Ich fürchte, ich bin schiefgegangen
Gedichte und Aphorismen mit einer Handvoll Memorabilien
Spaßig, die Verse und Aphorismen von Hanns-Hermann Kersten. Possierlich komisch, was er im Laufe seines Lebens alles geschrieben hat, immer elegant, meistens satirisch pointiert und manchmal wirklich gewagt gereimt.
Und welche Fülle nützlicher Zitate für...
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Produktinformationen zu „Ich fürchte, ich bin schiefgegangen “
Klappentext zu „Ich fürchte, ich bin schiefgegangen “
Spaßig, die Verse und Aphorismen von Hanns-Hermann Kersten. Possierlich komisch, was er im Laufe seines Lebens alles geschrieben hat, immer elegant, meistens satirisch pointiert und manchmal wirklich gewagt gereimt.Und welche Fülle nützlicher Zitate für den Gebrauch im Alltag liefert uns sein Werk. Goldrichtige Worte, fürwahr.
Lese-Probe zu „Ich fürchte, ich bin schiefgegangen “
Hanns-Hermann Kersten: Eine AnnäherungVon Dietrich Segebrecht
Spaßig, die Verse und Aphorismen von Hanns-Hermann Kersten. Possierlich komisch, was er im Laufe seines Lebens alles geschrieben hat, immer elegant, meistens satirisch pointiert und manchmal wirklich gewagt gereimt.
Und welche Fülle nützlicher Zitate für den Gebrauch im Alltag liefert uns sein Werk. Goldrichtige Worte, fürwahr. "Die Menschheit wächst, die Menschlichkeit wird immer kleiner", heißt es da. Denn "Man muß immer wieder mit Leuten rechnen, auf die man nicht zählen kann". Und sicher noch eine ganze Weile gilt auch der Spruch "Alles wird teurer, nur der menschliche Charakter bleibt billig". Es stimmt: "Erst wenn du im Sarg liegst, haben sie dich das letzte Mal reingelegt."
Wer mag die Person hinter solch boshaften Formulierungen gewesen sein? Ein gutgelaunter Entertainer vielleicht? Ein spitzzüngiger Spaßmacher? Ein Daddel du, ein Palmström, ein moralischer Hausapotheker nach dem Muster des Dr. Erich Kästner?
Jeder Autor schreibt zunächst über sich selbst, denke ich, und wenn wir poetische Texte lesen, dann lesen wir zugleich ein bißchen Biographie mit. Das vorübergehende Leben und das (vorübergehend) im Druck festgehaltene Werk - eins gibt Erklärungen für das andere.
Kersten also: Er lebte von 1928 bis 1986, knapp 58 Jahre. Geboren in Magdeburg, der Vater Lehrer an einer Dorfschule, die Mutter Helene, geb. Piosczyk, aus einer Förstersfamilie stammend.
Ich wurde evangelisch getauft (notiert Kersten 1956 in einem Lebenslauf zur Bewerbung als Bibliothekar bei den Hamburger Öffentlichen Bücherhallen), die Volksschule besuchte ich bis 1938 in meinem Heimatort Eickendorf. Danach war ich Oberschüler in Schönebeck/Elbe. Der Besuch der Oberschule erfuhr eine mehr als anderthalbjährige Unterbrechung: Vom Januar 1944 bis Frühjahr 1945 tat ich Dienst als Luftwaffenhelfer an verschiedenen Standorten in der Altmark und bei Würzburg. Der Wiedereintritt in die Schule erfolgte zum Oktober
... mehr
1945, die Reifeprüfung wurde 1947 an der Oberschule Schönebeck abgelegt.
Nach dem Schulabschluß hatte ich den Berufswunsch, Bibliothekar zu werden. Dieser Wunsch verband sich damals mit dem nach einem Hochschulstudium. Bewerbungen an Universitäten der Ostzone wurden wegen vorgeblicher politischer Belastung des Vaters abgelehnt. Ich wandte mich deshalb an westdeutsche Hochschulen und bekam eine Zusage von der PhilippsUniversität in Marburg.
Inzwischen hatte 1948 die Währungsreform stattgefun den, ich kehrte nicht in die Ostzone zurück und arbeitete unter anderem hilfsweise in einem Steinbruch, vom Sommer 1949 bis Frühjahr 1950 als landwirtschaftlicher Arbeiter in einem christlichen Jugendaufbauwerk der Landeskirche Kurhessen-Waldeck.
Zum Sommersemester 1950 konnte ich mit Hilfe der Studienstiftung des Deutschen Volkes mein Studium aufnehmen. Die Fakultät, bei der ich mich eintragen ließ, war die ev.-theologische. In der Wartezeit von 1948 bis 1950 war für mich die Berührung mit den Aussagen der Heiligen Schrift gefallen. Durch eine unkirchlich gehaltene Erziehung war ich ganz am Rande des Bereichs dieser Aussagen aufgewachsen. Von keiner Gewöhnung abgeschwächt, bewirkte die Eindringlichkeit der Begegnung mit der Bibel den Entschluß, auch den Berufsweg den Folgerungen des Erlebten zu unterwerfen. Ich wollte Pastor werden.
