind Sie verheiratet, Sir? Irgendwelche Freundinnen? Am besten sagen Sie denen, sie sollen auch einen Test machen lassen. Andernfalls, man kann ja nie wissen, oder?" Das war zwar hart, aber notwendig. Und wie bei den meisten harten Worten steckte ein K rnchen Wahrheit darin.
Ein kleines Hinterzimmer diente Mrs Croft als B ro. Dort wurde eine Geldkassette gefunden, au erdem eine Kreditkartenmaschine und ein Quittungsbuch mit der Aufschrift Croft Guest House. Soweit Rebus erkennen konnte, kostete ein Einzelzimmer f nfundsiebzig Pfund. Teuer f r ein Bed & Breakfast, aber wie viele Firmenbuchhalter w rden sich die M he machen, das zu berpr fen? Es w rde Rebus nicht berraschen, wenn die Fr hst ckspension auch noch mehrwertsteuerpflichtig w re ...
"Sir?" Es war Detective Sergeant Brian Holmes, erst k rzlich bef rdert und strotzend vor Eifer. Er stand auf einer Treppe und rief zu Rebus herunter. "Ich glaube, Sie sollten besser mal hier raufkommen ..."
Rebus hatte keine gro e Lust dazu. Holmes schien ziemlich weit oben zu sein, und Rebus, der selbst im zweiten Stock eines Mehrfamilienhauses wohnte, hatte eine eingefleischte Abneigung gegen Treppen. Edinburgh war nat rlich voll davon, so wie es voller H gel, schneidender Winde und voller Menschen war, die ber Dinge wie H gel, Treppen und den Wind meckerten ...
"Ich komme."
Vor der T r zu einem der Zimmer unterhielt sich ein Detective Constable leise mit Holmes. Als Holmes Rebus am Treppenabsatz sah, schickte er den DC fort.
"Also, Sergeant?"
"Werfen Sie mal einen Blick rein, Sir."
"Irgendwas, das Sie mir vorher sagen m chten?"
Holmes sch ttelte den Kopf. "Sie haben doch wohl schon mal ein m nnliches Glied gesehen, Sir?"
Rebus ffnete die T r. Was hatte er erwartet? Ein nachgemachtes Verlies, wo jemand nackt auf der Folterbank lag? Eine l ndliche Szene mit ein paar H hnern und Schafen? Das m nnliche Glied. Vielleicht hatte Mrs Croft eine Sammlung davon an einer Wand in ihrem Schlafzimmer ausgestellt. Und dieses Exemplar ist von '73. Hat sich heftig gewehrt, aber schlie lich hab ich es doch erwischt ...
Aber nein, es war noch schlimmer. Viel schlimmer. Es war ein ganz gew hnliches Schlafzimmer, abgesehen davon, dass rote Birnen in den Lampen steckten. Und in dem ganz normalen Bett lag eine ziemlich durchschnittlich aussehende Frau. Sie hatte einen Ellbogen auf das Kissen gest tzt, ihr Kinn ruhte auf der geballten Faust. Auf diesem Bett sa komplett angezogen jemand, den Rebus erkannte, und starrte auf den Fu boden. Das Parlamentsmitglied f r North und South Esk.
"Mein Gott", sagte Rebus. Holmes steckte den Kopf in die T r.
"Ich kann nicht vor einem beschissenen Publikum arbeiten!", br llte die Frau. Ihr Akzent, fiel Rebus auf, war englisch. Holmes ignorierte sie.
"Das ist ja ein Zufall", sagte er zu Gregor Jack MP. "Meine Freundin und ich sind n mlich gerade in Ihren Wahlkreis gezogen."
Der Abgeordnete blickte eher traurig als w tend auf.
"Das ist ein Missverst ndnis", sagte er. "Ein furchtbares Missverst ndnis."
"Sie sind wohl auf Stimmenfang unterwegs, was, Sir?"
