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Ein Warenhausroman
Ein Warenhausroman. Am Anfang war der Job im Kaufhaus für Simone Wenger nur eine Gelegenheit zur Finanzierung ihres Studiums. Bald aber wird mehr daraus: Sie ist fasziniert von dem riesigen Warenverkehr und von dem Miteinander der Kollegen. Simone erlebt...
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Produktinformationen zu „Kaufen! “
Ein Warenhausroman. Am Anfang war der Job im Kaufhaus für Simone Wenger nur eine Gelegenheit zur Finanzierung ihres Studiums. Bald aber wird mehr daraus: Sie ist fasziniert von dem riesigen Warenverkehr und von dem Miteinander der Kollegen. Simone erlebt das Kaufhaus wie
eine erstaunliche Großfamilie, in der sie ganz aufgeht. Sie gibt ihr Studium auf und schreibt Reklametexte für die Firma. Jahre später erkennt sie
erschreckt die »corporate identity« ihres Arbeitgebers als eine Identität, die schon lange nicht mehr ihre ist.
eine erstaunliche Großfamilie, in der sie ganz aufgeht. Sie gibt ihr Studium auf und schreibt Reklametexte für die Firma. Jahre später erkennt sie
erschreckt die »corporate identity« ihres Arbeitgebers als eine Identität, die schon lange nicht mehr ihre ist.
Klappentext zu „Kaufen! “
Am Anfang war der Job im Kaufhaus für Simone Wenger nur eine Gelegenheit zur Finanzierung ihres Studiums. Bald aber wird mehr daraus: Fasziniert von dem riesigen Warenverkehr und von dem Miteinander der Kollegen erlebt Simone das Kaufhaus wie eine erstaunliche Großfamilie, in der sie ganz aufgeht. Sie gibt ihr Studium auf und schreibt die Reklametexte für die Firma. Jahre später beobachtet sie erschreckt die 'corporate identity' - eine Identität, die schon lange nicht mehr ihre ist.
Lese-Probe zu „Kaufen! “
Ich fing unten an, ganz unten. Mit dem Putzen der Lebensmittelabteilung im ersten Untergeschoss. Als Erstes erfuhr ich, dass es auch unter Putzfrauen eine Rangordnung gab, und so war der Job, mit dem ich begann, mit Abstand der am schlechtesten angesehene. Während die »besseren« Putzfrauen in den Büros und den oberen Etagen der Verkaufsabteilungen lediglich mit Staubsauger und Putztuch unterwegs waren, gab es in der Lebensmittelabteilung speckige Böden zu putzen, die gescheuert und feucht aufgewischt werden mussten. Glitschige Kacheln, zusammengepappte Gemüse- und Fruchtreste, hartnäckig eingetrocknete Saucen, das waren die Aufgaben, denen ich mit Schrubber und Gummihandschuhen im Dämmerlicht der heruntergedimmten Deckenbeleuchtung zu Leibe rückte. Ich kann nicht behaupten, dass ich die Arbeit mochte, wenn man einmal von den Kolleginnen absieht, die sich jeden Abend mit mir in den Warenlift zwängten, um Etage für Etage an ihrem Bestimmungsort entlassen zu werden. Da waren die beiden Spanierinnen, die mir, als ich nach oben versetzt wurde, beibrachten, wie man so schnell und gründlich staubsaugte, dass man schon nach anderthalb Stunden fertig war und sich die übrige Zeit zum Ausruhen auf einen Stapel mit Orientteppichen legen konnte. Da war Signora Battista, die ich jeden Abend nach der Arbeit zum Tram begleitete und die mir das ganze Italienisch beibrachte, das ich heute zu radebrechen verstehe. Signora Battista war alt und so gebrechlich, dass der Staubsauger und sie praktisch eins waren. Halb zog er sie, halb stützte sie sich auf ihn, wenn sie Richtung Lift tapste, wo sie die ganze Truppe zum Lachen brachte, weil ihr ständig die komischsten Missgeschicke passierten. Entweder trat sie versehentlich auf einen Schrubber, dessen Stiel ihr mitten ins Gesicht federte, oder dann verhedderte sie sich in den Schläuchen ihres Staubsaugers und warf beim Versuch, sich daraus wieder zu befreien, einen Wassereimer um oder sonst etwas in dieser Art, was sie dann mit
