Fantastische Weihnachten
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Wolfgang Hohlbein präsentiert diese opulente Weihnachtsanthologie mit bislang unveröffentlichten Geschichten von
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Fantastische Weihnachten “
Wolfgang Hohlbein präsentiert diese opulente Weihnachtsanthologie mit bislang unveröffentlichten Geschichten von
- Christopher Marzi
- Brigitte Melzer
- Monika Felten
- Wolfgang Hohlbein
- u.v.a.
Lese-Probe zu „Fantastische Weihnachten “
Fantastische Weihnachten von Wolfgang Hohlbein Keine Stunde, nachdem der alte Scrooge ihn vor die Tür gesetzt hatte, entdeckte der Junge, dass die meisten Menschen, denen er in der Stadt an diesem Nachmittag begegnete, keine Augen mehr hatten. Kurz darauf lernte er das Mädchen und die Zirkusleute kennen.
Nach der unheimlichen Begegnung in der Straßenhahn war er in stiller Verzweiflung durch die schneeverwehten Gassen, in denen sich schmale Schatten herumdrückten, und eisüberzogenen Straßen, in denen weihnachtliches Gedränge herrschte, geirrt. Schließlich war er vor dem riesigen Weihnachtsbaum in der Mitte der Stadt gestrandet, der mit seinen Lichterketten und dem silbrig und rot glänzenden Lametta bis hinauf in den Himmel zu reichen schien. Der Junge mochte die gigantische Tanne, die wohl schon vor Jahren an eben dieser Stelle gepflanzt worden war und die während der Festzeit in feierlichem Glanz erstrahlte. Oft hatte er während seiner Botengänge für den alten Scrooge eine kurze Pause auf der Bank am Fuße des Baumes eingelegt, uni die Flugkünstler zu sehen. Denn wenn die Lichter eingeschaltet wurden, dann erklang aus dem dunklen Inneren ein keifendes Gekreisch und Hunderte von Fledermäusen verließen das dichte grüne Geäst, um in die angebrochene Nacht zu flattern.
»Du siehst sie also auch.«
Der Junge erschrak.
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Das Mädchen, das neben ihm stand, war in einen alten, mit bunten Flicken. übersäten Militärmantel gehüllt, der ihr bis zu den Knien reichte, und trug Stiefel, die ihr zwei Nummern zu groß waren. Das struppige Haar stand ihr wie zu hohes Gras vom Kopf ah und schien zu leuchten wie reines Licht. Ganz blass war ihre Haut und ganz hell ihre Augen.
»Was meinst du?«
»Die toten Augen.«
Der Junge schluckte, schaute sich um.
Die Menschen mit den steinschwarzen Augen waren überall. Auch hier, am Brunnen.
»Du kannst sie also auch sehen?« Fast wünschte er sich, dass es eine Einbildung sei.
»Lange schon«, antwortete das Mädchen.
»Warum bemerkt sie sonst niemand?«
»Die Menschen schauen sich normalerweise nicht. in die Augen. Es fällt einfach niemandem auf.« Sie setzte sich neben ihn auf die Bank.
»Wer bist du?«, fragte der Junge zögerlich.
»Das Mädchen. So nennen mich die anderen. Meistens. Einfach nur das Mädchen.«
»Das ist kein richtiger Name.«
Sie schien ihm die Bemerkung nicht übel zu nehmen. »Welchen Namen würdest du mir denn geben?«
Es überraschte den Jungen, wie schnell ihm der Name über die Lippen kam. »Stella.«
Sie lachte ein helles, wunderbares Lachen. »Gefällt mir.« Sie reichte ihm die Hand, die ganz kalt. war. »Hallo, ich bin Stella.« Dann musterte sie den Jungen neugierig. »Deinen Namen kenne ich«, flüsterte sie und ihre Worte schwebten mit den Schneeflocken durch die Luft. »Juli, ja, das ist dein Name.«
Der Junge wirkte verwirrt.
»Wieso Juli ?«
»Das ist. der Monat, in dem du geboren wurdest.«
»Ich bin ein Waisenkind. Ich habe keine Ahnung, wann ich geboren wurde.« »Du bist ein Krebs. Das ist ein Sternzeichen, weißt du?! Und Krebse sind im Juli geboren. Na ja, auf jeden Fall bist du im Juli geboren. Du könntest natürlich auch ein Löwe sein, aber sind wir doch ehrlich, das passt nicht zu dir. Deswegen: Juli. Ich spüre so was, das kannst du mir glauben. Ja, Juli, das bist du.« »Findest du?«
»Ja, das passt.«
»Besser als Michka?«
»Viel besser.«
Und wieder lächelte sie, und fast war dem Jungen Juli, als würden die Lichterketten an der großen Tanne heller scheinen.