In Marburg studierte ich vier Semester, bis zum Winter 1951/52, danach wechselte ich für zwei weitere Semester an die Kirchliche Hochschule in Berlin-Zehlendorf. In meinem Studium begann ich von Anfang an unter der Spannung zwischen der unter besonderen Vorbedingungen erworbenen freien Auffassung vom Glauben und dessen vorgefundener Formulierung durch die Institution zu leiden. Ich mußte fürchten, daß ich nicht geeignet sei, in den Dienst der Kirche zu treten.
So sehr mich die Gegenstände des Studiums anzogen: Meiner Auffassung entsprach sehr viel eher eine religionswissenschaftliche Betrachtung der Dinge als die kirchlich-konfessionelle Sicht. Ich befand mich wäh rend der sechs Semester meines Studiums in großer Unruhe.
Diese Situation bot keine Möglichkeit, zu einem beruflichen Abschluß als Pastor und (auch im weiteren Sinne) zu einer Existenz zu kommen. Daher besann ich mich zurück auf meinen ersten Berufswunsch und entschied mich für die Ausbildung zum Volksbibliothekar, die ich im theoretischen wie im praktischen Teil von 1953 bis 1956 an der Büchereischule sowie an den Bücherhallen der Hansestadt Hamburg absolvierte. Während der Ausbildungszeit versah ich einen regelmäßigen Nachtdienst in einem Krankenhaus in Altona, der mit freier Wohnung und Kost entgolten ist. Ich kehre zu meiner anfänglichen Berufswahl zurück, wobei die Einsicht hinzugekommen ist, daß nur aus einer uneingeengten und lebensoffenen Haltung hervorgegangene Werte auf das Leben einwirken können und vom ihm aufgenommen werden. Die freie Äußerung und den uneingeschränkten Niederschlag des Lebens suche ich in der Literatur und möchte sie mit dem Ziel erarbeiten, das dabei Gewonnene dem Wachstum anderer dienstbar zu machen.
So diente sich der 28jährige Kersten - nach eigenem Bekunden zu dieser Zeit "Stammgast bei Psychotherapeuten" - pastoral vielversprechend bei den Hamburger Öffentlichen Bücherhallen an und wurde mit Wirkung vom 1. Oktober 1956 sogleich eingestellt, zunächst als "bibliothekarische Hilfskraft", Anfangsvergütung 450 Mark.
In die Zeit der folgenden, sechs Jahre währenden volksbibliothekarischen Tätigkeit in Hamburg fiel gleich zu Anfang, 1956, im benachbarten Lübeck die Gründung eines literarisch-zeitkritischen Kabaretts. "Die Reak-Toren" nannten sich die jungen Leute, und ihr Brettl hatten sie im Lokal eines ambitionierten Kneipiers aufschlagen dürfen, bei Bruno Campe "Im Pinsel" an der Marienbrücke. Auf kollegialen Umwegen - unter den Studentenkabarettisten waren auch Bibliothekare - ergab sich bald ein Kontakt, und Kersten wurde schon vom zweiten Programm an (stolzer Titel 1957: "Störe meine Krise nicht") zu einem alsbald unentbehrlichen Textlieferanten des, immerhin, im regionalen Umkreis zwischen Rendsburg und Mölln runde vier Jahre lang gar nicht wenig erfolgreichen Unternehmens.
Er hatte ein Händchen fürs Kabarett - ein bißchen was bei Tucho abgekuckt, versteht sich, auch bei Mehring oder Friedrich Hollaender. Aber es hatte aktuellen Griff und Pfiff, was er fast mühelos beibrachte, im besten Fall durchaus konkurrenzfähig auch über den bescheidenen Rahmen der "Reak-Toren" hinaus. Kersten genoß seine Mitwirkung und seine Auftritte, sie halfen ihm mehr als jede therapeutische Einzelsitzung, sie halfen ihm aus dem Elend des Geducktseins.
Und deswegen wollte er weg aus dem Job in der Vorstadtbücherei. Er bewarb sich auf eine Ausschreibung beim Zentralorgan der Volksbibliothekare, als Redakteur der Fachzeitschrift "Bücherei und Bildung", in den vermeintlichen Himmel des Gedrucktseins. Nach Reutlingen.
Der Direktor der Stiftung "Hamburger Öffentliche Bücherhallen" schrieb dem Aspiranten 1961 ein freundliches Zeugnis: Kersten habe in der Bücherhalle Bergedorf gearbeitet, heißt es da, unter anderem sei er beauftragt gewesen, "den Buchbestand der zu vergrößernden Bücherhalle Lohbrügge aufzubauen", die 1959 als Freihandausleihe unter Kerstens Leitung eröffnet wurde.
Außergewöhnlich intensiv hat Herr Kersten als Rezensent von Büchern verschiedener Wissensgebiete mitgewirkt. Bei den Hamburger Öffentlichen Bücherhallen besteht ein eigener Besprechungsdienst der bibliothekarischen Kräfte, welcher die Grundlage abgibt für die Bucheinkäufe. Herr Kersten brachte für diese Arbeit erhebliche Kenntnisse mit, die er sich durch fleißiges Studium erworben hatte, und baute diese Kenntnisse vor allem in den Gebieten der Schönen Literatur, der Religion und der Theaterwissenschaft planmäßig aus. Unterstützt wurde diese Rezensionstätigkeit durch sein klares Urteil, das den Kern der Bücher zu erfassen vermag, und seine sprachliche Ausdrucksfähigkeit. Herr Kersten versteht es, geistvoll pointierend zu formulieren. Es dürfte für das Büchereiwesen von großem Gewinn sein, wenn es gelänge, Herrn Kersten in eine Stellung zu bringen, in der diese Fähigkeiten voll genutzt werden könnten.
