Einmal Tod ist nicht genug
Nachdem sie ihren Vater, den Chef der Jenseits GmbH, gerettet hat, würde Calliope Reaper-Jones am liebsten in ihr gewohntes Leben zurückkehren und ihrer Vorliebe für Designermode und Schuhe frönen. Doch da erfährt sie, dass ihr...
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Produktinformationen zu „Einmal Tod ist nicht genug “
Nachdem sie ihren Vater, den Chef der Jenseits GmbH, gerettet hat, würde Calliope Reaper-Jones am liebsten in ihr gewohntes Leben zurückkehren und ihrer Vorliebe für Designermode und Schuhe frönen. Doch da erfährt sie, dass ihr Seelengefährte Daniel, den sie für tot gehalten hat, möglicherweise noch am Leben ist. Außerdem klopft der Höllenhund Cerberus bei Callie an, dem sie einen Gefallen schuldet. Um ihre Schuld zu begleichen, muss Callie auf eine gefährliche Reise gehen, die sie nach Las Vegas, ins alte Ägypten und schließlich in ein Billigkaufhaus führt, das grauenerregender ist als jedes übernatürliche Geschöpf, dem sie je begegnet ist.
Klappentext zu „Einmal Tod ist nicht genug “
Nachdem sie ihren Vater, den Chef der Jenseits GmbH, gerettet hat, würde Calliope Reaper-Jones am liebsten in ihr gewohntes Leben zurückkehren und ihrer Vorliebe für Designermode und Schuhe frönen. Doch da erfährt sie, dass ihr Seelengefährte Daniel, den sie für tot gehalten hat, möglicherweise noch am Leben ist. Außerdem klopft der Höllenhund Cerberus bei Callie an, dem sie einen Gefallen schuldet. Um ihre Schuld zu begleichen, muss Callie auf eine gefährliche Reise gehen, die sie nach Las Vegas, ins alte Ägypten und schließlich in ein Billigkaufhaus führt, das grauenerregender ist als jedes übernatürliche Geschöpf, dem sie je begegnet ist.
Lese-Probe zu „Einmal Tod ist nicht genug “
Jenseits GmbH - Einmal Tod ist nicht genug von Amber BensonHallo, ich heiße Calliope Reaper-Jones ... und mein Vater ist der Sensenmann. So, ich hab's gesagt - und obwohl ich mir dabei wirklich vorkomme, als wäre ich bei irgendeiner abstrusen übernatürlichen Variante der Anonymen Alkoholiker, fühle ich mich jetzt, da es raus ist, echt wohler damit, ein halb menschlicher, halb übernatürlicher Freak zu sein, der ... ach wisst ihr was, vergesst es! Wem zum Teufel will ich das bitte erzählen?
Ganz egal, wie oft ich es ausspreche, ich werde immer anders sein, ich werde immer Selbsthass für den nicht menschlichen Teil von mir empfinden, weil er einfach nicht richtig in die menschliche Gesellschaft passt, selbst wenn ich mich noch so sehr verbiege. Ich mag Homo-sapiens-DNS in meinen Genen haben, aber dieses kleine bisschen Menschlichkeit reicht nicht mal ansatzweise, um mich zu einer normalen Menschenfrau zu machen. Egal, wie sehr ich es mir wünsche. Na schön, ich weiß, dass ich wie eine Heulsuse klinge, doch ich wollte eigentlich immer nur in einer normalen Welt leben. Wo liegt das Problem dabei, sich normale Eltern zu wünschen, normale Geschwister und ein oder zwei normale Haustiere? Ist denn dieser ganze ziemlich standardmäßige Menschenfamilienkram wirklich zu viel verlangt?
