Hohe Tannen
Ein witzig-hintersinniger Roman über Aufbruch und Neubesinnung<br /><br />Als Zicki das Familienunternehmen von ihren Eltern erbt, lässt sie ihr Sehnsuchtsland Italien und ihre wechselnden Verlobten hinter sich und kehrt mit wehenden...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Hohe Tannen “
Ein witzig-hintersinniger Roman über Aufbruch und Neubesinnung<br />
<br />Als Zicki das Familienunternehmen von ihren Eltern erbt, lässt sie ihr Sehnsuchtsland Italien und ihre wechselnden Verlobten hinter sich und kehrt mit wehenden Fahnen nach Hohe Tannen, einem biederen Örtchen im Harz, zurück. Auch die Freunde ihrer Jugend - alle in jenem Alter, wo es auf der Kippe steht, ob sie noch einmal wild werden oder sich bescheiden - trudeln einer nach dem anderen wieder ein und wetteifern nun darum, ein wenig Leben in die Waldesruh zu bringen ...<br />
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Klappentext zu „Hohe Tannen “
Endlich einmal in aller Ruhe befreundet sein zu dürfen - eines Freundes Freund zu sein, das ist doch nicht zuviel verlangt? Vielleicht sogar mehrerer Freunde Freund - schließlich heißt es ja auch: Freunde kann man nie genug haben. Es ist nicht zuviel verlangt, doch es verlangt viel, stellen die Freunde bald nach ihrer Heimkehr fest.Denn nun ist wieder eine andere Zeit, und einer nach dem anderen sind sie zurückgekehrt. Sie sind wieder zu neunt, wahrlich ein großer Wurf! Und wenn es auch stimmt, daß neun Hirne mehr denken als eins, neun Herzen gewaltiger schlagen, so gibt es doch auch neunmal soviele Probleme, neunmal soviel Aufregung, wie sollte es anders sein? Und so denkt Hedel, dieses Wundertier von einer Haushälterin, als sie an ihrem Herd steht, ein Festessen vorbereitet und dabei auf den Hof der Sägewerksvilla hinabblickt, zu recht: "Wenn Menschen in diesem Alter sind, wo es auf der Kippe steht, ob sie noch einmal wild werden oder sich bescheiden, kann man wohl kaum Ruhe erwarten. Irgendetwas brennt immer beinahe an." Das eine oder andere Bild kommt ihr dabei in den Sinn, das der Mensch für das Leben gefunden hat, etwa das vom Leben als Bühne, das Bild vom ollen Puppenspieler mit seinen Fäden, an denen das Ganze hängt - hat nicht auch der luzideste Puppenspieler einmal so einen Moment, da er Arm denkt und Bein zieht, mit dem denkbar unordentlichen Ergebnis? "Aber", überlegt Hedel und rettet rasch einen Topf vor dem Anbrennen, Kalbsgulasch, sehr schön in der Farbe, "heißt es nicht auch: Mutige Menschen mittleren Alters werden mit so etwas fertig?" Und verheißt das dem Leser des Romans "Hohe Tannen" nicht einen neunfach glimpflichen Ausgang?
Lese-Probe zu „Hohe Tannen “
Gehab dich wohl, Backala Auf dem Weg von Gos hinauf in die kleinen Bergorte macht die Straße einmal einen scharfen Bogen, auf den man gefaßt sein oder doch wenigstens in nüchternem Zustand zufahren sollte. In der Nacht zumal. Denn dort, noch in der Kurve, stehen hohe Tannen. Schöne Tannen für den, der Tannen mag. Für Robert war das nichts, dachte seine Schwester Siegrid manchmal, wenn sie an ihnen vorüberfuhr. Robert hätte gern freie Sicht gehabt. Er hätte das ganze Gestänge gern umgeholzt. Vielleicht hatte aus ihm aber auch nur der Sohn des Sägewerksbesitzers gesprochen, dessen Existenz ihre Grundlage nun einmal darin hat, daß der Wald zu Holz wird. Lange hatte Robert Backla den hohen Tannen allerdings nicht nach dem Leben trachten können, denn noch ehe er sich entschieden hatte, ob er erst studieren und danach in das Sägewerk seines Vaters eintreten oder das ohne weitere Umschweife tun wollte, hatte es ihn in einer pechschwarzen Märznacht auf der Rückfahrt von Gos aus der Kurve getragen. Gleich nach dem Abitur war das gewesen, als er, das Anfängerschild noch an der Scheibe des alten Volkswagens, der ihm und seiner Schwester gemeinsam gehörte, auf den scharfen Bogen nicht gefaßt gewesen oder, so wurde behauptet, nicht ganz nüchtern zugefahren war.Robert Backla, den seine Freunde Backala oder Backa nannten, war also knapp zwanzigjährig ein Opfer der Bäume geworden, wie noch stets behauptet wird, wenn der Mensch in seinem Übermut an deren naturgegebener Unbeweglichkeit zerschellt.