Seit 1962 war Kersten tatsächlich Redakteur im schwäbischen Reutlingen, 24 Jahre lang, bis zu seinem Tod. Die Bürotätigkeit ist ihn oft schwer angekommen, das Rampenlicht verbreitete jetzt allenfalls eine Schreibtischlampe. Aber er konnte sich über die - aus seiner Sicht - konfusen Gegebenheiten durchaus noch lustig machen. So liest sich sein Zwischenresümee, 1978 auf Bestellung zum Jubiläumsheft "30 Jahre BuB" geschrieben:
Der Reihe meiner Jahre bei BuB gedenke ich mit wachsender Respektlosigkeit, aber mit steigendem Vergnügen. Ein wahrhaft existentielles Blatt, in dessen Redaktion man hineingerät wie in einen Strudel, eine Redaktion, in der es worum es auch geht - jeweils schlichthin um alles geht: Sein oder Nichtsein! Daß dabei, als Parole, Devise und Leistungsziel, heute unter Umständen (und es gab solche Umstände) das Gegenteil von dem gefordert wird, was gestern noch auf den hastig gewechselten Fahnen stand, mildert die Turbulenz nie. Im Gegenteil.
Modethemen kamen und gingen, schossen für einige Zeit als Raketen in den Zenit (Schulbibliotheken, Informationsgesellschaft, Medien-Euphorie) und wurden wenig später unter den Teppich des Redaktionssitzungszimmers gekehrt. Stets mühte man sich ehrlich in der diesem Blatt auferlegten brotlosen Kunst, es jedem recht zu machen.
Und nicht nur die Themen kamen und gingen. Es gingen und kamen Chefredakteure, leitende Redakteure, Herausgeber, Vereinsvorstände. Und mit ihnen Vorstellungen, die zu Zwangsvorstellungen werden konnten. >Wie bitte?Leserzeitschrift< hinwerfe. Ein Produkt der BuB-Redaktion, konzipiert als Publikumszeitschrift für Öffentliche Bibliotheken, vierteljährlich in der respektablen Auflage von 25.000 Exemplaren erscheinend. Nach rund einem Jahrzehnt hatte das Perio dikum 1970 zu verschwinden und damit mein dafür eingefordertes Engagement.
Kleine Fische! Auch sonst kam selten Langeweile auf beim Redigieren, Korrigieren und schon gar nicht beim Herumhorchen nach Meinungen in den Gremien über den aktuellen Thermometerstand der Zu oder der Abneigung. Wobei es immer darauf ankam, wer die Redaktion aus welcher Perspektive unter welchen Auspizien mit welchen Augen sah. Unter solchen Bedingungen, die den ganzen Mann forderten (und den ganzen Menschen ignorierten), entwickelten sich die Redakteure zu Rotationsmaschinen. >Halte die Fahnen hoch im Umbruch der Zeit!< schrieb mir scherzend ein befreundeter Kollege, dem ich larmoyant und erfolgreich geschildert hatte, was in unserem Laden gefällig war, wenn wir mit den Satzfahnen nach Tübingen in die Druckerei eilten. Tagelang high life. Abends tiefe Agonie.
An einem solchen Feierabend enteilte ich an der Seite des Herrn Chefredakteurs der Druckerei, um den Zug nach Reutlingen zu erreichen. Unentwegt ins kollegiale Gespräch verkrallt, wild hupender Autos nicht achtend (weil sie nicht hörend), stürzten wir zum Bahnhof, bemüht, im Laufschritt herauszubekommen, welchen Kurs der Vorstand, welchen die Herausgeber mit der Zeitschrift vorhatten, wie in Anbetracht dessen die neueste Nummer aufgenommen werde, was bei der nächsten Jahrestagung auf der Mitgliederversammlung über uns verlauten könnte.
Den Bahnhof erreicht, auf den Bahnsteig gestürzt, in die Polster geworfen geschafft! Die Fahrt nach Reutlingen dauert üblicherweise zehn Minuten, diesmal dauerte sie fünfundzwanzig. Es fiel uns wir sprachen prestissimo - nicht weiter auf. Und zwar deshalb, weil wir gar nicht nach Reutlingen fuhren, sondern in die entgegengesetzte Richtung nach Rottenburg. Notgedrungen unterbrachen wir auf halber Strecke Gespräche und Fahrt, den nächsterreichbaren Zug retour nach Reutlingen besteigend.
