Idealisten an der Macht
Mit der rot-grünen Regierung endete, was einst als »Marsch durch die Institutionen« begann. Paul Berman zeichnet ein außergewöhnliches Porträt der Generation, die 1968 aufbrach, die Gesellschaft zu verändern. Die...
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Mit der rot-grünen Regierung endete, was einst als »Marsch durch die Institutionen« begann. Paul Berman zeichnet ein außergewöhnliches Porträt der Generation, die 1968 aufbrach, die Gesellschaft zu verändern. Die politische Biographie Joschka Fischers bildet den roten Faden dieser faszinierenden Geschichte der Wandlungen, die der Idealismus der Linken auf dem Weg zur Macht durchlief.
Joschka Fischer begann seine politische Karriere in der Frankfurter Sponti-Szene. Er lief Sturm gegen den »US-Imperialismus« und die bürgerliche Gesellschaft, doch verabschiedete er sich Schritt für Schritt vom revolutionären Denken. Berman zeichnet aber nicht nur Fischers Entwicklung nach, der am Ende seiner politischen Karriere für einen antitotalitären, prowestlichen Liberalismus stand. Er schildert auch die Lebenswege anderer herausragender Persönlichkeiten dieser Generation. An Daniel Cohn-Bendit, dem Gründer von »Ärzte ohne Grenzen« Bernard Kouchner, dem polnischen Dissidenten und Intellektuellen Adam Michnik und anderen lässt sich verdeutlichen, welche politische Moral aus dem Geist der Rebellion hervorgegangen ist. In der politischen Auseinandersetzung insbesondere um die Kriege im Kosovo und im Irak spielt sie eine entscheidende Rolle.
Das Buch zum Ende von Rot-Grün und dem Rückzug Joschka Fischers aus der aktiven Politik.
Mit der rot-grünen Regierung endete, was einst als "Marsch durch die Institutionen" begann. Paul Berman zeichnet ein außergewöhnliches Porträt der Generation, die 1968 aufbrach, die Gesellschaft zu verändern. Die politische Biographie Joschka Fischers bildet den roten Faden dieser faszinierenden Geschichte der Wandlungen, die der Idealismus der Linken auf dem Weg zur Macht durchlief.
Im Januar 2001, als der 'Stern' Photos von Joschka Fischer aus dem Jahr 1973 druckte, bekam die Öffentlichkeit einen linksradikalen Straßenkämpfer zu sehen, der auf einen Polizisten einschlägt. Damals wurde schnell klar, dass nicht nur Fischer, sondern eine ganze Generation und ihre Ideale auf der Anklagebank saßen. Diese Debatte war für Paul Berman die Initialzündung, sich mit der europäischen 68er-Generation auseinander zu setzen.
Joschka Fischer begann seine politische Karriere in der Frankfurter Sponti-Szene. Er lief Sturm gegen den "US-Imperialismus" und die bürgerliche Gesellschaft, doch verabschiedete er sich Schritt für Schritt vom revolutionären Denken. Berman zeichnet aber nicht nur Fischers Entwicklung nach, der am Ende seiner politischen Karriere für einen antitotalitären, prowestlichen Liberalismus stand. Er schildert auch die Lebenswege anderer herausragender Persönlichkeiten dieser Generation. An Daniel Cohn-Bendit, dem Gründer von "Ärzte ohne Grenzen" Bernard Kouchner, dem polnischen Dissidenten und Intellektuellen Adam Michnik und anderen lässt sich verdeutlichen, welche politische Moral aus dem Geist der Rebellion hervorgegangen ist. In der politischen Auseinandersetzung insbesondere um die Kriege im Kosovo und im Irak spielt sie eine entscheidende Rolle.
Das Buch zum Ende von Rot-Grün und dem Rückzug Joschka Fischers aus der aktiven Politik.
