Hamma wieder was gelernt
Über das Erwachsenwerden. Originalausgabe
Selbstironische Analyse des Erwachsenwerdens - vom "Opa des Jugendfernsehens".
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Hamma wieder was gelernt “
Selbstironische Analyse des Erwachsenwerdens - vom "Opa des Jugendfernsehens".
Klappentext zu „Hamma wieder was gelernt “
Wenn Opa in die Disco geht.In Sneakers zur Arbeit, die Nacht im Club durchtanzen, mit vierzig noch aufs Open-Air-Festival - MTV-Frontman Markus Kavka fragt sich: Wann kommt der Zeitpunkt, an dem ich so alt aussehe und mich so alt fühle, wie mein Geburtsjahr es nahelegen würde? Was bedeutet es, wenn die eigenen Eltern alt werden, Rentenfonds attraktiv erscheinen und einen die ersten Zipperlein ins Fitnessstudio treiben?
Eine selbstironische Analyse des Erwachsenwerdens - vom "Opa des Jugendfernsehens".
Lese-Probe zu „Hamma wieder was gelernt “
Hamma wieder was gelernt von Markus KavkaLESEPROBE
Vorwort
« Hamma wieder was gelernt!»
Mit dieser Feststellung pflege ich mich seit nunmehr über zehn Jahren am Ende meiner Sendungen im Fernsehen zu verabschieden. Die einen deuten diesen Satz als pure Ironie, die anderen würden zugeben, tatsächlich irgendwas gelernt zu haben, natürlich unter den gegebenen Umständen.
Ich habe diese Worte von meinem ehemaligen Lateinlehrer übernommen. Der konnte das mit Fug und Recht am Ende jeder Unterrichtsstunde behaupten.
Dieses Buch handelt in großen Teilen vom Erwachsenwerden. Ob ich das bin - erwachsen? Gegenfrage: Bin ich es nicht, wenn ich mir die Frage nach dem Warum mindestens genauso oft stelle, wie ich sie beantworte? Wenn es nach mir geht, kann das gerne für immer so bleiben. Hoffentlich gehen dem Leben nie die Fragen aus, hoffentlich habe ich niemals das Gefühl, alles zu wissen. Es ist die Unwissenheit, die Neugierde, die einen antreibt, und bestimmt werde ich mit jeder Frage, die beantwortet wird, ein Stück erwachsener. Ob es das berühmte Ende der Fahnenstange jemals geben wird, vermag ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht zu sagen. Was ich merke: Ich werde zunehmend als Fachmann in Altersfragen konsultiert, wahrscheinlich als der Typ, der genau zwischen den Stühlen sitzt. Im Frühjahr gab es da beispielsweise diese ARD-Themenwoche mit dem Titel «Mehr Zeit zu leben - Chancen einer alternden Gesellschaft». Und weil ich in Berlin bei Radio Eins, also einem ARD-Sender, eine Popkultur-Radiokolumne mache, sollte auch ich mich darin zur Sache äußern, und zwar im Hinblick auf nicht altern wollende Rockstars.
Als Erste fallen einem da die Rolling Stones ein. Mick Jagger wird zwar dieses Jahr 65 und muss bei Konzerten die Texte und den jeweiligen Auftrittsort vom Teleprompter ablesen, dennoch springt er auf der Bühne nach wie vor
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herum wie ein 18-Jähriger. Auch die Herren von Kiss, Led Zeppelin, The Police oder Genesis beweisen in diesen Tagen, dass sie nur auf dem Papier am Rentneralter kratzen. Ob man das noch braucht, ist eine andere Frage. Meinetwegen dürfen die Rockopas gerne von ihren Zivis rausgeschoben werden und Platz für junge Bands machen.
