Ein Turm am Meer
Roman
Das Leben und die Liebe kennen keine geraden Wege: Die außergewöhnliche Begegnung zweier Frauen, die vor
der wildromantischen Kulisse Irlands um ihr Glück kämpfen. Die junge Immobilienmaklerin Claudine will ein leer stehendes Herrenhaus an der irischen...
der wildromantischen Kulisse Irlands um ihr Glück kämpfen. Die junge Immobilienmaklerin Claudine will ein leer stehendes Herrenhaus an der irischen...
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Buch
Produktdetails
Produktinformationen zu „Ein Turm am Meer “
Das Leben und die Liebe kennen keine geraden Wege: Die außergewöhnliche Begegnung zweier Frauen, die vor
der wildromantischen Kulisse Irlands um ihr Glück kämpfen. Die junge Immobilienmaklerin Claudine will ein leer stehendes Herrenhaus an der irischen Küste besichtigen. Doch das Haus ist bewohnt. Eine alte Dame, Violet, hat es nach einer tragischen Liebesgeschichte in ihrer Jugend seit Jahrzehnten nicht verlassen. Die Frauen freunden sich an. Sie ahnen nicht, dass sie ein altes Familiengeheimnis teilen... »Unwiderstehlich schön geschrieben!« (Irish Evening Herald)
der wildromantischen Kulisse Irlands um ihr Glück kämpfen. Die junge Immobilienmaklerin Claudine will ein leer stehendes Herrenhaus an der irischen Küste besichtigen. Doch das Haus ist bewohnt. Eine alte Dame, Violet, hat es nach einer tragischen Liebesgeschichte in ihrer Jugend seit Jahrzehnten nicht verlassen. Die Frauen freunden sich an. Sie ahnen nicht, dass sie ein altes Familiengeheimnis teilen... »Unwiderstehlich schön geschrieben!« (Irish Evening Herald)
Klappentext zu „Ein Turm am Meer “
Das Leben und die Liebe kennen keine geraden Wege: Die außergewöhnliche Begegnung zweier Frauen, die vor der wild romantischen Kulisse Irlands um ihr Glück kämpfen ...
Es gibt Menschen, die man für immer im Herzen trägt.
Das Leben und die Liebe kennen keine geraden Wege: Die außergewöhnliche Begegnung zweier Frauen, die vor der wild romantischen Kulisse Irlands um ihr Glück kämpfen ...
Eher unwillig fährt die junge Immobilienmaklerin Claudine Armstrong nach Whitecliff, einem angeblich leer stehenden Herrenhaus an der Küste Irlands. Sie soll prüfen, ob es zum Verkauf steht. Im alten Turm, der zum Anwesen gehört, trifft sie eine bezaubernde alte Dame, Violet Shine, die das Haus seit Jahrzehnten nicht mehr verlassen hat. Ein Foto weckt ungeahnte Gefühle in Claudine, und mit der ersten Begegnung beginnen wundervolle Stunden, in denen Violet ihr eine schier unglaubliche Geschichte erzählt: von ihrer leidenschaftlichen und unglücklichen Liebe, die in längst vergangener Zeit begann und bis heute andauert ...
An einem Wendepunkt ihres eigenen Lebens, an dem Claudine ihre Ehe und ihren Beruf in Zweifel zieht, werden die beiden so unterschiedlichen Frauen schicksalhaft zu Freundinnen. Das Geheimnis, das Violet sechs Jahrzehnte sorgsam hütete, wird zum Schlüssel werden, der Claudine von ihren Fesseln befreien kann...
"Deirdre Purcell meldet sich in unglaublich starker erzählerischer Form zurück - unwiderstehlich geschrieben!"
Irish Evening Herald
"Fesselnd, perfekt aufgebaut und mit exzellent dargestellten Charakteren - ein Genuss!"
Sunday Times
"Purcell jongliert souverän mit mehreren Erzählstimmen und lässt so die Lektüre schwungvoll werden. Dabei entwickelt sich eine Geschichte mit stetig steigender Spannung!"
Irish Independent
Das Leben und die Liebe kennen keine geraden Wege: Die außergewöhnliche Begegnung zweier Frauen, die vor der wild romantischen Kulisse Irlands um ihr Glück kämpfen ...
Eher unwillig fährt die junge Immobilienmaklerin Claudine Armstrong nach Whitecliff, einem angeblich leer stehenden Herrenhaus an der Küste Irlands. Sie soll prüfen, ob es zum Verkauf steht. Im alten Turm, der zum Anwesen gehört, trifft sie eine bezaubernde alte Dame, Violet Shine, die das Haus seit Jahrzehnten nicht mehr verlassen hat. Ein Foto weckt ungeahnte Gefühle in Claudine, und mit der ersten Begegnung beginnen wundervolle Stunden, in denen Violet ihr eine schier unglaubliche Geschichte erzählt: von ihrer leidenschaftlichen und unglücklichen Liebe, die in längst vergangener Zeit begann und bis heute andauert ...
An einem Wendepunkt ihres eigenen Lebens, an dem Claudine ihre Ehe und ihren Beruf in Zweifel zieht, werden die beiden so unterschiedlichen Frauen schicksalhaft zu Freundinnen. Das Geheimnis, das Violet sechs Jahrzehnte sorgsam hütete, wird zum Schlüssel werden, der Claudine von ihren Fesseln befreien kann...
"Deirdre Purcell meldet sich in unglaublich starker erzählerischer Form zurück - unwiderstehlich geschrieben!"
Irish Evening Herald
"Fesselnd, perfekt aufgebaut und mit exzellent dargestellten Charakteren - ein Genuss!"
Sunday Times
"Purcell jongliert souverän mit mehreren Erzählstimmen und lässt so die Lektüre schwungvoll werden. Dabei entwickelt sich eine Geschichte mit stetig steigender Spannung!"
Irish Independent
Lese-Probe zu „Ein Turm am Meer “
Das TurmzimmerDie Tage vergehen. Was immer man auch tut, wie sehr man sich auch dagegen auflehnt, sie vergehen.
