Glee, Wie alles begann . . .
Join the club. glee Wollt ihr mehr über die Glee-Story wissen? Hier erfahrt ihr, was die Kultserie nicht erzählt: wie alles anfing und was an der McKinley High los war, bevor die große Show begann. Wann wurde Rachel klar, dass Finn mehr für sie ist als ein...
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Produktinformationen zu „Glee, Wie alles begann . . . “
Klappentext zu „Glee, Wie alles begann . . . “
Join the club. glee Wollt ihr mehr über die Glee-Story wissen? Hier erfahrt ihr, was die Kultserie nicht erzählt: wie alles anfing und was an der McKinley High los war, bevor die große Show begann. Wann wurde Rachel klar, dass Finn mehr für sie ist als ein verblödeter Football-Spieler? Was war, bevor Mr Schuester die Chorleitung übernahm? Stürzt euch in eine rasante Mischung aus Musik, Humor und Drama Feel the Glee!
Lese-Probe zu „Glee, Wie alles begann . . . “
Glee - Wie alles begann von Sophia LowellEINS
Das Büro von Direktor Figgins,
Montagmorgen
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Rachel Berry blieb gerade so lange vor der Tür von Direktor Figgins' Büro stehen, dass sie ihre
Kniestrümpfe hochziehen und ihren Cordrock glatt streichen konnte. Ihre makellos weiße Bluse und ihr pink-grüner Rautenpullunder schienen geradezu „Ehrgeizling" zu schreien - auch wenn Direktor Figgins nicht daran erinnert werden musste, dass Rachel Berry etwas Besonderes war. McKinley High war nicht die Art von Highschool, an der die Schüler sich hervortun wollten. Und Rachel tat sich hervor.
„Guten Morgen, Mrs Goodrich." Rachel bedachte die verdrießlich dreinblickende Sekretärin im Vorzimmer des Büros mit ihrem 1000-Watt-Lächeln. Mrs Goodrich roch immer nach Plätzchenteig, und aus irgendeinem Grund blickte sie Rachel immer böse an, was irgendwie nicht fair war. Sie sollte froh sein, dass jemand in das Büro des Direktors kam, der kein jugendlicher Krimineller war.
„Ist Direktor Figgins da?"
„Hast du einen Termin, Rachel?" Mrs Goodrichs Knopfäuglein blickten Rachel über den Rand ihrer winzigen Lesebrille hinweg an.
„Nein, aber Direktor Figgins hat zu mir gesagt, dass er sich immer freut, mich zu sehen."
Rachel trabte an Mrs Goodrichs Schreibtisch vorbei, wobei sie ein entferntes Verlangen nach Plätzchen überkam. Als sie sich in ihren College-Schuhen leise über den abgetretenen Teppichboden durch die offene Tür ins Zimmer des Direktors bewegte, musste sie daran denken, dass es irgendwie traurig war, wenn ein Direktor nicht einmal Parkettboden hatte. Aber Rachel ließ sich von dem Trübsinn, der Direktor Figgins' Dasein umgab, nicht herunterziehen - heute nicht. Er mochte in einem schäbigen Büro in der schäbigen Stadt Lima, Ohio, festsitzen, aber Rachel Berry würde nicht für immer hier sein. Nicht, solange es nach ihr ging.
Für Rachel war ihr Jahr als Neuntklässler, also ihr erstes Schuljahr an der Highschool, nicht so gut gelaufen. Sie hatte gedacht, an der Highschool könne sie zeigen, was in ihr steckte, und den anderen klarmachen, was für ein wirklich unglaublicher und begabter Mensch sie war. Stattdessen verdrehten ihre Mitschüler jedes Mal, wenn sie in Geschichte die Hand hob und die - immer richtige - Antwort gab, nur die Augen; jedes Mal, wenn sie an die Tafel ging und ein Matheproblem - immer richtig - löste, stolperte sie über ein Bein; und jedes Mal, wenn sie sich freiwillig meldete, um eine der Rollen - meistens die Hauptrolle - in einem Shakespeare-Stück zu übernehmen, das sie bei Mr Horn in Englisch lasen, rief jemand dazwischen. Nur in Lima machte man sich lustig über jemanden, der alles daran setzte, von Lima wegzukommen.
Aber der Höhepunkt der Erniedrigung war ihre missglückte Kampagne gewesen, sich zur Schülersprecherin wählen zu lassen. Die Plakate, die sie so sorgfältig gestaltet hatte, mit patriotischen roten, weißen und blauen Streifen und goldenen Sternen als ihrem Erkennungszeichen, sahen richtig professionell aus. Doch die Texte und die eingängigen Slogans, die sie und ihre Dads sich ausgedacht hatten, waren alle auf die eine oder andere Weise von ihren Gegnern entwürdigt worden. Manche hatten mit einem Filzer aus „WÄHLT BERRY - SIE IST EIN STAR" „WÄHLT BERRY - SIE IST BIZARR" gemacht.
