Eine Frage der Liebe
Jessica führt einen kleinen Antiquitätenladen im Herzen Neuenglands, der ohne ihr Wissen einer internationalen Schmugglerbande als Umschlagplatz für Diamanten dient.
Zu ihrem Schutz reist der New Yorker Cop und Hobbyschriftsteller James Sladerman nach...
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Jessica führt einen kleinen Antiquitätenladen im Herzen Neuenglands, der ohne ihr Wissen einer internationalen Schmugglerbande als Umschlagplatz für Diamanten dient.
Zu ihrem Schutz reist der New Yorker Cop und Hobbyschriftsteller James Sladerman nach Connecticut, muss aber sehr schnell erkennen, dass ihm Jessica nicht nur die Ermittlungen aus der Hand nimmt, sondern auch ganz gehörig die Sinne verwirrt.
Nora Roberts schrieb 1979 ihren ersten Roman. Heute beträgt die Gesamtauflage der Bestseller-Autorin ca. 250 Millionen verkaufte Exemplare.
"Eine äußerst gelungene Mischung aus Spannung und Romantik." -- USA Today
"Hier zeichnet eine Sprachkünstlerin ihre Charaktere mit Begeisterung und Elan." -- Los Angeles Daily News
Eine Frageder Liebe von Nora Roberts
LESEPROBE
Prolog
James Sladerman fixierte mit finsterer Miene seine Schuhspitzen. Dieserfinstere Ausdruck war nicht von seinem Gesicht gewichen, seit er am Morgen aufseinem Schreibtisch im Dezernat die Nachricht vorgefunden hatte, CommissionerDodson in seinem Büro aufsuchen zu sollen. Er stieß eine dicke Rauchwolke ausund drückte anschließend die Zigarette in dem schweren Mosaikaschenbecher zuseiner Linken aus. Inzwischen hatte er sich kaum bewegt. Slade verstand sichaufs Warten.
Erst in der Nacht zuvor hatte er über fünf Stunden in einem dunklen, eiskaltenWagen ausgeharrt, und das in einer Gegend, in der es ratsam war, niemandem denRücken zuzudrehen und auf seine Brieftasche aufzupassen. Es waren öde,fruchtlose fünf Stunden gewesen; die Überwachung hatte rein gar nichtsgebracht. Doch Slade wusste aus seiner langjährigen Erfahrung, dass diePolizeiarbeit überwiegend aus endlosen Fußmärschen, stundenlangem Warten undPapierkram bestand, die nur von gelegentlichen Gewaltakten unterbrochen wurden.Dennoch zog er die fünfstündige Überwachung bei weitem den zwanzig Minuten vor,die er gerade in dem beige gestrichenen und mit Teppichen ausgelegten Vorzimmerdes Commissioners verbracht hatte. Es roch nach Zitronenpolitur und jetzt auchnach seinem Virginiatabak. Die Tasten einer Schreibmaschine klapperten mitmonotoner Effizienz, als die Sekretärin des Commissioners ihre Berichte tippte.
Was, zum Teufel, wollte er von ihm?, fragte sich Slade zum wiederholten Male.Im Laufe seiner Karriere hatte Slade tunlichst jeden Kontakt mit derpolitischen Seite der Polizeiarbeit vermieden, da er mit einer striktenAbneigung gegen jede Art von Bürokratie behaftet war. Bei seinem Aufstieg vomKadetten zum Detective Sergeant hatte es wenig Gelegenheit gegeben, dass seineWege sich mit Dodsons kreuzten.
Beim Begräbnis seines Vaters war es zu einem kurzen, persönlichen Kontakt mitDodson gekommen. Captain Thomas C. Sladerman wurde mit allen Ehren beigesetzt,die ihm nach 28 Jahren im Dienste der Polizei zustanden, zumal er bei derAusübung seiner Pflicht ums Leben gekommen war. Slade erinnerte sich, dass derCommissioner sich sehr mitfühlend gegenüber der Witwe und der jungen Tochterverhalten hatte. Auch gegenüber dem Sohn hatte er die passenden Worte gefunden.Vielleicht war er tatsächlich ein wenig betroffen gewesen. Zu Beginn ihrerKarriere waren Dodson und Sladerman Partner gewesen. Sie waren beide noch junggewesen, als sich ihre Wege trennten - der eine fand eine Nische in der Politikund der Verwaltung, der andere entschied sich für den Kampf auf der Straße.