Am Anfang, w hrend jener ersten schrecklichen Monate zwischen Ende 1944 und Anfang 1945, verwandelte sich das Unfassbare in Wut und dann in Verzweiflung. Es dauerte einige Jahre, bis ich es hinnehmen konnte, dass sie mich nie wieder freilassen w rden und ich sehr wahrscheinlich sterben w rde, ohne jemals wieder einen Fu aus dem Turmzimmer von Whitecliff gesetzt zu haben.
In unserer Familie hatte es immer das Turmzimmer gehei en. Das war ein wenig absonderlich, denn es handelte sich dabei nur um den gr ten der Dachb den, die in vergangenen Jahrhunderten von Kammerm dchen und Dienern bewohnt worden waren. Als meine Br der und Schwestern und ich Kinder waren, hatte man uns erlaubt, ihn als Spielzimmer zu benutzen. Er lag von den Hauptr umen, die unsere Eltern bewohnten, weit genug weg, dass wir so laut sein konnten, wie wir wollten, und deshalb auch unbesorgt "Abschlagen" spielen oder die Murmeln ber die nackten Dielen rollen lassen konnten. Wir durchw hlten die Truhen, die wir dort oben fanden, aber offen gestanden enthielten sie wenig von Interesse, nur alte Gartenger te, abgenutztes K chengeschirr, Landkarten und B cher ber Afrika, Asien und S damerika, die meinem Gro vater geh rt hatten - einem Teeh ndler, der jede sich bietende Gelegenheit nutzte, zu den Plantagen seiner Lieferanten zu reisen.
Irgendwann bevor unsere Familie hierher kam, hatte jemand einen Durchbruch zu dem fensterlosen Raum daneben gemacht, um eine behelfsm ige Toilette einzurichten, und wir hielten dort oben gro e Wasserschlachten ab, die dadurch besonders aufregend wurden, weil wir um den rger wussten, den wir bekommen w rden, sollten Mutter oder Vater uns dabei erwischen. Vor Nanny hatten wir nie Angst - na ja, jedenfalls nicht so sehr - , denn zu Nanny, dieser gro en, herzensguten Frau aus Rathlinney, unserem Dorf, liefen wir, wenn wir wegen aufgesch rfter Knie oder
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sonstiger Kindheitskrisen Trost suchten. Sie versohlte uns wohl manchmal, aber nur halbherzig, und immer mit leichter Hand und - sollten unsere Eltern in H rweite sein - einem verschw rerischen Augenzwinkern, das uns ermutigte, zu kreischen, als w rden wir maltr tiert. F r Nanny war die Anstellung bei uns ein Segen. Sie war unverheiratet, hatte einen ebenfalls ledigen Bruder und litt an einer angeborenen ungl cklichen Verunstaltung ihres Gesichts (sie nannte es ein Muttermal, aber meiner Erinnerung nach leuchtete die faltige Haut der einen Gesichtsh lfte vom Haaransatz bis zum Kinn purpurrot). Sie blieb bei uns, bis ich, die J ngste der Familie, vierzehn war und unsere Eltern fanden, dass ihre Dienste nicht mehr erforderlich waren.
Ich denke oft an sie, selbst jetzt noch.
Es lagen nie irgendwelche ausrangierten Spielsachen in unserem Turmzimmer, denn alles, dem wir entwachsen waren, wurde an "arme Kinder" verteilt.
Die Unterscheidung zwischen "armen Kindern" und uns selbst war f r uns nicht nachzuvollziehen. Unser Vater, Inhaber von Rathlinney General Stores, versorgte die Region mit Lebensmitteln und Gem se, mit Brennstoff und Benzin, Wein, Kleidung, Kurz- und Eisenwaren, landwirtschaftlichen Ger ten, feinen Schuhen und tausend anderen Dingen, das wussten wir. Wir hatten unsere Nanny, und Whitecliff war ein sehr gro es Haus, auch das wussten wir. Aber unseren Lebensstil empfanden wir als sehr viel karger als den unserer Schulkameraden. Whitecliff war zugig und im Winter eisig kalt und feucht: Wir hatten alle Frostbeulen und waren st ndig erk ltet, wenn wir mit unseren doppelt besohlten Schuhen ber die weitl ufigen Steinfliesen oder nackten Holzb den trotteten. Eingerichtet war unser Haus nicht mit jenen bequemen Sofas, die wir sahen, wenn wir durch die Fenster der H uschen von Rathlinney linsten, und auch deren Torffeuer w rmten uns nicht, wir hatten gro e klobige St hle und Kanapees, riesige braune Tische, monumentale, fast leere Geschirrschr nke und Vitrinen.
Unser Vater, ein gesunder, gottesf rchtiger Mann, der das Verlangen nach irdischen Annehmlichkeiten als Schw che empfand, schr nkte den Brennstoff f r unsere Kamine mit der Warnung ein, dass z gellose Verschwendung zu betr blichem Mangel f hre, und drehte die Gaslampen st ndig so weit herunter, dass Lesen unm glich war.
Zu den Mahlzeiten mussten wir alles bis auf den letzten Bissen aufessen, "weil ihr Kinder wom glich nie wieder etwas so Gutes zu essen sehen werdet", und fein machen war mir und meinen Schwestern auch nicht verg nnt: Mutter war n mlich eine geschickte N herin und hielt ihre Kleidung und die unseres Vaters tipptopp in Ordnung und wendete die Kr gen der Jungenhemden, bis der Stoff so abgetragen war, dass sie nur noch zu Staublappen taugten. Was uns M dchen betraf, flickte und nderte sie unsere Kleider, wenn wir aus ihnen herauswuchsen, und ich als die J ngste bekam nie ein neues Konfektionskleid oder einen Mantel.
Wir selbst empfanden uns deshalb als genauso arm wie alle anderen auch in der Gegend, und es blieb uns ein R tsel, warum wir in der Schule wegen unserer Aussprache als vornehm geh nselt wurden, als "etwas Besseres". Einmal kam ich auf Nanny zu sprechen, doch der Tumult, den dies ausl ste, lie mich diesen Fehler kein zweites Mal machen. Es kann sehr einsam sein, wenn man in einem irischen Dorf aus einem Gro en Haus kommt.