Die Frau hatte angefangen zu lachen. Ihr Kopf ruhte immer noch auf ihrer Hand. Das rote Licht schien den weit aufgerissenen Mund zu f llen. Einen Moment lang sah es so aus, als wollte Gregor Jack einen Boxhieb in ihre Richtung schicken. Stattdessen versuchte er, mit der offenen Hand nach ihr zu schlagen, erwischte sie aber nur am Arm, sodass ihr Kopf zur ck auf das Kissen fiel. Sie lachte immer noch, beinah m dchenhaft. Sie hob die Beine so hoch, dass die Bettdecke herunterglitt. Ihre H nde trommelten mit h mischer Freude auf die Matratze. Jack war mittlerweile aufgestanden und kratzte sich nerv s an einem Finger.
"Mein Gott", sagte Rebus noch einmal. "Kommen Sie, wir bringen Sie nach unten."
Nicht der Farmer. Der Farmer k nnte die Beherrschung verlieren. Dann also Lauderdale. Rebus n herte sich ihm so dem tig, wie er nur konnte.
"Sir, wir haben da ein kleines Problem."
"Ich wei . Das muss Watson gewesen ein. Der Kerl wollte wohl seine glorreiche Entdeckung festgehalten haben. Er ist immer scharf auf Publicity, das sollten Sie doch wissen." War da ein sp ttisches Grinsen in Lauderdales Blick? Mit seiner hageren Gestalt und dem blutleeren Gesicht erinnerte er Rebus an ein Bild, das er mal gesehen hatte, von irgendwelchen Kalvinisten oder Verfechtern der Kirchenspaltung ... irgend so ein grimmiger Haufen. Bereit, jeden auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen, der ihnen gerade in die Quere kam. Rebus blieb auf Distanz und sch ttelte die ganze Zeit den Kopf.
"Ich versteh nicht so ganz ..."
"Die verdammten Journalisten sind hier", zischte Lauderdale. "Ganz sch n fix, was? Selbst f r unsere Freunde von der Presse. Der verdammte Watson muss ihnen einen Tipp gegeben haben. Er ist gerade bei ihnen drau en. Ich hab versucht, es ihm auszureden."
Rebus ging zu einem Fenster und sah hinaus. Und tats chlich standen dort drei oder vier Reporter am Fu der Treppe zur Haust r. Watson hatte seine Erkl rung beendet und beantwortete gerade ein paar Fragen. Dabei zog er sich bereits langsam die Treppe hinauf zur ck.
"Oh, v...", sagte Rebus und staunte ber seine F higkeit, sich zusammenzurei en. "Das macht die Sache nur noch schlimmer."
"Macht was schlimmer?"
Also berichtete Rebus ihm. Und wurde mit dem strahlendsten L cheln belohnt, das er je ber Lauderdales Gesicht hatte huschen sehen.
"Tss, tss, wer war denn da ein unanst ndiger kleiner Junge? Aber ich seh immer noch nicht, wo das Problem liegt."
Rebus zuckte die Schultern. "Nun ja, Sir, ich meine nur, das bringt doch niemandem was."
Drau en fuhren die Minibusse vor. Zwei, um die Frauen zur Wache zu bringen, zwei f r die M nner. Den M nnern w rde man ein paar Fragen stellen, Name und Adresse aufnehmen, und sie dann entlassen. Die Frauen ... nun, das war eine ganz andere Sache. Es w rde Anklage erhoben werden. Rebus' Kollegin Gill Templer w rde das als weiteres Indiz f r den Phallozentrismus in der Gesellschaft bezeichnen, oder so was in der Art. Sie war nicht mehr so wie fr her, seit sie diese Psychologieb cher in die Finger gekriegt hatte ...
"Unsinn", sagte Lauderdale gerade. "Das hat er sich selbst zuzuschreiben. Was sollen wir denn Ihrer Meinung nach machen? Ihn mit einer Decke ber dem Kopf durch die Hintert r rausschmuggeln?"
"Nein, Sir, es ist nur so ..."
"Er wird genauso behandelt wie alle anderen, Inspector. Sie kennen die Spielregeln."
"Ja, Sir, aber ...""Aber was?"
