Küss mich, Sweetheart
Küss mich, Sweetheart von Suzanne Simmons
LESEPROBE
»Jacob, duverrückter alter Halunke, was hast du da bloß wieder ausgeheckt?« Samuel Lawüberflog das Anschreiben zu dem offiziellen Schriftstück, das vor ihm auf dem Schreibtischlag. Die Namen am oberen Rand des feinen Büttenpapiers waren ihm durchausvertraut: Es war der Briefkopf der New Yorker Anwaltskanzlei Dutton, Dutton, McQuade& Martin. Sicher, ganz unvorbereitet war Sam nicht. Sein alterSchulkamerad, Trace Ballinger, hatte ihn schon vor ein paar Monaten telefonischdarüber informiert, dass irgendetwas im Busch war. »Wir schicken dir einenKlienten«, eröffnete Trace ihm ohne lange Vorrede. Sam wirbelte auf seinemBürosessel herum und stützte die Füße gegen den Fenstersims - die nicht zuübersehenden Spuren der Abnutzung zeugten davon, dass er den Sims des bodenlangenFensters nicht zum ersten Mal als Fußablage benutzte; er klemmte den Hörerzwischen Ohr und Schulter und fragte: »Wer genau ist wir?« »Die Kanzlei.« »Warum?«Trace schnaubte leise am anderen Ende der Leitung. »Du redest nie lange drumherum, Sam, nicht wahr?« »Nein.« Das hatte er nie getan, und er hatte auchnicht die Absicht, das zu ändern, nicht, wenn es sich irgendwie vermeiden ließ.»Spart Zeit«, erwiderte er lakonisch. »Aber erspart nicht unbedingt Ärger«,erinnerte ihn Trace. Sie beide wussten, dass »Ärger« Sams zweiter Name war. Erhatte sich mit seiner direkten Art nicht unbedingt Freunde gemacht, und derÄrger, den er sich eingehandelt hatte, weil er keine Seilschaften zu bedienenoder Einfluss auf Leute zu nehmen bereit gewesen war, hatte ihn vor ein paar Jahrenseinen Job kündigen und aus New York abhauen lassen - trotz der Aussicht aufeine einmalige Karriere als prominenter Verteidiger. Sam hatte immer daraufbeharrt, die Prinzipien, an die er glaubte, auch zu leben. Eines dieserPrinzipien war seine absolute Überzeugung, dass ein Mensch nur moralisch oder unmoralischsein konnte. Dazwischen gab es für ihn nichts. Seine so genannten Freundeeinschließlich seiner Verlobten, die allerdings nur mit halbem Herzen hinterihrer Verbindung stand, hatten ihn damals als Sturkopf und armen Irrenabgestempelt. Seine Kollegen auf beiden Seiten der Anklagebank waren zwarbesonnener, aber das Menetekel stand an der Wand: Seine mangelndeKompromissbereitschaft ging allen gehörig auf die Nerven und war ein absoluter Karrierekiller.Da Sam der politischen Linie der Anwaltschaft auf keinen Fall folgen wollte,hatte er beschlossen, dem Big Apple den Rücken zu kehren und in seine HeimatIndiana zurückzukehren. Er tat das mit dem Segen nur eines Mannes: Trace Ballinger.Trace kehrte zu dem Grund seines Anrufs zurück. »Wie ich schon sagte,Sportsfreund, wir schicken dir einen Klienten. « Sam merkte, dass er eherskeptisch als neugierig war. »Sollte ich dir dafür danken?« Es entstand einekleine Pause. »Schwer zu sagen.« Nun gewann Sams Neugier doch die Oberhand.»Warum? « »Es ist eben so.« Seine Stimme klang eine Nuance entgegenkommender,als er sich schließlich entschloss, in das Spiel - welches es auch war -einzusteigen. »Okay, Ballinger, ich höre. Wer ist es?« Nach zehn, vielleichtfünfzehn Sekunden Schweigen rückte er schließlich mit der Sprache heraus.»Gillian Charles.« Sams Füße sanken auf den Boden. »Irgendwie mit Jacob Gillianverwandt oder verschwägert?« »Sie ist seine Enkelin.« Er wusste noch, wie erdamals dachte: Jetzt wird s interessant. »Warum sollte eine Enkelin vonJacob meine Klientin werden?« »Sie hat keine andere Wahl.« Sam kicherte leiseins Telefon. »Komm schon, was ist der wahre Grund?« »Ich mache keine Scherze«,antwortete sein alter Freund sehr bestimmt. »Jacob Charles hat ausdrücklichverfügt, dass du nach seinem Tod den ganzen Kram regeln sollst.« Sam richtetesich kerzengerade in seinem hochlehnigen Bürosessel auf, einem Sessel aus»echtem korinthischem Leder « - zumindest war das gute Stück so angepriesenworden, als er es in einem ortsansässigen Möbelgeschäft für fünf Dollarerstanden hatte. Quer über das Schaufenster von Weavers Warenhaus hatte einhandgeschriebenes Schild geklebt: Midnight Madness Sale! Alles muss raus! KeinAngebot wird abgelehnt! Nennen Sie Ihren Preis! Das hatte er getan. Sam warsich allerdings nicht sicher, wer am Ende das Geschäft gemacht hatte: Mr.Weaver oder er. (...)
©Blanvalet Verlag
Übersetzung:Gisela Stobbe
Suzanne Simmons ist verheiratet und lebt in Fort Wayne, Indiana.
- Autor: Suzanne Simmons
- Maße: 11,8 x 18,3 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Gisela Stobbe
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3442363918
- ISBN-13: 9783442363919
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