Als meine Verbannung in das Turmzimmer bevorstand, wurden die Truhen, alten Garderobenst nder und andere Gegenst nde entfernt, und man begann den Raum mit merkw rdiger Sorgfalt einzurichten. Vater lie die Toilette mit einem Waschbecken, einer Toilette mit Sp lkasten und Sp lkette und einer Sitzbadewanne ausstatten.
Unwissentlich nahm ich im Glauben, wir machten es m glicher G ste wegen, an der Renovierung teil. R ckblickend konnte das nur Einbildung gewesen sein; wir Shines hatten n mlich kaum G ste, abgesehen von den wenigen Gesch ftspartnern meines Vaters, die gelegentlich zum Essen eingeladen wurden. Auch wir Kinder wurden nicht dazu ermuntert, unsere Schulkameraden mit nach Hause zu bringen. Als man mich jedoch aufforderte, eine Tapete aus dem Musterbuch auszusuchen, das Vater eines Abends mit nach Hause brachte, war ich gl cklich, mit einbezogen zu werden. Ich war sogar mehr als gl cklich; ich war ganz au er mir, weil dies nur bedeuten konnte, dass man mir vielleicht verziehen hatte.
Der Raum ma sechs mal vier Meter - ich habe ihn wei Gott oft genug abgeschritten, um das ganz genau zu wissen - mit einem Fenster, das ab der halben Wandh he fast bis zur Decke reichte, aber so hoch lag, dass ich mich auf meinen Stuhl stellen musste, um hinausschauen zu k nnen. Von au en war es aus bis heute unerfindlichen Gr nden vergittert: Whitecliff erhebt sich drei Stockwerke ber seinen Kellern, dazu kommt noch das sich ber die ganze Fl che erstreckende Dachgeschoss. Jeder einigerma en intelligente Einbrecher oder Eindringling, der tapfer Vaters Schrotflinte trotzte, h tte den leichten Zugang durch die schlecht schlie ende Vordert r oder die Fenster im Erdgeschoss gew hlt, deren Holzrahmen, schon bevor ich eingesperrt wurde, vom salzigen Regen und Wind so m rb geworden waren, dass schon wenige St e mit einem kr ftigen Schraubenzieher gereicht h tten, um sie auszuhebeln.
Was die R ckseite des Hauses, mein Blickfeld, betraf, hat nie jemand gewagt, unter meinem Fenster entlangzustreifen, weil unser von zwei Seiten mit Stacheldrahtzaun begrenztes Haus direkt am Rand der Klippe stand, die siebzig bis achtzig Fu schroff in die Tiefe hinabfiel. (Ich glaube, heute sind das drei ig bis f nfunddrei ig Meter - es f llt mir schwer, mich an diese Neuerungen zu gew hnen.)
Whitecliff ist lter als zweihundert Jahre, und ich habe ber vielen Theorien gebr tet, weshalb man es f r n tig hielt, ausgerechnet dieses Fenster als einziges im ganzen Haus zu vergittern. Vielleicht hatte der Raum einst den Familienschatz geborgen. Vielleicht bef rchtete man, dass trotz des schwierigen Zugangs von au en Bauernburschen aus dem Dorf es mittels eines Seils aus Laken schafften, durch das ungesch tzte Fenster auf ein Sch ferst ndchen zu den Hausm dchen vorzudringen.
Vielleicht aber hatte man auch eine verr ckte Tante (oder eine verr ckte erste Ehefrau) hier eingeschlossen, um sie vor sich selbst zu sch tzen. Oder den Ruf der Familie, f r den Fall, dass sie sich zu Tode st rzen w rde.
Es mag zwar seltsam, wenn nicht unter den gegebenen Umst nden sogar fragw rdig klingen, aber im Lauf der Zeit kam ich tats chlich so weit, diesen Raum als einen ganz angenehmen Ort zum Leben zu empfinden, und als ich schlie lich beschloss, meine Lage zu akzeptieren, entdeckte ich, dass ich mit einem Herz schlag - ja, so schnell ging das - frei war.
Ich erinnere mich dieses Moments, obgleich ich nicht sagen kann, an welchem Tag oder in welchem Jahr das war.
Lange Zeit, viele Jahre lang, hatte ich getreulich die Uhr aufgezogen, die Onkel Samuel mir zu meinem sechzehnten Geburtstag geschenkt hatte, aber nach und nach d mmerte mir, dass Zeit ihre Bedeutung verliert, wenn man keine Kontrolle mehr ber sein Leben hat. Also legte ich die Uhr beiseite und lebte von da an nach den Zyklen von Licht und Dunkelheit, W rme und K lte, St rmen und Ruhe - und dem prompten Eintreffen meines Essenstabletts.
Whitecliffs G rten lagen vor dem Haus und seitlich davon.
Der schmale Streifen zwischen seiner R ckseite und dem Klippenrand war von Steinen bedeckt und von Flachsgras bewachsen und bot nur wenig Ver nderung in Farbe oder Bewuchs. Deshalb blieb mir nichts anderes brig, als mich von meinem Stuhl aus am Himmel, dem Meer und dem Stand der Sonne zu orientieren, um den Wechsel der Jahreszeiten wahrzunehmen. Die Erfahrung erlaubte es mir mit der Zeit, den Stand der Sonne selbst noch an den tr bsten Tagen zu bestimmen. Durch Beobachtung des Sonnenstandes bei Sonnenaufgang und bei Sonnenuntergang in Relation zu meinem Fenster lernte ich auch, die Neigung der Erdachse zu verfolgen. Die Sonne und das Meer wurden meine Freunde.
Der tats chliche Moment der Befreiung kam unerwartet.
Er fand mitten im Winter statt, um die Mittagszeit an einem Tag, als Seepferde die Wolkenfetzen am Himmel jagten. Ich hatte meine bliche Position auf meinem Stuhl am Fenster eingenommen und versuchte angestrengt, irgendwelche Bewegungen zwischen den Steinen am Rand der Klippen zu entdecken. Ich war mir sicher, etwas gesehen zu haben. Eine Ratte? Eine Feldmaus? Eine Wildkatze oder wom glich ein Kaninchen - wenngleich diese zu dieser Jahreszeit nicht oft zu sehen waren? Ich hielt die Luft an und verharrte reglos.
