Ich glaube, sie haben uns nicht gesucht
Die Wege des Denkens und Dichtens sind verschlungen und sperren sich gegen jegliche Begradigung. Jens Sparschuh führt mit seinen Essays, Artikeln, Radiobeiträgen und Porträts...
Die Wege des Denkens und Dichtens sind verschlungen und sperren sich gegen jegliche Begradigung. Jens Sparschuh führt mit seinen Essays, Artikeln, Radiobeiträgen und Porträts sicher und voller Esprit durch Orte und Worte, Zeiten und Räume, Gedanken und Gelände.
Als "Witz mit Methode" (Tagesanzeiger) wurde der Band "Ich dachte, sie finden uns nicht" bezeichnet, und daran knüpft Jens Sparschuh nun mit neuem Elan an. Wieder ist er mit Spaten, Kompass und Federkiel unterwegs, betreibt Berliner Stadtarchäologie genauso versiert wie die Rekonstruktion von Gedankengebäuden, besucht den "Hühnerhof im Osten" wie "Lec, den Logiker" und wirft hier ein "Pankower Streiflicht", um dort das "Signalelement Hebbel" zu setzen. Behende, leichtfüßig und geistesgegenwärtig durchmisst er den weiten Raum der Schreib-, Rede- und Denkweisen, imaginiert und rekonstruiert, setzt Denkmäler und bringt andere ins Wanken. Er fördert Aufschlussreiches zu Tage, stellt Sicheres infrage und erschließt Mentalitäten ebenso wie Methoden.
Als »Witz mit Methode« (Tagesanzeiger) wurde der Band Ich dachte, sie finden uns nicht bezeichnet, und daran knüpft Jens Sparschuh nun mit neuem Elan an. Wieder ist er mit Spaten, Kompass und Federkiel unterwegs, betreibt Berliner Stadtarchäologie genauso versiert wie die Rekonstruktion von Gedankengebäuden, besucht den Hühnerhof im Osten wie Lec, den Logiker und wirft hier ein Pankower Streiflicht, um dort das Signalelement Hebbel zu setzen. Behende, leichtfüßig und geistesgegenwärtig durchmisst er den weiten Raum der Schreib-, Rede- und Denkweisen, imaginiert und rekonstruiert, setzt Denkmäler und bringt andere ins Wanken. Er fördert Aufschlussreiches zu Tage, stellt Sicheres infrage und erschließt Mentalitäten ebenso wie Methoden.
Weltall, Erde, Mensch - und ich, der Titel eines Textes für SPIEGELspecial, umreißt die Dimensionen und Relationen dieses Bandes, der Sparschuhs große Romane Der Schneemensch, Der Zimmerspringbrunnen und Eins zu eins trefflich begleitet und anreichert.
Ichglaube, sie haben uns nicht gesucht von Jens Sparschuh
LESEPROBE
Mein 9. November
Robert Karge, der Hörspielchef vom Saarländischen Rundfunk,war zu Besuch.
Im Frühjahr '89 hatten wir zusammen ein Hörspiel über ImmanuelKant produziert, und nun, am Abend des 9. November, saßen wir in Pankow, vorbeziehungsweise hinter dem Eisernen Vorhang aus Beton, jedenfalls in seinemSchatten - und konspirierten bei Rotwein und Tabak angelegentlich darüber, wiewir beim nächsten gemeinsamen Stück eventuell etwas unbürokratischerzusammenarbeiten könnten.
Unbürokratischer - im Klartext: Wir wollten das DDR-»Büro fürUrheberrechte«, das ungebeten, per Zwangsumtausch, alle Westhonorare zumUmtauschkurs 1:1 in harte Ostmark umrubelte, austricksen. Wie, das wußten wirauch nicht so richtig. Heute weiß ich: Das war ein historischer Irrtum!
Kein Büro der Welt wäre mehr so generös, für eine Stunde Hörspielim Westradio (ich habe es eigenhändig am Taschenrechner ausgerechnet!) densagenhaften Gegenwert von S (in Worten: fünf) Jahren Miete in Ostberlin zutauschen. Wie auch immer, es ging an jenem Abend um Kunst und Geld - Grundgenug also für allerhöchste geistige Konzentration. Auch die immer lauterwerdenden Hupgeräusche von der Straße konnten dem nichts anhaben.
Karge, der höfliche Westler, war zwar irritiert, fragte aberpietätvollerweise nicht weiter nach. Wahrscheinlich hielt er es für einen ganzbesonderen Brauch der geheimnisvollen Ostdeutschen, nachts um i t dauerhupendum den Block zu rasen. Und so sehe ich uns sitzen: im Stile des deutschenIdealismus vergangener Jahrhunderte weitschweifende, aber vorsichtige Erwägungendarüber anstellend, wie wir eventuell die Mauer ein kleines bißchendurchlässiger machen könnten - während draußen die Welt ihre ganz und gareigenen Wege ging und die Mauer einfach sang- und klanglos zu Staub zerfiel. Amnächsten Tag, so erzählte mir Karge später, rief ihn ganz aufgeregt seine Tante- tief, tief aus dem Westen - in seinem Westberliner Hotel an: Wo und wie erdenn diese unglaubliche Nacht zugebracht hätte?
Karge erzählte es. - Unglaublich!
»Na ja«, resümierte sie, »dann kannst du nichts wissen. Ichjedenfalls hab alles miterlebt, live. Am Fernseher!« Recht hat die Tante!
© 2005 by Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln
- Autor: Jens Sparschuh
- 2005, 1. Auflage., 221 Seiten, Maße: 13 x 21 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Kiepenheuer & Witsch
- ISBN-10: 346203460X
- ISBN-13: 9783462034608
- Erscheinungsdatum: 16.03.2005
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