Nach der Wahl, die Sebastian Carmichael, einer von den Beliebten, gewonnen hatte - was kaum jemanden überraschte -, verlangte Rachel eine Nachzählung. Jessica Davenport, eine der offiziellen Stimmenzählerinnen, erklärte Rachel, dass noch nie ein Kandidat mit einem so großen Abstand verloren hatte. Und zwar in der ganzen Geschichte der Schule nicht. Sie sagte, sie hätten zweimal nachgezählt, weil sie dachten, es sei ein Irrtum. Es war aber keiner.
„Rachel. Guten Morgen." Direktor Figgins blickte kurz von seinem Schreibtisch auf.
Durch das Fenster hinter ihm sah man den Schülerparkplatz in seiner ganzen Herrlichkeit: Schüler versteckten sich hinter ihren Autos, um Zigaretten zu qualmen, Footballspieler standen um einige Freshmen herum und drohten ihnen vermutlich damit, sie in dem Dixi-Klo bei den Stadiontribünen einzusperren.
„Ich habe heute sehr viel zu tun. Irgendjemand hat fünfzig Liter blaue Himbeerlimonade in den Swimmingpool geschüttet, und die gesamte Schwimmmannschaft ist jetzt blau eingefärbt." Er seufzte tief.
Sein leichter indischer Akzent wurde stärker, wenn er angespannt war. Als Tochter von zwei schwulen Vätern wusste Rachel es zu schätzen, dass Lima überraschend vielfältig war, jedenfalls für eine Stadt im Mittleren Westen.
„Tut mir leid, dass ich Sie störe, Direktor Figgins, aber es ist sehr wichtig."
Sie setzte sich elegant auf einen der Stühle vor dem Schreibtisch, versuchte dabei, das unelegante Pupsgeräusch, das der Lederbezug beim Draufsetzen machte, zu ignorieren, und schlug sorgfältig die Beine übereinander. Das erste Schuljahr lag hinter ihr. Es war nur noch eine weit entfernte, schlechte Erinnerung.
„Ja, Rachel." Direktor Figgins rieb sich die dunklen Ränder unter seinen Augen, und Rachel fragte sich einen Moment lang, ob bei ihm zu Hause alles in Ordnung war. Er sah nie sehr glücklich aus. „Also, um was geht es denn?"
„Wie Sie wissen, Direktor Figgins, gibt es an der McKinley Highschool jämmerlich wenig Möglichkeiten für kreative Schüler, die so wie ich gerne auf einer Bühne stehen."
Das stimmte. Solange sie denken konnte, hatten Rachels Väter sie an allem teilnehmen lassen, was sie wollte: Stepptanz und Ballett und seit Kurzem auch Hip-Hop. Stimmbildung, Klavierstunden, Schauspielunterricht. Rhetorik. Improvisation. Talentshows. Alles, was Rachel einen Auftritt ermöglichte.
Aber seit sie auf der Highschool war, schienen ihre Möglichkeiten zu schwinden. Auf der Highschool ging alles um Politik.
„Nun ja." Direktor Figgins strich sich die Haare zurück und enthüllte so seine Geheimratsecken. „Wegen der Etatkürzungen ist das ein schwieriges Thema. Ich glaube nicht, dass ich da etwas tun kann."
„Doch, Sir."
Rachel glaubte, wenn jemand mit Nein antwortete, sei er eigentlich nur zu faul, es zu versuchen und herauszufinden, wie er Ja sagen konnte.
„Dann kläre mich auf."
Rachel hatte an diesem Morgen eine ganze Rede vorbereitet, während sie auf dem Hometrainer in ihrem Zimmer dreißig Minuten trainierte. Sie glaubte fest an ganzheitliche Gesundheitspflege. Jeden Morgen stand sie früh auf, um entweder Konditionstraining oder Yoga zu machen. Diese Gewohnheit half ihr, im Gleichgewicht zu bleiben.
„Ich finde, es gibt eine nicht genutzte Gelegenheit, die einfach übersehen wird - und dieser würde ich mich gerne annehmen: die täglichen Durchsagen."
Sie gestikulierte mit den Händen, als hätte sie gerade einen Oscargewinner verkündet.
„Aber Mrs Applethorpe hat immer ..."
„Ich weiß, Sir." Mrs Applethorpe war die Schulsekretärin, die mit dem Enthusiasmus eines Leichenbestatters jeden Morgen während der ersten Stunde die täglichen Bekanntmachungen verlas. „Aber ich dachte, es wäre gerecht, es auch mal jemand anderen versuchen zu lassen. Jemanden, der die Durchsagen wirklich aufpeppen könnte."