Danach waren sie sich nur noch ein einziges Mal begegnet. Damals lag Slade imKrankenhaus und erholte sich von einer Schusswunde. Der Besuch des Polizeichefsbei dem einfachen Detective hatte zu Gerüchten und Spekulationen geführt, dieSlade nicht nur in Verlegenheit brachten, sondern auch ziemlich geärgerthatten.
Inzwischen pfiffen es wahrscheinlich schon die Spatzen von sämtlichen Dächern,dass der Alte ihn zu sich beordert hatte. Seine Miene verfinsterte sich zueinem Grollen. Einen Moment überlegte er, ob er sich irgendeiner dienstlichenVerfehlung schuldig gemacht hatte und schalt sich gleich darauf, dass er sich benahmwie ein Schuljunge, der zum Direktor zitiert wurde.
Ach, zum Teufel, fluchte Slade im Stillen und versuchte sich zu entspannen. DerStuhl war weich - zu weich und zu kurz. Um die fehlende Sitzflächeauszugleichen, drückte Slade die Wirbelsäule an die Rundung der Rückenlehne undstreckte die langen Beine von sich. Seine Augen waren halb geschlossen. Nachdiesem Gespräch würde er wieder seinen Beobachtungsposten beziehen. Falls erdie Aktion heute Nacht zu einem erfolgreichen Abschluss brächte, könnte er sichauf ein paar freie Abende an seiner Schreibmaschine freuen. Mit ein bisschenGlück - und einem Monat konzentrierter Arbeit ohne Unterbrechungen - könnte eres schaffen, seinen Roman zu Ende zu bringen. Seine Umgebung ausblendend, ginger im Geiste das Kapitel durch, an dem er gerade arbeitete.
»Sergeant Sladerman?«
Verärgert über die Ablenkung hob Slade den Blick. Langsam klärte sich seinGesichtsausdruck. Es war eine Zeitverschwendung gewesen, den Fußbodenanzustarren, wenn die Sekretärin des Polizeichefs einen so viel ergötzlicherenAnblick bot, stellte er fest und setzte sofort sein scharmantestes Lächeln auf.
»Der Commissioner erwartet Sie jetzt.« Die Sekretärin erwiderte sein Lächelnund wünschte sich insgeheim, er möge sie noch einmal so ansehen wie eben, stattin dumpfem Schweigen vor sich hin zu starren. Er hatte ein Gesicht, auf dasjede Frau mit Interesse reagierte - markant geschnitten, gutes Kinn und dunklenTeint, den er von den italienischen Vorfahren mütterlicherseits geerbt hatte.In Ruhe hatte sein Mund hart gewirkt, aber jetzt, in der Bewegung, zeigte ergewisse Ansätze von Leidenschaftlichkeit. Schwarze Haare und graue Augenempfand sie bei einem Mann schon immer als eine unwiderstehliche Kombination,besonders wenn das Haar wie in diesem Fall dicht und ein bisschen zerzaust unddie Augen rauchgrau und geheimnisvoll waren. Wirklich ein interessanter Typ,entschied sie und beobachtete aus dem Augenwinkel, wie Slade seinen langen,schlaksigen Körper aus dem Besuchersessel hievte.
Als Slade ihr zu der schweren Eichentür folgte, bemerkte er, dass sie keinenEhering trug und überlegte, ob er sie nach dem Gespräch mit Dodson um ihreTelefonnummer bitten sollte. Doch der Gedanke rückte sofort in den Hintergrund,als sie ihn in das Büro des Commissioners geleitet hatte.