»Also?« Sie sah ihn fragend an und streckte ihm erwartungsvoll die Hand entgegen.
Der Junge ergriff die Hand erneut. »Hallo, ich bin Juli«, stellte sich der Junge, der von nun an Juli war, vor.
Stella wirkte mit einem Mal besorgt. »Du bist dünn«, stellte sie fest.
»Ich habe seit Tagen nichts Richtiges gegessen.« Juli wusste, dass er in seiner lumpigen Jacke aussah, als habe ihn jemand mit einem spitzen Bleistift schwarzweiß auf graues Papier gekritzelt. »Nur Kohlsuppe, sonst gab's nichts bei Scrooge.«»Scrooge? Wie in der Geschichte?«
»Wir nannten ihn so. Er hat uns Arbeiten aufgetragen. Wir durften im Treppenhaus schlafen und bekamen einmal am Tag eine warme Mahlzeit.« »Kohlsuppe.« Sie verzog das Gesicht.
»Wenn wir Glück hatten.«
»Du solltest mit mir kommen«, schlug sie vor. »Drüben im Park hat sich der Zirkus niedergelassen. Dort lebe ich. Seit einigen Wochen schon.« Sie stupste ihn sanft an. »Jedenfalls gibt es da keine Kohlsuppe.« Und ohne eine Antwort abzuwarten, nahm sie ihn bei der Hand und zog ihn mit sich in die Winternacht hinaus.
ie gingen durch die verschneite Winterstadt, die eine wirklich große Stadt war, düster und wild und voll verschlungener Pfade, mit Häusern voller Balkone und hoher Fenster und einst schmucken Wänden, an denen sich gefrorener Efeu festgekrallt hatte. Man munkelte, dass es nur wenige Menschen gab, die jemals die Stadt verlassen hatten. Von einem Horizont zum anderen reichten die Dächer und Firste, die sich manchmal sogar zu berühren schienen, hoch oben über den Straßen. Es gab einen großen Park und ein Schloss und einen Fluss, der sich mitten durch die Stadt schlängelte. Schwarzer Rauch stieg aus den Schornsteinen auf und wurde von den Wolken verschluckt, die seit. Wochen schon fette Schneeflocken über der Stadt ausschüttelten. Eis versteckte sich unter der Schneedecke, die alle Wege zugedeckt hatte und die knirschte, wenn man darauf lief.
Dies war Julis Welt, schon immer gewesen.
»Ich bin im Waisenhaus am Stadtrand aufgewachsen, und als ich zehn war, da haben sie mich in die Obhut von Scrooge gegeben.« Er nannte dem Mädchen dessen richtigen Namen und sie verzog das Gesicht.
Sechs Jahre war es nun her, als er zum ersten Mal dem alten Mann begegnet war. Es war nicht ungewöhnlich, dass reiche Geschäftsleute dem Waisenhaus Kinder abnahmen, damit sie für sie die niederen Arbeiten erledigten. Sogar in Schornsteine hatte Juli schon kriechen müssen, denn Scrooge hatte es sich zu einem lukrativen Geschäft gemacht, die Jungen weiterzuvermitteln. So kam es, dass einige von ihnen auch zum Betteln in die (.Oberstadt geschickt oder gar unter der Hand an Diebesbanden vermietet wurden, um diesen bei ihren krummen Geschäften zu assistieren. Dies alles taten die Jungen für den dürftigen Lohn einer mit. Stroh gefüllten Kiste im Treppenhaus des knarrenden Hauses, in dem sich Scrooges Geschäft befand, und einer warmen Mahlzeit am Tag, wobei diese selten aus mehr als den Resten der Vortage bestand.
Es war kein angenehmes Leben gewesen, aber immerhin eines, das besser war als jedes andere Leben auf der Straße.
Doch waren im Laufe der Jahre viele der Jungen kränklich geworden. Immer öfter hatte Juli wach und zusammengerollt wie eine Katze in seiner Kiste gelegen und dem rasselnden Husten seiner Mitbewohner gelauscht. Und nun hatte sich Scrooge mit jüngeren Gehilfen und Handlangern eingedeckt und alle anderen vor die Tür gesetzt. Jetzt, wo die Stadt zu einer klirrenden Winterwelt geworden war und nicht. einmal die Gaslaternen es schafften, ein angenehmes Licht zu zaubern.