Aber ja - dort. Ich wurde ganz aufgeregt. Da war es wieder - ein Kaninchen! Eindeutig ein Kaninchen ...
W hrend ich es beobachtete, sa das Gesch pf aufrecht auf seinen Hinterbeinen, die Ohren entspannt zur ckgelegt, aber auf dem R cken zuckend, die kleinen Pfoten dicht an der Brust ... Es blickte auf Whitecliff. Beobachtete unsere grauen W nde.
Ich konzentrierte mich darauf und bem hte mich, individuelle Z ge auszumachen, Augen, das eifrig m mmelnde Maul.
Vielleicht war es auch gar kein Kaninchen. Vielleicht war es ein Hase, ein kleiner - dreh dich um, kleines Ding, damit ich deinen Stummelschwanz, die L nge deiner Beine sehen kann - dreh dich bitte um ...
Aber dann riss die Wolkendecke auf, und ich musste die Augen schlie en. Mein Fenster ging nach Osten, und wenn die Sonne w hrend der kurzen Tage aufging, blendete sie.
Ich wartete, bis das Licht sich hinter die Wolken zur ckgezogen hatte, um die Augen zu ffnen. Aber ganz gleich, wie sehr ich mich auch anstrengte, ich konnte das Kaninchen oder den Hasen nicht mehr entdecken. Es war weg, oder seine Tarnung war perfekt.
Wenn man in einer Situation wie der meinen ist, kann schon der kleinste R ckschlag zur Katastrophe werden. Ich sprang von meinem Stuhl auf mein Bett. Aufgebracht nahm ich meine Wasserkaraffe in die Hand, um sie gegen das Fenster zu werfen, und es war mir dabei v llig gleichg ltig, welchen L rm das machen oder was aus der Fensterscheibe werden w rde, doch dann wurde mir klar, wie absurd es war, derart die Fassung zu verlieren, und dass eine Waffe nur dann von Wert war, wenn derjenige, gegen den die Wut sich richtete, auch k rperlich pr sent war.
Wer konnte hier darauf reagieren? Die Tapete? Die W nde selbst? Das einzig quasi Menschliche in diesem Raum war der f r immer in seinem billigen Rahmen eingeschlossene Lachende Kavalier. Wir tauschten Blicke. Er lachte weiter. Ich lachte auch, und der Wutanfall versickerte wie hei es Wasser durch ein Sieb.
Man hatte mir an diesem Morgen frische W sche gebracht, und als ich auf meinen Kissen lag, wurde ich des Dufts der Lavendelkissen gewahr, die meine Mutter immer in den Schrank h ngte. Beruhigend und angenehm.
Ich sah mein Zimmer mit neuen Augen, entdeckte Putz, der wie Butterflocken von der Decke hing, die verblassten, aber noch immer fr hlichen Vergissmeinnichtstr u chen an der von mir ausgew hlten Tapete, die zarten Farben des orientalischen Seidenteppichs auf dem Fu boden, mein blaues Samtsitzkissen mit den Seidentroddeln, meinen Tisch und den Stuhl, mein Schreib zeug und meinen Stickrahmen mit seiner bunten Garnpalette, den leuchtend roten Schal, den ich als zuk nftiges Weihnachtsgeschenk f r einen bisher noch nicht bekannten Empf nger strickte.
Meine Vogelb cher, Atlanten und W rterb cher warteten aufrecht in meinem B cherregal. Dort hinten befanden sich das h bsche eiserne Fu ende meines Bettgestells und die blauen Delfter Kacheln der Kamineinfassung.
Dort stand auch meine llampe - jene Laterna magica, mit der ich nach Gutd nken durch Drehen und Verbiegen meiner Finger Schattenbilder von K ngurus, Elefanten, H schen und sogar Herren mit hohen H ten an die Wand werfen und stundenlang zu meiner Musik tanzen lassen konnte.
Es war mir sogar m glich, das handwerkliche Geschick anzuerkennen, das in die ordentlich ausgeschnittene Aussparung im soliden Eichenholz meiner T r gelegt worden war, die, von au en verriegelt, als Servierluke diente. Irgendwann ganz am Anfang hatte ich das Verlangen versp rt, sie durch Sch tteln zu l sen und mich hindurchzuwinden. Ich hatte es sogar versucht, aber es machte zu viel L rm, und obwohl ich vom Rest des Hauses so weit entfernt war, wusste ich, dass sie es h ren w rden. Auch schien der Riegel sehr massiv zu sein. Sie hatten an alles gedacht.
An jenem Tag meiner Befreiung betrachtete ich die anderen Bilder, die mir zugebilligt worden waren. ber und hinter mir spielte ein Paar getigerter K tzchen mit vielfarbigen Garnrollen. An der Wand neben der T r sah man einen Herbstwald, und aus seiner Nische neben der Kaminw lbung l chelte der Schutzengel zwischen seinen ausgebreiteten Fl geln wie ein schwachsinniger Onkel hervor. Es war ein Geschenk von Nanny gewesen.
Ich f hlte mich frei, abgehoben schwebte Violet ber Violets irdischem Leib.
Dann h rte ich es. Sie k nnen mir das glauben. So klar wie das beruhigende Pl tschern des Meeres gegen den Kies unter der Klippe h rte ich es fl stern: "Ruh dich jetzt aus, Violet Shine ..."
Aber pl tzlich verdunkelte sich der Himmel drau en, und alles war wieder wie zuvor. Ich lag auf meinem Bett, in meinen Ohren der gegen das Fenstergitter prasselnde Hagelschauer, und die einzigen Bilder im Turm waren die von mir beschriebenen Reproduktionen und Drucke.