Wir fuhren auch wirklich, aber nicht nur bis Reutlingen, sondern die Station im heftigen Wortwechsel schlicht ignorierend nach Metzingen. Die Unterhaltung -prestissimo, wie gesagt, denn es ging, wie immer, um alles - hatte uns zum zweiten Mal an Reutlingen vorbeigeraten lassen, und es schien nicht sicher, ob wir die Heimat je wiedersehen würden. Im dritten Anlauf, immerhin, gelang es, zu nachtschlafender Stunde. Wäre es nicht gelungen, so müßte die Geschichte so enden, wie ich sie mit gezielter Arglist im Blick auf die apostrophierten Gremien und Imponderabilien dennoch schließen lasse: Und wenn sie nicht gestorben sind, dann pendeln sie noch heute.
Das war in den 70er Jahren. Kersten erschien zusehends unzufrieden, "im Innern böse, außen blaß". Dabei war er gerade zu dieser Zeit publizistisch überaus erfolgreich. Er schrieb regelmäßig Literaturkritiken im angestammten Themenbereich Kabarett, Satire, Cartoons für die F.A.Z. und für die "Zeit". Seine eigenen Kleinkunstsachen wurden auf den Humorseiten verschiedener Zeitungen und Zeitschriften überregional gedruckt. 1979 wirkte er gar im Fernsehen mit, als Zuarbeiter für Werner Schneyders ORF/ARD-Serie "Stichwort" beim SWF Baden-Baden.
Und schließlich erschienen Kerstens komische Kurzwaren als veritable Bücher bei der Deutschen Verlagsanstalt in Stuttgart, nämlich "Poèmes von Tante Poemma" (1976) und "Euphorismen & rosa Reime" (1978). Was gab es da zu klagen?
Man muß sich allerdings erinnern: Ende der 70er, das war nicht die gemütlichste Zeit der deutschen Bundesrepublik. Der Elan von 68 perdü, nur ein paar blindlings eifernde Terroristen trieben öffentlich ihre Mordspiele. Väterchen Staat zog ordnungspolitisch energisch die Zügel an: Berufsverbot, Sympathisantenhatz, "Schon bist du ein Verfassungsfeind", Stammheimprozeß, Mogadischu, Raketennachrüstung. Der Bundeskanzler hieß Helmut Schmidt (SPD).
Es war keine Zeit ausgeprägter Mitmenschenliebe, damals (ob es solche Zeiten je gegeben hat, bleibt unerörtert), das ideale Klima also für schwerblütige Melancholiker und professionelle Schwarzseher. An schlechten Beispielen kein Mangel, sie kommen gebührenpflichtig tagtäglich frei Haus, denn "oft treffen uns wie Keulen/der Zeitung fette Unglückszeilen". Wie kann da friedliches Leben möglich sein, unter solch grausamen Bedingungen? Nein: "Unmögliches wird sofort erledigt."
Unter diesem Titel schrieb Kersten Anfang der 8oer für den Südwestfunk Tübingen eine prosaische Zeitbetrachtung über Land und Leute in Schwaben. Der heimatliche Literatur-Übervater Thaddäus Troll hatte sich gerade unvermutet das Leben genommen.
In diesem Land passiert zwar alles Mögliche, aber so gut wie nie etwas Unmögliches. Denn Unmögliches, sollte es sich wider Erwarten doch ereignen, wird sofort erledigt.
Man wird sich kaum noch daran erinnern, aber es gab tatsächlich einmal Zeiten, in denen störende Studenten und grollende Grüne eine Rolle spielten. Das ist alles längst passé. Diese Typen waren unmöglich und daher sofort erledigt.
Tempi passati. Unser Blick sei auf die himmlische Zukunft gerichtet. Da erscheint es beim flüchtigen Rückblick über die Schulter allenfalls in Landesgrenzen schmerzlich, daß dieser oder jener Autor freiwillig in das Tiefparterre übersiedelte. Deine Schwaben, Deutschland, müssen sich nicht länger als Eingeborene eines "spätzlemampfenden Disneylandes" verunglimpfen lassen. Dem, der solches formulierte, stopft jetzt Heimaterde den Mund. Heimaterde, liegt einer erstmal drunter, wirkt ungemein schalldämpfend. Umso befreiter richten wir unsere Blicke auf eben jenen Himmel, auf den auch unsere neusten Verteidigungs flugkörper gerichtet sind. Mit diesen ehernen Schutzengeln verbinden sich unsere frommsten Wünsche. Jeder dieser Flugkörper, das wissen inzwischen selbst A/B/C-Schützen (ja, gerade sie wissen es am besten), ist ein wahrhaft wehrhaftes Stoßgebet mit Rückstoß, eine moderne Gebetsmühle, die sich im Orbit bewegt. Merkwürdig, daß es noch Kleingeister gibt, die glauben, die Gebetsmühlen der Zeit zurückdrehen zu können. Ihre Fixierung auf den Frieden macht sie verdächtig, sie selbst machen sich unmöglich. Diese Unmöglichen müssen sofort erledigt werden.
Ich habe seit 1972 mit Kersten in der Redaktion von "Buch und Bibliothek" zusammengearbeitet. Meine Rolle war die unglückselige des Leitenden Redakteurs. Wir kannten uns jahrzehntelang, Kersten und ich, befreundet seit den Kabarettzeiten in den 50ern, damals waren wir sozusagen Arm in Arm vor das Publikum getreten.
