Emilys Entdeckung
Emilys Leben auf der verborgenen kleinen Insel ist einfach perfekt: Sie lebt mit ihrer Menschenmutter und ihrem Meermenschenvater zusammen in einem Schiff, geht zur Meermenschenschule und erkundet mit ihrer besten Freundin Shona die Unterwasserwelt. Aber...
Als Mängelexemplar
Emilys Leben auf der verborgenen kleinen Insel ist einfach perfekt: Sie lebt mit ihrer Menschenmutter und ihrem Meermenschenvater zusammen in einem Schiff, geht zur Meermenschenschule und erkundet mit ihrer besten Freundin Shona die Unterwasserwelt. Aber alles ändert sich, als Emily einen Ring findet - und Neptun so wütend wird wie nie.
Einen wunderschönen Ring mit einem funkelnden Brillanten!
Natürlich habe ich ihn gleich anprobiert - er passte ganz prima -,
aber dann konnte ich ihn nicht mehr abstreifen! Ist er etwa verzaubert?"
Emilys Leben auf der verborgenen kleinen Insel ist einfach perfekt: Sie lebt mit ihrer Menschenmutter und ihrem Meermenschenvater zusammen in einem Schiff, geht zur Meermenschenschule und erkundet mit ihrer besten Freundin Shona die Unterwasserwelt. Aber alles ändert sich, als Emily einen Ring findet - und Neptun so wütend wird wie nie ...
Emilys Entdeckung von Liz Kessler
LESEPROBE
Shona undich beschlossen, zu zweit loszuziehen. Wir wählten die Nordbucht. Das ist dieGegend, wo ich mit meinen Eltern auf der Fortuna wohnte. Unsere Buchthatte etwas an sich, das sie irgendwie mehr als andere Orte funkeln ließ. Ichwar ziemlich sicher, dass mit der Zeit alles, was glitzerte, auf ihrem Grundangespült wurde. Dort gab es auch mehr Schiffe als in anderen Buchten. Shona war der Ansicht, dass es ein guter Ort war, um Dingezu finden, weil die Unterseiten der Schiffe so viele Ritzen und Spalten hatten,in denen sich verloren gegangene Schmuckstücke leicht verfangen konnten undstecken- blieben. Einige der ältesten Schiffe waren bewohnt; die meisten warenjedoch verlassen und standen leer.
Milliewohnte ebenfalls in der Nordbucht, auf unserem alten Boot, der King. Millie ist Mums beste Freundin.Sie ist mit uns auf die Rundum-Insel gekommen. InBrightport hatte sie früher eine Bude am Pier, wo sie als Wahrsagerin tätigwar. Vor Kurzem hatte sie damit begonnen, für einige der Meerfamilien Tarotkarten zu legen und Hypnose auszuprobieren, weil dieInselbewohner so beeindruckt waren, wie Millie dabeigeholfen hatte, den Kraken zu beruhigen, indem sie ihn hypnotisiert hatte. Sieist ziemlich wunderlich, unsere Millie. In den meistenFällen ist alles, was sie veranstaltet, nur Schwindel, aber ganz gelegentlich trifftsie den Nagel auf den Kopf, und man muss zurücknehmen, was man über siebehauptet hat.
Ich fand esratsam, in ihrer Nähe zu suchen, weil sie ständig mit Kristallkugeln undModeschmuck hantierte. Vielleicht hatte sie ja mal was über Bord fallen lassen,was wir brauchen konnten.
Shonaschwamm voraus. Sie war entschlossen, den goldenen Seestern für das amhübschesten geschmückte Meermädchen zu erringen. Ich folgte ihr, noch zudurcheinander, um mich richtig zu konzentrieren. Neptun. In unserem Schulraum.Heute noch!
»Man stellesich nur vor, dass Neptun heute zu uns in die Schule kommt!«,sagte Shona, die mal wieder, wie so oft, meineGedanken erraten konnte.
»Ja, ganzunglaublich«, sagte ich, wenn auch ganz ohne ihre Begeisterung. Wieder dachteich an die Gelegenheiten zurück, bei denen ich ihm bisher begegnet war und wieich mich beide Male bei ihm unbeliebt gemacht hatte. Er war allerdings auchnicht gerade bekannt dafür, dass man es ihm recht machen konnte.
