Feuer der Vergeltung
der Luft. Lord Thomas Cromwell will siegen. Dabei soll England
das unlöschbare griechische Feuer helfen. Doch...
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der Luft. Lord Thomas Cromwell will siegen. Dabei soll England
das unlöschbare griechische Feuer helfen. Doch seit Jahrhunderten ist die byzantinische Rezeptur für das Feuer verschollen. Nur ein geheimnisvoller Alchemist behauptet, dass er die wahre Zusammensetzung kennt. In Cromwells Auftrag macht sich Matthew Shardlake auf die Suche nach diesem Mann. Aber schon die erste Spur führt ihn zu einem Mord...
Feuer derVergeltung vonChristopher J. Sansom
LESEPROBE
Ich hatte schon früh mein Haus in derChancery Lane verlassen, um mich in dieGuildhall zu begeben, da ich die Interessen der Stadtväter in einer unleidigen Sache vertrat. Obschon die weitausernstere Angelegenheit, die bei meiner Rückkehr auf mich wartete, mir schwer aufs Gemüt drückte, so fand ich doch, als ich durch diestille Fleet Street ritt, ein wenig Freude an derlauen Luft des frühen Morgens. Die Hitzewar groß für Ende Mai, die Sonne schon ein feuriger Ball amklaren blauen Himmel, und ich trug nur ein leichtes Hemd unter der schwarzen Anwaltsrobe. Während mein altes RossChancery so dahintrottete, befielmich beim Anblick der üppig belaubten Bäume wieder der Wunsch, mich aus dem Amt zurückzuziehen, Londons lärmendenMenschenmassen zu entfliehen. In zwei Jahren wäre ich vierzig und ein alter Mann; liefen bis dahin die Geschäfte gut, so könnte ich es wagen. Ich ritt über die FleetBridge, vorbei an den Standbildern der alten Könige Gog und Magog. Vor mirragte die Stadtmauer auf, und ichwappnete mich innerlich gegen Londons Lärmund Gestank.
In der Guildhall traf ich mich mitBürgermeister Hollyes und dem Stadtsyndikus.Der Magistrat hatte eine Belästigungsklage erhoben gegen einen der raubgierigenLandspekulanten, die die leeren Klöster ansich rafften, deren Letztes in diesem Frühling des Jahres 15 40 zerschlagen worden war. BesagterSpekulant war zu meiner Beschämung einAmtsbruder meiner Gilde, Lincoln's Inn, ein hinterlistiger, habgieriger Schurke mit Namen Bealknap. Er hatte einkleines Mönchskloster in London an sich gebracht, und, anstatt die Kircheniederreißen zu lassen, hatte er eine Vielzahlelender Behausungen darin eingerichtet.Die Jauchegrube, die er für seine Mieter hatte ausheben lassen, hatte sich bald als ein ganz abscheulicher Pfuscherwiesen, und die Bewohner derangrenzenden Häuser, im Besitz der Stadt, hatten schwer zu leiden, da stinkender Unrat in ihre Keller einsickerte. Das Schwurgericht hatte Bealknap dazu verurteilt, ordnungsgemäßAbhilfe zu schaffen,doch der Schuft hatte eine richterliche Verfügung erwirkt und die Sache vor den Court of King'sBench gebracht. In der Gründungsurkunde des Klosters sei vermerkt, sosein Argument, dass Selbiges nichtunter die städtische Rechtsprechung falle, er demnach zu gar nichtsverpflichtet sei. Die Angelegenheit sollte binnen einer Woche zur Anhörung gebracht werden. Ich gabdem Syndikus zu verstehen, dassBealknaps Sicht der Dinge wenig Aussicht auf Erfolg habe; unsereinertreffe immer wieder auf dergleichen Schurken, sagte ich; aus diebischer Freude verschwendeten sie Zeit und Geld auf aussichtslose Zwistigkeiten, anstattsich dem Urteil des Gerichts zufügen und, wie es recht und billig, die beklagten Missstände zu beheben.