Daß ich jetzt, im reiferen Alter, tonangebend der Chef sein sollte, das brachte ihn in erhebliche Konflikte zwischen Freundschaft und Raison. Denn daran konnte für ihn leider kein Zweifel bestehen: Es wurde ihm übel mitgespielt. Von mir, aber letztendlich auch sonst von allen Leuten in der näheren und weiteren Umgebung.
Es gibt eigenhändig getippte Geschäftsbriefe von Kersten, datiert 1985, wenige Monate vor seinem Tod, in denen seine ganze Konfusion sich zur Konfession verdichtet. Er wendet sich aus nichtigem Anlaß an eine Kollegin, es ging um eine Veranstaltung, zu der Kersten im Auftrag der Redaktion als Berichterstatter entsandt worden war.
Um nicht die Unwahrheit zu sagen: Ich bin nach Veranstaltungsschluß ein bißchen absichtlich >im Gewühl verlorengegangenStar Wars
Nach dem Schulabschluß hatte ich den Berufswunsch, Bibliothekar zu werden. Dieser Wunsch verband sich damals mit dem nach einem Hochschulstudium. Bewerbungen an Universitäten der Ostzone wurden wegen vorgeblicher politischer Belastung des Vaters abgelehnt. Ich wandte mich deshalb an westdeutsche Hochschulen und bekam eine Zusage von der PhilippsUniversität in Marburg.
Inzwischen hatte 1948 die Währungsreform stattgefun den, ich kehrte nicht in die Ostzone zurück und arbeitete unter anderem hilfsweise in einem Steinbruch, vom Sommer 1949 bis Frühjahr 1950 als landwirtschaftlicher Arbeiter in einem christlichen Jugendaufbauwerk der Landeskirche Kurhessen-Waldeck.
Zum Sommersemester 1950 konnte ich mit Hilfe der Studienstiftung des Deutschen Volkes mein Studium aufnehmen. Die Fakultät, bei der ich mich eintragen ließ, war die ev.-theologische. In der Wartezeit von 1948 bis 1950 war für mich die Berührung mit den Aussagen der Heiligen Schrift gefallen. Durch eine unkirchlich gehaltene Erziehung war ich ganz am Rande des Bereichs dieser Aussagen aufgewachsen. Von keiner Gewöhnung abgeschwächt, bewirkte die Eindringlichkeit der Begegnung mit der Bibel den Entschluß, auch den Berufsweg den Folgerungen des Erlebten zu unterwerfen. Ich wollte Pastor werden.
In Marburg studierte ich vier Semester, bis zum Winter 1951/52, danach wechselte ich für zwei weitere Semester an die Kirchliche Hochschule in Berlin-Zehlendorf. In meinem Studium begann ich von Anfang an unter der Spannung zwischen der unter besonderen Vorbedingungen erworbenen freien Auffassung vom Glauben und dessen vorgefundener Formulierung durch die Institution zu leiden. Ich mußte fürchten, daß ich nicht geeignet sei, in den Dienst der Kirche zu treten.
So sehr mich die Gegenstände des Studiums anzogen: Meiner Auffassung entsprach sehr viel eher eine religionswissenschaftliche Betrachtung der Dinge als die kirchlich-konfessionelle Sicht. Ich befand mich wäh rend der sechs Semester meines Studiums in großer Unruhe.
Diese Situation bot keine Möglichkeit, zu einem beruflichen Abschluß als Pastor und (auch im weiteren Sinne) zu einer Existenz zu kommen. Daher besann ich mich zurück auf meinen ersten Berufswunsch und entschied mich für die Ausbildung zum Volksbibliothekar, die ich im theoretischen wie im praktischen Teil von 1953 bis 1956 an der Büchereischule sowie an den Bücherhallen der Hansestadt Hamburg absolvierte. Während der Ausbildungszeit versah ich einen regelmäßigen Nachtdienst in einem Krankenhaus in Altona, der mit freier Wohnung und Kost entgolten ist. Ich kehre zu meiner anfänglichen Berufswahl zurück, wobei die Einsicht hinzugekommen ist, daß nur aus einer uneingeengten und lebensoffenen Haltung hervorgegangene Werte auf das Leben einwirken können und vom ihm aufgenommen werden. Die freie Äußerung und den uneingeschränkten Niederschlag des Lebens suche ich in der Literatur und möchte sie mit dem Ziel erarbeiten, das dabei Gewonnene dem Wachstum anderer dienstbar zu machen.
So diente sich der 28jährige Kersten - nach eigenem Bekunden zu dieser Zeit "Stammgast bei Psychotherapeuten" - pastoral vielversprechend bei den Hamburger Öffentlichen Bücherhallen an und wurde mit Wirkung vom 1. Oktober 1956 sogleich eingestellt, zunächst als "bibliothekarische Hilfskraft", Anfangsvergütung 450 Mark.