»Das ist eine traurige Geschichte«, stellte Stella fest. Doch dann strahlte sie wieder. »Aber jetzt hast du ja mich gefunden.«
Juli ging neben ihr her und spürte dort, wo sich langsam die Sohle von dem Schuhwerk löste, die Kälte an seinen Zehen nagen. Stella schwieg einige Straßen und Gassen lang und Juli beobachtete die Wölkchen, die ihr Atem in die Luft zauberte.
»Wann sind dir die Menschen mit den toten Augen zum ersten Mal aufgefallen?«, wollte Stella schließlich wissen.
»Vor etwa einer Stunde.«
»Willst du davon erzählen?« © Ueberreuter Verlag
»Was meinst du?«
»Die toten Augen.«
Der Junge schluckte, schaute sich um.
Die Menschen mit den steinschwarzen Augen waren überall. Auch hier, am Brunnen.
»Du kannst sie also auch sehen?« Fast wünschte er sich, dass es eine Einbildung sei.
»Lange schon«, antwortete das Mädchen.
»Warum bemerkt sie sonst niemand?«
»Die Menschen schauen sich normalerweise nicht. in die Augen. Es fällt einfach niemandem auf.« Sie setzte sich neben ihn auf die Bank.
»Wer bist du?«, fragte der Junge zögerlich.
»Das Mädchen. So nennen mich die anderen. Meistens. Einfach nur das Mädchen.«
»Das ist kein richtiger Name.«
Sie schien ihm die Bemerkung nicht übel zu nehmen. »Welchen Namen würdest du mir denn geben?«
Es überraschte den Jungen, wie schnell ihm der Name über die Lippen kam. »Stella.«
Sie lachte ein helles, wunderbares Lachen. »Gefällt mir.« Sie reichte ihm die Hand, die ganz kalt. war. »Hallo, ich bin Stella.« Dann musterte sie den Jungen neugierig. »Deinen Namen kenne ich«, flüsterte sie und ihre Worte schwebten mit den Schneeflocken durch die Luft. »Juli, ja, das ist dein Name.«
Der Junge wirkte verwirrt.
»Wieso Juli ?«
»Das ist. der Monat, in dem du geboren wurdest.«
»Ich bin ein Waisenkind. Ich habe keine Ahnung, wann ich geboren wurde.« »Du bist ein Krebs. Das ist ein Sternzeichen, weißt du?! Und Krebse sind im Juli geboren. Na ja, auf jeden Fall bist du im Juli geboren. Du könntest natürlich auch ein Löwe sein, aber sind wir doch ehrlich, das passt nicht zu dir. Deswegen: Juli. Ich spüre so was, das kannst du mir glauben. Ja, Juli, das bist du.« »Findest du?«
»Ja, das passt.«
»Besser als Michka?«
»Viel besser.«
Und wieder lächelte sie, und fast war dem Jungen Juli, als würden die Lichterketten an der großen Tanne heller scheinen.
»Also?« Sie sah ihn fragend an und streckte ihm erwartungsvoll die Hand entgegen.
Der Junge ergriff die Hand erneut. »Hallo, ich bin Juli«, stellte sich der Junge, der von nun an Juli war, vor.
Stella wirkte mit einem Mal besorgt. »Du bist dünn«, stellte sie fest.
»Ich habe seit Tagen nichts Richtiges gegessen.« Juli wusste, dass er in seiner lumpigen Jacke aussah, als habe ihn jemand mit einem spitzen Bleistift schwarzweiß auf graues Papier gekritzelt. »Nur Kohlsuppe, sonst gab's nichts bei Scrooge.«»Scrooge? Wie in der Geschichte?«
»Wir nannten ihn so. Er hat uns Arbeiten aufgetragen. Wir durften im Treppenhaus schlafen und bekamen einmal am Tag eine warme Mahlzeit.« »Kohlsuppe.« Sie verzog das Gesicht.
»Wenn wir Glück hatten.«
»Du solltest mit mir kommen«, schlug sie vor. »Drüben im Park hat sich der Zirkus niedergelassen. Dort lebe ich. Seit einigen Wochen schon.« Sie stupste ihn sanft an. »Jedenfalls gibt es da keine Kohlsuppe.« Und ohne eine Antwort abzuwarten, nahm sie ihn bei der Hand und zog ihn mit sich in die Winternacht hinaus.
ie gingen durch die verschneite Winterstadt, die eine wirklich große Stadt war, düster und wild und voll verschlungener Pfade, mit Häusern voller Balkone und hoher Fenster und einst schmucken Wänden, an denen sich gefrorener Efeu festgekrallt hatte. Man munkelte, dass es nur wenige Menschen gab, die jemals die Stadt verlassen hatten. Von einem Horizont zum anderen reichten die Dächer und Firste, die sich manchmal sogar zu berühren schienen, hoch oben über den Straßen. Es gab einen großen Park und ein Schloss und einen Fluss, der sich mitten durch die Stadt schlängelte. Schwarzer Rauch stieg aus den Schornsteinen auf und wurde von den Wolken verschluckt, die seit. Wochen schon fette Schneeflocken über der Stadt ausschüttelten. Eis versteckte sich unter der Schneedecke, die alle Wege zugedeckt hatte und die knirschte, wenn man darauf lief.