Jetzt, wo sie dem Erfolg so nahe war, fiel es Rachel schwer, still zu sitzen. Gab es einen besseren Weg, sich - und ihre sagenhafte Stimme - allen vorzustellen? An dieser Schule kamen die Durchsagen einer Radiosendung am nächsten. Und die Zuhörer waren festgenagelt - niemand konnte einfach einen anderen Sender einstellen! Immerhin hatten viele wichtige Prominente beim Radio angefangen, zum Beispiel Ryan Seacrest. Nicht, dass er so begabt ist wie ich, dachte Rachel.
Direktor Figgins lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Die Idee ist gar nicht so schlecht. Mrs Applethorpe hat sich schon beschwert, dass ihr Schwindel stärker wird, wenn sie vor dem Mikrofon steht."
„Super!", rief Rachel. Mrs Applethorpes Schwäche war ihr Vorteil.
Direktor Figgins nickte und presste warnend die Lippen zusammen. „Es ist vorerst ein Versuch. Für zwei Wochen." Er blickte auf seine Uhr. „Du kannst heute anfangen, wenn du rechtzeitig im Sekretariat bist."
Zehn Minuten später rückte Rachel das Mikrofon zurecht und fuhr sich mit ihrer Bürste durch ihre dunklen Haare. Es spielte keine Rolle, dass niemand sie sehen konnte, sie wollte trotzdem so gut wie möglich aussehen. Das Setup war ein bisschen simpel - das Schulsekretariat verfügte nicht über all das Equipment, mit dem sie gerne gearbeitet hätte -, aber es war immerhin ein Anfang.
„Drück einfach den roten Knopf und fang an, das Blatt vorzulesen", kommandierte Mrs Applethorpe laut, als sie mit ihrem Strickzeug in der Hand den Raum verließ.
„Danke", antwortete Rachel höflich, dankbar, dass Mrs Applethorpe das Zimmer verließ. „Da da da da da da da daaaa", sang sie leise, um ihre Stimme aufzuwärmen. Durch ihren Magen flatterten ein paar verrückte Schmetterlinge, und sie konnte fühlen, wie ihr das Blut durch die Adern rauschte. Jede Zelle ihres Körpers fühlte sich lebendig an, als ob plötzlich nach einem langen, kalten Winter der Frühling hereingebrochen wäre. Genau das war es, worum es beim Auftreten ging.
Sie drückte auf den roten Knopf.
„Guten Morgen, McKinley High. Hier ist Rachel Berry mit den Bekanntmachungen des Tages." Sie holte tief Luft. „Ich möchte mit der Melodie eines epochemachenden Musikklassikers beginnen, den wir alle kennen und lieben - ‚Singin' in the Rain‘."
Einen Moment später schmetterte sie ihre Vorstellung von einer morgendlichen Begrüßung - und während sie sang, stellte sie sich vor, wie die Klänge durch die Lautsprecher in jedes Klassenzimmer schallten und wie jeder Schüler von ihrer wunderschönen Stimme fasziniert war. Sie stellte sich vor, wie sie flüsterten: „Wer ist das? Rachel Berry? Ich hatte keine Ahnung, dass sie so unglaublich begabt ist!" Von Mrs Applethorpe, die hereinkommen und Rachels Darbietung hätte unterbrechen können, war nichts zu sehen. Entweder war sie völlig gebannt von Rachels Stimme oder in ihre Strickarbeit vertieft. Wie auch immer, Rachel wusste, wann ein Sieg ein Sieg war.
Als sie mit dem Singen fertig war, las sie schnell das Blatt mit den Mitteilungen vor. „Und nun zu den Bekanntmachungen des Tages. Ich hoffe, ihr kommt alle zum Musikabend des diesjährigen Herbsttrimesters: ‚Verlieb dich in Musik!‘" Rachel hatte überlegt, sich dafür anzumelden, aber sie befürchtete, dass die Schule noch nicht so weit war, sie in all ihrer Herrlichkeit auf der Bühne zu sehen. „Außerdem beginnt heute beim Mittagessen die Wahl zum diesjährigen Königspaar des Schulballs."
Langweilig, dachte sie. Als ob es eine Überraschung sein würde, wer König und Königin wurde. Es war immer das hübscheste, blondeste Mädchen und der gut aussehendste, Ken-ähnlichste Typ.