Es verunsicherte mich nicht, dass mein Geist mich mit derartigen Tricks t uschte. Ich war daran gew hnt. Manchmal, wenn ich nicht schlafen konnte, h rte ich die Tapete rascheln und Streit mit den Dielenbrettern anfangen, die daraufhin eine Antwort knarzten. Manches Mal redete ich laut mit diesen leblosen Gegenst nden, nur um mir zu beweisen, dass ich noch eine Stimme hatte. (Manchmal h rte ich sogar Antworten. In diesem einundzwanzigsten Jahrhundert w re ich nun neugierig, jemandem zu begegnen, der ebenfalls ber Jahrzehnte als "Einsiedler" gelebt hat. Ich w rde gern die Aufzeichnungen ber solche Irrwege und Einbildungen des Geistes austauschen.)
Aber an dieser letzten Episode gab es etwas zutiefst Sinnvolles. Warum ruhst du dich jetzt nicht aus, Violet Shine?
Warum eigentlich nicht?
Schlie lich war mein Schicksal nicht das schlimmste auf der Welt, oder auch nur in Irland. Ich bekam ausreichend zu essen, hatte es hell und bequem. Keiner unterdr ckte meine Gedanken oder z gelte meine Vorstellung. Man kam meinen W nschen nach, bis auf einen: Ich durfte nicht weggehen.
Es war eine sehr anziehende Vorstellung, Ruhe vor dem st ndigen rger zu haben. Doch das konnte sicherlich nur eins bedeuten: Das Schlimmste war eingetreten. Ich hatte keine Kontrolle ber das vor mir Liegende, und es machte keinen Sinn mehr, wegen der Vergangenheit gram zu sein.
Die Sinne sch rften sich im Zusammenspiel der D fte von Lavendel und Karbolseife, die Mutter auf ihrem Waschbrett zum Einsatz brachte, und mir wurde bewusst, dass etwas bisher Unbeugsames nachgab. Ich war so frei, wie ich sein wollte, und hatten sie auch die Schlacht gewonnen, war ich doch siegreich aus dem Krieg hervorgegangen.
Zerm rbt, aber in Hochstimmung sprang ich aus dem Bett und wieder hinauf auf meinen Stuhl, um durch die Gitterst be und den schr g fallenden Hagel auf die sich herabst rzenden Stummelm wen und die unerschrockenen Tauch- und Schwimmenten zu schauen, die sich zuversichtlich der dunkelgrauen Masse stellten, dem dicht von Robben bev lkerten Meer.
Das Lied des Singschwans
Lernen Sie die Nachbarn von Cruskeen Lawns kennen: Singschw ne, Ringelg nse, scheue F chse und Silberfische" - igitt.
Konzentration, Claudine!
Ist au erdem ein Silberfisch nicht eine Art K fer oder Ohrwurm? Was das Tierleben von Cruskeen Lawns betrifft, nun, daran wird es nicht mangeln. Jedenfalls nicht an Nagetieren. Als ich das letzte Mal dort drau en war, gab es nichts weiter zu sehen als anderthalb Meter tiefen Schlamm und nichts weiter zu h ren als Pumpen, die hektoliterweise schmutzbraunes Wasser von den Fundamenten weg zur Bucht leiteten. Kein Wunder, dass ich mich beim Texten auf V gel und Bienen konzentriere. Ich bem he mich, die Augen der armen Trottel auf den Himmel zu lenken.
Verdammt, das Handy klingelt. "Hallo? Oh, hi Tom, ich arbeite an der Lawns-Brosch re. Was gibt's?"
In den folgenden drei Minuten komme ich berhaupt nicht zu Wort. Mein Chef, Tommy O'Hare, m chte, dass ich mir einen alten Geb udekomplex anschaue, von dem er glaubt, er komme demn chst auf den Markt. "Wenn ich selbst dort hingehe, k nnte dies Mitbewerber auf den Plan rufen, aber dich wird keiner verd chtigen."
Ich sp re, wie Gesicht und Hals hei werden. Danke bestens, Tommy, geht es mir durch den Kopf, besten Dank f r diesen Vertrauensbeweis. Ich arbeite ja schlie lich erst seit gut zehn Jahren in dieser Branche ...
Es stellt sich heraus, dass es sich bei dem Geb ude um Whitecliff handelt, und ich werde hellh rig. "Ich kenne das Anwesen. Aber es ist verfallen. Woher wei t du denn, dass es angeboten wird?""Ich habe meine Quellen.".
Ich denke oft an sie, selbst jetzt noch.
Es lagen nie irgendwelche ausrangierten Spielsachen in unserem Turmzimmer, denn alles, dem wir entwachsen waren, wurde an "arme Kinder" verteilt.
Die Unterscheidung zwischen "armen Kindern" und uns selbst war f r uns nicht nachzuvollziehen. Unser Vater, Inhaber von Rathlinney General Stores, versorgte die Region mit Lebensmitteln und Gem se, mit Brennstoff und Benzin, Wein, Kleidung, Kurz- und Eisenwaren, landwirtschaftlichen Ger ten, feinen Schuhen und tausend anderen Dingen, das wussten wir. Wir hatten unsere Nanny, und Whitecliff war ein sehr gro es Haus, auch das wussten wir. Aber unseren Lebensstil empfanden wir als sehr viel karger als den unserer Schulkameraden. Whitecliff war zugig und im Winter eisig kalt und feucht: Wir hatten alle Frostbeulen und waren st ndig erk ltet, wenn wir mit unseren doppelt besohlten Schuhen ber die weitl ufigen Steinfliesen oder nackten Holzb den trotteten. Eingerichtet war unser Haus nicht mit jenen bequemen Sofas, die wir sahen, wenn wir durch die Fenster der H uschen von Rathlinney linsten, und auch deren Torffeuer w rmten uns nicht, wir hatten gro e klobige St hle und Kanapees, riesige braune Tische, monumentale, fast leere Geschirrschr nke und Vitrinen.
Unser Vater, ein gesunder, gottesf rchtiger Mann, der das Verlangen nach irdischen Annehmlichkeiten als Schw che empfand, schr nkte den Brennstoff f r unsere Kamine mit der Warnung ein, dass z gellose Verschwendung zu betr blichem Mangel f hre, und drehte die Gaslampen st ndig so weit herunter, dass Lesen unm glich war.
