Grayday
Was kann Arjun Mehta für die Kurseinbrüche seines Arbeitgebers an der Börse? Rein gar nichts. Dennoch ist der junge Einwanderer seinen Job als Software- Experte in den USA schon nach einem Jahr wieder los. In seiner Verzweiflung legt...
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Was kann Arjun Mehta für die Kurseinbrüche seines Arbeitgebers an der Börse? Rein gar nichts. Dennoch ist der junge Einwanderer seinen Job als Software- Experte in den USA schon nach einem Jahr wieder los. In seiner Verzweiflung legt Arjun das Datennetz seiner Firma mit einem Virus lahm, das sich schnell fortpflanzt und weltweit Informationssysteme kollabieren lässt. Karriereträume zerplatzen wie Seifenblasen, und aus Erfolgstypen werden plötzlich Außenseiter.
»Grayday« - so taufen die Journalisten diesen Zusammenbruch der Datennetze, der auf der ganzen Welt zu Stromausfällen und haarsträubenden Verwechslungen führt. Einer der Betroffenen ist Guy Swift, ein Shooting-Star der Marketing-Szene in London.
Ausgerechnet jetzt, da seine junge Agentur expandieren will, macht das »Leela01« genannte Computer-Virus jede Power-Point-Präsentation zur Farce. Der alerte »Entrepreneur des Jahres« gerät ernsthaft in Schwierigkeiten. Auch seine Freundin, die kapriziöse Gabriella Cora, entgleitet ihm mehr und mehr. Sie arbeitet in der Filmindustrie und leitet die Pressekampagne, die dem neuen indischen Filmstar Leela Zahir in Europa zum Durchbruch verhelfen soll. Doch die Journalisten interessieren sich herzlich wenig für Leelas neuen Film. Sie haben nur eine Frage: Ist es denn Zufall, dass das Virus, das überall Chaos stiftet, ausgerechnet an ein Bild der tanzenden Schauspielerin geknüpft ist?
Arjun Mehta aber, der junge Inder, der das Virus in die Datenbahnen geschleust hat, wird zum meist gesuchten Verbrecher seiner Zeit erklärt und ist zur ewigen Flucht verdammt. Bald treten auch Leela Zahir, Guy Swift und Gabriella Caro auf je verschiedene Weise den Rückzug aus einer Gesellschaft an, die im Zuge der Viren-Hysterie eine Spur zu unerbittlich geworden ist. Mit diesem spannenden und geistreichen Roman hält Hari Kunzru der modernen Kommunikationsgesellschaft frech den Spiegel vor.
Was kann Arjun Mehta für die Kurseinbrüche seines Arbeitgebers an der Börse? Rein gar nichts. Dennoch ist der junge Einwanderer seinen Job als Software- Experte in den USA schon nach einem Jahr wieder los. In seiner Verzweiflung legt Arjun das Datennetz seiner Firma mit einem Virus lahm, das sich schnell fortpflanzt und weltweit Informationssysteme kollabieren lässt. Karriereträume zerplatzen wie Seifenblasen, und aus Erfolgstypen werden plötzlich Außenseiter.
»Grayday« - so taufen die Journalisten diesen Zusammenbruch der Datennetze, der auf der ganzen Welt zu Stromausfällen und haarsträubenden Verwechslungen führt. Einer der Betroffenen ist Guy Swift, ein Shooting-Star der Marketing-Szene in London.
Ausgerechnet jetzt, da seine junge Agentur expandieren will, macht das »Leela01« genannte Computer-Virus jede Power-Point-Präsentation zur Farce. Der alerte »Entrepreneur des Jahres« gerät ernsthaft in Schwierigkeiten. Auch seine Freundin, die kapriziöse Gabriella Cora, entgleitet ihm mehr und mehr. Sie arbeitet in der Filmindustrie und leitet die Pressekampagne, die dem neuen indischen Filmstar Leela Zahir in Europa zum Durchbruch verhelfen soll. Doch die Journalisten interessieren sich herzlich wenig für Leelas neuen Film. Sie haben nur eine Frage: Ist es denn Zufall, dass das Virus, das überall Chaos stiftet, ausgerechnet an ein Bild der tanzenden Schauspielerin geknüpft ist?