Offenbar schon ... »Normal sein« ist nämlich nicht gestattet, wenn man ein Abkömmling der Crème de la Crème des übernatürlichen Adels ist. Ich möchte einfach hier und jetzt offiziell klarstellen, dass es total scheiße ist, die Tochter des Todes zu sein - und damit meine ich so richtig fett scheiße. Aber natürlich fällt es mir schwer, wütend auf meinen Vater zu sein, obwohl ich ihm eigentlich die Schuld an allem geben will. Vielleicht bin ich zu nachsichtig, doch immerhin war er bereits das, was er war, als meine Mutter ihn
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kennengelernt hat - und es war von Anfang an klar, dass sich das niemals ändern lassen würde. Meine Mutter hingegen wusste genau, worauf sie sich einließ, als sie sich in den Sensenmann verliebte. Sie hat den Heiratsantrag meines Vaters willentlich angenommen, hat willentlich den Unsterblichkeitseid geleistet und meine Schwestern und mich damit zu einer Ewigkeit übernatürlicher Abnormität verdammt! Aber das soll ihr mal einer zu erklären versuchen. Dann fängt sie nämlich bloß an zu heulen und macht mir ein schlechtes Gewissen, weil ich es gewagt habe anzudeuten, dass sie vielleicht ein Stück weit für meine Zwangslage verantwortlich ist. Gegen meine Mutter kann man einfach nicht gewinnen. Wenn man ihrer Version Glauben schenkt, dann hat der Umstand, dass es mir so elend geht, genau genommen nicht das Geringste mit ihr oder meinem Vater oder der unheiligen Vereinigung der beiden zu tun. So wie sie das sieht, könnte ich die Schuld an all dem der Wohltätigkeitsgesellschaft von Atlanta geben. Diese Vorstellung ist genau besehen nicht so bizarr, wie es klingt.
Lasst mich erklären:
Man sagt, damals, als meine Mutter noch ein Mensch und die Einkaufsleiterin für alle Neiman-Marcus Geschäfte im Südosten war, habe sie sich von einer Freundin dazu breitschlagen lassen, bei der jährlichen Modenschau der Wohltätigkeitsgesellschaft von Atlanta zu sprechen - ohne zu wissen, dass diese gemeinnützige Veranstaltung ihr Leben verändern und wenn schon nicht besser, dann doch zumindest interessanter gestalten sollte. Sie brachte alle möglichen Ausreden vor, um sich aus der Sache rauszuwinden: kranke Verwandte, die sie besuchen musste, Halsschmerzen ... aber ihre Freundin blieb unbeirrbar, egal, wie sehr meine Mutter sie zu beschwatzen versuchte, wie sehr sie heulte und zeterte.
Warum der Präsident und Vorsitzende der Jenseits GmbH sich bei einer Wohltätigkeitsmodenschau in Atlanta, Georgia aufhielt, ist eine andere Geschichte, doch dort war er Gott sei Dank nun mal. Andernfalls hätte er wahrscheinlich irgendeine dämliche Göttin geheiratet oder eine andere magische Schnitte aus dem Kanon des Übernatürlichen, und dann wäre ich so sehr mit magischen Fähigkeiten vollgestopft, dass ich unmöglich einen »normalen « Job ausüben könnte. Ganz zu schweigen davon, in einer Firma wie Haus & Hof nicht den Verstand zu verlieren. Dort arbeite ich nämlich als Chefassistentin der stellvertretenden Verkaufsleiterin und sorge dafür, dass alles wie geschmiert läuft - in ebender Firma, die all diese »supertollen« Haus- und Gartengeräte vertreibt, mit denen die Dauerwerbesender zugewuchert sind. Wie dem auch sei und egal, aus welchen Gründen mein Vater anwesend war, jedenfalls saß er mit seinem Assistenten Jarvis in der ersten Reihe, genau vor dem Rednerpult. Sofort richtete sich die Aufmerksamkeit meines Vaters auf die wunderschöne junge Frau, die voller Unbehagen über ihm auf dem Podium stand und die Vorzüge eines Paars leuchtend pinkfarbener Palazzo-Pants anpries, in denen gerade irgendein Model über den Laufsteg stolzierte. Entzückend (so hat er es ausgedrückt, nicht ich), dachte mein Dad bei sich, während er beobachtete, wie die wunderschöne junge Frau beim Sprechen die Karteikarten in ihren Händen durchblätterte. Absolut bezaubernd. In diesem Moment wusste er tief in seinem Herzen, dass er endlich - nach jahrelanger Suche - mit der Liebe seines Lebens Bekanntschaft gemacht hatte. Vor ihm, hoch oben auf dem Podium, stand die zukünftige Frau Tod. Sechs Monate später machte sich das glückliche Paar klammheimlich davon.
