Hilf Dir selbst

Nur,manchmal ist das Besondere, Schöne, Starke, Glückliche, Leichte in uns ziemlichverschüttet. Die Ur­sachen dafür reichen von negativen Einflüssen in der Kindheit,schlechten Erfahrungen, Schicksalsschlägen bis zu stressigen Situationen. Meistkönnen wir gar nichts dafür, es hat uns einfach getroffen. Das ist zwar traurig,aber trotzdem kein Grund, sich als armes Opfer zu bemitleiden. Es gibt nämlicheinen Weg aus Frust und Krisen, und der heißt: aktiv etwas dagegen zu tun.

Auf einemKongress lernte ich Dr. William Glasser kennen, Psychiater, Psychologe undBegründer der Re­alitätstherapie. Er hat in den USA mit Tausenden von depressivenMenschen gearbeitet. Mit solchen, die null Lebensfreude hatten und morgens garnicht mehr aus dem Bett wollten. Sein Erfolgsrezept bestand darin, sie wiederzum Handeln zu bringen. Eine Patientin fragte er listig, was sie denn frühergerne getan hätte. »Ich habe Patchworkdecken gemacht«, sagte sie traurig. »Aberdazu habe ich gar keine Energie mehr.« Glasser verein­barte mit ihr, dass sieihm als Honorar für seine ärztli­chen Bemühungen eine Patchworkdeckeherstellte. Dar­auf ließ sich die Frau ein - und kam durch die Näharbeit Schrittfür Schritt aus ihrer inneren Lähmung. Glassers Beispiel hat mich sehrbeeindruckt. Auch wenn ich in meiner Praxis keine ähnlichen Tauschgeschäfteeinge­führt habe, kann ich nur bestätigen: Bewegung hilft. In Form vonkonkreten Aktivitäten, ebenso als Verände­rung im Kopf. Schließlich sind diemeisten Gedanken vorweggenommene Handlungen. Wenn Sie wissen, wel­che Art zudenken und zu handeln Ihnen wirklich nutzt, dann können Sie Probleme lösen,Stimmungen wechseln, sich gegen nervige Mitmenschen schützen. Was immer Siebedrückt, es gibt effektive Methoden, damit umzuge­hen oder es sogaraufzulösen.

Vorausgesetzt,Sie wollen wirklich und sind bereit, et­was dafür zu tun. Geschenkt gibt es dasnämlich nicht. Ich werde immer wütend, wenn Motivations-Gurus mündlich oderschriftlich vermitteln, mit ein paar sug­gestiven Formeln könne man von derEnte zum Adler mutieren. Schwestern, das ist Arbeit! Sie erfordert vor allemGeduld und Disziplin. Ich weiß, eigentlich möch­ten wir es alle lieber leicht.Aber ich kann nicht lügen. Dafür dürfen Sie mir auch glauben, wenn ich Ihnen verspreche:Mit den folgenden Anleitungen werden Sie Erfolg haben. Ich bin mir da sosicher, weil sie schon vielfach ausprobiert worden sind. Die meisten dieser Anleitungenhabe ich nicht speziell für dieses Buch ge­schrieben. Viele von ihnen sind inden letzten Jahren in der Zeitschrift »Brigitte« erschienen. Unter Überschrif­tenwie »Psycho-Training«, »Die große Krise« oder als praktische To-do-Liste zuDossiers. Klar, dass dazu jede Menge Leserbriefe kamen. Die bestätigten mir,was ich aus meiner psychologischen Praxis und aus meinem ei­genen Alltag weiß:Es funktioniert. Besonders gefreut habe ich mich über die persönlicheRückmeldung einer 40-jährigen Buchhändlerin. Nach einer Lesung nahm sie michbeiseite und sagte: »Ich habe mir Ihre Anleitung aus dem Heft gerissen und inden Küchenschrank gehängt. Immer wenn dieses Problem wieder auftauchte, habeich nochmal nachgelesen, was ich dagegen tun kann. Und jetzt habe ich esüberwunden.«

Sie könnendavon ausgehen, dass die vor Ihnen liegen­den Anleitungen »Psycho-TÜV« geprüftsind. Es han­delt sich um eine Art »Best of ...« meiner langjährigen Erfahrungals Psychotherapeutin und Coach. Von daher werden Sie auch einiges wiederfinden, was ich schon in anderen Büchern erläutert habe. Weil es nun mal diebes­ten Methoden sind und sie hier nicht fehlen dürfen.

BeimDurchblättern haben Sie gewiss schon festge­stellt, dass es sich um eine ArtHandbuch handelt. Zu verschiedenen Problemen können Sie gezielt nachschla­genund finden, was Ihnen weiterhilft. Ich verwende im Titel an Stelle von»Strategien« oder »Techniken« be­wusst das Wort »Rezepte«. Wie beim Kochenkönnen Sie nämlich alle Zutaten streng nach Anweisung benut­zen. Oder Siepicken sich das für Sie persönlich Passen­de heraus, lassen sich anregen undkochen Ihr eigenes Süppchen.