'Es ist ein Buch über Fischer. Es ist ein Buch über den Weg radikaler Achtundsechziger an die Macht. Es ist ein Buch über den langen Marsch von den Illusionen zum Pragmatismus. Und es ist ein Pamphlet für einen kämpferischen Liberalismus, für einen Menschenrechtsbellizismus, für einen militärischen Humanismus." - taz
"Nur ein amerikanischer Intellektueller konnte diesen Essay aus solcher Vogelperspektive, mit ebenso großen Augen wie mit großem Respekt schreiben. Ja, und zuerst - von solchen Kreuzfahrten zwischen Amerika und Europa gibt es eher zu wenige als zu viele." - Die Zeit
"Berman ist ein echter Querdenker." - 3sat Kulturzeit
Idealisten an der Macht von Paul Berman
LESEPROBE
Die Passiondes Joschka Fischer
Der stern vom .. Januar .... veröffentlichte eine Serie vonfünf grobkörnigen Fotos, die Joschka Fischer, den einstigen deutschenAußenminister und Vizekanzler, als jungen Schläger im Straßenkampf in Frankfurt zeigten. Es war im April ..... Auf den Fotos ist eine Gestalt mit einem schwarzen Motorradhelm zu sehen, dieals Fischer identifiziert wird und kampfbereit einer anderen Person, die einen weißen Polizeihelm trägt, gegenübersteht. ImHintergrund ist ein ramponierterVW-Käfer zu erkennen; Fischer, der Mann mit dem schwarzen Helm, bewegt sich auf den Polizistenzu, und ein langhaariger junger Mann (es waren androgyne Zeiten) eilt zurUnterstützung herbei; Fischer und einige weitere Personen sind die Angreifer, der Polizist mit dem weißen Helm geht bereitsin die Knie; Fischer hebt die in einemschwarzen Handschuh steckende Faust, als ob er dem vornüber gebeugt dastehenden Polizistenauf den Rücken schlagen wollte, und Fischers Mitstreiter stehen dabei; der Polizistliegt am Boden, und Fischer und dieanderen sehen aus, als ob sie im nächsten Augenblick zutreten wollten, zwei weiterePersonen schauen zu. Es ist keinramponierter Volkswagen mehr zu sehen. Der Fotograf hat die Prügelei offensichtlich umkreist und eineSzene festgehalten, in der wohlreichlich Adrenalin ausgeschüttet wurde. Die Fotos sind aus jeweilsunterschiedlichen Perspektiven aufgenommen.
Es warenbrutale Bilder. Ein flüchtiger Blick darauf versetzte einen in die Zeiten linker Straßenkämpfezurück, in die späten sechziger und die siebziger Jahre, in denen militantejunge Linke in Westdeutschland häufig auf die Straße gingen und Volkswagen vonrechts und links ramponiert wurden. DieBilder, die diese Vergangenheit heraufbeschworen,provozierten einen öffentlichen Aufschrei. Der Joschka Fischer von .... war Mitglied einerPartei, die sich, in explizit unbürokratischer Manier, »Die Grünen« nannte -ein Mann der Linken, von der trendbewussten und lebenslustigen Seite. Er war einer der ersten Grünen (mit Andrea Fischer,Jürgen Trittin und Renate Künast), die zumBundesminister ernannt wurden, und dann warer auch noch Außenminister. Ein mächtiger Mann, also auch ein Mann, der Feinde hatte. Diese Fotos schautenvon den seidenmatten Seiten des stern trübe in die Welt, und die Flammenchristdemokratischen Zorns, die von den politischen Gegnern ausgingen, schlugen sofort hoch. Deutschlands Außenministerwar durch diese Fotos diskreditiert; er hatte sein Land blamiert; er war nichtmehr imstande, dieses Land in aller Weltzu repräsentieren; gegen ihn sollte ermittelt, er sollte angeklagt werden. Und zurücktreten.
DieStraßenkämpfe von .... waren lange her, und man hätte annehmen können, dasssich Fischers Feinde, nachdem sie ihre Wut und ihren christdemokratischen Groll auftausenderlei Art abreagiert hatten, schließlich wieder beruhigen würden und derSkandal, der sich mit diesen uraltenFotos verband, abklingen würde. Die Redaktion des sternschien mit einer solchen Entwicklung der Dinge gerechnet zu haben. Die Zeitschrift warb fürihre Fotos auf dem Titelbild mit einem Fischer-Zitat (»Ja, ich war militant«),doch der Aufmacher der Ausgabe jener Woche war die europäische BSE-Krise, die durch eine auf den Zinken einerüberdimensionierten Grillgabel steckende Riesenwurst veranschaulicht wurde.Rinderwahnsinn - das war eine Geschichtemit Langzeitwirkung.