In die Zeit der folgenden, sechs Jahre währenden volksbibliothekarischen Tätigkeit in Hamburg fiel gleich zu Anfang, 1956, im benachbarten Lübeck die Gründung eines literarisch-zeitkritischen Kabaretts. "Die Reak-Toren" nannten sich die jungen Leute, und ihr Brettl hatten sie im Lokal eines ambitionierten Kneipiers aufschlagen dürfen, bei Bruno Campe "Im Pinsel" an der Marienbrücke. Auf kollegialen Umwegen - unter den Studentenkabarettisten waren auch Bibliothekare - ergab sich bald ein Kontakt, und Kersten wurde schon vom zweiten Programm an (stolzer Titel 1957: "Störe meine Krise nicht") zu einem alsbald unentbehrlichen Textlieferanten des, immerhin, im regionalen Umkreis zwischen Rendsburg und Mölln runde vier Jahre lang gar nicht wenig erfolgreichen Unternehmens.
Er hatte ein Händchen fürs Kabarett - ein bißchen was bei Tucho abgekuckt, versteht sich, auch bei Mehring oder Friedrich Hollaender. Aber es hatte aktuellen Griff und Pfiff, was er fast mühelos beibrachte, im besten Fall durchaus konkurrenzfähig auch über den bescheidenen Rahmen der "Reak-Toren" hinaus. Kersten genoß seine Mitwirkung und seine Auftritte, sie halfen ihm mehr als jede therapeutische Einzelsitzung, sie halfen ihm aus dem Elend des Geducktseins.
Und deswegen wollte er weg aus dem Job in der Vorstadtbücherei. Er bewarb sich auf eine Ausschreibung beim Zentralorgan der Volksbibliothekare, als Redakteur der Fachzeitschrift "Bücherei und Bildung", in den vermeintlichen Himmel des Gedrucktseins. Nach Reutlingen.
Der Direktor der Stiftung "Hamburger Öffentliche Bücherhallen" schrieb dem Aspiranten 1961 ein freundliches Zeugnis: Kersten habe in der Bücherhalle Bergedorf gearbeitet, heißt es da, unter anderem sei er beauftragt gewesen, "den Buchbestand der zu vergrößernden Bücherhalle Lohbrügge aufzubauen", die 1959 als Freihandausleihe unter Kerstens Leitung eröffnet wurde.
Außergewöhnlich intensiv hat Herr Kersten als Rezensent von Büchern verschiedener Wissensgebiete mitgewirkt. Bei den Hamburger Öffentlichen Bücherhallen besteht ein eigener Besprechungsdienst der bibliothekarischen Kräfte, welcher die Grundlage abgibt für die Bucheinkäufe. Herr Kersten brachte für diese Arbeit erhebliche Kenntnisse mit, die er sich durch fleißiges Studium erworben hatte, und baute diese Kenntnisse vor allem in den Gebieten der Schönen Literatur, der Religion und der Theaterwissenschaft planmäßig aus. Unterstützt wurde diese Rezensionstätigkeit durch sein klares Urteil, das den Kern der Bücher zu erfassen vermag, und seine sprachliche Ausdrucksfähigkeit. Herr Kersten versteht es, geistvoll pointierend zu formulieren. Es dürfte für das Büchereiwesen von großem Gewinn sein, wenn es gelänge, Herrn Kersten in eine Stellung zu bringen, in der diese Fähigkeiten voll genutzt werden könnten.
Seit 1962 war Kersten tatsächlich Redakteur im schwäbischen Reutlingen, 24 Jahre lang, bis zu seinem Tod. Die Bürotätigkeit ist ihn oft schwer angekommen, das Rampenlicht verbreitete jetzt allenfalls eine Schreibtischlampe. Aber er konnte sich über die - aus seiner Sicht - konfusen Gegebenheiten durchaus noch lustig machen. So liest sich sein Zwischenresümee, 1978 auf Bestellung zum Jubiläumsheft "30 Jahre BuB" geschrieben:
Der Reihe meiner Jahre bei BuB gedenke ich mit wachsender Respektlosigkeit, aber mit steigendem Vergnügen. Ein wahrhaft existentielles Blatt, in dessen Redaktion man hineingerät wie in einen Strudel, eine Redaktion, in der es worum es auch geht - jeweils schlichthin um alles geht: Sein oder Nichtsein! Daß dabei, als Parole, Devise und Leistungsziel, heute unter Umständen (und es gab solche Umstände) das Gegenteil von dem gefordert wird, was gestern noch auf den hastig gewechselten Fahnen stand, mildert die Turbulenz nie. Im Gegenteil.
Modethemen kamen und gingen, schossen für einige Zeit als Raketen in den Zenit (Schulbibliotheken, Informationsgesellschaft, Medien-Euphorie) und wurden wenig später unter den Teppich des Redaktionssitzungszimmers gekehrt. Stets mühte man sich ehrlich in der diesem Blatt auferlegten brotlosen Kunst, es jedem recht zu machen.
Und nicht nur die Themen kamen und gingen. Es gingen und kamen Chefredakteure, leitende Redakteure, Herausgeber, Vereinsvorstände. Und mit ihnen Vorstellungen, die zu Zwangsvorstellungen werden konnten. >Wie bitte?Leserzeitschrift< hinwerfe. Ein Produkt der BuB-Redaktion, konzipiert als Publikumszeitschrift für Öffentliche Bibliotheken, vierteljährlich in der respektablen Auflage von 25.000 Exemplaren erscheinend. Nach rund einem Jahrzehnt hatte das Perio dikum 1970 zu verschwinden und damit mein dafür eingefordertes Engagement.
