In der Ferne
Die Wahrnehmung des Raums in der Vormoderne
Wenn einer eine Reise tat ...
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Produktinformationen zu „In der Ferne “
Wenn einer eine Reise tat ...
Klappentext zu „In der Ferne “
Der Raum, in dem wir leben, vermittelt uns ein Gefühl von Heimat und Geborgenheit und stiftet Identität.Wie haben Menschen in früheren Epochen den sie umgebenden Raum wahrgenommen? Wie empfanden sie die Räume, die sie durchquerten, wenn sie ihre gewohnte Umgebung verließen?
Lese-Probe zu „In der Ferne “
L ndergrenzenHerzogtum, Grafschaft, alte Stammesbezeichnung das alles war ganz gel ufig, auch die jeweiligen Begrenzungen kannte man prinzipiell, hielt man aber im Normalfall nicht f r erw hnenswert, weil irgend wichtig oder gar einschneidend. Grenzen zwischen "Nationen", den werdenden Nationalstaaten, sind in solchen Texten noch rarer. Nun gut, solche berschritten ihre Verfasser ja auch in der Tat seltener als kleinr umige Begrenzungen, so ist der folgende Befund interessanter: L ndergrenzen sind unseren Reiseaufzeichnungen keinesfalls wichtiger als andere, auch sie werden, so berhaupt, beil ufig erw hnt.
In Texten des 15. Jahrhunderts pr sentiert sich Europa ohnehin als grenzenloses Netz von geselligen und politischen Knotenpunkten: "Von Perpian", dem damals spanischen Perpignan, "ritt mein herr auf Munphalir", also nach Montpellier, "das ist ein schone stat. Und wolten do nit bleiben, wann es starb gar ser zu dem mal. Do von dann ritt wir auf Avian", nach Avignon, "ist gar ein schone grosse stat", was einige "schone ding" aus dem Stadtbild illustrieren. "Da von auss ritt wir auf Susa zu [...] ist ein schone stat, und leit unter einem berg. Von dann ritt wir auf Meilant zu [...]" Der noch wenig kontinuierliche, wenig homogene Raum solcher fr her Reiseaufzeichnungen wird uns in Kapitel 3.6 besch ftigen. Grenzen spielen in diesen Texten keine Rolle.
Neuzeitliche Aufzeichnungen sind durchgehend viel detaillierter, prunken mit Entfernungs- und Richtungsangaben sowie mit kleinr umigen politischen Zuschreibungen, aber hinsichtlich der Abgrenzung von V lkern oder Nationen ndert sich nichts. Frankreichreisende geraten gewisserma en sukzessive in dieses Land hinein nein, das ist missverst ndlich formuliert, weil es so etwas wie ein "Kernfrankreich" voraussetzt, auf das wir in der ersten H lfte der Fr hen Neuzeit noch gar nicht sto en. Man besucht ein St dtlein des Herzogs von Clairmont oder von Bourbon, reist durch die Champagne. Wir werden weder mit franz
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sischer Sprache noch franz sischem Wesen konfrontiert, sowieso nicht pl tzlich, vor dem 18. Jahrhundert auch nicht sukzessive, es werden eben nach und nach deutsch klingende Ortsnamen seltener. Doch werden wir uns auch Frankreichreisen und in diesem Rahmen die franz sische Staatsgrenze weiter unten, in Kapitel 3.7, noch genauer anschauen. So mag hier, gleichsam in der Vorwegnahme, ein einziger Reisebericht gen gen.
Der Kulmbacher Erbprinz Christian Ernst, der seine Reisenotizen vom damals namhaften Dichter Sigmund Birken in Buchform bringen lie , durchzog in den sp ten 1650er Jahren wiederholt den franz sisch-deutschen Grenzsaum, auf die Zuschreibung "franz sisch" sto en wir indes nur an dieser Stelle: "Den 15 di , kamen Sie zu Mittag nach Sekt, ein Dorf unter das Franz sische Parlement zu Ensisheim im Elsa geh rig, f tterten daselbst, und gelangten Abends nach M mpelgart, die Haupt- und Residenz-Stadt dieses W rtenbergischen F rstentums." Das Adjektiv will nicht einem gro en homogenen Raum namens "Frankreich" zuordnen, sondern einem Parlamentsbezirk, immerhin, ber diese administrative Untergliederung werden wir gleichsam indirekt darauf gesto en, dass die Reisegesellschaft nicht auf "deutscher" Scholle unterwegs war, jedenfalls nicht um die Mittagszeit. Geschlafen hat man dann schon wieder auf Reichsboden, was f r den Autor indes nicht bemerkenswert ist. Gro e, homogene Nationalr ume konturiert er sowieso nicht gegeneinander; aber auch andere politische Grenzen wurden offensichtlich nur selten f r bemerkenswert gehalten.