All das soeben Geschilderte verrät, dass meine Eltern sich wie verrückt lieben, und solange sie ihr gemeinsames Leben weiter genießen - und solange mein Dad weiterhin Generaldirektor und Vorsitzender der Jenseits GmbH ist -, bleiben ich und meine gesamte Familie unsterblich. Wahrscheinlich gibt es Leute, die diese ganze Unsterblichkeitssache für das größte Geschenk halten, das Eltern ihren Kindern machen können, aber lasst mich euch sagen, dass es absolut und unglaublich ... nervt. Ich meine, stellt euch mal vor, all eure Lieben an Alter und Gebrechen zu verlieren, während ihr selbst auf ewig jung und schön bleibt - oder zumindest so lange, bis man einen Weg findet, der Unsterblichkeit zu entsagen, ohne seinen Vater zu verärgern. Ich sag's einfach mal so: Die Unsterblichkeit bringt einen kopfmäßig ziemlich durcheinander ... das weiß ich aus Erfahrung. Als ich ein Teenager war, hatte ich zusammen mit zwei meiner besten Freundinnen einen Autounfall, und obwohl ich kaum einen Kratzer abbekam, machte ich die aufregende Erfahrung, meine beiden Freundinnen einen schrecklichen, qualvollen Tod sterben zu sehen. Das war vielleicht toll! Wohl eher nicht. Also glaubt mir. Ich weiß, wovon ich rede, wenn ich sage, dass die Unsterblichkeit die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllt - obwohl es durchaus ein paar Idioten da draußen gibt, die immer noch glauben, unsterblich zu sein wäre eine Riesensause. Diesen Leuten kann ich fünfzehn einfache Worte mit auf den Weg geben: Steckt mal einen Tag lang in meinen Schuhen, und dann reden wir noch mal drüber. Wie wär's also, wenn ihr meine sexy kleinen Zebrafellimitat-Manolo-Blahnik-Pumps in Größe achtunddreißig anzieht, die ich bei Barney's im Sonderangebot gekauft habe, und einfach mal schaut, ob euch dieser spezielle Tag passt. Es hat alles an einem Donnerstagnachmittag angefangen, der mir eigentlich halbwegs normal vorkam. Ich hatte gerade meinen Computer runtergefahren, meine niedliche Louis-Vuitton- Nachahmung von einer Brieftasche gepackt - mir war nicht mal klar gewesen, dass es eine Brieftasche von Louis Vuitton gab, bevor ich dieses süße kleine Stück am Times Square gesehen hatte - und wollte mich nun auf den Weg zum Fahrstuhl machen und den Abwärtsknopf drücken, als mein Handy klingelte. Zumindest dachte ich, dass es sich um mein Handy handelte. Ich wühlte auf der Suche nach meinem blöden BlackBerry- Verschnitt in meiner Tasche herum und betete dabei, dass es gerade laut genug weiterklingeln würde, um das Geräusch bis in die tieferen Regionen meiner Handtasche verfolgen zu können, in die das Mistding sich mal wieder verkrochen hatte. Offenbar hatte mein Mobiltelefon etwas mit meinem Scheckbuch am Laufen, ich fand es nämlich in einer seltsam sexuellen Position eingeklemmt zwischen dem Scheckregister und dieser komischen Plastiktrennklammer, die offenbar bei keinem Scheckbuchhalter fehlen darf. natürlich schloss sich meine Hand genau in dem Moment um das Mistding, als es zu klingeln aufhörte. In der Hoffnung, dass ich den Anrufer doch noch erwischen würde, nahm ich sofort ab. Nichts tat sich. Ich hielt mir das Telefon ans Ohr und hoffte auf schweres Atmen und/oder irgendwelche anderen Geräusche, aber es war absolut nichts zu hören. »Verdammt«, brummte ich halblaut und verärgert - und ich rechnete definitiv nicht damit, dass irgendjemand etwas erwidern würde. »Hallo ...?«, kam eine Stimme durch den Hörer. Ich ließ fast das Telefon fallen. »Halloooo ...?«, erwiderte ich, wobei mein Tonfall verriet, wie zutiefst verwirrt ich war. Nur Sekunden zuvor hatte ich eindeutig nichts gehört, wer zum Teufel betätigte sich also in meinem Handy als Poltergeist?