Andererseits sollte ich, der ich im Glashaus sitze, nicht mit Steinen werfen, denn auch mit 40 noch bei MTV zu moderieren und in Clubs aufzulegen und rumzuhängen, zeugt eindeutig von einer gewissen Weigerung, erwachsen zu werden. Aber damit stehe ich ja nun beileibe nicht alleine da. Am vergangenen Wochenende habe ich mit Westbam, 43, aufgelegt, letzte Woche spielte Sven Väth, ebenfalls 43, in Berlin. Als ich um 9 Uhr 30 auf dem Weg in die Arbeit (na, immerhin!) am betreffenden Club vorbeifuhr, war dort immer noch Betrieb. Irgendwie ist er an mir vorbeigerauscht, dieser bürgerliche Lebensbauplan, der für einen vorsieht, mit Mitte 20 zu heiraten und kurze Zeit später Kinder zu bekommen und ein Haus zu errichten, das Ganze selbstverständlich gestützt von einer festen Anstellung mit vernünftigem Einkommen. Stattdessen habe ich in den letzten zwanzig Jahren die Unrast und latente Verwirrtheit der Jugend zur Tugend gemacht und finde es vollkommen in Ordnung, kaum Sicherheiten und feste Größen in meinem Leben zu haben und nicht zu wissen, was übermorgen sein wird. Egal, solange es zumindest morgen so lustig ist wie gestern.
Pappenheimer wie ich sind längst zum Forschungsgegenstand von Sozialwissenschaftlern geworden. In England ist beispielsweise der Terminus «middle youth» etabliert. Er wird Menschen zwischen Ende 20 und Anfang 40 zugeschrieben, die einerseits zu alt sind, um noch als Jugendlicher durchgewunken zu werden, sich andererseits aber auch noch zu jung geben, um als Person mittleren Alters zu gelten. Für mich wäre zusätzlich noch der Ausdruck «kidult» zutreffend, weil ich mir als Mensch im fortgeschrittenen Alter noch typische Jugendvergnügungen und -verhaltensweisen gönne.
Habe ich eigentlich irgendetwas gelernt, seit ich volljährig und damit auf dem Papier erwachsen bin? Die beiden traditionellen Großbaustellen des Lebens - Arbeit und Beziehung - sind nach wie vor immer für eine Überraschung gut. Ich kann nicht sagen, wie genau ich nächstes Jahr meinen Lebensunterhalt verdiene. Vielleicht genauso wie jetzt, vielleicht ganz anders, vielleicht aber auch gar nicht. In den Medien geht doch immer alles so schnell. Heute hü, morgen hott.
Und vielleicht habe ich nächstes Jahr ein Haus und ein Kind, vielleicht aber auch nicht. Da will ich weder meine Freundin noch mich unter Druck setzen. Eilt ja nicht, bin ja noch kidult. Außerdem heiraten deutsche Männer im Schnitt erst mit 37, da bin ich also gar nicht so spät dran.
Aber wann kommt er denn nun, der Punkt, an dem ich so alt aussehe und mich so alt fühle, wie mein Geburtsjahr es nahelegen würde? Laufe ich am Ende Gefahr, meine middle youth bis ins Greisenalter auszudehnen? Irgendwann werde ich unweigerlich zu betagt sein, als dass Leute, die dreißig Jahre jünger sind als ich, noch mit mir spielen wollen. Womöglich ende ich in einer Jugendlichkeits-Gang, in der man sich mit 55 gegenseitig noch die heißesten Electroscheiben vorspielt, und sitze nebenbei noch in der Jury von DSDS. Mutiere ich irgendwann zu einem chronisch jung gebliebenen, operierten und Viagra fressenden Zombie, quasi einem Bastard aus Thomas Gottschalk, Mickey Rourke und Ozzy Osbourne, einem Dorian Gray 2.0? So weit muss es dann doch nicht kommen.
irgendwann wird das, was ist, und das, was unweigerlich kommt, sich vermischen, womöglich wanke ich eines Tages um 8 Uhr morgens aus der Disco direkt zur Prostatauntersuchung. Aber noch scheint Letzteres so weit weg, noch schlucke ich eher Aspirin gegen Kater als Granufink gegen Blasenschwäche, noch will ich meine Sneakers nicht gegen Herrenslipper tauschen.