Und nun schien er sogar einen Informanten zu haben, irgendein unsichtbares Wesen, das ihm das Wort "Bordell" ins Ohr gefl stert hatte. S nde und Ausschweifung! Das hatte in Watsons hartem presbyterianischem Herz heiligen Zorn entfacht. Er war ein typischer Highland-Christ, der Sex in der Ehe gerade noch akzeptabel fand - sein Sohn und seine Tochter waren Beweis daf r -, alles andere jedoch kategorisch ablehnte. Wenn es ein Bordell in Edinburgh gab, dann w rde Watson daf r sorgen, dass es geschlossen wurde.
Doch dann hatte der Informant ihm die Adresse genannt, und das hatte ein gewisses Z gern hervorgerufen. Das Bordell lag n mlich in einer der besseren Stra en der New Town, ruhige georgianische H userreihen, ges umt von B umen, Saabs und Volvos. In den H usern lebten Akademiker: Anw lte, rzte, Professoren. Das war kein Seemannspuff, nicht ein paar dunkle, feuchte Zimmer ber einer Hafenkneipe. Das war, wie Rebus selbst zum Besten gegeben hatte, ein Etablissement f r die Etablierten. Watson hatte diesen Scherz nicht verstanden.
Mehrere Tage und N chte wurde mit nicht gekennzeichneten Autos und unauff lligen Zivilbeamten Wache gehalten. Bis es kaum noch einen Zweifel gab: Was auch immer in den R umen hinter den geschlossenen Fensterl den geschah, geschah nach Mitternacht, und dann ging es ziemlich lebhaft zu. Eigenartigerweise kamen nur wenige der zahlreichen M nner mit dem Auto an. Doch ein wachsamer Detective Constable, der mitten in der Nacht pinkeln ging, entdeckte, warum. Die M nner parkten ihre Autos in Seitenstra en und gingen zu Fu zum Eingang des vierst ckigen Hauses. Vielleicht geh rte das zu den Regeln des Hauses. Das Knallen von Autot ren zu so sp ter Stunde w rde in der Stra e Misstrauen erregen. Oder vielleicht war es auch im eigenen Interesse der Besucher, ihre Autos nicht in der hell erleuchteten Stra e abzustellen, wo sie m glicherweise erkannt werden k nnten ...
Kraftfahrzeugkennzeichen wurden aufgenommen und berpr ft, ebenso Fotos von den Besuchern des Hauses. Au erdem machte man den Eigent mer des Hauses ausfindig. Neben diversen H usern in Edinburgh geh rte ihm die H lfte von einem Weingut in Frankreich, und er lebte das ganze Jahr in Bordeaux. Sein Anwalt hatte das Haus an eine Mrs Croft vermietet, eine sehr distinguierte Dame Mitte f nfzig. Nach Aussage des Anwalts zahlte sie die Miete immer p nktlich und in bar. Gab's da ein Problem ...?
Kein Problem, versicherte man ihm, aber wenn er das Gespr ch bitte f r sich behalten k nnte ...
In der Zwischenzeit hatte man festgestellt, dass es sich bei den Autobesitzern um Gesch ftsleute handelte, einige aus der Gegend, die meisten kamen jedoch von s dlich der Landesgrenze in die Stadt. Durch diese Information ermutigt, hatte Watson mit der Planung der Razzia begonnen. Mit seiner blichen Mischung aus Witz und Scharfsinn nannte er die Aktion Operation Hush Puppies.
"Schweinehunde, die ins Bordell schleichen, verstehen Sie, John."
"Ja, Sir", antwortete Rebus. "Ich hab auch mal so ein Paar Schuhe gehabt und mich oft gefragt, wieso die eigentlich so hei en."
Watson zuckte die Schultern. Er war niemand, der sich leicht ablenken lie . "Vergessen Sie das mit den Hush Puppies", sagte er. "Hauptsache, wir erwischen die Schweinehunde."
Da ab Mitternacht offenbar immer der meiste Betrieb im Haus herrschte, setzte man die Razzia f r ein Uhr am Samstagmorgen an. Die Durchsuchungsbeschl sse waren ausgestellt. Jeder im Team kannte seinen Platz. Und der Anwalt hatte ihnen sogar Pl ne vom Haus zur Verf gung gestellt, die die Beamten auswendig gelernt hatten.
