Joschi - eine Hundegeschichte
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Joschi von Hartmutvon Hentig
LESEPROBE
»DieKinder nennen ihn Joschi. Warum? Ich
weiß esnicht!«, sagt Frau Kuhn. Später, sehr viel
späterwerde ich einen Grund wissen. Einstweilen
passt derwuschelige, kitzelige, putzige
Laut zudem perfekten Designer-Schmuse-Produkt,
dem schwarzbraunenWolltier, aus dem
zwei kaumhellere Augen durch pure Blankheit
hervorleuchtenund an dem zwei spitze Ohrenzipfel
daseinzige zu sein scheinen, was man anpacken
kann. DerRest ist weicher Flaus in ständiger,
rasenderBewegung. Er kullert und kreist um
uns herum- um das Auto, das ihn gebracht hat,
um denHundenapf vom alten Rex, um sich
selbst.Und springt abwechselnd an Frau Kuhn
und mirhoch, ein Gummiball in Alpakahülle.
Wer sichzu ihm herabbeugt, hat ihn - schmatz! -
voll imGesicht.
Joschigebärdet sich, als ob er heimkehre. Dabei
sind wirihm gänzlich fremd. Er sieht, hört und
riecht unsheute zum ersten Mal. Er ist noch viel
zu jungfür irgendeine Erinnerung, irgendeine
Heimat. Erkommt aus dem Nirgendwo-und-Überall
der erstensechs Lebenswochen.
Das Autound sein Fahrer brechen auf. Wenn
auch ichgehe, wird Joschi sich vielleicht beruhigen.
Frau Kuhnnimmt ihn mit ins Haus, wohin
erneugierig folgt. Mein Heimweg führt an der
Hüttevorbei, in der Rex bis vor einigen Monaten
gewohnthat: die ergraute Schnauze auf die linke
Vorderpfotegelegt, in der letzten Zeit nur noch
die Augendem Kommenden und Gehenden
zugewandt,nicht einmal mehr den müden Kopf
erhebend.Mehr aus Gewohnheit als aus Bedürfnis
ist erFrau Kuhn abends ins Haus gefolgt und
hat - inseinem Lebenswinter - die Nacht im
damitverbundenen Stall verbracht. Er wäre dort
geblieben,hätte Gewohnheit ihn nicht morgens
wieder inseine Hütte getrieben. Rex, guter alter
Rex! Manwird dich nicht vergessen, nur weil
jetzt soein wirbelnder Wattebausch deinen Platz
einnimmt -ein »Joschi«, ein Zischlaut, ein
kitschigesKindchenschema mit tapsigen Bewegungen,
einliebenswürdiger Ulk neben deiner königlichen Würde.
Am anderenMorgen schon muss ich nach Berlin
zurück.Ich bringe Frau Kuhn meine Wäsche und
klingele,um mich zu verabschieden. Joschi purzelt
mirentgegen, als sich die Tür öffnet. Ich
packe ihnam Fell seiner Schultern und hebe ihn
hoch. Datrifft mich sein Blick, hält kurz inne -
klar,entblößt, verlangend - und schon fährt mir
seineZunge über beide Augen, löscht den Gegenblick
aus,besiegelt nass und warm seine
Joschi-Liebe.Von nun an haftet sie an mir.
Frau Kuhnklinkt die Kette von Rex an dem breiten
Halsbandfest, das die Stelle markiert, an der
Kopf undRumpf ineinander übergehen. »Er
läuftIhnen sonst nach!« Das tut er in der Tat, so
weit dieKette reicht. Dort zerrt er und weint
mir nach.Es eilt. Oben hupt mein Taxi. Bevor ich
um dieBurgmauer biege, drehe ich mich noch
einmal um:Da sitzt er, aufrecht, die Beine aus
dem dickenweichen Fell herausgestemmt, den
Kopfleicht nach rechts geneigt. Auf meiner Abreise
liegtplötzlich die Vorfreude auf die Wiederkehr. -
So, genau so wird es hinfort zehnmal im Jahr zugehen.
© HanserVerlag
- Autor: Hartmut von Hentig
- 2005, 72 Seiten, mit Abbildungen, Maße: 13,2 x 21,2 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: HANSER
- ISBN-10: 3446205705
- ISBN-13: 9783446205703
- Erscheinungsdatum: 28.02.2005
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