Doch dieZeit verging, und die Fischer-Affäre verschwand nicht aus den Schlagzeilen, sondern zog immerweitere Kreise. Die Fotos aus demHamburger Magazin wirkten wie eine Initialzündung, wie das Klebeband an der Treppenhaustür des Watergate-Hotels oder die jungmädchenhaften Bekenntnisse auf Linda Tripps verräterischen Tonbandaufzeichnungen. (Linda Tripp war eine Mitarbeiterin des Weißen Hauses, die Telefongespräche mit ihrerdamaligen Freundin Monica Lewinskyaufzeichnete und dem Sonderermittler Kenneth Starr übergab. Anm. des Übers.) Ganz langsamöffnete sich ein Vorhang und gab den Blick frei auf immer neue Weiterungenunerwarteter Skandale (oder, je nach persönlicher Auslegung, Nicht-Skandale).
DieKontroverse dehnte sich auf Frankreich aus. In London übernahm der Observer denPart der Klatschpresse und gab der Polemik einen leicht hirnrissigen sexuellen Touch.Auch die italienische Presse stieg ein.Die Fischer-Affäre erreichte schließlich ein genügend großes Ausmaß, und derdabei angeschlagene Ton klang anklägerisch genug, um die eher hochtrabende,aber nicht unzutreffende Bezeichnung »Prozess gegen die ..er-Generation« gerechtfertigt erscheinen zu lassen. Eingeführt hatte sie die Redaktionder Pariser Tageszeitung Libération (die sich mit der ..er-Generation auskannte), und sie stand für einen überraschend ergiebigen undlebhaften Skandal und eine Fülle vonQuerbeziehungen zu Europa, dem modernen Leben an sich und dreißig oder vierzig JahrenZeitgeschichte.
Der stern erhielt die Fotos von Bettina Röhl, damalsachtunddreißig Jahre alt und freie Journalistin. Ihre Bekanntheit verdankte sie jedoch vor allem einem familiärenHintergrund, der kaum spektakulärer hätte sein können. Bettina Röhl ist dieTochter von Ulrike Meinhof. Auf demHöhepunkt der linken Bewegung der späten sechziger und der siebziger Jahre wardie frühere konkret-Chefredakteurin in Westdeutschland eine Berühmtheit. Sie wareine militante Kämpferin und ein politischer Kopf der äußersten Linken - eineder Verrückten, möchte man heute sagen, doch damals wurde heftig über Begriffe wie »Verrücktheit« und »Normalität«diskutiert.
UlrikeMeinhof organisierte .... eine bewaffneteGefangenenbefreiung zugunsten eines inhaftierten Genossen: Andreas Baader, der für seine gewalttätigen Eskapaden - erhatte in einem Frankfurter KaufhausFeuer gelegt - zu drei Jahren Haft verurteilt worden war. Baader und Meinhof bildeten gemeinsam mitHorst Mahler und einigen anderenDesperados der revolutionären Linken eine Organisation, die in derUmgangssprache als »Baader-Meinhof-Bande« bezeichnet wurde, formal-korrekt aber dieBezeichnung »Rote Armee Fraktion« führte. Im amerikanischen Englisch wird dasdeutsche Wort Fraktion normalerweise mit factionwiedergegeben, was eingängig klingt. Wersich jedoch an den alten kommunistischen Sprachgebrauch erinnert, wird erkennen, dassdas englische Wort fractionein überaus legitimer und präziser Begriff war, mit dem eine diszipliniert agierende, einer Zelle ähnelndeFunktionseinheit der Partei bezeichnetwurde - das Gegenteil einer Splittergruppe oder Untereinheit, die sich aus der Parteidisziplinverabschiedet hat. In einermarxistisch-leninistischen Partei gibt es, wenn sie nicht gerade in Auflösung begriffen ist, keineSplittergruppen. Doch eine solche Parteikennt Fraktionen oder Partei-Untergruppen, die in die Welt hinausziehen und systematische und planvollepolitische Arbeit leisten. ( )
© SiedlerVerlag
Übersetzung:Helmut Dierlamm und Werner Roller
- Autor: Paul Berman
- 2006, 282 Seiten, mit Abbildungen, Maße: 14,2 x 22,4 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzer: Helmut Dierlamm, Werner Roller
- Verlag: Siedler
- ISBN-10: 3886808467
- ISBN-13: 9783886808465
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