"Das ist ja der reinste Kaninchenbau", hatte Watson gesagt.
"Kein Problem, Sir, solange wir genug Frettchen haben."
In Wahrheit freute Rebus sich ganz und gar nicht auf seine Arbeit in dieser Nacht. Bordelle mochten zwar illegal sein, aber sie erf llten einen Zweck, und wenn sie sich um ein ehrbares u eres bem hten, wie es dieses zweifellos tat, wo lag dann das Problem? Er sah einen Teil seines Zweifels in Watsons Blick widergespiegelt. Doch Watson hatte sich mit so viel Begeisterung in die Sache gekniet, dass ein R ckzug jetzt undenkbar war und als ein Zeichen von Schw che gewertet w rde. Also wurde Operation Hush Puppies durchgezogen, obwohl niemand so richtig wild darauf war. W hrend andere gef hrlichere Stra en nicht patrouilliert wurden. W hrend in Familien misshandelt wurde. W hrend weiterhin ungekl rt blieb, ob die Tote im Water of Leith wirklich ertrunken war ...
"Okay, gehen wir rein."
Sie verlie en die Autos und Minibusse und marschierten zum Eingang, klopften leise an. Die T r wurde von innen ge ffnet, und dann berst rzten sich die Ereignisse wie auf einem Video, das mit doppelter Geschwindigkeit l uft. Weitere T ren wurden ge ffnet ... wie viele T ren konnte denn so ein Haus haben? Erst anklopfen, dann ffnen; ja, sie waren h flich.
"W rden Sie sich bitte anziehen ..."
"Wenn Sie jetzt mit hinunterkommen k nnten ..."
"Sie k nnen zuerst Ihre Hose anziehen, Sir, wenn Sie m chten ..."
Dann: "Du meine G te, Sir, sehen Sie sich das mal an." Rebus folgte dem jugendlichen Detective Constable, der ganz rot im Gesicht geworden war. "Hier rein, Sir. Da fallen einem ja die Augen aus dem Kopf."
Ach ja, die Folterkammer. Ketten, Lederriemen und Peitschen. Mehrere vom Boden bis zur Decke reichende Spiegel, ein ganzer Schrank mit Zubeh r.
"Hier ist ja mehr Leder als in einem verdammten Melkschuppen."
"Sie scheinen ja eine Menge ber K he zu wissen, Kleiner", sagte Rebus. Er war froh, dass der Raum gerade nicht benutzt wurde. Aber es sollte noch mehr berraschungen geben.
In manchen Teilen des Hauses schien sich nichts Anst igeres abzuspielen als Kost mpartys; man sah Krankenschwestern und Oberschwestern, Nonnenschleier und hohe Abs tze. Nur dass die meisten Kost me mehr freigaben als sie verbargen. Eine junge Frau trug eine Art Taucheranzug aus Gummi, bei dem an den Brustwarzen und im Schritt L cher waren. Eine andere sah aus wie eine Mischung aus Heidi und Eva Braun. Watson beobachtete die Parade, und rechtschaffener Zorn ergriff ihn. Nun hatte er keinerlei Zweifel mehr. Es war absolut richtig, dieses Etablissement zu schlie en. Dann setzte er sein Gespr ch mit Mrs Croft fort. Chief Inspector Lauderdale hielt sich ganz in seiner N he auf. Er hatte darauf bestanden, mitzukommen, weil er seinen Vorgesetzten kannte und ein Fiasko bef rchtet hatte. Nun ja, dachte Rebus l chelnd, bisher war nichts in die Hose gegangen.
Mrs Croft sprach mit einem verfeinerten Cockney-Akzent, der immer weniger fein klang, je l nger sich die Sache hinzog und je mehr Paare die Treppe herunter in das gro e, mit Sofas vollgestellte Wohnzimmer str mten. Ein Raum, in dem es nach teurem Parf m und Markenwhisky roch. Mrs Croft stritt alles ab. Sie stritt sogar ab, dass sie sich in einem Bordell befanden.