„Der König und die Königin werden auf dem sehnlichst erwarteten Schulball verkündet und gekrönt, der nächsten Freitagabend im Anschluss an das Football-spiel stattfindet. Ich möchte mich heute damit verabschieden, Rachel Berrys goldenen Stern der Woche zu vergeben - eine ganz besondere Auszeichnung, die jede Woche jemandem verliehen wird, der etwas Besonderes getan hat, um das Zusammenleben an der McKinley High zu verbessern." Das hatte sie sich letzte Nacht ausgedacht, und es schien ihr der richtige Weg zu sein, um auch etwas für die Schule zu tun. „Diese Woche möchte ich den goldenen Stern vergeben an ..." Sie machte eine Kunstpause ... „mich - dafür, dass ich die Ansagen übernommen habe und sie wieder zum Leben erwecke."
Sie war froh, dass Mrs Applethorpe nicht zuhörte. Vielleicht war es etwas zu viel, dass sie sich selbst den ersten goldenen Stern verlieh, aber andererseits erwies sie der Schule einen großen Dienst. Und was war falsch daran, dass sie sich selbst ein wenig auf die Schulter klopfte, wenn es sonst schon niemand tat?
„Ich hoffe, ich habe euch den Vormittag ein wenig versüßt. Bis morgen!"
Sie drückte auf den Aus-Knopf und starrte auf das Mikrofon. Ihre Hände zitterten vor Freude über ihren Erfolg. Sie hatte es geschafft! Sie hatte den ersten großen Schritt in diesem Jahr getan, um jemand zu werden, den die anderen wirklich kannten und bewunderten. Vielleicht würde sie nächstes Jahr zur Königin gewählt werden. Der Gedanke ließ sie erschaudern.
Rachel schwang sich ihren Rucksack auf den Rücken und verließ das Büro. Der Gang war gerammelt voll mit Schülern, die scheppernd ihre Spindtüren öffneten, und mit Jungs, die ihre üblichen Rempeleien veranstalteten. Sie hatte nur noch ein paar Minuten, um vor der ersten Stunde zu ihrem Spind zu kommen. Ihr Gesicht war vor Aufregung gerötet. Sie fühlte sich wie neugeboren.
Aber ... niemand schien sie anzuschauen. Sie starrte die Schüler an, die weiterhin an ihr vorbeidrängten und sich nicht darüber im Klaren waren, dass sie gerade eben eine fantastische Darbietung über Lautsprecher gebracht hatte. Konnte es sein, dass sie alle einfach nur zu neidisch waren auf ihr offensichtliches Talent, um es zu würdigen? Dieser Gedanke munterte sie etwas auf.
Sie blickte hoch und sah Sue Sylvester, die knallharte Trainerin der Cheerleader-Mannschaft. Rachel richtete sich etwas auf. Sie mochte Coach Sylvester nicht besonders, aber irgendwie bewunderte sie die Frau dafür, dass sie das Beste aus ihrer Situation machte. Sich damit abfinden zu müssen, Trainerin einer Highschool-Cheerleader-Mannschaft zu sein, war vermutlich ziemlich bitter, aber Coach Sylvester hatte aus der Cheerleading-Show der McKinley High eine der besten des Landes gemacht und die Mannschaft zwölfmal hintereinander zu den jährlich stattfindenden landesweiten Wettbewerben geführt. Die Vitrinen, die entlang der Schulflure standen, quollen vor vergoldeten Cheerleader-Statuetten geradezu über.
„Ich hoffe, du bist darauf gefasst, von deinen Mitschülern bei lebendigem Leib gefressen zu werden für diese widerliche kleine Selbstdarstellung heute Morgen." Coach Sylvester hakte ihre Daumen in die Taschen ihres roten Jogginganzugs.
„Was?", platzte Rachel heraus, aber Coach Sylvester ging schon weiter. „Wenn ich nicht für mich selbst eintrete, wer tut es dann?", rief Rachel ihr nach.
„Hier, ein goldener Stern für dich", hörte Rachel jemanden sagen, als sie sich umdrehte. Aber sie sah nur einen verschwommenen Haufen Footballspieler, bevor der eisige rote Schwall eines Slushies sie im Gesicht traf.
Das Gelächter der Jungs hallte im Gang wider, als sie davongingen. Tief Luft holen. Einen Slushie abzukriegen war nichts Neues. Diese Footballtypen konnten auch mal etwas kreativer werden. Letztes Jahr hatte sie mindestens ein Dutzend Mal einen Slushie abbekommen; sie hatte extra deswegen Wechselkleidung in ihrem Spind. Netter Versuch, Jungs, aber ihr müsst euch schon ein bisschen mehr anstrengen, um Rachel Berry dieses Jahr unterzukriegen. Und zumindest hatten sie ihre Durchsage gehört.
Alles wird anders, dachte sie, als sie zu ihrem Spind ging und dabei die Blicke der anderen ignorierte, während ihr die kalte Flüssigkeit den Nacken hinunterlief. Die kommenden Wochen an der McKinley High würden wichtig werden, und sie würde im Zentrum stehen.