Dies war Julis Welt, schon immer gewesen.
»Ich bin im Waisenhaus am Stadtrand aufgewachsen, und als ich zehn war, da haben sie mich in die Obhut von Scrooge gegeben.« Er nannte dem Mädchen dessen richtigen Namen und sie verzog das Gesicht.
Sechs Jahre war es nun her, als er zum ersten Mal dem alten Mann begegnet war. Es war nicht ungewöhnlich, dass reiche Geschäftsleute dem Waisenhaus Kinder abnahmen, damit sie für sie die niederen Arbeiten erledigten. Sogar in Schornsteine hatte Juli schon kriechen müssen, denn Scrooge hatte es sich zu einem lukrativen Geschäft gemacht, die Jungen weiterzuvermitteln. So kam es, dass einige von ihnen auch zum Betteln in die (.Oberstadt geschickt oder gar unter der Hand an Diebesbanden vermietet wurden, um diesen bei ihren krummen Geschäften zu assistieren. Dies alles taten die Jungen für den dürftigen Lohn einer mit. Stroh gefüllten Kiste im Treppenhaus des knarrenden Hauses, in dem sich Scrooges Geschäft befand, und einer warmen Mahlzeit am Tag, wobei diese selten aus mehr als den Resten der Vortage bestand.
Es war kein angenehmes Leben gewesen, aber immerhin eines, das besser war als jedes andere Leben auf der Straße.
Doch waren im Laufe der Jahre viele der Jungen kränklich geworden. Immer öfter hatte Juli wach und zusammengerollt wie eine Katze in seiner Kiste gelegen und dem rasselnden Husten seiner Mitbewohner gelauscht. Und nun hatte sich Scrooge mit jüngeren Gehilfen und Handlangern eingedeckt und alle anderen vor die Tür gesetzt. Jetzt, wo die Stadt zu einer klirrenden Winterwelt geworden war und nicht. einmal die Gaslaternen es schafften, ein angenehmes Licht zu zaubern.
»Das ist eine traurige Geschichte«, stellte Stella fest. Doch dann strahlte sie wieder. »Aber jetzt hast du ja mich gefunden.«
Juli ging neben ihr her und spürte dort, wo sich langsam die Sohle von dem Schuhwerk löste, die Kälte an seinen Zehen nagen. Stella schwieg einige Straßen und Gassen lang und Juli beobachtete die Wölkchen, die ihr Atem in die Luft zauberte.
»Wann sind dir die Menschen mit den toten Augen zum ersten Mal aufgefallen?«, wollte Stella schließlich wissen.
»Vor etwa einer Stunde.«
»Willst du davon erzählen?« © Ueberreuter Verlag
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Autoren-Porträt von Wolfgang Hohlbein
Wolfgang Hohlbein, geb. 1953 in Weimar geboren, ist der meistgelesene und erfolgreichste deutschsprachige Fantasy-Autor. Seine Bücher decken die ganze Palette der Unterhaltungsliteratur ab von Kinder- und Jugendbüchern über Romane und Drehbücher zu Filmen, von Fantasy über Sciencefiction bis hin zum Horror. Der Durchbruch gelang ihm 1982 mit dem Jugendbuch 'Märchenmond', für das er mit dem Fantastik-Preis der Stadt Wetzlar ausgezeichnet wurde. 1993 schaffte er mit seinem phantastischen Thriller 'Das Druidentor' im Hardcover für Erwachsene den Sprung auf die Spiegel-Bestsellerliste. Die Auflagen seiner Bücher gehen in die Millionen und immer noch wird seine Fangemeinde Tag für Tag größer. Der passionierte Motorradfahrer und Zinnfigurensammler lebt zusammen mit seiner Frau und Co-Autorin Heike, seinen Kindern und zahlreichen Hunden und Katzen am Niederrhein.
Bibliographische Angaben
- Autor: Wolfgang Hohlbein
- Altersempfehlung: 10 - 12 Jahre
- 2006, 296 Seiten, Maße: 22 x 27,4 cm, Deutsch
- Präsentiert v. Wolfgang Hohlbein
- Verlag: Ueberreuter
- ISBN-10: 380005227X
- ISBN-13: 9783800052271
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