Bin ich die H terin meines Bordells?, ging es Rebus durch den Kopf. Trotzdem musste er ihre Darbietung bewundern. Sie w re eine Gesch ftsfrau, erkl rte sie immer wieder, eine Steuerzahlerin, und h tte ihre Rechte. Und wo w re berhaupt ihr Anwalt?
"Ich dachte, sie vertritt hier die Rechte der sexuell Ausgehungerten", fl sterte Lauderdale Rebus zu - ein seltener Anflug von Humor bei einem der verdrie lichsten Typen, mit denen Rebus je zusammengearbeitet hatte. Deshalb verdiente diese Bemerkung ein L cheln.
"Was grinsen Sie so? Ich wusste nicht, dass wir gerade Pause machen. Gehen Sie wieder an die Arbeit."
"Ja, Sir." Rebus wartete, bis Lauderdale sich von ihm abgewandt hatte, um besser h ren zu k nnen, was Watson sagte, und machte mit der Hand unauff llig ein V-Zeichen in seine Richtung. Mrs Croft bekam das jedoch mit, dachte anscheinend, sie w re gemeint, und erwiderte die Geste. Lauderdale und Watson drehten sich beide zu Rebus um, doch dieser war bereits verschwunden ...
Einige Beamte, die man im Garten hinter dem Haus postiert hatte, f hrten nun ein paar bleichgesichtige Gestalten ins Haus zur ck. Ein Mann war aus einem Fenster im ersten Stock gesprungen, mit dem Ergebnis, dass er nun humpelte. Er beharrte dennoch darauf, dass er keinen Arzt brauchte, dass kein Krankenwagen gerufen werden sollte. Die Frauen schienen das Ganze eher am sant zu finden, besonders den Ausdruck auf den Gesichtern ihrer Kunden. Dieser reichte von besch mt und verlegen bis zu w tend und verlegen. Es gab das eine oder andere kurze Aufbegehren la: Ich kenne meine Rechte. Doch im Wesentlichen taten alle, was man ihnen sagte, das hei t, sie hielten den Mund und bten sich in Geduld.
Scham und Verlegenheit lie en ein wenig nach, als einer der M nner daran erinnerte, dass es nicht verboten w re, ein Bordell zu besuchen. Es w re lediglich verboten, eines zu f hren oder in einem zu arbeiten. Das stimmte zwar, bedeutete jedoch nicht, dass die anwesenden M nner einfach in die Anonymit t der Nacht entfliehen konnten. Bevor man sie wegschickte, w rde man ihnen erst ein wenig Angst einjagen. Wenn man den Bordellen die Kunden verschreckte, hatte man irgendwann keine Bordelle mehr. Das war die Logik, die dahintersteckte. Also legten die Beamten mit ihren blichen Geschichten los, wie sie sie auch Freiern auf dem Stra enstrich erz hlten.
"Nur einen guten Rat unter vier Augen, Sir. An Ihrer Stelle w rde ich mich auf AIDS untersuchen lassen. Das meine ich ernst. Die meisten von diesen Frauen k nnten durchaus infiziert sein, auch wenn man es ihnen nicht ansieht. Man sieht es sowieso erst, wenn es schon zu sp t ist. Sind Sie verheiratet, Sir? Irgendwelche Freundinnen? Am besten sagen Sie denen, sie sollen auch einen Test machen lassen. Andernfalls, man kann ja nie wissen, oder?" Das war zwar hart, aber notwendig. Und wie bei den meisten harten Worten steckte ein K rnchen Wahrheit darin.
Ein kleines Hinterzimmer diente Mrs Croft als B ro. Dort wurde eine Geldkassette gefunden, au erdem eine Kreditkartenmaschine und ein Quittungsbuch mit der Aufschrift Croft Guest House. Soweit Rebus erkennen konnte, kostete ein Einzelzimmer f nfundsiebzig Pfund. Teuer f r ein Bed & Breakfast, aber wie viele Firmenbuchhalter w rden sich die M he machen, das zu berpr fen? Es w rde Rebus nicht berraschen, wenn die Fr hst ckspension auch noch mehrwertsteuerpflichtig w re ...
