Jahrhundertsommer
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»Jahrhundertsommer« ist ein literarisch beeindruckendes Werk von betörender Schönheit und verstörender Wucht. Ein Buch, das einen ganz eigenen sprachlichen Sog entwickelt, der den Leser lange nicht mehr loslässt.
Über den Autor:
Kerstin Duken, geboren 1966, lebt und arbeitet als selbständige Werbetexterin in Berlin. 2004 gründete sie die Firma »sailormade yachting« mit. Ein Unternehmen, das sich mit Design, Bau und Vertrieb von Segelyachten befasst. »Jahrhundertsommer« ist ihr literarisches Debüt, das mit dem BRIGITTE-Romanpreis 2007 ausgezeichnet wurde.
Iris ist jung, und sie ist Single. Gerade erst nach Berlin gezogen, scheinen ihr alle T ren in ein neues Leben offen zu stehen. Doch dann wird sie eines Nachts brutal berfallen, und das Trauma dieser Gewalttat l sst sie seitdem nicht mehr los. Sie f hlt sich wie erstarrt und tot, und die K lte in ihrem Herzen scheint un berwindbar, auch wenn drau en ein Jahrhundertsommer die Stadt in seiner Glut verbrennt. Und doch, das Leben geht weiter. Schritt f r Schritt macht sich Iris auf den weiten Weg zur Heilung ihrer Wunden. Bis sie ganz sicher wei , dass es Zeit ist weiterzuziehen, Zeit, Berlin hinter sich zu lassen und ein neues Leben zu beginnen.
'Jahrhundertsommer' ist ein literarisch beeindruckendes Werk von bet render Sch nheit und verst render Wucht, ein Buch, das einen ganz eigenen sprachlichen Sog entwickelt und den Leser lange nicht mehr losl sst.
Kerstin Duken, die Gewinnerin des Brigitte-Roman-Preises: ein neuer Stern am Literaturhimmel!
Ausgew hlt von Birgit Vanderbeke, Juli Zeh, Wladimir Kaminer u. a.
"Gegenw rtig, fassbar, schnell, furchtlos und ohne jede K nstlichkeit. Kerstin Duken hat einen ganz eigenen, sehr sicheren Ton gefunden." BRIGITTE
"Grandioser Erz hlstil, eine Story mit Wendungen und berraschungen, psychologisch absolut glaubhaft entworfen und unglaublich spannend." WDR
"Mit einer bestechenden Beobachtungsgabe und einer schwungvollen Sprache legt die Autorin Kerstin Duken in ihrem Erstlingswerk, Jahrhundertsommer' eine Welt blo , in der kein Platz ist f r Menschen, die nicht funktionieren. Der 41-j hrigen Werbetexterin aus Berlin ist ein Buch gelungen, das das Umfeld der jung-dynamischen ,High Professionals' in Berlin ebenso einf ngt wie die psychischen Wunden eines Menschen." dpa
Jahrhundertsommervon Kerstin Duken
LESEPROBE
Sommer2006
Es istNacht in der Stadt und immer noch warm, obwohl schon so spät, sind noch immerMenschen auf der Straße, Menschen, die lachen und rufen, ganz in der Nähe istein Club, da treffen sie sich, die Sommernachtsmenschen, gehen hinein undwieder hinaus, hinein und wieder hinaus, ein merkwürdiger Bienentanz, vielleichtgibt es tatsächlich ein ordnendes Prinzip, nach dem das da alles geschieht,aber für mich ist es nicht zu erkennen. Ich sitze auf der schmalen, weißenFensterbank mit Blick auf die Straße, und auf der Sophienkirche,schräg rechts von mir, blinkt eine kleine, goldene Kugel, aber das stilisierte,goldene Kreuz blinkt seltsamerweise nicht. Es ist eine warme Julinacht hier inder Mitte von Berlin, mal wieder eine warme Sommernacht, doch sie ist ganzanders als die Sommernächte in den Jahren zuvor.