Wir hatteneine Stunde Zeit, ehe wir mit unseren Entdeckungen zur Schule zurückkehrensollten. Kaum waren wir lautlos in die Bucht geglitten, suchte ich den Meeresbodennach allem ab, was als Schmuck für Meermädchen benutzt werden könnte. So etwasbedeutete mir normalerweise eigentlich nichts, aber ich wollte mir wenigstensden Anschein geben, für Mrs Wirbelschwanz und fürNeptun. Und Shona war von der ganzen Sache so begeistert,dass ich ihren Enthusiasmus nicht dämpfen wollte.
DerMeeresboden bestand hier fast ganz aus weißem, weichem, pudrigemSand. Ab und zu schwammen wir über eine Felsformation. Dann tauchten wir hinabund scharrten darum herum und fanden Rauten von goldenem Seetang, den wir unsum den Fischschwanz wickeln konnten, oder Muscheln, die mittendrin ein Lochhatten. Sehr schön als Anhänger für Halsbänder, falls wir eine passende Kettedazu finden würden.
»Komm, wirversuchen es mal dort.« Shonaschwamm weiter und auf ein altes Fischerboot zu, das versunken auf dem Grundlag. Der Bug war in einen großen Korallenfelsen gekracht und völligzerschmettert. Moos und Wasserpflanzen hatten es mit den Jahren überwuchert. Fischschwärmeglitten zwischen den Wrackteilen hin und her, die Teil ihres Lebensraumsgeworden waren. Zwei schwarz-weiße Harlekinfische nagten an dem morschen Holz,das bestimmt inzwischen von kleinsten Meereslebewesen bedeckt war und dem Paarvielleicht als Frühstück diente. Ein einsamer Papageienfisch schwamm in denRumpf des Bootes. Wir folgten ihm.
»Nicht vielzu sehen«, sagte ich, während wir uns unter den zersplitterten Bänken und anden Schiffswänden umsahen.
»He, siehdir das mal an.« Shonaschwamm in die Steuerkabine. Schwammkorallen hatten sich irgendwie hier ins Inneregefressen und füllten den Raum, sodass er wie ein kleines Gewächshaus aussah.Sie zerrte an zarten violetten Hornkorallen. »Die könnte ich im Haar tragen«,sagte sie und hielt einen Zweig an ihren Kopf. Es sah wie eine gefiederte Haubeaus.
»Nett«,meinte ich und zupfte an einem rosa-blauen Trichterschwamm. »Hey, das könnenwir vielleicht im Klassenraum brauchen. MrsWirbelschwanz könnte Blumen hineinstellen.«
»Zischige Idee!« Shona grinste.
Der Bodendes Kahns war mit rosafarbenen Quallen bedeckt. »Schade, dass sie giftig sind«,meinte Shona, und wir schwammen mit unseren Fundenwieder hinaus in die Bucht. »Man könnte sie sonst als hübsche Kissen nehmen.«
Ich lachte.»Wohin jetzt?«
»Wie wär s miteurem Schiff?«
»Die Fortuna?«
Shonanickte vergnügt. »Es ist doch schon uralt, ich wette, dass sich im Lauf derJahre alle möglichen Sachen in den Ritzen angesammelt haben.«
»Okay. Unddie King besuchen wir auch«, verlangte ich. »Ich will nachsehen, ob ichnicht ein paar von Millies verstreuten Glückssteinenfinden kann!«
»Dannnichts wie los«, sagte Shona.
Wirschwammen ganz um die Fortuna herum. Am Schiffsbauch entlang befandensich Reihen von Bullaugen. Die meisten waren verglast. Das größte vorne am Bug,das Dad und ich als Ein- und Ausgang benutzten, standoffen. Der ganze Schiffsbauch war halb mit Wasser gefüllt. Auf diese Weisekonnten Mum und Dad dortzusammen leben.
GrüneSeefarne wucherten um den gesamten Bug herum und bildeten eine ArtUnterwassergarten, nur dass wir nie gießen mussten!
»Lass unsdavon ein paar Zweige mitnehmen«, sagte Shona undriss an den Farnen. Sie hielt sich die Wedel an den Fischschwanz. »Wir könnensie als Röckchen tragen.« Unter den Farnen entdeckteich feine, zarte Silberalgen. Damit konnten wir aus den Muscheln Halskettenmachen. Vorsichtig zog ich ein paar Stränge heraus.
Wirschwammen um das Schiff herum und suchten unter den Felsen, tasteten dieSchiffswand mit den Fingern ab, schlugen dicke rote Fische aus dem Weg undwirbelten beim Graben nach möglichen Schätzen ordentlich Sand auf. Alles, wasbunt war und was wir tragen konnten, nahmen wir mit.