Arjun Mehta aber, der junge Inder, der das Virus in die Datenbahnen geschleust hat, wird zum meist gesuchten Verbrecher seiner Zeit erklärt und ist zur ewigen Flucht verdammt. Bald treten auch Leela Zahir, Guy Swift und Gabriella Caro auf je verschiedene Weise den Rückzug aus einer Gesellschaft an, die im Zuge der Viren-Hysterie eine Spur zu unerbittlich geworden ist. Mit diesem spannenden und geistreichen Roman hält Hari Kunzru der modernen Kommunikationsgesellschaft frech den Spiegel vor.
Graydayvon Hari Kunzru
LESEPROBE
Es war eine einfache Mitteilung.
Hi. Ich sah das und dachte an dich.
Vielleicht hattest du eine Mail indeinem Posteingang, zugeschickt
von einem Absender, den du nichterkanntest, harmlose
zwei Zeilen mit einem Anhang.
leela.exe
Vielleicht gehorchtest du derAnweisung:
probiers mal aus!
Und da war sie: LeelaZahir, die in einem Pop-up-Fenster auf
deinem Bildschirm in ruckartigenschnellen Schritten herumtanzte.
Selbst bei dieser Größe konntest dusehen, dass sie schön
war, diese kleine pixelige Tänzerin mit ihrem strahlendeneinundzwanzigjährigen
Lächeln: das hatte sie, versprachder Begleittext,
nur für dich
Dieses Lächeln. Der Anfang alldeiner Probleme.
Es war ja nicht so, dass du Leela darum gebeten hättest, herzukommen
und dir das Herz zu brechen. Duwarst nur gerade mit
all dem beschäftigt, was du immeronline erledigst - Formulare
ausfüllen, Pornos runterladen, chatten -, als sie plötzlich dahergezappelt
kam und alles in Scherben ging.Einen Moment lang
kamst du dir bei aller Panikwahrscheinlich als jemand ganz Besonderes
vor. Das war LeelasTalent. Jedermann glauben zu lassen,
alles wäre nur für dich.
Aber es gab noch andere. Wie vielehat sie infiziert? Tausende?
Zig-, Hunderttausende? Unmöglich,sie zu zählen. Experten
haben den Schaden, den sievorwiegend in Form menschlicher
und maschineller Ausfallzeiten inder Weltwirtschaft angerichtet
hat, auf fast fünfzig MilliardenUS-Dollar geschätzt, aber finanzielle
Überlegungen werden dem Chaos jenerTage nicht gerecht.
Während Leelaskurzer Missherrschaft war jede Normalität aufgehoben.
Reihenweise kauten untätige Brokervor eingefrorenen
Bildschirmen an ihren Nägeln.Schaltnetze verglommen wie erloschene
Sterne vor ihnen. Ein paar Wochenlang tanzte sie rund
um die Welt, und Katastrophenfolgten jedem Schritt, wie bei
einem elefantösenVorstädter vor einem Fitnessvideo.
Natürlich wurde sie durch das allesberühmt, berühmter, als es
selbst ihre Mutter in den wildestenTräumen erhofft hatte. Leela
war bereits ein kommender Star,Indiens neues Dreamgirl, das das
schlüpfrige lingamder Mumbai-Filmwelt erklomm wie das Kind
beim Seiltrick des Zauberers. Doch Leelas Mutter hatte zwar die
meisten Eventualitätenvorausbedacht, dabei aber nicht den Fortschritt
der Technik als Faktor desKarriereplans ihrer Tochter berücksichtigt.
Mrs. Zahir war ganz entschieden keintechnisch denkender
Mensch.
Und so kam sich Leelaschließlich verhext vor, als das Mädchen
mit den roten Schuhen, das zumWeitertanzen verdammt war, bis
die Füße bluteten oder derBildschirm zu schmutzigen ASCIIText-
Blüten erstarrte. Doch trotz allem, wasihre Mutter sich gedacht
haben mochte, war Leelas Wirkung nur oberflächlich. Die
wahre Aktion fand in den Eingeweidendes Codes statt: als eine
Kaskade von Rechenoperationen, vonIterationen und Löschungen,
eine unsichtbare Infektion durchEinsen und Nullen. Leela
machte auf holi,und der an ihrem Körper klebende Sari lenkte die
Aufmerksamkeit von der Maschinerieab, die unter ihrer Haut am
Rotieren war.
Eine Verkettung von Ursache undWirkung? In Leelas Sommer
lagen die Dinge nicht so einfach. Eswar eine Zeit topologischer
Seltsamkeiten, von Schleifen undKnoten, endlosen Aktionsbän-
dern und von innen nach außen gestülptenReaktionszylindern,
die so total durcheinander war, dasses fast unmöglich ist, einen
Ausgangspunkt festzustellen.