Seit jener Zeit kündeten ein hölzernes Kreuz und ein Blumengebinde am Fuß der hohen Tannen von der Unfaßbarkeit seines Todes, kündeten und kündeten, und allwöchentlich über Jahre und Jahrzehnte hinweg wurden die welkenden Blumen durch frische ersetzt.
Aber das sind ja schon hunderte von Sträußen! ging Siegrid Backla auf einer ihrer Heimfahrten, Roberts Tod lag genau zehn Jahre zurück, plötzlich auf. Hunderte von Sträußen, und irgendwann werden es tausende sein! Und dann dieses
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hölzerne Kreuz, dachte sie, während sie am Ortsschild von Hohe Tannen in die kleinere Straße bog. Unfaßbar. Sie würde ihre Eltern einmal fragen. Wenn nicht bei diesem dann bestimmt beim nächsten oder übernächsten Besuch.
In den ersten Tagen nach Robert Backlas Tod hatte immer wieder ein einheimisches Fahrzeug mit diesem obskuren Kennzeichen auf dem schmalen Seitenstreifen am Ende der Feuerschneise gehalten, wo die fünf Tannen standen. Meist war ein Paar oder ein Grüppchen ausgestiegen und hatte in jenem naßkalten März, stehend im Nieselregen, auf das hölzerne Kreuz niedergeblickt. Stumm hatten die Freunde den feuchten Handschuh an den Mund gepreßt oder sich auf die Lippe gebissen, und es waren auch wieder Tränen geflossen. Der eine oder andere hatte es mit einem Scherz versucht, wie er dem Freund, stellten sie sich jedenfalls vor, hätte gefallen können - warum nicht auch jetzt? Wer wollte das wissen? Ach, Backa, nun sag schon, wo steckst du denn jetzt? Sie hatten sich geschworen, ihn nicht zu verlassen - doch das war schwer, merkten sie nun am Fuß der Tannen, sehr schwer. Daß man Blumen an seinem Kreuz niederlegte, ja, das war einfach, enge Angehörige machten das so, und die Mädchen hatten anfangs ihre Sträußchen dazugelegt und noch ein wenig daran herumgezupft, doch wenn sie sich wieder aufrichteten, war da wieder dieses Gefühl der Hilflosigkeit gewesen. Sie waren nun einmal keine engen Angehörigen, und das Unfaßbare, die Ungeheuerlichkeit, daß Robert in einem Alter gestorben war, in dem man nicht sterben durfte - in ihrem Alter -, hatte sie stumm gemacht.
Und dann gingen die meisten von ihnen fort, und sie verließen ihn doch, wie sie alles verließen, ihr Zuhause, ihren Heimatort, ihre Familie, die Freunde, die Lebenden und die Toten, alles und alle. Für lange Jahre rückte, was früher das Nahe gewesen war, in weite Ferne. Und wenn sie sich einmal umwandten, sah das alles so abgetan aus, alles so eng und so dicht beieinander und von grauen Wolken verhangen. Die regenschweren hohen Tannen, das nässeglänzende Kreuz an ihrem Fuß, das war alles so aus der Welt, und so waren ihre Besuche in Hohe Tannen meist kurz, und sie hielten nicht mehr bei Backalas Kreuz.
Und die Daheimgebliebenen? Sie warfen, wenn sie die Fahrt in der scharfen Biegung verlangsamt hatten, schon einmal einen raschen Blick auf die hohen Tannen und das Kreuz mit dem Blumengebinde.
Erni Backla hielt selbst in späteren Jahren ab und zu an, als Verwandte, wie sie ihrer Kusine Siegrid irgendwann anvertraute. Ganz zu Anfang sei sie einmal dorthin gefahren, weil sie sich einsam fühlte - "Das verstehst du doch, Zicki? Auf einmal sind fast alle weg, und da habe ich Roberts Nähe gesucht, doch dann steht man vor diesem Kreuz und begreift: Er ist doch längst auch nicht mehr da, nicht wirklich. Das war trostlos, glaub mir, und danach habe ich nur noch ab und zu ein paar Blumen dazugelegt, als Verwandte, und habe lieber an ihn gedacht, wenn ich zu Hause war. An die Zeit mit ihm und den anderen. Ich habe die Erinnerung frisch gehalten. Und manchmal kam ja auch einer von euch zu Besuch."
Zwischen Freund Malte Warrentei, längst Dr. med. Warrentei, und Robert Backla entspann sich, von niemandem bemerkt, in späteren Jahren eine Art dauerhafter Kontakt. Wenn Malte spätabends nach einem harten Praxistag in Gos nach Hause fuhr, kam es vor, daß er, nicht mehr ganz nüchtern und von Selbstmitleid überwältigt, bei den hohen Tannen hielt. Das kam schon gelegentlich vor. Daß er die Beifahrertür aufstieß und sich an Robert Backla wandte: "Weit und breit wieder keine lebende Seele, Backa, du weißt, wie ich das meine. Ein echter Notstand, denn ich muß jetzt reden, ich brauche das jetzt, hörst du?" Und dann schwatzte er ein wenig ins Dunkel hinein. Irgendetwas war ihm immer gerade zu Ohren gekommen.