"Sir?" Es war Detective Sergeant Brian Holmes, erst k rzlich bef rdert und strotzend vor Eifer. Er stand auf einer Treppe und rief zu Rebus herunter. "Ich glaube, Sie sollten besser mal hier raufkommen ..."
Rebus hatte keine gro e Lust dazu. Holmes schien ziemlich weit oben zu sein, und Rebus, der selbst im zweiten Stock eines Mehrfamilienhauses wohnte, hatte eine eingefleischte Abneigung gegen Treppen. Edinburgh war nat rlich voll davon, so wie es voller H gel, schneidender Winde und voller Menschen war, die ber Dinge wie H gel, Treppen und den Wind meckerten ...
"Ich komme."
Vor der T r zu einem der Zimmer unterhielt sich ein Detective Constable leise mit Holmes. Als Holmes Rebus am Treppenabsatz sah, schickte er den DC fort.
"Also, Sergeant?"
"Werfen Sie mal einen Blick rein, Sir."
"Irgendwas, das Sie mir vorher sagen m chten?"
Holmes sch ttelte den Kopf. "Sie haben doch wohl schon mal ein m nnliches Glied gesehen, Sir?"
Rebus ffnete die T r. Was hatte er erwartet? Ein nachgemachtes Verlies, wo jemand nackt auf der Folterbank lag? Eine l ndliche Szene mit ein paar H hnern und Schafen? Das m nnliche Glied. Vielleicht hatte Mrs Croft eine Sammlung davon an einer Wand in ihrem Schlafzimmer ausgestellt. Und dieses Exemplar ist von '73. Hat sich heftig gewehrt, aber schlie lich hab ich es doch erwischt ...
Aber nein, es war noch schlimmer. Viel schlimmer. Es war ein ganz gew hnliches Schlafzimmer, abgesehen davon, dass rote Birnen in den Lampen steckten. Und in dem ganz normalen Bett lag eine ziemlich durchschnittlich aussehende Frau. Sie hatte einen Ellbogen auf das Kissen gest tzt, ihr Kinn ruhte auf der geballten Faust. Auf diesem Bett sa komplett angezogen jemand, den Rebus erkannte, und starrte auf den Fu boden. Das Parlamentsmitglied f r North und South Esk.
"Mein Gott", sagte Rebus. Holmes steckte den Kopf in die T r.
"Ich kann nicht vor einem beschissenen Publikum arbeiten!", br llte die Frau. Ihr Akzent, fiel Rebus auf, war englisch. Holmes ignorierte sie.
"Das ist ja ein Zufall", sagte er zu Gregor Jack MP. "Meine Freundin und ich sind n mlich gerade in Ihren Wahlkreis gezogen."
Der Abgeordnete blickte eher traurig als w tend auf.
"Das ist ein Missverst ndnis", sagte er. "Ein furchtbares Missverst ndnis."
"Sie sind wohl auf Stimmenfang unterwegs, was, Sir?"
Die Frau hatte angefangen zu lachen. Ihr Kopf ruhte immer noch auf ihrer Hand. Das rote Licht schien den weit aufgerissenen Mund zu f llen. Einen Moment lang sah es so aus, als wollte Gregor Jack einen Boxhieb in ihre Richtung schicken. Stattdessen versuchte er, mit der offenen Hand nach ihr zu schlagen, erwischte sie aber nur am Arm, sodass ihr Kopf zur ck auf das Kissen fiel. Sie lachte immer noch, beinah m dchenhaft. Sie hob die Beine so hoch, dass die Bettdecke herunterglitt. Ihre H nde trommelten mit h mischer Freude auf die Matratze. Jack war mittlerweile aufgestanden und kratzte sich nerv s an einem Finger.
"Mein Gott", sagte Rebus noch einmal. "Kommen Sie, wir bringen Sie nach unten."
Nicht der Farmer. Der Farmer k nnte die Beherrschung verlieren. Dann also Lauderdale. Rebus n herte sich ihm so dem tig, wie er nur konnte.
"Sir, wir haben da ein kleines Problem."
