Für eine europäische Aufklärung

Im Jahr 2000 hielt der berühmte französische Soziologe Pierre Bourdieu in mehreren europäischen Städten eine Reihe von Vorträgen, bei denen er seinen Ruf als politischer Intellektueller stärkte. In seinem Aufruf für eine Bewegung einer neuen europäischen Aufklärung hinterfragt Bourdieu einmal mehr die Rolle der intellektuellen Eliten. Nach den wirtschaftlichen Veränderungen der letzten Jahrhunderte ist die europäische Gesellschaft nunmehr zunehmend von den Ideen des Neoliberalismus angloamerikanischer Provenienz geprägt. Dem bestehendem Europa, einem Europa der Banken und Bankiers, stellt Bourdieu das Ideal eines Europas der Künstler, Schriftsteller und Gelehrten gegenüber. Er appelliert daher an Intellektuelle, auch außerhalb der akademischen Sphäre zu intervenieren und so eine Realpolitik der Vernunft zu entwickeln, die den letzten Stand der Wissenschaft in den öffentlichen Diskurs einbringen kann. Der zentrale Gegenstand der Auseinandersetzung dieses internationalen, interdisziplinären und kollektiven intellektuellen Unternehmens, das eine kritische soziale Bewegung sein soll, ist die Frage nach der Gestaltung Europas und seiner Bedeutung für die Bürger.