Ich darf das, den 68ern sei Dank. Denn waren nicht sie es, die die tradierten Rollenmuster aufgebrochen und das Erwachsenwerden von bürgerlichen Normen befreit haben? Reife und Selbstfindung sind längst relativ, denn finde ich mich heute nicht, finde ich mich gewiss morgen. Wenn nicht, auch nicht so schlimm.
Anfang 20 hatte ich wesentlich konkretere Vorstellungen davon, wie mein Leben aussehen könnte, als dies heute der Fall ist. Damals war für mich klar, dass dem zügig beendeten Studium rasch ein guter Job, eine Familie und eine feste, am besten eigene Bleibe folgen sollten. Jetzt gibt es ihn nicht mehr, diesen Masterplan. Und darüber bin ich noch nicht mal unglücklich, denn von all dem, was an seine Stelle getreten ist, möchte ich nichts missen. Nur: Wie lange trifft diese Aussage noch zu?
Ein Kumpel, er ist etwa in meinem Alter, wurde kürzlich Vater. Ich kannte ihn als einen sehr aktiven Teilnehmer am Berliner Nachtleben, und als ich ihn fragte, wie er denn seinen neuen Lebensabschnitt mit den alten Gewohnheiten zu vereinen gedenke, antwortete er: «Weißte, Markus, mittlerweile kenne ich wirklich jedes Arschloch in jedem Scheißclub dieser Stadt. Irgendwann reicht's dann auch mal.»
© Rowohlt Verlag
Andererseits sollte ich, der ich im Glashaus sitze, nicht mit Steinen werfen, denn auch mit 40 noch bei MTV zu moderieren und in Clubs aufzulegen und rumzuhängen, zeugt eindeutig von einer gewissen Weigerung, erwachsen zu werden. Aber damit stehe ich ja nun beileibe nicht alleine da. Am vergangenen Wochenende habe ich mit Westbam, 43, aufgelegt, letzte Woche spielte Sven Väth, ebenfalls 43, in Berlin. Als ich um 9 Uhr 30 auf dem Weg in die Arbeit (na, immerhin!) am betreffenden Club vorbeifuhr, war dort immer noch Betrieb. Irgendwie ist er an mir vorbeigerauscht, dieser bürgerliche Lebensbauplan, der für einen vorsieht, mit Mitte 20 zu heiraten und kurze Zeit später Kinder zu bekommen und ein Haus zu errichten, das Ganze selbstverständlich gestützt von einer festen Anstellung mit vernünftigem Einkommen. Stattdessen habe ich in den letzten zwanzig Jahren die Unrast und latente Verwirrtheit der Jugend zur Tugend gemacht und finde es vollkommen in Ordnung, kaum Sicherheiten und feste Größen in meinem Leben zu haben und nicht zu wissen, was übermorgen sein wird. Egal, solange es zumindest morgen so lustig ist wie gestern.
Pappenheimer wie ich sind längst zum Forschungsgegenstand von Sozialwissenschaftlern geworden. In England ist beispielsweise der Terminus «middle youth» etabliert. Er wird Menschen zwischen Ende 20 und Anfang 40 zugeschrieben, die einerseits zu alt sind, um noch als Jugendlicher durchgewunken zu werden, sich andererseits aber auch noch zu jung geben, um als Person mittleren Alters zu gelten. Für mich wäre zusätzlich noch der Ausdruck «kidult» zutreffend, weil ich mir als Mensch im fortgeschrittenen Alter noch typische Jugendvergnügungen und -verhaltensweisen gönne.
Habe ich eigentlich irgendetwas gelernt, seit ich volljährig und damit auf dem Papier erwachsen bin? Die beiden traditionellen Großbaustellen des Lebens - Arbeit und Beziehung - sind nach wie vor immer für eine Überraschung gut. Ich kann nicht sagen, wie genau ich nächstes Jahr meinen Lebensunterhalt verdiene. Vielleicht genauso wie jetzt, vielleicht ganz anders, vielleicht aber auch gar nicht. In den Medien geht doch immer alles so schnell. Heute hü, morgen hott.