Mein Lebenvollzieht sich in diesem Sommer mit der Präzision eines Schweizer Chronometers,Sekunde für Sekunde, angefüllt mit Bildern, Menschen, Worten, Gefühlen,folgerichtig, wenn auch nicht so, wie ich es mir ausgemalt hätte. Nicht vorvier Jahren, nicht vor drei, nicht vor zwanzig, eigentlich nicht einmal vorvier Wochen ausgemalt hätte. Im Zimmer nebenan liegt ein Mensch. Und wie ichauf die Straße schaue und dann zu der glänzenden Kugel und dann in den Himmel,erscheint mir das alles so unglaublich, ich habe keine Erklärung, wie das allespassieren konnte, aber wahrscheinlich ist das nicht so ungewöhnlich, denn eineErkenntnis stünde nun wirklich fett gedruckt in einer Bedienungsanleitung fürsLeben: Denken ist nicht die Antwort.
Und vormeinen wachträumenden Augen drehe ich das Chronometerzurück
Sommer2002
WieSäbelklingen schienen die Strahlen der Sonne haarscharf an den Wolken vorbei,so wie sie es nur tun, wenn ein Wolkenbruch unmittelbar bevorsteht. Der nächsteRegenguss, ja vielleicht ein Gewitter, so wie es während des ganzen bisherigen Sommersimmer wieder geregnet, gehagelt, gestürmt hatte, ein Unwettersommer, das warschon jetzt abzusehen. Dass es der Jahrhundertunwettersommer werden würde, daskonnte man noch nicht ahnen. Durch das Panoramafenster hier im fünften Stocksaß man in der ersten Reihe, konnte von links, dem Fernsehturm amAlexanderplatz, bis rechts, dem Berliner Dom, verfolgen, wie sich das Unwetterüber der Stadt zusammenzog, sich formatierte, die Voraussetzungen für dieEntladung schuf.
»Wir werdensie einfach ficken«, rief Marc und schickte ein zweisilbiges Lachen hinterher.Alle zwanzig überwiegend schwarz gekleideten Menschen im Raum drehten sich zudem Mann im dunkelblauen Anzug um. Natürlich nicht wegen des Lachens, der Satzwar einfach sirenengleich dazu geeignet, umgehend alle Aufmerksamkeit auf sichzu lenken. Marc bemerkte, was er da provoziert hatte.
»KeineAngst, ihr seid alle in Sicherheit, ich habe nur von unserem zukünftigen Kundengesprochen, nehmt euch noch ein Glas, keine Angst vor mir, alles in Ordnung.« Er wandte sich mir wieder zu.
»Mein Gott,wie leicht man doch, na ja, aber du hast mich doch richtig verstanden, oder?Wir ficken sie einfach, das heißt doch nur, dass wir sie - klarmachen eben,abkochen, abziehen, einkassieren. Dann haben wir den ganzen Etat, und dann holenwir uns den nächsten, mit so einem Kunden im Portfolio, das ist magnetisch, ichsage es dir, du musst einen Großen haben, dann kommen die anderen ganz schnellhinterher, so läuft es doch, stimmt s Iris, so läuftes doch, Magnetismus.« Er blickte mich erwartungsvoll an, und ich konnte nichtanders, ich nickte. Marc würde in drei Wochen mein Chef sein.
Also mussteich nicken, heute musste ich noch nicken, in spätestens zwei Monaten konnte ichihm sagen, dass es genau so, wie er es beschrieben hatte, nicht lief. Man fickteinen Kunden nicht. Denn der wird schnell merken, dass man ihn ungefragt gefickthat, und dann ist das Rennen zwar vielleicht gelaufen, aber man steht hinterherals Ben Johnson oder Katrin Krabbe, oder wie diese ganzen Dopingsünder heißen,da: Man hat vielleicht das Rennen gewonnen, die Medaille und einen ansehnlichenScheck überreicht bekommen. Aber dann deckt jemand auf, wie man das geschaffthat, und schon ist es vorbei mit Ruhm und Ehre. Dann wird man nie wieder zueinem Wettbewerb eingeladen, dann hat man überall schlechte Karten.