Kleine Fische! Auch sonst kam selten Langeweile auf beim Redigieren, Korrigieren und schon gar nicht beim Herumhorchen nach Meinungen in den Gremien über den aktuellen Thermometerstand der Zu oder der Abneigung. Wobei es immer darauf ankam, wer die Redaktion aus welcher Perspektive unter welchen Auspizien mit welchen Augen sah. Unter solchen Bedingungen, die den ganzen Mann forderten (und den ganzen Menschen ignorierten), entwickelten sich die Redakteure zu Rotationsmaschinen. >Halte die Fahnen hoch im Umbruch der Zeit!< schrieb mir scherzend ein befreundeter Kollege, dem ich larmoyant und erfolgreich geschildert hatte, was in unserem Laden gefällig war, wenn wir mit den Satzfahnen nach Tübingen in die Druckerei eilten. Tagelang high life. Abends tiefe Agonie.
An einem solchen Feierabend enteilte ich an der Seite des Herrn Chefredakteurs der Druckerei, um den Zug nach Reutlingen zu erreichen. Unentwegt ins kollegiale Gespräch verkrallt, wild hupender Autos nicht achtend (weil sie nicht hörend), stürzten wir zum Bahnhof, bemüht, im Laufschritt herauszubekommen, welchen Kurs der Vorstand, welchen die Herausgeber mit der Zeitschrift vorhatten, wie in Anbetracht dessen die neueste Nummer aufgenommen werde, was bei der nächsten Jahrestagung auf der Mitgliederversammlung über uns verlauten könnte.
Den Bahnhof erreicht, auf den Bahnsteig gestürzt, in die Polster geworfen geschafft! Die Fahrt nach Reutlingen dauert üblicherweise zehn Minuten, diesmal dauerte sie fünfundzwanzig. Es fiel uns wir sprachen prestissimo - nicht weiter auf. Und zwar deshalb, weil wir gar nicht nach Reutlingen fuhren, sondern in die entgegengesetzte Richtung nach Rottenburg. Notgedrungen unterbrachen wir auf halber Strecke Gespräche und Fahrt, den nächsterreichbaren Zug retour nach Reutlingen besteigend.
Wir fuhren auch wirklich, aber nicht nur bis Reutlingen, sondern die Station im heftigen Wortwechsel schlicht ignorierend nach Metzingen. Die Unterhaltung -prestissimo, wie gesagt, denn es ging, wie immer, um alles - hatte uns zum zweiten Mal an Reutlingen vorbeigeraten lassen, und es schien nicht sicher, ob wir die Heimat je wiedersehen würden. Im dritten Anlauf, immerhin, gelang es, zu nachtschlafender Stunde. Wäre es nicht gelungen, so müßte die Geschichte so enden, wie ich sie mit gezielter Arglist im Blick auf die apostrophierten Gremien und Imponderabilien dennoch schließen lasse: Und wenn sie nicht gestorben sind, dann pendeln sie noch heute.
Das war in den 70er Jahren. Kersten erschien zusehends unzufrieden, "im Innern böse, außen blaß". Dabei war er gerade zu dieser Zeit publizistisch überaus erfolgreich. Er schrieb regelmäßig Literaturkritiken im angestammten Themenbereich Kabarett, Satire, Cartoons für die F.A.Z. und für die "Zeit". Seine eigenen Kleinkunstsachen wurden auf den Humorseiten verschiedener Zeitungen und Zeitschriften überregional gedruckt. 1979 wirkte er gar im Fernsehen mit, als Zuarbeiter für Werner Schneyders ORF/ARD-Serie "Stichwort" beim SWF Baden-Baden.
Und schließlich erschienen Kerstens komische Kurzwaren als veritable Bücher bei der Deutschen Verlagsanstalt in Stuttgart, nämlich "Poèmes von Tante Poemma" (1976) und "Euphorismen & rosa Reime" (1978). Was gab es da zu klagen?
Man muß sich allerdings erinnern: Ende der 70er, das war nicht die gemütlichste Zeit der deutschen Bundesrepublik. Der Elan von 68 perdü, nur ein paar blindlings eifernde Terroristen trieben öffentlich ihre Mordspiele. Väterchen Staat zog ordnungspolitisch energisch die Zügel an: Berufsverbot, Sympathisantenhatz, "Schon bist du ein Verfassungsfeind", Stammheimprozeß, Mogadischu, Raketennachrüstung. Der Bundeskanzler hieß Helmut Schmidt (SPD).
Es war keine Zeit ausgeprägter Mitmenschenliebe, damals (ob es solche Zeiten je gegeben hat, bleibt unerörtert), das ideale Klima also für schwerblütige Melancholiker und professionelle Schwarzseher. An schlechten Beispielen kein Mangel, sie kommen gebührenpflichtig tagtäglich frei Haus, denn "oft treffen uns wie Keulen/der Zeitung fette Unglückszeilen". Wie kann da friedliches Leben möglich sein, unter solch grausamen Bedingungen? Nein: "Unmögliches wird sofort erledigt."