In den ersten Tagen nach Robert Backlas Tod hatte immer wieder ein einheimisches Fahrzeug mit diesem obskuren Kennzeichen auf dem schmalen Seitenstreifen am Ende der Feuerschneise gehalten, wo die fünf Tannen standen. Meist war ein Paar oder ein Grüppchen ausgestiegen und hatte in jenem naßkalten März, stehend im Nieselregen, auf das hölzerne Kreuz niedergeblickt. Stumm hatten die Freunde den feuchten Handschuh an den Mund gepreßt oder sich auf die Lippe gebissen, und es waren auch wieder Tränen geflossen. Der eine oder andere hatte es mit einem Scherz versucht, wie er dem Freund, stellten sie sich jedenfalls vor, hätte gefallen können - warum nicht auch jetzt? Wer wollte das wissen? Ach, Backa, nun sag schon, wo steckst du denn jetzt? Sie hatten sich geschworen, ihn nicht zu verlassen - doch das war schwer, merkten sie nun am Fuß der Tannen, sehr schwer. Daß man Blumen an seinem Kreuz niederlegte, ja, das war einfach, enge Angehörige machten das so, und die Mädchen hatten anfangs ihre Sträußchen dazugelegt und noch ein wenig daran herumgezupft, doch wenn sie sich wieder aufrichteten, war da wieder dieses Gefühl der Hilflosigkeit gewesen. Sie waren nun einmal keine engen Angehörigen, und das Unfaßbare, die Ungeheuerlichkeit, daß Robert in einem Alter gestorben war, in dem man nicht sterben durfte - in ihrem Alter -, hatte sie stumm gemacht.
Und dann gingen die meisten von ihnen fort, und sie verließen ihn doch, wie sie alles verließen, ihr Zuhause, ihren Heimatort, ihre Familie, die Freunde, die Lebenden und die Toten, alles und alle. Für lange Jahre rückte, was früher das Nahe gewesen war, in weite Ferne. Und wenn sie sich einmal umwandten, sah das alles so abgetan aus, alles so eng und so dicht beieinander und von grauen Wolken verhangen. Die regenschweren hohen Tannen, das nässeglänzende Kreuz an ihrem Fuß, das war alles so aus der Welt, und so waren ihre Besuche in Hohe Tannen meist kurz, und sie hielten nicht mehr bei Backalas Kreuz.
Und die Daheimgebliebenen? Sie warfen, wenn sie die Fahrt in der scharfen Biegung verlangsamt hatten, schon einmal einen raschen Blick auf die hohen Tannen und das Kreuz mit dem Blumengebinde.
Erni Backla hielt selbst in späteren Jahren ab und zu an, als Verwandte, wie sie ihrer Kusine Siegrid irgendwann anvertraute. Ganz zu Anfang sei sie einmal dorthin gefahren, weil sie sich einsam fühlte - "Das verstehst du doch, Zicki? Auf einmal sind fast alle weg, und da habe ich Roberts Nähe gesucht, doch dann steht man vor diesem Kreuz und begreift: Er ist doch längst auch nicht mehr da, nicht wirklich. Das war trostlos, glaub mir, und danach habe ich nur noch ab und zu ein paar Blumen dazugelegt, als Verwandte, und habe lieber an ihn gedacht, wenn ich zu Hause war. An die Zeit mit ihm und den anderen. Ich habe die Erinnerung frisch gehalten. Und manchmal kam ja auch einer von euch zu Besuch."
Zwischen Freund Malte Warrentei, längst Dr. med. Warrentei, und Robert Backla entspann sich, von niemandem bemerkt, in späteren Jahren eine Art dauerhafter Kontakt. Wenn Malte spätabends nach einem harten Praxistag in Gos nach Hause fuhr, kam es vor, daß er, nicht mehr ganz nüchtern und von Selbstmitleid überwältigt, bei den hohen Tannen hielt. Das kam schon gelegentlich vor. Daß er die Beifahrertür aufstieß und sich an Robert Backla wandte: "Weit und breit wieder keine lebende Seele, Backa, du weißt, wie ich das meine. Ein echter Notstand, denn ich muß jetzt reden, ich brauche das jetzt, hörst du?" Und dann schwatzte er ein wenig ins Dunkel hinein. Irgendetwas war ihm immer gerade zu Ohren gekommen.
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Autoren-Porträt von Karin Kersten
Karin Kersten studierte Komparatistik in Göttingen und Berlin, wo sie heute lebt. Sie arbeitet als freie Autorin für mehrere Rundfunkanstalten und als Übersetzerin, u.a. von Djuna Barnes, Doris Lessing und Virginia Woolf.
Bibliographische Angaben
- Autor: Karin Kersten
- 2009, 368 Seiten, Maße: 12,1 x 18,8 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Diana
- ISBN-10: 345335401X
- ISBN-13: 9783453354012
Rezension zu „Hohe Tannen “
»Karin Kersten vollbringt das Kunststück, mit den Elementen eines Heimatromans zu spielen und zugleich über moderne Menschen zu erzählen.«
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