»Komm«,sagte Shona. »Wir haben genug für S & H. Jetzt würdeich gern noch ein paar Juwelen finden. Stell dir vor, wie Neptun sich freuenwürde!«
»Hm«,machte ich nur. Es war schwierig, sich vorzustellen, dass Neptun sich über irgendwasfreuen könnte, vor allem über etwas, was von mir kam.
»Versuchenwir s bei der King«, sagte Shona. Dannstreckte sie ihren langen Fischschwanz aus und schwamm davon. Ich wollte ihrfolgen - aber etwas hielt mich zurück. Es war, als wäre ich angebunden undwürde von einem Sog in eine andere Richtung gezogen. Was war das nur?
»Shona, lass es uns dort drüben versuchen«, sagte ich, ohnees selbst zu begreifen. Ich deutete auf eine Gruppe von Felsen, die sich in einkleines Gestrüpp von Algenbüschen und Schilf schmiegte. Stachelige schwarze Seeanemonenwuchsen an den Rändern der Felsen und hüteten sie wie Wächter. Die Sträucherwaren grau und langweilig.
»Da istbestimmt nichts.«
»Bitte«,sagte ich, so schmerzlich war das Verlangen, dort bei den Felsen zu suchen.»Lass es uns versuchen.«
Shonaseufzte. »Na gut.«
Siestöberte unter dem Felsen mit mir herum und stocherte im Sand, wobei sie denAnemonen auswich. Sie hatte keine Ahnung, warum wir hier suchten, genauso wenigwie ich selbst. Wir wirbelten einen kleinen Sandsturm auf, wie wir da so imMeeresboden wühlten und scharrten und zerbrochene Muscheln und Kieselausgruben. Ansonsten fanden wir aber auch nichts.
»Was istdamit?« Shona hielt einegefurchte Scheidenmuschel hoch. »Die könnte vielleicht als Zierkamm dienen, wennwir ein paar von den Kanten abfeilen.« Sie drehte dieMuschel in den Händen und hielt sie an ihr Haar.
Ich nickte.»Ja«, sagte ich geistesabwesend. Aber ich wusste, dass hier noch etwas anderessein musste. Ich spürte, wie es in mich hineinleuchtete, fast nach mir rief. Eserinnerte mich an ein Spiel daheim. Jemand versteckte einen bestimmtenGegenstand, und die anderen mussten danach suchen. Näher ran, es wird wärmer.Geh weiter, es wird wieder kälter. Wärmer, wärmer. Ich konnte ihn spüren,ganz in der Nähe. Was war es nur?
»Komm, wirsuchen noch bei einem Boot«, sagte Shona. »Wir müssenschon bald in die Schule zurück.« Sie wollte davonschwimmen.
»Warte«,rief ich.
Shonawandte sich um. »Was ist?«
Konnte ichüberhaupt wirklich sagen, was ich spürte? Dass ich so ein Brennen in der Brusthatte, das mir sagte, ich solle hier bleiben, dass ich nach dem suchen müsse, washier unten lag, was auch immer es sein mochte? Ich musste nur daran denken, wasdas letzte Mal passiert war, als ich Shona überredethatte, meiner Eingebung zu folgen. Wir hatten den Kraken aufgeweckt und dieSicherheit der ganzen Insel aufs Spiel gesetzt. Nein, das konnte ich nichtmachen.
Aber ichkonnte es auch nicht auf sich beruhen lassen. »Schwimm du schon voraus«, sagteich. »Ich seh mich noch ein bisschen um hier.«
»Aber dagibt es ja nichts. Das ist doch nur ein oller Felsen, Em.«
»Ich weiß.Ich möchte ich möchte mich nur noch einmal umsehen.«
Shonawarf das Haar zurück. »Okay, wenn du meinst. Wir sehen uns bei der King. Bleib nicht so lang.«
»Prima. Bisdann«, sagte ich und versuchte, ihr Lächeln zu erwidern. Kaum hatte sie sichabgewandt, kehrte ich eilig zu meiner Aufgabe zurück. Was gab es hier unten? Warumzog es mich so an? So oder so, ich wollte es unbedingt herausfinden.