Ich hatte eigentlich auf dem selben Wegnach Hause reiten wollen, den ichgekommen war, über Cheapside, doch als ich die Kreuzung mit der Lad Lane erreichte, blockierte die Wood Street ein umgestürzterWagen voller Blei und Schindeln vom Abriss des Klosters St. Bartholomew. Ein Haufen bemooster Ziegel lag querüber der Straße. Der Karren war groß, von zwei mächtigen Kaltblüterngezogen; eins der Rösser hatte der Kutscherbefreien können, das andere aber lag zwischen den Deichseln hilflos aufder Seite. Es strampelte wild mit denriesigen Hufen, dass Staub aufwirbelte. Dabei wieherte es in panischer Furchtund rollte mit den Augen in die schaulustige Menge. Ich hörte jemanden sagen, dass die Schlange der Fuhrwerke fast bis nach Cripplegate reichte.
Es war nicht die erste Szene dieser Art in der Stadt.Überall hörte man neuerdings Steine krachen,wenn die alten Gebäude einstürzten: Soviel Land war frei geworden im übervölkerten London, dass Höflinge und andere Raffhälse, welchen es in dieHände gefallen, es kaum zu verwalten wussten.
Ich wendete Chancery und lenkte ihndurch das Labyrinth schmaler Gassen,die nach Cheapside führten, mancherorts gerade breit genug, dass ein Pferd mit Reiter zwischen den ausladenden DachgesimsenPlatz fand. Obschon noch früh am Morgen, war man in den Werkstätten bereits emsig bei der Arbeit, bevölkerten Menschen die Straßen und behinderten mein Fortkommen, Handwerksgesellen, Straßenhändler und Wasserträger, die unter der Last ihrer riesigen konischenKörbe ächzten. Es hatte einen Monat lang so wenig geregnet, dass die Brunnen trocken waren, und so verdientensie gutes Geld. Ich dachte wieder andas bevorstehende Gespräch; es graute mir davor, und jetzt käme ich auch noch zu spät.
Ich rümpfte die Nase ob des mächtigenGestanks, den die Hitze aus der Gosse zog,und stieß einen saftigen Fluch aus, als ein Schwein, die Schnauze vom Wühlen mit namenlosem Unrat verschmiert, quiekendmeinem Chancery vor die Hufe lief, sodass er jäh zur Seite sprang. Ein paar Lehrlinge in blauen Wämsern, dieGesichter aufgedunsen von durchzechter Nacht, reckten die Hälse nach mir, und einer von ihnen, ein stämmiger, grobschlächtiger Bursche,verzog den Mund zu einem verächtlichen Grinsen. Ich biss mir auf die Lippe und gab Chancery die Sporen. Ich konnte mir schon denken,wie der Bursche mich sah: als einen käsebleichenbuckligen Anwalt mit schwarzer Robe undKappe, am Gürtel statt des Degens Federkasten und Dolch.
Ich war erleichtert, als ich wiederauf die breite gepflasterte Straße von Cheapside gelangte. Um die Stände desCheap Market wimmelte es von Menschen;die Marktleute unter den bunten Planen priesen ihre Ware an oder feilschten mit weißbehaubten Matronen. Gelegentlich schlenderte eine wohlhabende Dame zwischen den Ständen herum,bewaffnete Diener an der Seite, das Gesicht hinter einem Schleier verborgen, der die weiße Haut vor der Sonneschützte.
Als ich an der mächtigen St Paul'sCathedral vorüberritt, hörte ich denlauten Ausruf eines Pamphletenverkäufers. Ein magerer Bursche im fleckigen schwarzen Wams, einen Stoß Blätter unter demArm, brüllte in die Menge: »Kindsmörderinvon Walbrook im Kerker!« Ich blieb stehenund warf ihm eine Münze hin. Er leckte sich den Daumen, schälte ein Blatt ab, gab es mir und ging plärrendseiner Wege: »Die abscheulichste Mordtat desJahres!«
© Scherz Verlag
Übersetzung:Irmengard Gabler
- Autor: Christopher J. Sansom
- 2005, 543 Seiten, Maße: 13,9 x 21,9 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Gabler, Irmengard
- Übersetzer: Irmengard Gabler
- Verlag: FISCHER Scherz
- ISBN-10: 3502100756
- ISBN-13: 9783502100751
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