Sobald sie einen sauberen Pullover angezogen hatte.
© 2011 Schneiderbuch verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH.
Rachel Berry blieb gerade so lange vor der Tür von Direktor Figgins' Büro stehen, dass sie ihre
Kniestrümpfe hochziehen und ihren Cordrock glatt streichen konnte. Ihre makellos weiße Bluse und ihr pink-grüner Rautenpullunder schienen geradezu „Ehrgeizling" zu schreien - auch wenn Direktor Figgins nicht daran erinnert werden musste, dass Rachel Berry etwas Besonderes war. McKinley High war nicht die Art von Highschool, an der die Schüler sich hervortun wollten. Und Rachel tat sich hervor.
„Guten Morgen, Mrs Goodrich." Rachel bedachte die verdrießlich dreinblickende Sekretärin im Vorzimmer des Büros mit ihrem 1000-Watt-Lächeln. Mrs Goodrich roch immer nach Plätzchenteig, und aus irgendeinem Grund blickte sie Rachel immer böse an, was irgendwie nicht fair war. Sie sollte froh sein, dass jemand in das Büro des Direktors kam, der kein jugendlicher Krimineller war.
„Ist Direktor Figgins da?"
„Hast du einen Termin, Rachel?" Mrs Goodrichs Knopfäuglein blickten Rachel über den Rand ihrer winzigen Lesebrille hinweg an.
„Nein, aber Direktor Figgins hat zu mir gesagt, dass er sich immer freut, mich zu sehen."
Rachel trabte an Mrs Goodrichs Schreibtisch vorbei, wobei sie ein entferntes Verlangen nach Plätzchen überkam. Als sie sich in ihren College-Schuhen leise über den abgetretenen Teppichboden durch die offene Tür ins Zimmer des Direktors bewegte, musste sie daran denken, dass es irgendwie traurig war, wenn ein Direktor nicht einmal Parkettboden hatte. Aber Rachel ließ sich von dem Trübsinn, der Direktor Figgins' Dasein umgab, nicht herunterziehen - heute nicht. Er mochte in einem schäbigen Büro in der schäbigen Stadt Lima, Ohio, festsitzen, aber Rachel Berry würde nicht für immer hier sein. Nicht, solange es nach ihr ging.
Für Rachel war ihr Jahr als Neuntklässler, also ihr erstes Schuljahr an der Highschool, nicht so gut gelaufen. Sie hatte gedacht, an der Highschool könne sie zeigen, was in ihr steckte, und den anderen klarmachen, was für ein wirklich unglaublicher und begabter Mensch sie war. Stattdessen verdrehten ihre Mitschüler jedes Mal, wenn sie in Geschichte die Hand hob und die - immer richtige - Antwort gab, nur die Augen; jedes Mal, wenn sie an die Tafel ging und ein Matheproblem - immer richtig - löste, stolperte sie über ein Bein; und jedes Mal, wenn sie sich freiwillig meldete, um eine der Rollen - meistens die Hauptrolle - in einem Shakespeare-Stück zu übernehmen, das sie bei Mr Horn in Englisch lasen, rief jemand dazwischen. Nur in Lima machte man sich lustig über jemanden, der alles daran setzte, von Lima wegzukommen.
Aber der Höhepunkt der Erniedrigung war ihre missglückte Kampagne gewesen, sich zur Schülersprecherin wählen zu lassen. Die Plakate, die sie so sorgfältig gestaltet hatte, mit patriotischen roten, weißen und blauen Streifen und goldenen Sternen als ihrem Erkennungszeichen, sahen richtig professionell aus. Doch die Texte und die eingängigen Slogans, die sie und ihre Dads sich ausgedacht hatten, waren alle auf die eine oder andere Weise von ihren Gegnern entwürdigt worden. Manche hatten mit einem Filzer aus „WÄHLT BERRY - SIE IST EIN STAR" „WÄHLT BERRY - SIE IST BIZARR" gemacht.
Nach der Wahl, die Sebastian Carmichael, einer von den Beliebten, gewonnen hatte - was kaum jemanden überraschte -, verlangte Rachel eine Nachzählung. Jessica Davenport, eine der offiziellen Stimmenzählerinnen, erklärte Rachel, dass noch nie ein Kandidat mit einem so großen Abstand verloren hatte. Und zwar in der ganzen Geschichte der Schule nicht. Sie sagte, sie hätten zweimal nachgezählt, weil sie dachten, es sei ein Irrtum. Es war aber keiner.
„Rachel. Guten Morgen." Direktor Figgins blickte kurz von seinem Schreibtisch auf.