An der rechten Wand hing eine Perillo-Lithografie - ein Cowboy auf einem buntbemalten Pony. Die linke Wand war gerahmten Fotografien, Ernennungsurkunden undDiplomen vorbehalten. Wenn Slade die Kombination etwas merkwürdig fand, ließ eres sich jedenfalls nicht anmerken. Der repräsentative Schreibtisch, der vor demFenster stand, war aus dunklem Eichenholz. Darauf lagen ordentlich gestapelteAkten, in der Mitte stand ein vergoldetes Schreibset, auf der linken Seite derobligate, dreiteilige Bilderrahmen. Dahinter saß Dodson, ein dunkelhaariger,gepflegter kleiner Mann, der Slade schon immer mehr an einen Gemeindepfarrerals an den Polizeichef von New York City erinnerte. Seine Augen waren von einemangenehmen hellen Blau, die Wangen von einer frischen, gesunden Röte. SilberneSträhnen durchzogen sein Haar. Alles in allem war Dodson das Paradebeispielonkelhafter Freundlichkeit. Doch die Linien in seinem Gesicht waren nicht durchHumor entstanden.
»Sergeant Sladerman«, sagte Dodson und wies Slade mit einer Handbewegung undeinem Lächeln an, auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch Platz zu nehmen. Ganzder Vater, dachte er flüchtig, als Slade sich hinsetzte. »Habe ich Sie wartenlassen?«
»Ein bisschen.«
Ganz der Vater, dachte Dodson abermals und stellte das Lächeln ab. Abgesehendavon, dass sein wahres Interesse, wie man hörte, mehr dem Schreiben als derPolizeiarbeit galt. Tom hatte dieses Faible nie richtig ernst genommen,erinnerte sich Dodson. Mein Sohn ist ein Cop, genau wie sein alter Herr. Einverdammt guter Cop. Und darauf baute Dodson im Augenblick.
»Wie gehts der Familie?«, erkundigte er sich beiläufig, ohne seine blauenAugen von ihm abzuwenden.
»Gut. Danke der Nachfrage, Sir.«
»Gefällt es Janice auf dem College?« Er bot Slade eine Zigarre an. Als derDetective dankend ablehnte, zündete er sich eine an. Slade wartete mit derAntwort, bis sich die erste beißende Rauchwolke aufgelöst hatte. Woher wussteDodson, wunderte er sich, dass seine Schwester das College besuchte?
»Ja, es gefällt ihr.«
»Und was macht die Schriftstellerei?«
Er musste alle Tricks aktivieren, die er in seiner Ausbildung gelernt hatte, umseine Überraschung zu verbergen. Seine Augen waren so klar und ruhig wie seineStimme, als er erwiderte: »Ein mühsames Geschäft.«
Keine Zeit für Smalltalk, dachte Dodson, während er die Asche seiner Zigarreabklopfte. Der Bursche konnte es kaum erwarten, hier rauszukommen. Aber inseiner Position als Commissioner war er im Vorteil. Er zog noch einmalgenüsslich an seiner Zigarre und beobachtete, wie die Rauchkringel träge an dieDecke schwebten. »Ich habe die Kurzgeschichte von Ihnen im Mirror gelesen«,fuhr Dodson fort. »Nicht schlecht.«
»Vielen Dank.« Was, zum Teufel, wollte er von ihm?, fragte sich Sladeungeduldig.
»Kein Glück mit dem Roman?«
Für den Bruchteil einer Sekunde und kaum wahrnehmbar verengten sich SladesAugen. »Noch nicht.«
Dodson lehnte sich, an seiner Zigarre kauend, zurück und studierte den Mann ihmgegenüber. Er war seinem Vater auch äußerlich sehr ähnlich, sinnierte er.Dasselbe lange, schmale Gesicht, aus dem Intelligenz und Härte sprachen. Erfragte sich nur, ob der Sohn mit dem gleichen entwaffnenden Scharm lächelnkonnte wie sein Vater. Die Augen jedoch hatte er von seiner Mutter - dunkelgrauund nachdenklich, darin geübt, jegliche Gefühle zu verbergen. Dann war da nochseine Beurteilung, überlegte Dodson weiter. Er war vielleicht nicht derbrillante Cop, der sein Vater gewesen war, aber er war gewissenhaft. Und, Gottsei Dank, weniger impulsiv. Nach seinen Jahren bei der Truppe, die drei Letztenim Morddezernat, konnte man ihn zweifellos als Profi bezeichnen. Andererseits,wenn ein verdeckter Ermittler mit zweiunddreißig noch kein Profi war, dann warer ein toter Mann. Slade stand in dem Ruf, abgebrüht zu sein, vielleicht einwenig zu abgebrüht, aber seine Verhaftungen waren sauber. Dodson konnte keinenMann gebrauchen, der Ärger suchte, sondern einen, der genau wusste, was zu tunist, wenn er auf Schwierigkeiten traf.
