Gefährliche Überraschung
Gemeinsames Werk von Mary Higgins Clark und ihrer Tochter Carol:
Am Abend vor Weihnachten wird in New York ein Geschäftsmann entführt, zusammen mit der Fahrerin seines Taxis.
Gemeinsames Werk von Mary Higgins Clark und ihrer Tochter Carol:
Am Abend vor Weihnachten wird in New York ein Geschäftsmann entführt, zusammen mit der Fahrerin seines Taxis.
GefährlicheÜberraschung von Mary und Carol Higgins
LESEPROBE
Seufzend sah Regan Reilly ihre Mutter Nora in ihrem Bett imKrankenhaus für Spezielle Chirurgie von Manhattan an. »Und ich hab dir diesendämlichen Teppich auch noch gekauft«, sagte sie kleinlaut.
»Du hast ihn gekauft, aber ich bin darüber gestolpert«,wandte die bekannte Krimiautorin ein. »Es ist nicht deine Schuld, dass ichausgerechnet diese idiotischen Schuhe mit den Bleistiftabsätzen anziehen musste.«
Nora versuchte ihren Körper in eine bequemere Lage zubringen, woran sie allerdings der Gips hinderte, der ihr von den Zehen bis zurHüfte reichte.
»Ich überlasse euch beide der abschließenden Bewertung, werfür den Beinbruch verantwortlich ist.« Luke Reilly, Inhaber von drei Bestattungsunternehmen,Ehemann und Vater, hob seinen hoch gewachsenen, hageren Körper vomBesuchersessel. »Ich muss dringend zu einer Bestattung, danach zum Zahnarzt,und da sich unsere Weihnachtspläne geändert haben, sollte ich besser einenBaum besorgen.«
Er beugte sich über seine Frau, um sie zu küssen.
»Versuch es positiv zu sehen. Du wirst nun zwar nicht aufden Pazifik blicken können, aber die Aussicht auf den East River ist auch nichtschlecht.« Er, Nora und ihre einzige Tochter, die einunddreißigjährige Regan, hattendie Weihnachtsfeiertage eigentlich auf Maui verbringen wollen.
»Dass ich nicht lache«, maulte Nora. »Wetten, dass du miteiner windschiefen Krücke von Baum nach Hause kommst?«
»Das ist aber nicht sehr nett«, beschwerte sich Luke.
»Nein, aber es stimmt«, beendete Nora das Thema. »Du siehsterschöpft aus, Luke. Wie wäre es, wenn du Goodloes Bestattung Austin überlässt?Er kann sich doch um alles kümmern.«
Austin Grady war Lukes rechte Hand bei der Führung desflorierenden Bestattungsunternehmens. Im Laufe der Jahre hatte er Hunderte vonTrauerfeiern durchgeführt, aber die heutige war ein bisschen heikel. Derdahingeschiedene Cuthbert Boniface Goodloe hatte den Löwenanteil seinesVermögens dem Blumen und-Blüten-Verein von New Jersey hinterlassen. Sein Neffeund Fast-Namensvetter Cuthbert Boniface Dingle, bekannt als C. B., war übersein mageres Erbe offensichtlich verbittert. Nach der Verabschiedung von demteuren Verblichenen gestern Nachmittag war C. B. klammheimlich zum Sargzurückgekehrt, wo ihn Luke dabei ertappte, wie er vergammelte Blätter undStiele von Zimmerpflanzen in die Ärmel des Nadelstreifenanzugs schob, den deranspruchsvolle Goodloe als seine letzte Hülle gewählt hatte.
»Du liebst also Pflanzen?«, hörte Luke C. B. flüstern. »Hierhast du dein Grünzeug, du vertrottelter, alter Heuchler. Atme den Duftgut ein!Genieße ihn bis zum Jüngsten Tag! «
Unbemerkt von C. B., der weiterhin vor der Leiche seinesOnkels wütete, hatte sich Luke wieder entfernt. Es geschah nicht zum erstenMal, dass Trauernde Verstorbenen ihre Meinung sagten, aber erstmals unter der Benutzungvon faulenden Pflanzen. Später hatte Luke das Grünzeug diskret wieder entfernt.Heute wollte er C. B. ganz genau im Auge behalten. Abgesehen davon, hatte ernoch keine Gelegenheit gehabt, mit Austin über den Zwischenfall zu sprechen.
Luke fragte sich, ob er Nora vom grotesken Verhalten desNeffen erzählen sollte, entschied sich aber dagegen. »Goodloe hat seineTrauerfeier drei Jahre lang auf das Genaueste vorbereitet«, sagte er stattdessen.»Wenn ich mich nicht zeige, wird er mich in meinen Träumen heimsuchen.«
»Wenn das so ist, musst du natürlich dabei sein.« NorasStimme klang schläfrig, sie schien kaum noch die Augen offen halten zu können.»Soll Dad dich nicht im Apartment absetzen, Regan? Die letzten Schmerztabletten,die sie mir gegeben haben, scheinen Schlafpillen gewesen zu sein.«
»Ich würde lieber bleiben, bis deine Privatschwester hierist«, entgegnete Regan. »Ich möchte mich überzeugen, dass gut für dich gesorgtwird.«
»Na gut. Aber dann fährst du in die Wohnung und machst dichlang. Ich weiß doch, dass du im Flugzeug keine Sekunde schlafen kannst.«
Regan, die als Privatdetektivin in Los Angeles lebte, hattegerade ihre Sachen für den Flug nach Hawaii gepackt, als sie der Anruf ihresVaters erreichte.