Durch das Fenster hinter ihm sah man den Schülerparkplatz in seiner ganzen Herrlichkeit: Schüler versteckten sich hinter ihren Autos, um Zigaretten zu qualmen, Footballspieler standen um einige Freshmen herum und drohten ihnen vermutlich damit, sie in dem Dixi-Klo bei den Stadiontribünen einzusperren.
„Ich habe heute sehr viel zu tun. Irgendjemand hat fünfzig Liter blaue Himbeerlimonade in den Swimmingpool geschüttet, und die gesamte Schwimmmannschaft ist jetzt blau eingefärbt." Er seufzte tief.
Sein leichter indischer Akzent wurde stärker, wenn er angespannt war. Als Tochter von zwei schwulen Vätern wusste Rachel es zu schätzen, dass Lima überraschend vielfältig war, jedenfalls für eine Stadt im Mittleren Westen.
„Tut mir leid, dass ich Sie störe, Direktor Figgins, aber es ist sehr wichtig."
Sie setzte sich elegant auf einen der Stühle vor dem Schreibtisch, versuchte dabei, das unelegante Pupsgeräusch, das der Lederbezug beim Draufsetzen machte, zu ignorieren, und schlug sorgfältig die Beine übereinander. Das erste Schuljahr lag hinter ihr. Es war nur noch eine weit entfernte, schlechte Erinnerung.
„Ja, Rachel." Direktor Figgins rieb sich die dunklen Ränder unter seinen Augen, und Rachel fragte sich einen Moment lang, ob bei ihm zu Hause alles in Ordnung war. Er sah nie sehr glücklich aus. „Also, um was geht es denn?"
„Wie Sie wissen, Direktor Figgins, gibt es an der McKinley Highschool jämmerlich wenig Möglichkeiten für kreative Schüler, die so wie ich gerne auf einer Bühne stehen."
Das stimmte. Solange sie denken konnte, hatten Rachels Väter sie an allem teilnehmen lassen, was sie wollte: Stepptanz und Ballett und seit Kurzem auch Hip-Hop. Stimmbildung, Klavierstunden, Schauspielunterricht. Rhetorik. Improvisation. Talentshows. Alles, was Rachel einen Auftritt ermöglichte.
Aber seit sie auf der Highschool war, schienen ihre Möglichkeiten zu schwinden. Auf der Highschool ging alles um Politik.
„Nun ja." Direktor Figgins strich sich die Haare zurück und enthüllte so seine Geheimratsecken. „Wegen der Etatkürzungen ist das ein schwieriges Thema. Ich glaube nicht, dass ich da etwas tun kann."
„Doch, Sir."
Rachel glaubte, wenn jemand mit Nein antwortete, sei er eigentlich nur zu faul, es zu versuchen und herauszufinden, wie er Ja sagen konnte.
„Dann kläre mich auf."
Rachel hatte an diesem Morgen eine ganze Rede vorbereitet, während sie auf dem Hometrainer in ihrem Zimmer dreißig Minuten trainierte. Sie glaubte fest an ganzheitliche Gesundheitspflege. Jeden Morgen stand sie früh auf, um entweder Konditionstraining oder Yoga zu machen. Diese Gewohnheit half ihr, im Gleichgewicht zu bleiben.
„Ich finde, es gibt eine nicht genutzte Gelegenheit, die einfach übersehen wird - und dieser würde ich mich gerne annehmen: die täglichen Durchsagen."
Sie gestikulierte mit den Händen, als hätte sie gerade einen Oscargewinner verkündet.
„Aber Mrs Applethorpe hat immer ..."
„Ich weiß, Sir." Mrs Applethorpe war die Schulsekretärin, die mit dem Enthusiasmus eines Leichenbestatters jeden Morgen während der ersten Stunde die täglichen Bekanntmachungen verlas. „Aber ich dachte, es wäre gerecht, es auch mal jemand anderen versuchen zu lassen. Jemanden, der die Durchsagen wirklich aufpeppen könnte."
Jetzt, wo sie dem Erfolg so nahe war, fiel es Rachel schwer, still zu sitzen. Gab es einen besseren Weg, sich - und ihre sagenhafte Stimme - allen vorzustellen? An dieser Schule kamen die Durchsagen einer Radiosendung am nächsten. Und die Zuhörer waren festgenagelt - niemand konnte einfach einen anderen Sender einstellen! Immerhin hatten viele wichtige Prominente beim Radio angefangen, zum Beispiel Ryan Seacrest. Nicht, dass er so begabt ist wie ich, dachte Rachel.
Direktor Figgins lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Die Idee ist gar nicht so schlecht. Mrs Applethorpe hat sich schon beschwert, dass ihr Schwindel stärker wird, wenn sie vor dem Mikrofon steht."
„Super!", rief Rachel. Mrs Applethorpes Schwäche war ihr Vorteil.