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einem trockenen Scherz quittierte. Da waren all die anderen, die abends kurz vor Ladenschluss zusammen mit mir gegen den Strom der feierabendlich gestimmten Verkäuferinnen ankämpften, die – das Schminktäschchen unter dem Arm – Richtung Garderobe strebten. Wir kamen, sie gingen, und lang habe ich es auch nicht gemacht. Lang nicht, aber lang genug, um dieser Welt zu erliegen, um jene Impfung verpasst zu bekommen, die einen auf Jahre hinaus süchtig macht nach Warenhaus. Süchtig und unfähig, woanders zu arbeiten als in dieser modernen Kathedrale des Konsums, in diesem Koloss, in dem es dreckige Maschinenräume und filigrane Kompositionen gibt, in der die Kulissen ebenso echt sind wie die unordentlichen Abstellräume, in dem es wimmelt von Wirrköpfen und Genies, Betrügern, Aufschneiderinnen und ehrlichen Häuten, dieses ständige Strömen von Menschen und Waren um eine unsichtbare Mitte herum. Von dem Augenblick an, als ich als Putzfrau nach oben versetzt wurde, in die Etage mit Teppichen, Vasen, Bilderrahmen und Blumenschmuck, war es um mich geschehen. Ich war verzaubert und besessen vom Glanz des ewig Neuen, von diesem dauerhaften Versprechen, dass nichts sich verbraucht, von diesen Waren, die in der schwachen Abendbeleuchtung geradezu magisch zu glimmen schienen. Ich war verliebt in die makellosen Oberflächen, in die mit barocker Stofffülle inszenierten Interieurs, die von keiner menschlichen Hand gestört wurden, von keinem Gebrauch aus dem Gleichgewicht gebracht oder in ihrer Schönheit beeinträchtigt worden wären. Scheu berührte ich die Kristallvasen, wog die Gegenstände in meiner Hand, setzte sie sorgsam zurück, um einen Stoff zu streicheln, Seide in meiner Hand knistern zu hören. Endlich hatte das kurzsichtige Kind, das ich gewesen war und dem man immer auf die Hände geschlagen hatte, sobald es etwas anfasste, sein Reich gefunden. Ein Reich uneingeschränkter, nie versiegender, üppig orchestrierter Sinneseindrücke, die das zur Putzfrau geratene Kind genoss, wie es nie zuvor etwas genossen hatte. Niemand sagte mir: Fass das nicht an. Niemand drohte mir: Leg das sofort wieder hin. Im Gegenteil. Es war mein Auftrag, diese Dinge anzufassen, es gehörte zu meinem Beruf, diese Dinge zu berühren und sauber zu halten, damit ihre Makellosigkeit erhalten blieb, jenes Locken und Blinken, jenes vom Versprechen auf ewige Schönheit gesättigte Warenwesen, das so anziehend ist, dass die Menschen kaufen und kaufen, auch wenn sie gar nichts mehr brauchen als eben das: diese Sehnsucht und dieses Versprechen. Zwei Stunden jeden Abend, mitten im Röhren des Staubsaugers und in der Stille danach, wenn die Stimmen der Putzfrauen auf den anderen Etagen schwach zu hören waren, war das mein Rausch. All diese Dinge gehörten mir, mir allein.
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Autoren-Porträt von Nicole Müller
Nicole Müller, 1962 in Basel geboren, arbeitet als Kommunikationsberaterin und Journalistin und lebt in Küsnacht bei Zürich. Für ihre Publikationen wurde sie u.a. ausgezeichnet mit dem Zürcher Journalistenpreis 2000.
Bibliographische Angaben
- Autor: Nicole Müller
- 2004, 1. Auflage, 141 Seiten, Maße: 13,4 x 20,8 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Nagel & Kimche
- ISBN-10: 3312003482
- ISBN-13: 9783312003488
- Erscheinungsdatum: 20.08.2004
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