»Slade « Er erlaubte sich ein kleines Lächeln. »So nennt man Sie doch, oder?«
»Ja, Sir.« Die Vertraulichkeit war ihm unangenehm; das Lächeln machte ihnmisstrauisch.
»Ich bin sicher, Sie haben von Justice Lawrence Winslow gehört.«
Der Name erregte seine Neugier und er ging rasch seine mentale Datenbank durch.»Stand dem New Yorker Berufungsgericht vor, ehe er vor ungefähr fünfzehn Jahrenzum Vorsitzenden Richter des Schwurgerichts von Connecticut gewählt wurde.Starb vor vier oder fünf Jahren an einem Herzinfarkt.«
Nur Fakten und Zahlen, dachte Dodson bei sich. Der Bursche verschwendete keineWorte. »Er war außerdem ein verdammt guter Jurist, ein Richter, der daseigentliche Wesen der Rechtsprechung begriffen hatte. Ein guter Mann. SeineFrau hat vor zwei Jahren wieder geheiratet und lebt jetzt in Südfrankreich.«
Na und?, dachte Slade ungehalten, als Dodson nachdenklich über seine Schulterhinweg ins Leere starrte.
»Seine Tochter, Jessica, ist mein Patenkind.« Na und?, schoss es Slade abermalsdurch den Kopf, als Dodson den Blick wieder auf ihn richtete. »Sie lebt im Hausder Familie in der Nähe von Westpoint. Wunderschönes Anwesen - nur einenSteinwurf vom Strand entfernt. Absolut ruhig und friedlich.« Er trommelte mitden Fingerspitzen auf die Schreibtischkante. »Ich könnte mir vorstellen, dassdas der ideale Platz für einen Schriftsteller wäre.«
Slade beschlich eine unangenehme Vorahnung, die er rasch verdrängte. »Möglich.«Wollte sich der Alte als Kuppler betätigen?, dachte Slade und musste beinahelaut lachen. Nein, das war zu lächerlich.
»In den letzten neun Monaten hat sich in ganz Europa eine Flut von Diebstählenereignet.«
Der abrupte Themenwechsel verblüffte Slade so sehr, dass ihm die Überraschungdeutlich im Gesicht geschrieben stand. Doch er brachte seine Züge sofort wiederunter Kontrolle, hob eine Braue und schwieg.
»Schwere Diebstähle«, fuhr Dodson fort. »Überwiegend aus Museen - Edelsteine,Münzen, Briefmarken. Frankreich, England, Spanien und Italien sind die ammeisten betroffenen Länder. Nachforschungen der verantwortlichen Stellen legendie Vermutung nahe, dass die gestohlenen Gegenstände in die Staatengeschmuggelt worden sind.«
»Schmuggel fällt in das Ressort des FBI«, gab Slade knapp zurück. Und hat,dachte er bei sich, nichts mit einem Detective des Morddezernats zu tun - odermit der verwöhnten Tochter irgendeines Richters. Diesem Gedanken folgtesogleich ein weiterer, sehr unangenehmer, den Slade geflissentlich ignorierte.(...)
© Heyne Verlag
Übersetzung: Christine Roth-Drabusenigg
- Autor: Nora Roberts
- 2005, 283 Seiten, Maße: 12 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Christine Roth
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 3453490355
- ISBN-13: 9783453490352
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