Direktor Figgins nickte und presste warnend die Lippen zusammen. „Es ist vorerst ein Versuch. Für zwei Wochen." Er blickte auf seine Uhr. „Du kannst heute anfangen, wenn du rechtzeitig im Sekretariat bist."
Zehn Minuten später rückte Rachel das Mikrofon zurecht und fuhr sich mit ihrer Bürste durch ihre dunklen Haare. Es spielte keine Rolle, dass niemand sie sehen konnte, sie wollte trotzdem so gut wie möglich aussehen. Das Setup war ein bisschen simpel - das Schulsekretariat verfügte nicht über all das Equipment, mit dem sie gerne gearbeitet hätte -, aber es war immerhin ein Anfang.
„Drück einfach den roten Knopf und fang an, das Blatt vorzulesen", kommandierte Mrs Applethorpe laut, als sie mit ihrem Strickzeug in der Hand den Raum verließ.
„Danke", antwortete Rachel höflich, dankbar, dass Mrs Applethorpe das Zimmer verließ. „Da da da da da da da daaaa", sang sie leise, um ihre Stimme aufzuwärmen. Durch ihren Magen flatterten ein paar verrückte Schmetterlinge, und sie konnte fühlen, wie ihr das Blut durch die Adern rauschte. Jede Zelle ihres Körpers fühlte sich lebendig an, als ob plötzlich nach einem langen, kalten Winter der Frühling hereingebrochen wäre. Genau das war es, worum es beim Auftreten ging.
Sie drückte auf den roten Knopf.
„Guten Morgen, McKinley High. Hier ist Rachel Berry mit den Bekanntmachungen des Tages." Sie holte tief Luft. „Ich möchte mit der Melodie eines epochemachenden Musikklassikers beginnen, den wir alle kennen und lieben - ‚Singin' in the Rain‘."
Einen Moment später schmetterte sie ihre Vorstellung von einer morgendlichen Begrüßung - und während sie sang, stellte sie sich vor, wie die Klänge durch die Lautsprecher in jedes Klassenzimmer schallten und wie jeder Schüler von ihrer wunderschönen Stimme fasziniert war. Sie stellte sich vor, wie sie flüsterten: „Wer ist das? Rachel Berry? Ich hatte keine Ahnung, dass sie so unglaublich begabt ist!" Von Mrs Applethorpe, die hereinkommen und Rachels Darbietung hätte unterbrechen können, war nichts zu sehen. Entweder war sie völlig gebannt von Rachels Stimme oder in ihre Strickarbeit vertieft. Wie auch immer, Rachel wusste, wann ein Sieg ein Sieg war.
Als sie mit dem Singen fertig war, las sie schnell das Blatt mit den Mitteilungen vor. „Und nun zu den Bekanntmachungen des Tages. Ich hoffe, ihr kommt alle zum Musikabend des diesjährigen Herbsttrimesters: ‚Verlieb dich in Musik!‘" Rachel hatte überlegt, sich dafür anzumelden, aber sie befürchtete, dass die Schule noch nicht so weit war, sie in all ihrer Herrlichkeit auf der Bühne zu sehen. „Außerdem beginnt heute beim Mittagessen die Wahl zum diesjährigen Königspaar des Schulballs."
Langweilig, dachte sie. Als ob es eine Überraschung sein würde, wer König und Königin wurde. Es war immer das hübscheste, blondeste Mädchen und der gut aussehendste, Ken-ähnlichste Typ.
„Der König und die Königin werden auf dem sehnlichst erwarteten Schulball verkündet und gekrönt, der nächsten Freitagabend im Anschluss an das Football-spiel stattfindet. Ich möchte mich heute damit verabschieden, Rachel Berrys goldenen Stern der Woche zu vergeben - eine ganz besondere Auszeichnung, die jede Woche jemandem verliehen wird, der etwas Besonderes getan hat, um das Zusammenleben an der McKinley High zu verbessern." Das hatte sie sich letzte Nacht ausgedacht, und es schien ihr der richtige Weg zu sein, um auch etwas für die Schule zu tun. „Diese Woche möchte ich den goldenen Stern vergeben an ..." Sie machte eine Kunstpause ... „mich - dafür, dass ich die Ansagen übernommen habe und sie wieder zum Leben erwecke."
Sie war froh, dass Mrs Applethorpe nicht zuhörte. Vielleicht war es etwas zu viel, dass sie sich selbst den ersten goldenen Stern verlieh, aber andererseits erwies sie der Schule einen großen Dienst. Und was war falsch daran, dass sie sich selbst ein wenig auf die Schulter klopfte, wenn es sonst schon niemand tat?
„Ich hoffe, ich habe euch den Vormittag ein wenig versüßt. Bis morgen!"