»Hallo ...?«, sagte die Stimme am anderen Ende der Leitung nun etwas schriller. Na schön, das wird langsam etwas albern, dachte ich, während ich das Telefon betrachtete und feststellte, dass das Mistding nicht mal eingeschaltet war.
»Na schön, aufgepasst. Hier spricht Calliope Reaper-Jones. Ich weiß nicht, wer du bist oder warum du mein Mobiltelefon verhext hast, aber das ist kein bisschen lustig!« Ohne auch nur Luft zu holen, fing eine tiefe Frauenstimme an zu reden, als hätte ich überhaupt nichts gesagt.
»Wir beginnen heute Abend mit der ersten Sitzung«, intonierte die Stimme. »Bei meinem Eintreffen müssen unbedingt eine Kanne Süßholztee und zwei kleine Topfkuchen - beide Karotte - von der Bäckerei Magnolie bereitstehen ...« »Wovon redest du ...«, setzte ich an, doch die Stimme am anderen Ende der Leitung walzte einfach über meine Worte hinweg. »Vielen Dank und einen angenehmen Tag noch.« »Leg bloß nicht auf, oder ich ... ich ...«, stammelte ich, aber es war zu spät. Die Stimme war nicht mehr zu hören.
»Mist«, sagte ich halblaut, nahm das Handy vom Ohr und starrte auf das ausgeschaltete Display. Ich hatte überhaupt keine Ahnung, was zum Teufel gerade passiert war, doch es klang ganz so, als würde ich heute Abend Besuch kriegen ... ob ich nun wollte oder nicht.
Etwas verstimmt darüber, mir für eine völlig Fremde solche Mühe machen zu müssen, eilte ich in die Bleecker Street und dankte dabei dem Herrn, dass die Bäckerei Magnolie zu dieser späten Stunde noch geöffnet hatte. Wenn ich wirklich schlau gewesen wäre, hätte ich natürlich daran gedacht, dass sie auch einen Lieferservice hatte! Nachdem ich eine ganze Weile hinter zwei gepiercten Goths gewartet hatte - das weibliche Exemplar trug ein ledernes Hundehalsband, das mit einer Leine am Nasenring des männlichen befestigt war -, gelang es mir, zwei Karottenküchlein zu erstehen (und einen Teufelskuchen für mich). Ich lief ein paar Häuserblocks weit zu Fuß und beschloss dann, dekadent zu sein und ein Taxi zu nehmen. Während der ganzen Fahrt nach Battery Park City räkelte ich mich gemütlich auf dem Rücksitz. Ich versuche eigentlich wirklich so viel wie möglich zu Fuß zu gehen, weil ich in der großartigsten Stadt der Welt lebe: in New York City. Ich weiß, dass ich irgendwann aufhören sollte, mich wie eine Touristin aufzuführen, aber jedes Mal, wenn ich vor die Tür gehe, kann ich einfach nicht anders, als insgeheim hin und weg davon zu sein, wie schön es um mich herum ist. Seit ich ein kleines Kind war, wollte ich in der Stadt wohnen, die niemals schläft. Ich habe meine Kindheit damit verbracht, mich zwischen Haus Meeresklippe (das riesige Anwesen meiner Eltern an der Meerenge von Rhode Island) in Newport und einem kleinen Internat an der Ostküste namens New Newbridge Academy hin- und herkutschieren zu lassen, doch schon damals gehörte mein Herz New York.
Ich weiß nicht, was mich an dieser Stadt so verzaubert, aber ganz ehrlich, in Lower Manhattan zu wohnen, ist für mich wie ein Dauertrip auf Katzenminze - nicht, dass ich eine Katze wäre ... oder dass ich heimlich an irgendeiner komischen Katzenminzensucht leiden würde.