»Deiner Mutter geht es gut«, begann er. »Aber sie hatteeinen Unfall. Sie hat sich das Bein gebrochen.«
»Sie hat sich das Bein gebrochen?«, wiederholte Reganfassungslos.
»Ja. Wir wollten zu einem Schickimicki-Treffen im Plaza. Sie warschon ein bisschen spät dran, und ich ließ schon mal den Fahrstuhl kommen ... «
Dad und seine unsensiblen Taktiken, Mom zur Eile anzutreiben,dachte Regan.
»Der Lift kam, aber nicht deine Mutter. Ich ging ins Apartmentzurück und fand sie mit sonderbar verdrehtem Bein auf dem Boden liegend vor.Aber du kennst ja deine Mutter. Als Erstes wollte sie wissen, ob siesich das Kleid zerrissenhat.«
Typisch Mom, dachte Regan lächelnd.
»Sie war die bestgekleidete Notfall-Patientin in der gesamtenGeschichte des Krankenhauses«, kommentierte Luke.
Regan nahm die leichten Sachen aus dem Koffer und ersetztesie durch Winterkleidung, die für die Ostküste besser geeignet war.Buchstäblich außer Atem, schaffte sie den letzten Flug von Los Angeles nach NewYork City und machte auf ihrem Weg zum Krankenhaus einen kurzen Stopp in derWohnung ihrer Eltern am Central Park South, um ihr Gepäck abzustellen.
An der Tür des Krankenzimmers drehte sich Luke noch einmalum und lächelte die beiden Frauen an, die sich mit ihren blauen Augen und demhellen Teint ungemein ähnlich sahen, aber andererseits sehr verschieden waren.Regan hatte das rabenschwarze Haar der irischen Reillys, ein Erbteil derSpanier, die sich nach dem Sieg der Briten über die Armada in Irland niedergelassenhatten. Nora war blond und mit einssiebenundfünfzig zehn Zentimeter kleiner alsihre Tochter. Mit einsfünfundachtzig überragte Luke beide. Sein ehemalsschwarzes Haar war inzwischen silbergrau.
»Gegen sieben treffen wir uns hier wieder, Regan«, sagte er.»Nachdem wir deine Mutter ein bisschen aufgemuntert haben, gehen wir irgendwogut essen.«
Er grinste über Noras Gesichtsausdruck. »Du schwelgstgeradezu in Mordlust, Schatz. Das betonen deine Rezensenten immer wieder.« Erwinkte ihnen zu. »Bis heute Abend, Mädels.«
Das war ein Versprechen, an dessen Einhaltung Luke gehindertwerden sollte.
© Ullstein Verlag
Übersetzung: Hedda Pänke
Autoren-Porträt von Mary Higgins Clark
Was wäre,wenn Mary Higgins Clark keine Geldsorgen gehabt hätte? Dann wäre siewahrscheinlich nie auf die Idee gekommen, Kriminalromane zu schreiben. SpannungsgeladeneBücher verkaufen sich nun mal besser, und ihr erster Thriller "Wintersturm"wurde 1975 auf Anhieb ein Bestseller. Kürzere Geschichten hatte dieSchriftstellerin schon als Schülerin geschrieben, denn Erzählen lag ihr alsTochter irischer Einwanderer einfach im Blut.
MaryHiggins Clark wurde 1928 in New York geboren, ihr Vater war Besitzer von"Higgins Bar and Grillhouse". So hörte sie bereits als Kind abenteuerlicheGeschichten und lernte Typen kennen, die später als urige Charaktere in ihrenBüchern auftauchten. Als der Vater an einem Herzinfarkt starb, war für diedamals Zehnjährige der Traum vom Schriftstellerberuf allerdings erst einmalausgeträumt. Nach der Schule erlernte sie den Beruf der Sekretärin, arbeitetein einer Werbeagentur und als Stewardess. 1950 heiratete sie Warren Clark und hattefünf Kinder mit ihm. Als Clark 1964 starb, musste sie allein für die Kindersorgen. Sie besann sich auf ihr Schreibtalent und verfasste einen historischenRoman über George Washington - das Buch wurde kein Erfolg. Aber mit ihrenKriminalromanen landete die Autorin mehr als einen Treffer.
Inzwischenist Mary Higgins Clark eine der erfolgreichsten Krimiautorinnen der Welt. Siehat über 20 Kriminalromane geschrieben, von denen einige verfilmt wurden, wieetwa "Haben wir uns nicht schon mal gesehen", "Nimm dich in acht", "Sieh dichnicht um" oder "Glückstag". Vertragsgemäß liefert die Autorin ihrem Verlegerjedes Jahr ein Buch, 2006 war es "Weil deine Augen ihn nicht sehen".
MaryHiggins Clark hat neben dem Schreiben ein Philosophiestudium absolviert undbekleidet heute mehrere akademische Ämter. Sie erhielt zahlreiche Ehrendoktortitelund Preise. Die Ideen für ihre Bücher holt sie aus dem täglichen Leben, ausZeitungsartikeln oder Gerichtsverhandlungen. Starke Frauen sind die Heldinnenihrer bis zum letzten Satz spannenden Geschichten - wie bei Hitchcock, den sieals ihr Vorbild bezeichnet. Sie will auch Agatha Christie nacheifern: "Die hates auf 100 Bücher gebracht, und das möchte ich auch noch schaffen!" Dagegen istnichts einzuwenden.
- Autoren: Mary Higgins Clark , Carol Higgins Clark
- 2004, 224 Seiten, Maße: 11,5 x 18 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Hedda Pänke
- Verlag: Ullstein TB
- ISBN-10: 354825960X
- ISBN-13: 9783548259604
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