Zu den Mahlzeiten mussten wir alles bis auf den letzten Bissen aufessen, "weil ihr Kinder wom glich nie wieder etwas so Gutes zu essen sehen werdet", und fein machen war mir und meinen Schwestern auch nicht verg nnt: Mutter war n mlich eine geschickte N herin und hielt ihre Kleidung und die unseres Vaters tipptopp in Ordnung und wendete die Kr gen der Jungenhemden, bis der Stoff so abgetragen war, dass sie nur noch zu Staublappen taugten. Was uns M dchen betraf, flickte und nderte sie unsere Kleider, wenn wir aus ihnen herauswuchsen, und ich als die J ngste bekam nie ein neues Konfektionskleid oder einen Mantel.
Wir selbst empfanden uns deshalb als genauso arm wie alle anderen auch in der Gegend, und es blieb uns ein R tsel, warum wir in der Schule wegen unserer Aussprache als vornehm geh nselt wurden, als "etwas Besseres". Einmal kam ich auf Nanny zu sprechen, doch der Tumult, den dies ausl ste, lie mich diesen Fehler kein zweites Mal machen. Es kann sehr einsam sein, wenn man in einem irischen Dorf aus einem Gro en Haus kommt.
Als meine Verbannung in das Turmzimmer bevorstand, wurden die Truhen, alten Garderobenst nder und andere Gegenst nde entfernt, und man begann den Raum mit merkw rdiger Sorgfalt einzurichten. Vater lie die Toilette mit einem Waschbecken, einer Toilette mit Sp lkasten und Sp lkette und einer Sitzbadewanne ausstatten.
Unwissentlich nahm ich im Glauben, wir machten es m glicher G ste wegen, an der Renovierung teil. R ckblickend konnte das nur Einbildung gewesen sein; wir Shines hatten n mlich kaum G ste, abgesehen von den wenigen Gesch ftspartnern meines Vaters, die gelegentlich zum Essen eingeladen wurden. Auch wir Kinder wurden nicht dazu ermuntert, unsere Schulkameraden mit nach Hause zu bringen. Als man mich jedoch aufforderte, eine Tapete aus dem Musterbuch auszusuchen, das Vater eines Abends mit nach Hause brachte, war ich gl cklich, mit einbezogen zu werden. Ich war sogar mehr als gl cklich; ich war ganz au er mir, weil dies nur bedeuten konnte, dass man mir vielleicht verziehen hatte.
Der Raum ma sechs mal vier Meter - ich habe ihn wei Gott oft genug abgeschritten, um das ganz genau zu wissen - mit einem Fenster, das ab der halben Wandh he fast bis zur Decke reichte, aber so hoch lag, dass ich mich auf meinen Stuhl stellen musste, um hinausschauen zu k nnen. Von au en war es aus bis heute unerfindlichen Gr nden vergittert: Whitecliff erhebt sich drei Stockwerke ber seinen Kellern, dazu kommt noch das sich ber die ganze Fl che erstreckende Dachgeschoss. Jeder einigerma en intelligente Einbrecher oder Eindringling, der tapfer Vaters Schrotflinte trotzte, h tte den leichten Zugang durch die schlecht schlie ende Vordert r oder die Fenster im Erdgeschoss gew hlt, deren Holzrahmen, schon bevor ich eingesperrt wurde, vom salzigen Regen und Wind so m rb geworden waren, dass schon wenige St e mit einem kr ftigen Schraubenzieher gereicht h tten, um sie auszuhebeln.
Was die R ckseite des Hauses, mein Blickfeld, betraf, hat nie jemand gewagt, unter meinem Fenster entlangzustreifen, weil unser von zwei Seiten mit Stacheldrahtzaun begrenztes Haus direkt am Rand der Klippe stand, die siebzig bis achtzig Fu schroff in die Tiefe hinabfiel. (Ich glaube, heute sind das drei ig bis f nfunddrei ig Meter - es f llt mir schwer, mich an diese Neuerungen zu gew hnen.)
Whitecliff ist lter als zweihundert Jahre, und ich habe ber vielen Theorien gebr tet, weshalb man es f r n tig hielt, ausgerechnet dieses Fenster als einziges im ganzen Haus zu vergittern. Vielleicht hatte der Raum einst den Familienschatz geborgen. Vielleicht bef rchtete man, dass trotz des schwierigen Zugangs von au en Bauernburschen aus dem Dorf es mittels eines Seils aus Laken schafften, durch das ungesch tzte Fenster auf ein Sch ferst ndchen zu den Hausm dchen vorzudringen.
Vielleicht aber hatte man auch eine verr ckte Tante (oder eine verr ckte erste Ehefrau) hier eingeschlossen, um sie vor sich selbst zu sch tzen. Oder den Ruf der Familie, f r den Fall, dass sie sich zu Tode st rzen w rde.
Es mag zwar seltsam, wenn nicht unter den gegebenen Umst nden sogar fragw rdig klingen, aber im Lauf der Zeit kam ich tats chlich so weit, diesen Raum als einen ganz angenehmen Ort zum Leben zu empfinden, und als ich schlie lich beschloss, meine Lage zu akzeptieren, entdeckte ich, dass ich mit einem Herz schlag - ja, so schnell ging das - frei war.
Ich erinnere mich dieses Moments, obgleich ich nicht sagen kann, an welchem Tag oder in welchem Jahr das war.
Lange Zeit, viele Jahre lang, hatte ich getreulich die Uhr aufgezogen, die Onkel Samuel mir zu meinem sechzehnten Geburtstag geschenkt hatte, aber nach und nach d mmerte mir, dass Zeit ihre Bedeutung verliert, wenn man keine Kontrolle mehr ber sein Leben hat. Also legte ich die Uhr beiseite und lebte von da an nach den Zyklen von Licht und Dunkelheit, W rme und K lte, St rmen und Ruhe - und dem prompten Eintreffen meines Essenstabletts.
Whitecliffs G rten lagen vor dem Haus und seitlich davon.