Kannnatürlich sein, dass Sie sagen: -Hilf dir selbst ist ja gut und schön, aber ichfürchte, ich schaffe es nicht alleine. Mein Problem ist so groß, dass ichlieber eine Psychotherapie machen oder mir einen Coach nehmen möchte. « Völligin Ordnung, vorausgesetzt, Sie finden einen kompetenten Menschen, zu dem SieVertrauen haben können und der eine für Ihr Problem passende Methode anwendet. AlsPsychotherapeutin weiß ich, dass das ein guter und gründlicher Weg ist. Miteinem geschulten Gegenüber in geschütztem Raum geht es viel­leicht schnelleroder sicherer. Doch soll ich Ihnen ein Ge­heimnis verraten? Sogar dort könnenSie sich nur selbst helfen. Die beste Therapeutin und der beste Therapeut erreichennichts, wenn Sie es nicht wollen. In den ersten Jahren meiner Berufspraxis warich tief deprimiert, wenn sich ein Klient im Laufe der Therapie nicht genügend veränderte.Ich war fest davon überzeugt, dass das nur an meiner noch unzureichendenErfahrung liegen konn­te. Also packte ich weitere Zusatzausbildungen drauf, nahman Fortbildungen zu Themen von narzisstischer Störung bis Kriseninterventionteil, tauschte mich in Supervisionsgruppen aus. Trotzdem gab es immer nochKlienten, an denen ich mir auch bei größtem Einsatz die Zähne ausbiss, undandere, bei denen ein nebenbei geäu­ßerter Satz genügte, um eine wundersameVerwandlung zu bewirken. Was glauben Sie, warum? Weil man nie­manden verändernkann, außer sich selbst. Ich biete dazu gute und wirkungsvolle Hilfsmittel an -aber die nutzen können allein Sie. Und Sie sind dazu fähig! Schließlich sindSie die allerbeste Expertin für sich selbst. Niemand kennt Sie so gut wie Sie.Sie sind klug. Sie sind stark. Sie besitzen den nötigen Willen. Das gilt auchdann, wenn Sie bei Schokolade immer wieder schwach werden oder es nichtschaffen, mit dem Rauchen aufzuhören. Dann wollen Sie eben nicht eindeutig,sondern haben zwei See­len in der Brust. Selbstverantwortung heißt die Zauber­formel.

Wenn wir,Sie und ich, uns in diesem Buch treffen, dann sind wir ein ideales Team: Ichstelle Ihnen meine Erfahrung zur Verfügung, welche bewährten Schritte Problemelösen oder Veränderung bewirken - und Sie setzen Ihren festen Willen und IhreEnergie ein. Wäre doch gelacht, wenn wir das nicht zusammen - nein, wenn Siedas nicht selbst schaffen!

© S.Fischer Verlag GmbH

Sehr hoch. Und das ist keineSelbstüberschätzung von mir. Alle Tests in „Hilf dirselbst“ sind bereits früher in Zeitschriften erschienen und ichhatte schon zahlreiche Rückmeldungen von Leuten, die sie gemacht haben.Vielen tat es gut, sich in ihrer Selbsteinschätzung bestätigt zufühlen oder sich endlich einordnen zu können. Alle meine Tests habeneine wissenschaftliche Grundlage. Diese Grundlage habe ich durch kreative Fragenin psychologische Testspiele verwandelt.

Hin und wieder raten SieIhren Lesern, Hilfsmittel wie das Pendel anzuwenden. Sind Sie Esoterikerin?

Nein. Ich bin offen für alle psychologischenMöglichkeiten. Aber in dem Punkt bin ich sehr vorsichtig. Ich würdeniemals meine Patienten zu irgendwelchen Gurus schicken oder ähnliches.Das Pendeln ist keine esoterische Sache, sondern ein Weg um dasUnterbewusstsein anzusprechen und mit ihm in Kontakt zu treten. Für vieleMenschen ist es außerdem ein kreativer Weg um sich selbst besser kennenzu lernen.

Welches ist die wichtigsteBotschaft in „Hilf dir selbst“?

„Einbesseres Leben ist möglich, wenn du es willst“. Natürlich istnicht immer alles im Leben machbar. Und nicht immer ganz allein. Oft funkt auchdas Schicksal dazwischen. Aber ich will den Lesern zeigen, dass sie vieles inihrem Leben verbessern und manches grundlegend ändern können. Ichsage nicht, dass mein Buch alle Probleme löst. Aber es könnte einentscheidender Schritt zur Veränderung sein.

Ab welchem Punkt kann auchIhr Buch nicht mehr helfen?

Ich denke, dasspürt man selbst. Wenn man alle Anleitungen befolgt, aber es klappteinfach nicht. Wenn man keine Kraft hat, sie zu befolgen. Oder wenn die eigenenProbleme so übermächtig sind, dass man sie einfach nicht in den Griffbekommt. Das Buch ist nicht für Menschen mit schweren psychischen Leidengedacht. Es ist ein Nachschlagewerk für Leute, die prinzipiell gesundsind, aber Probleme haben.

Befolgen Sie selbst dieRatschläge, die Sie Ihren Lesern geben?

Alles, was ich in dem Buch aufgeschrieben habe, benutzeich auch selbst. Ich gebe nur weiter, was sich auch bei mir bewährt hat.Natürlich sind auch Psychologen keine Übermenschen, aber wenn ichmich im entscheidenden Augenblick an meine Werkzeuge erinnere, dann helfen siemir immer.Die Fragen stellte Regina Buckreus / lorenzspringer medien