Ich wühltemich wie ein Hund, der einem Kaninchen auf der Spur ist, in den Sand. Dabeischürfte ich mir den Fischschwanz an den Korallen auf, mein Haar klebte wirr undzerzaust um meinen Kopf, meine Nägel waren voller Sand, und ich brach sie miran dem Felsgestein ab. Aber ich konnte nicht aufhören. Ich musste es finden.Was auch da unten liegen mochte, ich musste es einfach hervorholen. Ich konntees geradezu nach mir rufen hören, als wollte es, dass ich es finde.
»Was machstdu da eigentlich?«
Ich rissden Kopf hoch. Shona!
»Ich -«
»Ich warteseit einer Ewigkeit. Ich dachte, du wolltest mich bei der King treffen?«
»Ich hab «, stammelte ich, »ich hab nur wollte nur «
»DeineFingernägel!«, kreischte Shona.Schnell ballte ich die Finger zu Fäusten, aber es war zu spät. Shona kam auf mich zugeschwommenund bog meine Finger auf. »Mrs Wirbelschwanz lässtdie Wellen tanzen!«
»Ja, ichweiß«, murmelte ich. Ich wollte jetzt aber nicht von meinen Nägeln reden! Ichwollte weitersuchen.
»Kommendlich«, sagte Shona. »Sonst kommen wir zu spät.« Sie hatte sich ein feines Gespinst aus rosafarbenem Seetangum den Hals drapiert. Das hatte sie wohl bei der Kinggefunden.
»Also gut.«Aber ich machte keine Anstalten, mich zu bewegen.
Shonaspitzte die Lippen und strich sich das Haar zur Seite. »Emily, was ist dennlos? Du benimmst dich so seltsam.«
»Nein,alles in Ordnung«, sagte ich mit schwachem Lächeln. »Echt, tut mir leid, komm,wir schwimmen los.«
Ich rissmich von dem Sandloch los und gab vor, mit Shona zurSchule zurückzuschwimmen. Aber es kam gar nicht inFrage, dass ich aufgab.
»Warte maleben«, sagte ich, als wir an der Fortuna vorbeikamen.
»Ich sausenur kurz rein und mach mir die Nägel sauber.«
»Was?« Shona zuckte unwillig mit der Schwanzflosse.
»Wegen Mrs Wirbelschwanz«, sagte ich zögernd. »Dauert nicht lang.Ich flitze nur schnell rein und komm gleich nach.«
»Ichwarte«, sagte Shona. »Nein. Schwimm schon voraus. Ichhol dich ein. Ich will nicht, dass du zu spät kommst.«
Sie zucktedie Schultern. »Na gut«, sagte sie und schwamm davon.
Kaum warsie außer Sicht, eilte ich zu den Felsen zurück. Was auch immer dort unten seinmochte, ich wurde da- von angezogen wie ein Fisch, der an einem Köder hängt. Währendich tiefer grub und herumtastete, hatte ich fast das Bedürfnis, mir die Handaufs Herz zu pressen, damit es nicht wehtat.
Und dannsah ich es.
Ich hattegerade einen letzten Stein aus dem Weg gewälzt, und da lag es, glitzerte mirentgegen. Ein regenbogenfarbener Strahl, der in alle Richtungen funkelte. Ichhielt die Luft an.
Ein Ring. Einbreiter Goldreif mit dem dicksten, strahlendsten Brillanten,den ich je im Leben gesehen hatte.
Er sah auswie durch die Mangel gedreht, denn der Reif hatte Scharten und war nicht mehrganz rund. Ich schob ihn auf den Mittelfinger und betrachtete ihn. Ich konnte sehen,dass er für einen viel größeren Finger bestimmt war, aber da er so verbogenwar, passte er mir gut. Während ich ihn anstarrte, wurde ich von denseltsamsten Empfindungen erfasst. Als ob ich einen dicken Kloß im Hals hätteund am liebsten schreien oder weinen oder lachen wollte - ich wusste nicht,was. Alles gleichzeitig. Ich hätte ihn den ganzen Tag anstarren können. Aberich musste zurück. Ich warf noch einen letzten Blick darauf, um sicher zu sein,dass ich ihn mir nicht eingebildet hatte, dann lächelte ich vor mich hin undschwamm zur Schule zurück. ( )
© FischerSchatzinsel Verlag
Übersetzung:Eva Riekert
- Autor: Liz Kessler
- Altersempfehlung: 10 - 12 Jahre
- 2008, 4. Aufl., 224 Seiten, Maße: 14,5 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Riekert, Eva
- Übersetzer: Eva C. Riekert
- Verlag: FISCHER Taschenbuch
- ISBN-10: 3596852463
- ISBN-13: 9783596852468
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