Und vielleicht habe ich nächstes Jahr ein Haus und ein Kind, vielleicht aber auch nicht. Da will ich weder meine Freundin noch mich unter Druck setzen. Eilt ja nicht, bin ja noch kidult. Außerdem heiraten deutsche Männer im Schnitt erst mit 37, da bin ich also gar nicht so spät dran.
Aber wann kommt er denn nun, der Punkt, an dem ich so alt aussehe und mich so alt fühle, wie mein Geburtsjahr es nahelegen würde? Laufe ich am Ende Gefahr, meine middle youth bis ins Greisenalter auszudehnen? Irgendwann werde ich unweigerlich zu betagt sein, als dass Leute, die dreißig Jahre jünger sind als ich, noch mit mir spielen wollen. Womöglich ende ich in einer Jugendlichkeits-Gang, in der man sich mit 55 gegenseitig noch die heißesten Electroscheiben vorspielt, und sitze nebenbei noch in der Jury von DSDS. Mutiere ich irgendwann zu einem chronisch jung gebliebenen, operierten und Viagra fressenden Zombie, quasi einem Bastard aus Thomas Gottschalk, Mickey Rourke und Ozzy Osbourne, einem Dorian Gray 2.0? So weit muss es dann doch nicht kommen.
irgendwann wird das, was ist, und das, was unweigerlich kommt, sich vermischen, womöglich wanke ich eines Tages um 8 Uhr morgens aus der Disco direkt zur Prostatauntersuchung. Aber noch scheint Letzteres so weit weg, noch schlucke ich eher Aspirin gegen Kater als Granufink gegen Blasenschwäche, noch will ich meine Sneakers nicht gegen Herrenslipper tauschen.
Ich darf das, den 68ern sei Dank. Denn waren nicht sie es, die die tradierten Rollenmuster aufgebrochen und das Erwachsenwerden von bürgerlichen Normen befreit haben? Reife und Selbstfindung sind längst relativ, denn finde ich mich heute nicht, finde ich mich gewiss morgen. Wenn nicht, auch nicht so schlimm.
Anfang 20 hatte ich wesentlich konkretere Vorstellungen davon, wie mein Leben aussehen könnte, als dies heute der Fall ist. Damals war für mich klar, dass dem zügig beendeten Studium rasch ein guter Job, eine Familie und eine feste, am besten eigene Bleibe folgen sollten. Jetzt gibt es ihn nicht mehr, diesen Masterplan. Und darüber bin ich noch nicht mal unglücklich, denn von all dem, was an seine Stelle getreten ist, möchte ich nichts missen. Nur: Wie lange trifft diese Aussage noch zu?
Ein Kumpel, er ist etwa in meinem Alter, wurde kürzlich Vater. Ich kannte ihn als einen sehr aktiven Teilnehmer am Berliner Nachtleben, und als ich ihn fragte, wie er denn seinen neuen Lebensabschnitt mit den alten Gewohnheiten zu vereinen gedenke, antwortete er: «Weißte, Markus, mittlerweile kenne ich wirklich jedes Arschloch in jedem Scheißclub dieser Stadt. Irgendwann reicht's dann auch mal.»
© Rowohlt Verlag
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Autoren-Porträt von Markus Kavka
Markus Kavka, Jahrgang 1967, ist seit anderthalb Jahrzehnten das Gesicht des deutschen Musikfernsehens. Seit 2009 ist er mit Sendungen beim ZDF, Kabel 1 und MySpace zu sehen. Da er ursprünglich aus dem Printbereich kommt, blieb er der Schreiberei stets verbunden. So erschienen von ihm die Kolumnensammlungen 'Elektrische Zahnbürsten' und 'Hamma wieder was gelernt' sowie das Gesprächsbuch 'Mach mir mal ´ne Nudelsuppe'. 'Rottenegg' ist sein erster Roman.
Bibliographische Angaben
- Autor: Markus Kavka
- 2008, 3. Aufl., 176 Seiten, Maße: 12,6 x 18,9 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Rowohlt TB.
- ISBN-10: 349962379X
- ISBN-13: 9783499623790
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