Morgenlicht sickert durch Jalousien.
Ein Kinopublikum sieht eine Träneüber ein riesiges Gesicht
rinnen.
Ein Wecker piept. Stöhnen undlangsame Entknotung von
Gliedmaßen.
Sie schaltet ihren Computer aus.
Sie sitzen zusammen in einem Taxi.
Es wird sich gekrümmt, nach untengebeugt.
Sie dreht ihren Stuhl zum Fensterherum und
jemand im Parkett macht lauteKussgeräusche
schlechte Haltung
Zwischen den beiden ein Spalt vonfünf Zentimetern
sie beißt noch einmal von ihremSandwich ab.
Gelächter
die Haltung eines jungen Mannes, dervor einem Büroturm in
New Delhi steht.
Ein willkürlicher Sprung ins System.
Mit rundem Rücken bleibt er einenAugenblick stehen und
steckt einen Finger in den Kragenseines neuen Polycottonhemds.
Der Kragen ist zu eng.
Der ConnaughtPlace um ihn herum brodelte vor Leben. Büroangestellte,
ausländische Rucksacktouristen,Botenund Damen auf
dem Weg zum Mittagessen rempeltensich an Bettlern vorbei,
bahnten sich im Zickzack den Wegdurch den Verkehr und flitzten
beim PalikaBazaar rein und raus wie Teilnehmer eineswahnsinnigen
Spiels. Einen Moment lang war Arjun Mehta, Opfer seiner
Zögerlichkeit, die einzigeunbewegliche Gestalt in der Menge.
Er war aus ziemlicher Entfernungsichtbar, ein langer magerer Ste-
cken von einem Jungen, der sich einwenig zusammenkrümmte,
bevor er in das Gebäude eintrat.Sein bebendes Gesicht hatte den
Ausdruck sanfter Verwirrung, wasaber durch eine Metallbrille
halb verborgen wurde, deren Gläservon Fingerabdrücken verschmiert
waren. Den Versuch, die Autoritätüber seine Oberlippe
zu behaupten, unternahm einflaumiger Schnurrbart. Während
Arjun an seinem Kragen herumpolkte, zuckte das Bärtchen nervös,
ein kleines, erschrocken auf einerLichtung verhaltendes Tierchen.
Als er sich endlich so klein fühlte,wie es ihm nur möglich war,
klemmte er sich seine Zeugnismappevor die Brust,gab dem chowkidar
sein Anliegen kund und wurde dieTreppe hinauf in die klimatisierte
Kühle eines Bürofoyers gewinkt.
Marmor unter seinen Sohlen. DerVerkehrslärm plötzlich gedämpft.
In der Anmeldung saß eine Rezeptionistin. Eine Reihe Uhren
über ihr, Relikte der optimistischenJahre um 1960, zeigten die
Zeit in wichtigen Weltstädten. NewDelhi schien New York nur
um zwei Stunden voraus zu sein undTokio nur um eine hinterher.
Unwillkürlich berechnete Arjun, wie sehr die Welt durch diesen
Irrtum geschrumpft war, aber da erdie Variablen nicht mal annähernd
genau einschätzen konnte, verlorsich der Gedanke wieder.
Einen oder zwei Augenblicke langhing das Bild in seinem Gehirn
herum: der Globus, der sichzusammenzieht wie ein Strandball,
dem die Luft ausgeht.
Er wurde in seinen Gedanken voneinem Putzmann unterbrochen,
der ihm mit einem Mopp über dieFußspitzen fuhr. Er
sah den Mann finster an, derunverfroren zurückstarrte und seinen
Weg durch das Foyer ungerührtfortsetzte. Die Rezeptionistin
in der Anmeldung wies Arjun den Weg zu einer Reihe von
Aufzügen. Er stieg in der achtenEtage aus und suchte in dem
Korridor nach der Bürosuite E. Immerpanischer lief er hin und
her.
© Verlagsgruppe Random House
Übersetzung: Benjamin Schwarz
Benjamin Schwarz, geb. 1937 in Schlesien, Germanistik- und Kunststudium in Göttingen und Berlin. An der FUB wissenschaftlich tätig, seit 1975 Übersetzer diverser Autoren.
- Autor: Hari Kunzru
- 2005, 1, 347 Seiten, Maße: 14,5 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Schwarz, Benjamin
- Verlag: Blessing
- ISBN-10: 3896671960
- ISBN-13: 9783896671967
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