Die eine Sache bei mir, die vielleicht an Suchtverhalten grenzt, ist meine unersättliche Besessenheit vom Kauf neuer Kleider, Sonnenbrillen und Schuhe ... je modischer, desto besser. Zu dumm, dass ich mir derzeit nur die niedliche kleine Al-Gore- Tragetasche leisten konnte, die ich am Vortag für fünf Kröten im Marc-Jacobs-Laden gekauft hatte. Was ich mir wirklich, wirklich, wirklich gewünscht hatte, war das atemberaubende blaue Puppenkleidchen aus dem Schaufenster gewesen, mit der hübschen kleinen Reihe winziger Perlmuttknöpfchen vorne dran, aber als meine Kreditkarte an der Kasse einfach nicht anerkannt wurde, musste ich mich mit der Tragetasche zufriedengeben. Es ist eben mein typisches Pech, dass New York zwar einige der besten Shoppingmeilen der Welt aufzuweisen hat, doch dafür auch einige der teuersten Mieten der Welt, weshalb drei Viertel von meinem Gehalt bei Haus & Hof für meine Wohnung draufgehen.
Ächz.
Wie dem auch sei: Als das Taxi vor meinem Mietshaus zum Stehen kam, zog ich ein Bündel Dollarscheine aus meiner Hosentasche und hielt sie dem Fahrer hin. Er war offenbar fest entschlossen, meine durchgeschwitzten Scheine zu zählen, doch als er feststellte, dass ich ihm drei Dollar Trinkgeld gegeben hatte, schaute er in den Rückspiegel, schenkte mir ein breites Lächeln und tippte sich an die Baseballkappe. Ich hielt mit einem Fuß auf dem Bürgersteig und dem anderen noch im Auto inne und starrte ihn an. Mein Herz war wie festgenagelt vom Blick der beiden eisblauen Augen, die ich im Rückspiegel sah.
Ich kannte diese Augen!
Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, das die Realität wieder ins Lot bringen würde, aber bevor ich einen Ton herausbekam, wandte der Fahrer den Kopf und bedachte mich mit einem neugierigen Blick. Sein dunkles Gesicht war aknevernarbt und glänzte. Die beiden haselnussbraunen Augen, die aus ihren Höhlen spähten, ähnelten nicht mal ansatzweise denen, die ich eben gesehen hatte.
© 2011 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH.
ISBN: 978-3-8025-8167-0
Lasst mich erklären:
Man sagt, damals, als meine Mutter noch ein Mensch und die Einkaufsleiterin für alle Neiman-Marcus Geschäfte im Südosten war, habe sie sich von einer Freundin dazu breitschlagen lassen, bei der jährlichen Modenschau der Wohltätigkeitsgesellschaft von Atlanta zu sprechen - ohne zu wissen, dass diese gemeinnützige Veranstaltung ihr Leben verändern und wenn schon nicht besser, dann doch zumindest interessanter gestalten sollte. Sie brachte alle möglichen Ausreden vor, um sich aus der Sache rauszuwinden: kranke Verwandte, die sie besuchen musste, Halsschmerzen ... aber ihre Freundin blieb unbeirrbar, egal, wie sehr meine Mutter sie zu beschwatzen versuchte, wie sehr sie heulte und zeterte.