Aber heutenickte ich noch, und es fiel mir auch nicht sonderlich schwer. Marc war nett.Ausgesprochen nett. Auch wenn er solche idiotischen Sätze sagte. Er war großund sah ein wenig aus wie Michael Douglas in Wall Street. Derdunkelblaue Anzug, vielleicht Zegna, das weiße Hemd,die ausgesuchte Krawatte, die festen Budapester. Dunkles, zurückgegeltesHaar und blaue Augen - kosmosblau, hätten wir in einem Prospekt für einenKunden wohl geschrieben -, in die hier, in seinem Büro im fünften Stock inBerlin-Mitte, die Klingen der Sonnenstrahlen so fuhren, dass sie noch mehr leuchtetenals sonst. Marc war Segler, man sah es an den Sonnenbrillenrändern in seinemGesicht und an den aufgeschürften Fingern, da, wo die Leinen bei hektischenManövern zu schnell durchgeschossen waren. Natürlich hatte er mir davon erzählt,von seiner Leidenschaft, Regatten zu segeln, nicht Touren. Touren, sagte er,könne er immer noch segeln, wenn seine Kinder groß seien und er alt wäre. Marcwollte gewinnen. Marc war ein einziges Klischee. Allerdings eines dernettesten, die ich bisher so kennen gelernt hatte.
»Noch waszu trinken?«, fragte er.
Und wiedernickte ich. Nicht mein gesprächigster Tag heute. Obwohl, ich hatte schon denhalben Nachmittag geredet, hatte versucht, Marc meine Vorstellungen von derZukunft der Agentur schmackhaft zu machen. Ich hatte mich vorher über Marcerkundigt und glaubte zu wissen, was ihn reizen würde. Die Mischung ausüberzeugt sein und Mut haben, ein wenig Abenteuer, aber viel Realismus, Faktenanders analysieren als üblich. Er brauchte die vernünftigen Argumente, umseinen Hang zum Abenteuer rechtfertigen zu können. Aber die Entscheidung trafer nicht rational, auch wenn er das nicht zugeben würde. Die Entscheidung trafer, weil er gern Abenteuer einging, sie zusammen mit anderen einging, siebestand, um dann schlammverkrustet aus dem Urwald zu kommen und in derhochgereckten Hand den größten Rubin der Welt zu präsentieren. Und dann warenwir uns einig. Er reichte mir einfach seine große Seglerhand über den schwarzenSchreibtisch. »Wir sind uns einig«, hatte er gesagt. Das war es. Das war derinoffizielle Vertragsabschluss, auf den ich mich aber verlassen konnte, dasspürte ich.
In dreiWochen würde ich also für ihn arbeiten, Strategie und New Business, so lautetenoffiziell die Geschäftsfelder. Auf einen Titel hatten wir uns hingegen nochnicht geeinigt. »Such dir einen aus, den schreiben wir dann in den Ver- trag«,meinte er. Das wäre jetzt also meine Beschäftigung für das Wochenende, einenschönen Titel ausdenken, der dann im Vertrag, auf den Visitenkarten, in meinerMail-Signatur erschiene und bei Vorstellungen genannt würde. Was für ein wundervolleskleines Luxusproblem. Genauso wie die Frage, welchen Schreibtisch ich habenwollte. Zwei waren noch frei, der eine mehr mit Blick auf den Alex, der anderemehr mit Blick auf das Rote Rathaus. Ich tendierte zum Alex, aber auch daswürde ich noch entscheiden, am Wochenende.
Es war kurzvor sechs. Hätte nicht gerade die Fußball-Weltmeisterschaft angefangen, wäreMarc sicherlich nicht mehr in der Agentur gewesen, sondern hätte sich auf denWeg gemacht, um auf seinem 38-Fuß-Boot auf der Ostsee zu segeln. Aber ab jetztging die WM vor. Da blieb er am Wochenende zu Hause und spendierte amFreitagnachmittag seinen Angestellten etwas zu trinken, einen besonderen Grundgab es offensichtlich gar nicht. Und es schien allen Spaß zu machen, so deuteteich es zumindest, denn keiner machte Anstalten zu gehen, nur ich merkte, wiemir der Prosecco zu viel wurde, ich wollte raus, in diegewittergeladene Luft, nach Hause.
© GoldmannVerlag
- Autor: Kerstin Duken
- 2007, 1, 283 Seiten, Maße: 14,2 x 22 cm, Geb. mit Su., Deutsch
- Verlag: Arkana
- ISBN-10: 3442311616
- ISBN-13: 9783442311613
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