Der schmale Streifen zwischen seiner R ckseite und dem Klippenrand war von Steinen bedeckt und von Flachsgras bewachsen und bot nur wenig Ver nderung in Farbe oder Bewuchs. Deshalb blieb mir nichts anderes brig, als mich von meinem Stuhl aus am Himmel, dem Meer und dem Stand der Sonne zu orientieren, um den Wechsel der Jahreszeiten wahrzunehmen. Die Erfahrung erlaubte es mir mit der Zeit, den Stand der Sonne selbst noch an den tr bsten Tagen zu bestimmen. Durch Beobachtung des Sonnenstandes bei Sonnenaufgang und bei Sonnenuntergang in Relation zu meinem Fenster lernte ich auch, die Neigung der Erdachse zu verfolgen. Die Sonne und das Meer wurden meine Freunde.
Der tats chliche Moment der Befreiung kam unerwartet.
Er fand mitten im Winter statt, um die Mittagszeit an einem Tag, als Seepferde die Wolkenfetzen am Himmel jagten. Ich hatte meine bliche Position auf meinem Stuhl am Fenster eingenommen und versuchte angestrengt, irgendwelche Bewegungen zwischen den Steinen am Rand der Klippen zu entdecken. Ich war mir sicher, etwas gesehen zu haben. Eine Ratte? Eine Feldmaus? Eine Wildkatze oder wom glich ein Kaninchen - wenngleich diese zu dieser Jahreszeit nicht oft zu sehen waren? Ich hielt die Luft an und verharrte reglos.
Aber ja - dort. Ich wurde ganz aufgeregt. Da war es wieder - ein Kaninchen! Eindeutig ein Kaninchen ...
W hrend ich es beobachtete, sa das Gesch pf aufrecht auf seinen Hinterbeinen, die Ohren entspannt zur ckgelegt, aber auf dem R cken zuckend, die kleinen Pfoten dicht an der Brust ... Es blickte auf Whitecliff. Beobachtete unsere grauen W nde.
Ich konzentrierte mich darauf und bem hte mich, individuelle Z ge auszumachen, Augen, das eifrig m mmelnde Maul.
Vielleicht war es auch gar kein Kaninchen. Vielleicht war es ein Hase, ein kleiner - dreh dich um, kleines Ding, damit ich deinen Stummelschwanz, die L nge deiner Beine sehen kann - dreh dich bitte um ...
Aber dann riss die Wolkendecke auf, und ich musste die Augen schlie en. Mein Fenster ging nach Osten, und wenn die Sonne w hrend der kurzen Tage aufging, blendete sie.
Ich wartete, bis das Licht sich hinter die Wolken zur ckgezogen hatte, um die Augen zu ffnen. Aber ganz gleich, wie sehr ich mich auch anstrengte, ich konnte das Kaninchen oder den Hasen nicht mehr entdecken. Es war weg, oder seine Tarnung war perfekt.
Wenn man in einer Situation wie der meinen ist, kann schon der kleinste R ckschlag zur Katastrophe werden. Ich sprang von meinem Stuhl auf mein Bett. Aufgebracht nahm ich meine Wasserkaraffe in die Hand, um sie gegen das Fenster zu werfen, und es war mir dabei v llig gleichg ltig, welchen L rm das machen oder was aus der Fensterscheibe werden w rde, doch dann wurde mir klar, wie absurd es war, derart die Fassung zu verlieren, und dass eine Waffe nur dann von Wert war, wenn derjenige, gegen den die Wut sich richtete, auch k rperlich pr sent war.
Wer konnte hier darauf reagieren? Die Tapete? Die W nde selbst? Das einzig quasi Menschliche in diesem Raum war der f r immer in seinem billigen Rahmen eingeschlossene Lachende Kavalier. Wir tauschten Blicke. Er lachte weiter. Ich lachte auch, und der Wutanfall versickerte wie hei es Wasser durch ein Sieb.
Man hatte mir an diesem Morgen frische W sche gebracht, und als ich auf meinen Kissen lag, wurde ich des Dufts der Lavendelkissen gewahr, die meine Mutter immer in den Schrank h ngte. Beruhigend und angenehm.
Ich sah mein Zimmer mit neuen Augen, entdeckte Putz, der wie Butterflocken von der Decke hing, die verblassten, aber noch immer fr hlichen Vergissmeinnichtstr u chen an der von mir ausgew hlten Tapete, die zarten Farben des orientalischen Seidenteppichs auf dem Fu boden, mein blaues Samtsitzkissen mit den Seidentroddeln, meinen Tisch und den Stuhl, mein Schreib zeug und meinen Stickrahmen mit seiner bunten Garnpalette, den leuchtend roten Schal, den ich als zuk nftiges Weihnachtsgeschenk f r einen bisher noch nicht bekannten Empf nger strickte.
Meine Vogelb cher, Atlanten und W rterb cher warteten aufrecht in meinem B cherregal. Dort hinten befanden sich das h bsche eiserne Fu ende meines Bettgestells und die blauen Delfter Kacheln der Kamineinfassung.
Dort stand auch meine llampe - jene Laterna magica, mit der ich nach Gutd nken durch Drehen und Verbiegen meiner Finger Schattenbilder von K ngurus, Elefanten, H schen und sogar Herren mit hohen H ten an die Wand werfen und stundenlang zu meiner Musik tanzen lassen konnte.
Es war mir sogar m glich, das handwerkliche Geschick anzuerkennen, das in die ordentlich ausgeschnittene Aussparung im soliden Eichenholz meiner T r gelegt worden war, die, von au en verriegelt, als Servierluke diente. Irgendwann ganz am Anfang hatte ich das Verlangen versp rt, sie durch Sch tteln zu l sen und mich hindurchzuwinden. Ich hatte es sogar versucht, aber es machte zu viel L rm, und obwohl ich vom Rest des Hauses so weit entfernt war, wusste ich, dass sie es h ren w rden. Auch schien der Riegel sehr massiv zu sein. Sie hatten an alles gedacht.