Warum der Präsident und Vorsitzende der Jenseits GmbH sich bei einer Wohltätigkeitsmodenschau in Atlanta, Georgia aufhielt, ist eine andere Geschichte, doch dort war er Gott sei Dank nun mal. Andernfalls hätte er wahrscheinlich irgendeine dämliche Göttin geheiratet oder eine andere magische Schnitte aus dem Kanon des Übernatürlichen, und dann wäre ich so sehr mit magischen Fähigkeiten vollgestopft, dass ich unmöglich einen »normalen « Job ausüben könnte. Ganz zu schweigen davon, in einer Firma wie Haus & Hof nicht den Verstand zu verlieren. Dort arbeite ich nämlich als Chefassistentin der stellvertretenden Verkaufsleiterin und sorge dafür, dass alles wie geschmiert läuft - in ebender Firma, die all diese »supertollen« Haus- und Gartengeräte vertreibt, mit denen die Dauerwerbesender zugewuchert sind. Wie dem auch sei und egal, aus welchen Gründen mein Vater anwesend war, jedenfalls saß er mit seinem Assistenten Jarvis in der ersten Reihe, genau vor dem Rednerpult. Sofort richtete sich die Aufmerksamkeit meines Vaters auf die wunderschöne junge Frau, die voller Unbehagen über ihm auf dem Podium stand und die Vorzüge eines Paars leuchtend pinkfarbener Palazzo-Pants anpries, in denen gerade irgendein Model über den Laufsteg stolzierte. Entzückend (so hat er es ausgedrückt, nicht ich), dachte mein Dad bei sich, während er beobachtete, wie die wunderschöne junge Frau beim Sprechen die Karteikarten in ihren Händen durchblätterte. Absolut bezaubernd. In diesem Moment wusste er tief in seinem Herzen, dass er endlich - nach jahrelanger Suche - mit der Liebe seines Lebens Bekanntschaft gemacht hatte. Vor ihm, hoch oben auf dem Podium, stand die zukünftige Frau Tod. Sechs Monate später machte sich das glückliche Paar klammheimlich davon.
All das soeben Geschilderte verrät, dass meine Eltern sich wie verrückt lieben, und solange sie ihr gemeinsames Leben weiter genießen - und solange mein Dad weiterhin Generaldirektor und Vorsitzender der Jenseits GmbH ist -, bleiben ich und meine gesamte Familie unsterblich. Wahrscheinlich gibt es Leute, die diese ganze Unsterblichkeitssache für das größte Geschenk halten, das Eltern ihren Kindern machen können, aber lasst mich euch sagen, dass es absolut und unglaublich ... nervt. Ich meine, stellt euch mal vor, all eure Lieben an Alter und Gebrechen zu verlieren, während ihr selbst auf ewig jung und schön bleibt - oder zumindest so lange, bis man einen Weg findet, der Unsterblichkeit zu entsagen, ohne seinen Vater zu verärgern. Ich sag's einfach mal so: Die Unsterblichkeit bringt einen kopfmäßig ziemlich durcheinander ... das weiß ich aus Erfahrung. Als ich ein Teenager war, hatte ich zusammen mit zwei meiner besten Freundinnen einen Autounfall, und obwohl ich kaum einen Kratzer abbekam, machte ich die aufregende Erfahrung, meine beiden Freundinnen einen schrecklichen, qualvollen Tod sterben zu sehen. Das war vielleicht toll! Wohl eher nicht. Also glaubt mir. Ich weiß, wovon ich rede, wenn ich sage, dass die Unsterblichkeit die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllt - obwohl es durchaus ein paar Idioten da draußen gibt, die immer noch glauben, unsterblich zu sein wäre eine Riesensause. Diesen Leuten kann ich fünfzehn einfache Worte mit auf den Weg geben: Steckt mal einen Tag lang in meinen Schuhen, und dann reden wir noch mal drüber. Wie wär's also, wenn ihr meine sexy kleinen Zebrafellimitat-Manolo-Blahnik-Pumps in Größe achtunddreißig anzieht, die ich bei Barney's im Sonderangebot gekauft habe, und einfach mal schaut, ob euch dieser spezielle Tag passt. Es hat alles an einem Donnerstagnachmittag angefangen, der mir eigentlich halbwegs normal vorkam. Ich hatte gerade meinen Computer runtergefahren, meine niedliche Louis-Vuitton- Nachahmung von einer Brieftasche gepackt - mir war nicht mal klar gewesen, dass es eine Brieftasche von Louis Vuitton gab, bevor ich dieses süße kleine Stück am Times Square gesehen hatte - und wollte mich nun auf den Weg zum Fahrstuhl machen und den Abwärtsknopf drücken, als mein Handy klingelte. Zumindest dachte ich, dass es sich um mein Handy handelte. Ich wühlte auf der Suche nach meinem