Unter diesem Titel schrieb Kersten Anfang der 8oer für den Südwestfunk Tübingen eine prosaische Zeitbetrachtung über Land und Leute in Schwaben. Der heimatliche Literatur-Übervater Thaddäus Troll hatte sich gerade unvermutet das Leben genommen.
In diesem Land passiert zwar alles Mögliche, aber so gut wie nie etwas Unmögliches. Denn Unmögliches, sollte es sich wider Erwarten doch ereignen, wird sofort erledigt.
Man wird sich kaum noch daran erinnern, aber es gab tatsächlich einmal Zeiten, in denen störende Studenten und grollende Grüne eine Rolle spielten. Das ist alles längst passé. Diese Typen waren unmöglich und daher sofort erledigt.
Tempi passati. Unser Blick sei auf die himmlische Zukunft gerichtet. Da erscheint es beim flüchtigen Rückblick über die Schulter allenfalls in Landesgrenzen schmerzlich, daß dieser oder jener Autor freiwillig in das Tiefparterre übersiedelte. Deine Schwaben, Deutschland, müssen sich nicht länger als Eingeborene eines "spätzlemampfenden Disneylandes" verunglimpfen lassen. Dem, der solches formulierte, stopft jetzt Heimaterde den Mund. Heimaterde, liegt einer erstmal drunter, wirkt ungemein schalldämpfend. Umso befreiter richten wir unsere Blicke auf eben jenen Himmel, auf den auch unsere neusten Verteidigungs flugkörper gerichtet sind. Mit diesen ehernen Schutzengeln verbinden sich unsere frommsten Wünsche. Jeder dieser Flugkörper, das wissen inzwischen selbst A/B/C-Schützen (ja, gerade sie wissen es am besten), ist ein wahrhaft wehrhaftes Stoßgebet mit Rückstoß, eine moderne Gebetsmühle, die sich im Orbit bewegt. Merkwürdig, daß es noch Kleingeister gibt, die glauben, die Gebetsmühlen der Zeit zurückdrehen zu können. Ihre Fixierung auf den Frieden macht sie verdächtig, sie selbst machen sich unmöglich. Diese Unmöglichen müssen sofort erledigt werden.
Ich habe seit 1972 mit Kersten in der Redaktion von "Buch und Bibliothek" zusammengearbeitet. Meine Rolle war die unglückselige des Leitenden Redakteurs. Wir kannten uns jahrzehntelang, Kersten und ich, befreundet seit den Kabarettzeiten in den 50ern, damals waren wir sozusagen Arm in Arm vor das Publikum getreten.
Daß ich jetzt, im reiferen Alter, tonangebend der Chef sein sollte, das brachte ihn in erhebliche Konflikte zwischen Freundschaft und Raison. Denn daran konnte für ihn leider kein Zweifel bestehen: Es wurde ihm übel mitgespielt. Von mir, aber letztendlich auch sonst von allen Leuten in der näheren und weiteren Umgebung.
Es gibt eigenhändig getippte Geschäftsbriefe von Kersten, datiert 1985, wenige Monate vor seinem Tod, in denen seine ganze Konfusion sich zur Konfession verdichtet. Er wendet sich aus nichtigem Anlaß an eine Kollegin, es ging um eine Veranstaltung, zu der Kersten im Auftrag der Redaktion als Berichterstatter entsandt worden war.
Um nicht die Unwahrheit zu sagen: Ich bin nach Veranstaltungsschluß ein bißchen absichtlich >im Gewühl verlorengegangenStar Wars
... weniger
Autoren-Porträt von Hanns-Hermann Kersten
Kersten, Hanns-HermannHanns-Hermann Kersten, 1928 in Magdeburg geboren, sechs Semester Studium der Evangelischen Theologie, dann Ausbildung zum Dipl.-Volksbibliothekar. Redakteur der Fachzeitschrift »Buch und Bibliothek«. Kabarettistische Mitarbeit u.a. bei der »Wendeltreppe« (Hamburg), den »Reak-Toren« (Lübeck), beim »Renitenz-Theater«(Stuttgart). Gesammelte Kleinkunstwaren in den Büchern »Poèmes von Tante Emma« (1976) und »Euphorismen und rosa Reime« (1978). Literaturkritiken und Aphorismen in allen großen deutschen Blättern, regelmäßig für die FAZ, Die Zeit, das Deutsche Allgemeine Sonntagsblatt und die Schweizer Weltwoche. Hanns-Hermann Kersten starb 1986 in Esslingen.
Bibliographische Angaben
- Autor: Hanns-Hermann Kersten
- 2007, 2. Auflage, 180 Seiten, Maße: 11,1 x 19,8 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Hrsg. v. Dierich Segebrecht
- Herausgegeben: Dietrich Segebrecht
- Verlag: Klöpfer & Meyer Verlag
- ISBN-10: 3937667962
- ISBN-13: 9783937667966
- Erscheinungsdatum: 27.02.2007
Rezension zu „Ich fürchte, ich bin schiefgegangen “
"Er hatte, dieser sich schwertuende Mensch, eine leichte Hand für alle Art von Reimen. Das Glück hat er nie gefunden und er hat auch nur im Konjunktiv gelebt, aber uns hat er schöne, traurig witzige Aphorismen und Verse hinterlassen."Rolf Michaelis, Die Zeit
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