Wie wenig einschneidend politische Grenzen wirkten, zeigt vielleicht noch schlagender diese Passage, die festh lt, dass sich die vornehme Reisegesellschaft im September 1660 ostw rts der Schweiz n herte:
"Den 24 di nahmen Sie ihren Weg nach Champagnole: allwo Sie weder Speis noch Trank gefunden, und von dem Pater des Orts, mit Geld und guten Wortten [...] etwas Fleisch und Eyer erhalten konden. Zu Morillon, weil auch der Schmalhans Wirt daselbst ware, musten Sie gleichfalls Nacht ber sich armselig behelfen. Endlich, nachdem Sie S. George den 25 di zur cke gelegt, kamen Sie, folgenden Mittags um 10 Uhr, gl cklich nach Geneve.".
Der Kulmbacher Erbprinz Christian Ernst, der seine Reisenotizen vom damals namhaften Dichter Sigmund Birken in Buchform bringen lie , durchzog in den sp ten 1650er Jahren wiederholt den franz sisch-deutschen Grenzsaum, auf die Zuschreibung "franz sisch" sto en wir indes nur an dieser Stelle: "Den 15 di , kamen Sie zu Mittag nach Sekt, ein Dorf unter das Franz sische Parlement zu Ensisheim im Elsa geh rig, f tterten daselbst, und gelangten Abends nach M mpelgart, die Haupt- und Residenz-Stadt dieses W rtenbergischen F rstentums." Das Adjektiv will nicht einem gro en homogenen Raum namens "Frankreich" zuordnen, sondern einem Parlamentsbezirk, immerhin, ber diese administrative Untergliederung werden wir gleichsam indirekt darauf gesto en, dass die Reisegesellschaft nicht auf "deutscher" Scholle unterwegs war, jedenfalls nicht um die Mittagszeit. Geschlafen hat man dann schon wieder auf Reichsboden, was f r den Autor indes nicht bemerkenswert ist. Gro e, homogene Nationalr ume konturiert er sowieso nicht gegeneinander; aber auch andere politische Grenzen wurden offensichtlich nur selten f r bemerkenswert gehalten.
Wie wenig einschneidend politische Grenzen wirkten, zeigt vielleicht noch schlagender diese Passage, die festh lt, dass sich die vornehme Reisegesellschaft im September 1660 ostw rts der Schweiz n herte:
"Den 24 di nahmen Sie ihren Weg nach Champagnole: allwo Sie weder Speis noch Trank gefunden, und von dem Pater des Orts, mit Geld und guten Wortten [...] etwas Fleisch und Eyer erhalten konden. Zu Morillon, weil auch der Schmalhans Wirt daselbst ware, musten Sie gleichfalls Nacht ber sich armselig behelfen. Endlich, nachdem Sie S. George den 25 di zur cke gelegt, kamen Sie, folgenden Mittags um 10 Uhr, gl cklich nach Geneve.".
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Inhaltsverzeichnis zu „In der Ferne “
InhaltEinleitung71. Aktuelle Kontexte: Der Raum der Globalisierung102. Problemaufriss: Was wir so alles nicht genau wissen 282.1 Vormoderne Räume und was sie uns für Fragen aufgeben 282.2 Vormoderne Grenzfälle und was sie uns für Fragen aufgeben 552.3 Welche Fragen sind besonders interessant? 592.4 Welche Sonden könnten uns helfen?632.5 "Raum" und "Raumwahrnehmung" 683. Vormoderne Lebensräume 723.1 Heimatliches, Befremdliches 723.2 Wer einem so begegnet 863.3 Verortungen 933.4 Grenzgänge 1013.5 Leer oder "lustig" was zwischen den Zielorten liegt 1113.6 Rauminseln oder Raumkontinuum? 1313.7 Zum Beispiel Frankreich 1434. Alte Netze, neue Vernetzungen 156Anmerkungen 165Quellen und Literatur 218
Autoren-Porträt von Axel Gotthard
Professor Dr. Axel Gotthard lehrt Geschichte an der Universität Erlangen-Nürnberg. 2003 erschien von ihm »Das Alte Reich 1495 - 1806«.
Bibliographische Angaben
- Autor: Axel Gotthard
- 2007, 245 Seiten, Maße: 13,9 x 21,4 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: CAMPUS VERLAG
- ISBN-10: 3593384930
- ISBN-13: 9783593384931
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