blöden BlackBerry- Verschnitt in meiner Tasche herum und betete dabei, dass es gerade laut genug weiterklingeln würde, um das Geräusch bis in die tieferen Regionen meiner Handtasche verfolgen zu können, in die das Mistding sich mal wieder verkrochen hatte. Offenbar hatte mein Mobiltelefon etwas mit meinem Scheckbuch am Laufen, ich fand es nämlich in einer seltsam sexuellen Position eingeklemmt zwischen dem Scheckregister und dieser komischen Plastiktrennklammer, die offenbar bei keinem Scheckbuchhalter fehlen darf. natürlich schloss sich meine Hand genau in dem Moment um das Mistding, als es zu klingeln aufhörte. In der Hoffnung, dass ich den Anrufer doch noch erwischen würde, nahm ich sofort ab. Nichts tat sich. Ich hielt mir das Telefon ans Ohr und hoffte auf schweres Atmen und/oder irgendwelche anderen Geräusche, aber es war absolut nichts zu hören. »Verdammt«, brummte ich halblaut und verärgert - und ich rechnete definitiv nicht damit, dass irgendjemand etwas erwidern würde. »Hallo ...?«, kam eine Stimme durch den Hörer. Ich ließ fast das Telefon fallen. »Halloooo ...?«, erwiderte ich, wobei mein Tonfall verriet, wie zutiefst verwirrt ich war. Nur Sekunden zuvor hatte ich eindeutig nichts gehört, wer zum Teufel betätigte sich also in meinem Handy als Poltergeist?
»Hallo ...?«, sagte die Stimme am anderen Ende der Leitung nun etwas schriller. Na schön, das wird langsam etwas albern, dachte ich, während ich das Telefon betrachtete und feststellte, dass das Mistding nicht mal eingeschaltet war.
»Na schön, aufgepasst. Hier spricht Calliope Reaper-Jones. Ich weiß nicht, wer du bist oder warum du mein Mobiltelefon verhext hast, aber das ist kein bisschen lustig!« Ohne auch nur Luft zu holen, fing eine tiefe Frauenstimme an zu reden, als hätte ich überhaupt nichts gesagt.
»Wir beginnen heute Abend mit der ersten Sitzung«, intonierte die Stimme. »Bei meinem Eintreffen müssen unbedingt eine Kanne Süßholztee und zwei kleine Topfkuchen - beide Karotte - von der Bäckerei Magnolie bereitstehen ...« »Wovon redest du ...«, setzte ich an, doch die Stimme am anderen Ende der Leitung walzte einfach über meine Worte hinweg. »Vielen Dank und einen angenehmen Tag noch.« »Leg bloß nicht auf, oder ich ... ich ...«, stammelte ich, aber es war zu spät. Die Stimme war nicht mehr zu hören.
»Mist«, sagte ich halblaut, nahm das Handy vom Ohr und starrte auf das ausgeschaltete Display. Ich hatte überhaupt keine Ahnung, was zum Teufel gerade passiert war, doch es klang ganz so, als würde ich heute Abend Besuch kriegen ... ob ich nun wollte oder nicht.
Etwas verstimmt darüber, mir für eine völlig Fremde solche Mühe machen zu müssen, eilte ich in die Bleecker Street und dankte dabei dem Herrn, dass die Bäckerei Magnolie zu dieser späten Stunde noch geöffnet hatte. Wenn ich wirklich schlau gewesen wäre, hätte ich natürlich daran gedacht, dass sie auch einen Lieferservice hatte! Nachdem ich eine ganze Weile hinter zwei gepiercten Goths gewartet hatte - das weibliche Exemplar trug ein ledernes Hundehalsband, das mit einer Leine am Nasenring des männlichen befestigt war -, gelang es mir, zwei Karottenküchlein zu erstehen (und einen Teufelskuchen für mich). Ich lief ein paar Häuserblocks weit zu Fuß und beschloss dann, dekadent zu sein und ein Taxi zu nehmen. Während der ganzen Fahrt nach Battery Park City räkelte ich mich gemütlich auf dem Rücksitz. Ich versuche eigentlich wirklich so viel wie möglich zu Fuß zu gehen, weil ich in der großartigsten Stadt der Welt lebe: in New York City. Ich weiß, dass ich irgendwann aufhören sollte, mich wie eine Touristin aufzuführen, aber jedes Mal, wenn ich vor die Tür gehe, kann ich einfach nicht anders, als insgeheim hin und weg davon zu sein, wie schön es um mich herum ist. Seit ich ein kleines Kind war, wollte ich in der Stadt wohnen, die niemals schläft. Ich habe meine Kindheit damit verbracht, mich zwischen Haus Meeresklippe (das riesige Anwesen meiner Eltern an der Meerenge von Rhode Island) in Newport und einem kleinen Internat an der Ostküste namens New Newbridge Academy hin- und herkutschieren zu lassen, doch schon damals gehörte mein Herz New York.