Sie drückte auf den Aus-Knopf und starrte auf das Mikrofon. Ihre Hände zitterten vor Freude über ihren Erfolg. Sie hatte es geschafft! Sie hatte den ersten großen Schritt in diesem Jahr getan, um jemand zu werden, den die anderen wirklich kannten und bewunderten. Vielleicht würde sie nächstes Jahr zur Königin gewählt werden. Der Gedanke ließ sie erschaudern.
Rachel schwang sich ihren Rucksack auf den Rücken und verließ das Büro. Der Gang war gerammelt voll mit Schülern, die scheppernd ihre Spindtüren öffneten, und mit Jungs, die ihre üblichen Rempeleien veranstalteten. Sie hatte nur noch ein paar Minuten, um vor der ersten Stunde zu ihrem Spind zu kommen. Ihr Gesicht war vor Aufregung gerötet. Sie fühlte sich wie neugeboren.
Aber ... niemand schien sie anzuschauen. Sie starrte die Schüler an, die weiterhin an ihr vorbeidrängten und sich nicht darüber im Klaren waren, dass sie gerade eben eine fantastische Darbietung über Lautsprecher gebracht hatte. Konnte es sein, dass sie alle einfach nur zu neidisch waren auf ihr offensichtliches Talent, um es zu würdigen? Dieser Gedanke munterte sie etwas auf.
Sie blickte hoch und sah Sue Sylvester, die knallharte Trainerin der Cheerleader-Mannschaft. Rachel richtete sich etwas auf. Sie mochte Coach Sylvester nicht besonders, aber irgendwie bewunderte sie die Frau dafür, dass sie das Beste aus ihrer Situation machte. Sich damit abfinden zu müssen, Trainerin einer Highschool-Cheerleader-Mannschaft zu sein, war vermutlich ziemlich bitter, aber Coach Sylvester hatte aus der Cheerleading-Show der McKinley High eine der besten des Landes gemacht und die Mannschaft zwölfmal hintereinander zu den jährlich stattfindenden landesweiten Wettbewerben geführt. Die Vitrinen, die entlang der Schulflure standen, quollen vor vergoldeten Cheerleader-Statuetten geradezu über.
„Ich hoffe, du bist darauf gefasst, von deinen Mitschülern bei lebendigem Leib gefressen zu werden für diese widerliche kleine Selbstdarstellung heute Morgen." Coach Sylvester hakte ihre Daumen in die Taschen ihres roten Jogginganzugs.
„Was?", platzte Rachel heraus, aber Coach Sylvester ging schon weiter. „Wenn ich nicht für mich selbst eintrete, wer tut es dann?", rief Rachel ihr nach.
„Hier, ein goldener Stern für dich", hörte Rachel jemanden sagen, als sie sich umdrehte. Aber sie sah nur einen verschwommenen Haufen Footballspieler, bevor der eisige rote Schwall eines Slushies sie im Gesicht traf.
Das Gelächter der Jungs hallte im Gang wider, als sie davongingen. Tief Luft holen. Einen Slushie abzukriegen war nichts Neues. Diese Footballtypen konnten auch mal etwas kreativer werden. Letztes Jahr hatte sie mindestens ein Dutzend Mal einen Slushie abbekommen; sie hatte extra deswegen Wechselkleidung in ihrem Spind. Netter Versuch, Jungs, aber ihr müsst euch schon ein bisschen mehr anstrengen, um Rachel Berry dieses Jahr unterzukriegen. Und zumindest hatten sie ihre Durchsage gehört.
Alles wird anders, dachte sie, als sie zu ihrem Spind ging und dabei die Blicke der anderen ignorierte, während ihr die kalte Flüssigkeit den Nacken hinunterlief. Die kommenden Wochen an der McKinley High würden wichtig werden, und sie würde im Zentrum stehen.
Sobald sie einen sauberen Pullover angezogen hatte.
© 2011 Schneiderbuch verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH.
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Autoren-Porträt von Sophia Lowell
Die diplomierte Sprechwissenschaftlerin hat sich nach dem Studium eher der Praxis als der Theorie verschrieben und arbeitet seither als Sprecherzieherin an diversen Schauspielschulen im deutschsprachigen Raum. Daneben ist sie immer wieder als Sprecherin für Hörspiele und Hörbücher gefragt.
Bibliographische Angaben
- Autor: Sophia Lowell
- Altersempfehlung: 10 - 12 Jahre
- 2011, 2. Auflage, 253 Seiten, Maße: 13,6 x 21,2 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Dtsch. v. Susanne Arnold
- Verlag: Schneiderbuch
- ISBN-10: 3505129283
- ISBN-13: 9783505129285
- Erscheinungsdatum: 14.01.2011
Kommentar zu "Glee, Wie alles begann . . ."
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