"Ich wei . Das muss Watson gewesen ein. Der Kerl wollte wohl seine glorreiche Entdeckung festgehalten haben. Er ist immer scharf auf Publicity, das sollten Sie doch wissen." War da ein sp ttisches Grinsen in Lauderdales Blick? Mit seiner hageren Gestalt und dem blutleeren Gesicht erinnerte er Rebus an ein Bild, das er mal gesehen hatte, von irgendwelchen Kalvinisten oder Verfechtern der Kirchenspaltung ... irgend so ein grimmiger Haufen. Bereit, jeden auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen, der ihnen gerade in die Quere kam. Rebus blieb auf Distanz und sch ttelte die ganze Zeit den Kopf.
"Ich versteh nicht so ganz ..."
"Die verdammten Journalisten sind hier", zischte Lauderdale. "Ganz sch n fix, was? Selbst f r unsere Freunde von der Presse. Der verdammte Watson muss ihnen einen Tipp gegeben haben. Er ist gerade bei ihnen drau en. Ich hab versucht, es ihm auszureden."
Rebus ging zu einem Fenster und sah hinaus. Und tats chlich standen dort drei oder vier Reporter am Fu der Treppe zur Haust r. Watson hatte seine Erkl rung beendet und beantwortete gerade ein paar Fragen. Dabei zog er sich bereits langsam die Treppe hinauf zur ck.
"Oh, v...", sagte Rebus und staunte ber seine F higkeit, sich zusammenzurei en. "Das macht die Sache nur noch schlimmer."
"Macht was schlimmer?"
Also berichtete Rebus ihm. Und wurde mit dem strahlendsten L cheln belohnt, das er je ber Lauderdales Gesicht hatte huschen sehen.
"Tss, tss, wer war denn da ein unanst ndiger kleiner Junge? Aber ich seh immer noch nicht, wo das Problem liegt."
Rebus zuckte die Schultern. "Nun ja, Sir, ich meine nur, das bringt doch niemandem was."
Drau en fuhren die Minibusse vor. Zwei, um die Frauen zur Wache zu bringen, zwei f r die M nner. Den M nnern w rde man ein paar Fragen stellen, Name und Adresse aufnehmen, und sie dann entlassen. Die Frauen ... nun, das war eine ganz andere Sache. Es w rde Anklage erhoben werden. Rebus' Kollegin Gill Templer w rde das als weiteres Indiz f r den Phallozentrismus in der Gesellschaft bezeichnen, oder so was in der Art. Sie war nicht mehr so wie fr her, seit sie diese Psychologieb cher in die Finger gekriegt hatte ...
"Unsinn", sagte Lauderdale gerade. "Das hat er sich selbst zuzuschreiben. Was sollen wir denn Ihrer Meinung nach machen? Ihn mit einer Decke ber dem Kopf durch die Hintert r rausschmuggeln?"
"Nein, Sir, es ist nur so ..."
"Er wird genauso behandelt wie alle anderen, Inspector. Sie kennen die Spielregeln."
"Ja, Sir, aber ...""Aber was?"
... weniger
Autoren-Porträt von Ian Rankin
Ian Rankin, geboren 1960, ist Großbritanniens führender Krimiautor, und seine Romane sind aus den internationalen Bestsellerlisten nicht mehr wegzudenken. Ian Rankin wurde unter anderem mit dem Gold Dagger, dem Edgar Allan Poe Award und dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet. Ian Rankin lebt mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen in Edinburgh.
Bibliographische Angaben
- Autor: Ian Rankin
- 2002, 381 Seiten, Maße: 12,6 x 18,3 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Übersetzer: Ellen Schlootz
- Verlag: Goldmann
- ISBN-10: 3442450144
- ISBN-13: 9783442450145
Rezension zu „Ehrensache “
»Dieser Autor ist gerade einmal vierzig Jahre alt, hat nun bereits elf höchst erfolgreiche Kriminalromane geschrieben, und sein Grad der Meisterschaft wird von keinem anderen Spannungsautor erreicht - geschweige denn die Beständigkeit seiner Qualität.«
Kommentar zu "Ehrensache"
0 Gebrauchte Artikel zu „Ehrensache“
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
Schreiben Sie einen Kommentar zu "Ehrensache".
Kommentar verfassen