Ich weiß nicht, was mich an dieser Stadt so verzaubert, aber ganz ehrlich, in Lower Manhattan zu wohnen, ist für mich wie ein Dauertrip auf Katzenminze - nicht, dass ich eine Katze wäre ... oder dass ich heimlich an irgendeiner komischen Katzenminzensucht leiden würde.
Die eine Sache bei mir, die vielleicht an Suchtverhalten grenzt, ist meine unersättliche Besessenheit vom Kauf neuer Kleider, Sonnenbrillen und Schuhe ... je modischer, desto besser. Zu dumm, dass ich mir derzeit nur die niedliche kleine Al-Gore- Tragetasche leisten konnte, die ich am Vortag für fünf Kröten im Marc-Jacobs-Laden gekauft hatte. Was ich mir wirklich, wirklich, wirklich gewünscht hatte, war das atemberaubende blaue Puppenkleidchen aus dem Schaufenster gewesen, mit der hübschen kleinen Reihe winziger Perlmuttknöpfchen vorne dran, aber als meine Kreditkarte an der Kasse einfach nicht anerkannt wurde, musste ich mich mit der Tragetasche zufriedengeben. Es ist eben mein typisches Pech, dass New York zwar einige der besten Shoppingmeilen der Welt aufzuweisen hat, doch dafür auch einige der teuersten Mieten der Welt, weshalb drei Viertel von meinem Gehalt bei Haus & Hof für meine Wohnung draufgehen.
Ächz.
Wie dem auch sei: Als das Taxi vor meinem Mietshaus zum Stehen kam, zog ich ein Bündel Dollarscheine aus meiner Hosentasche und hielt sie dem Fahrer hin. Er war offenbar fest entschlossen, meine durchgeschwitzten Scheine zu zählen, doch als er feststellte, dass ich ihm drei Dollar Trinkgeld gegeben hatte, schaute er in den Rückspiegel, schenkte mir ein breites Lächeln und tippte sich an die Baseballkappe. Ich hielt mit einem Fuß auf dem Bürgersteig und dem anderen noch im Auto inne und starrte ihn an. Mein Herz war wie festgenagelt vom Blick der beiden eisblauen Augen, die ich im Rückspiegel sah.
Ich kannte diese Augen!
Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, das die Realität wieder ins Lot bringen würde, aber bevor ich einen Ton herausbekam, wandte der Fahrer den Kopf und bedachte mich mit einem neugierigen Blick. Sein dunkles Gesicht war aknevernarbt und glänzte. Die beiden haselnussbraunen Augen, die aus ihren Höhlen spähten, ähnelten nicht mal ansatzweise denen, die ich eben gesehen hatte.
© 2011 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH.
ISBN: 978-3-8025-8167-0
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Autoren-Porträt von Amber Benson
Amber Benson, 1977 in Alabama geboren, nahm bereits als Kind Gesangs- und Schauspielunterricht. Bekannt wurde die vielseitige Künstlerin vor allem durch ihre Rolle als Tara Maclay in der Fernsehserie 'Buffy - Im Bann der Dämonen'. Neben ihrer Tätigkeit als Regisseurin und Drehbuchautorin hat sich Amber Benson auch als Co-Autorin der 'Albion'-Serie einen Namen gemacht.
Bibliographische Angaben
- Autor: Amber Benson
- 2011, 383 Seiten, Maße: 12,6 x 17,9 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Ins Dtsch. übertr. v. Jakob Schmidt
- Übersetzer: Jakob Schmidt
- Verlag: LYX
- ISBN-10: 3802581679
- ISBN-13: 9783802581670
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