An jenem Tag meiner Befreiung betrachtete ich die anderen Bilder, die mir zugebilligt worden waren. ber und hinter mir spielte ein Paar getigerter K tzchen mit vielfarbigen Garnrollen. An der Wand neben der T r sah man einen Herbstwald, und aus seiner Nische neben der Kaminw lbung l chelte der Schutzengel zwischen seinen ausgebreiteten Fl geln wie ein schwachsinniger Onkel hervor. Es war ein Geschenk von Nanny gewesen.
Ich f hlte mich frei, abgehoben schwebte Violet ber Violets irdischem Leib.
Dann h rte ich es. Sie k nnen mir das glauben. So klar wie das beruhigende Pl tschern des Meeres gegen den Kies unter der Klippe h rte ich es fl stern: "Ruh dich jetzt aus, Violet Shine ..."
Aber pl tzlich verdunkelte sich der Himmel drau en, und alles war wieder wie zuvor. Ich lag auf meinem Bett, in meinen Ohren der gegen das Fenstergitter prasselnde Hagelschauer, und die einzigen Bilder im Turm waren die von mir beschriebenen Reproduktionen und Drucke.
Es verunsicherte mich nicht, dass mein Geist mich mit derartigen Tricks t uschte. Ich war daran gew hnt. Manchmal, wenn ich nicht schlafen konnte, h rte ich die Tapete rascheln und Streit mit den Dielenbrettern anfangen, die daraufhin eine Antwort knarzten. Manches Mal redete ich laut mit diesen leblosen Gegenst nden, nur um mir zu beweisen, dass ich noch eine Stimme hatte. (Manchmal h rte ich sogar Antworten. In diesem einundzwanzigsten Jahrhundert w re ich nun neugierig, jemandem zu begegnen, der ebenfalls ber Jahrzehnte als "Einsiedler" gelebt hat. Ich w rde gern die Aufzeichnungen ber solche Irrwege und Einbildungen des Geistes austauschen.)
Aber an dieser letzten Episode gab es etwas zutiefst Sinnvolles. Warum ruhst du dich jetzt nicht aus, Violet Shine?
Warum eigentlich nicht?
Schlie lich war mein Schicksal nicht das schlimmste auf der Welt, oder auch nur in Irland. Ich bekam ausreichend zu essen, hatte es hell und bequem. Keiner unterdr ckte meine Gedanken oder z gelte meine Vorstellung. Man kam meinen W nschen nach, bis auf einen: Ich durfte nicht weggehen.
Es war eine sehr anziehende Vorstellung, Ruhe vor dem st ndigen rger zu haben. Doch das konnte sicherlich nur eins bedeuten: Das Schlimmste war eingetreten. Ich hatte keine Kontrolle ber das vor mir Liegende, und es machte keinen Sinn mehr, wegen der Vergangenheit gram zu sein.
Die Sinne sch rften sich im Zusammenspiel der D fte von Lavendel und Karbolseife, die Mutter auf ihrem Waschbrett zum Einsatz brachte, und mir wurde bewusst, dass etwas bisher Unbeugsames nachgab. Ich war so frei, wie ich sein wollte, und hatten sie auch die Schlacht gewonnen, war ich doch siegreich aus dem Krieg hervorgegangen.
Zerm rbt, aber in Hochstimmung sprang ich aus dem Bett und wieder hinauf auf meinen Stuhl, um durch die Gitterst be und den schr g fallenden Hagel auf die sich herabst rzenden Stummelm wen und die unerschrockenen Tauch- und Schwimmenten zu schauen, die sich zuversichtlich der dunkelgrauen Masse stellten, dem dicht von Robben bev lkerten Meer.
Das Lied des Singschwans
Lernen Sie die Nachbarn von Cruskeen Lawns kennen: Singschw ne, Ringelg nse, scheue F chse und Silberfische" - igitt.
Konzentration, Claudine!
Ist au erdem ein Silberfisch nicht eine Art K fer oder Ohrwurm? Was das Tierleben von Cruskeen Lawns betrifft, nun, daran wird es nicht mangeln. Jedenfalls nicht an Nagetieren. Als ich das letzte Mal dort drau en war, gab es nichts weiter zu sehen als anderthalb Meter tiefen Schlamm und nichts weiter zu h ren als Pumpen, die hektoliterweise schmutzbraunes Wasser von den Fundamenten weg zur Bucht leiteten. Kein Wunder, dass ich mich beim Texten auf V gel und Bienen konzentriere. Ich bem he mich, die Augen der armen Trottel auf den Himmel zu lenken.
Verdammt, das Handy klingelt. "Hallo? Oh, hi Tom, ich arbeite an der Lawns-Brosch re. Was gibt's?"
In den folgenden drei Minuten komme ich berhaupt nicht zu Wort. Mein Chef, Tommy O'Hare, m chte, dass ich mir einen alten Geb udekomplex anschaue, von dem er glaubt, er komme demn chst auf den Markt. "Wenn ich selbst dort hingehe, k nnte dies Mitbewerber auf den Plan rufen, aber dich wird keiner verd chtigen."
Ich sp re, wie Gesicht und Hals hei werden. Danke bestens, Tommy, geht es mir durch den Kopf, besten Dank f r diesen Vertrauensbeweis. Ich arbeite ja schlie lich erst seit gut zehn Jahren in dieser Branche ...
Es stellt sich heraus, dass es sich bei dem Geb ude um Whitecliff handelt, und ich werde hellh rig. "Ich kenne das Anwesen. Aber es ist verfallen. Woher wei t du denn, dass es angeboten wird?""Ich habe meine Quellen.".
... weniger
Autoren-Porträt von Deirdre Purcell
Deirdre Purcell, 1945 in Dublin geboren, wurde vielfach für ihre Arbeit als Autorin und Journalistin ausgezeichnet. In Irland wird Sie in einem Atemzug mit Maeve Binchy genannt und ihre Romane sind ebenso erfolgreich. Deirdre Purcell lebt mit ihrer Familie in Irland.
Bibliographische Angaben
- Autor: Deirdre Purcell
- 2007, 1, 476 Seiten, Maße: 13,7 x 22 cm, Geb. mit Su., Deutsch
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3764502495
- ISBN-13: 9783764502492
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