Lebst Du noch, oder sparst Du schon?
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Ein provokantes und politisch unkorrektes Buch, in dem Christine und Harals Lüders der Stimmung in diesem Lande mit Witz und Lebenslust Paroli bieten.
Lebst dunoch, oder sparst du schon? von Christine und Harald Lüders
LESEPROBE
Talkin"bout mygeneration
oder: Der Krieg der Generationen
»People try to put us down Justbecause we get around Things they do look awful cold I hope I die before I getold.«
The Who, My Generation, 1971
Auf den ersten Blick scheint es eine Schnapsidee zu sein,Leute über ihr Alter zu definieren. Es gibt genügend Gleichaltrige, die ichfür Schnarchnasen halte, es gibt aber durchaus einige Teenies und Twens, mitdenen mehr als Smalltalk möglich ist.
Das beliebte Feuilletonspiel, die Generationen immer kürzerzu rechnen, um so mehr Platz für mehr Artikel über immer neu entdeckteGenerationen zu schaffen, ist zwar amüsant, aber letztendlich doch nur einVergleichen mehr oder weniger vergilbter Erinnerungen an die eigene Jugend.
In der aktuellen Diskussion aber geht es nicht um schöngeistigeUnterscheidungen zwischen den Generationen, heute geht es um das Eingemachte,ums liebe Geld.
Wenn zu dieser Zeit das Modewort »Generationsgerechtigkeit«fällt, dann sind fast immer wir die Dummen, fast alle der bisherigen Reformengehen zu unseren Lasten.
Diese staatlichen Angriffe sind heftiger geworden, siezielen auf unsere materiellen Grundlagen, auf unsere Absicherungen für dasAlter.
Wenn ich von »uns« spreche, dann meine ich alle Leserinnen undLeser zwischen 40 und 60, ganz egal, ob sie damals lieber Beatles oder Stoneshörten. Selbst der alte Glaubenskrieg zwischen den Freunden des deutschenSchlagers und denen, die Rock 'n' Roll auflegten, ist angesichts der heutigenGefahren vollkommen egal.
Es spielt keine Rolle, ob jemand bereits den Beatles im HamburgerStar Club lauschte oder ob er erst in der Berliner Waldbühne zu den Stonesstieß. Es ist vollkommen egal, ob jemand damals demonstrieren ging oder lieberdie Zeit mit seiner Freundin im Park verbrachte.
Denn wir stecken alle wie in einem Sandwich zwischen der jetzigenRentnergeneration und der jungen Generation, also zwischen den Trümmerfrauenund der Generation Bauchfrei.
Der Krieg der Generationen - dieser Begriff war in Deutschlandbisher immer von der Nazizeit und seinen Folgen bestimmt. So fanden viele vonuns ihre politische Identität im Protest, in der Revolte gegen die Generationunserer Eltern.
Wir waren es gewohnt, uns als Altersgruppe, als Generation kulturellzu definieren, also über unsere Lebensformen und Gewohnheiten, unsereErinnerungen und unsere Einstellungen.
Jetzt aber erleben wir den Beginn eines Generationenkonflikts,in dem es schlicht und einfach ums Geld geht, um die Frage: Wer zahlt wann wieviel und für wen?
Es ist Zeit, dass auch wir lernen, als Altersgruppe zu argumentierenund für unsere materiellen Interessen aufzustehen.
Die anderen, die Jüngeren, aber auch die Älteren machen unsbereits vor, wie das geht. Da steht längst eine gut geölte Lobbymaschineriebereit, Freund Missfelder ist nur ein Propagandist von vielen.
Zum Beispiel neulich im Fernsehen: eine Sondersendung zur Rentenkrise,im Studio ein Moderator und zwei Studiogäste. Der eine, ein frisch geföhnterMittzwanziger, spricht für die Jungen, der Vertreter der Senioren, derstreitbare V d K-Chef Walter Hirrlinger, stützt sich publikumswirksam auf eineKrücke. Föhnfrisur gegen Krücke im Streit, wer denn den Preis der Reformen zuzahlen habe. An mich hat der Fernsehsender nicht gedacht.
Und während Walter Hirrlinger punktet, frage ich mich:Spielt denn unsere Generation gar keine Rolle? Und warum wurde kein einziger50-Jähriger zur Diskussion gebeten?
Unsere Generation ist vor allem moralisch in die Defensive gedrängt- wer will schon gegen die eigenen Eltern und Kinder kämpfen?
Der Generation unserer Eltern, also den wirklich Altenunter den heutigen Rentnern, kann und will niemand über die bereits verfügtenBelastungen hinaus noch mehr zumuten.
Die Jungen verweisen auf die hohe Arbeitslosigkeit und schwingen- aus ihrer Sicht verständlich - die moralische Keule. Wenn Kinder den Elternvorwerfen: »Ihr verfeiert, verreist und verfresst unsere Zukunft!«, dann kannman nur noch touche murmeln und am besten den Mund halten.
Das - liebe Altersgenossinnen und -genossen - gilt in der Familie,aber es gilt nicht in der politischen Auseinandersetzung.
Obwohl die Gruppe der 40- bis 60-Jährigen eine große und potenzielleinflussreiche Gruppe ist, droht sie in der Generationendebatte zum Verlierer zuwerden.
Erinnern wir uns: Staatlicherseits werden die BfA-Renten gekürzt,einerseits durch Nichtanerkennung der Ausbildungszeiten, andererseits durchdie geplante Verschiebung des Renteneintrittsalters. Dann winkt Hans Eichel,der sich persönlich auf immerhin 11000 Euro Rente freuen darf, mit derkommenden Vollversteuerung der Ruhegelder. Seine Kollegin Ulla Schmidt will fürdie Krankenkassen gut 16 Prozent der von Direktversicherern gezahlten Summeneinstreichen.
Millionen von Deutschen, die eine Lebensversicherung abgeschlossenhaben - insgesamt gibt es über 91 Millionen Verträge, die meisten in Händenunserer Generation -, erleben, wie die versprochenen Renditen auf demAktienmarkt verzockt wurden.
Auch die Wirtschaft hat die Signale aus Berlin gutverstanden und zieht schnell und eiskalt nach.
Die Kündigung der Betriebsrenten bei Commerzbank, Gerlingund in milderer Form bei Schering zeigt, wohin die Reise geht. Da am Tag nachder Rentenkündigung der Aktienkurs der Commerzbank steil nach oben ging undsich die mächtigen Rating-Agenturen zufrieden zeigten, darf man sicher sein,dass andere dem Beispiel folgen werden, obwohl die Commerzbank selbst nachProtesten der Belegschaft die Kündigung später wieder abmilderte.
Von wegen: Pacta sunt servanda, oder einfacher: versprochen istversprochen! - die Firmen glätten ihre Bilanzen, verweisen kühl aufamerikanische Usancen, und erklären achselzuckend, so sei halt das Leben imZeitalter der Globalisierung.
Commerzbankchef Müller - in Sachen eigener Rente übertriffter Hans Eichel locker - sorgt allerdings dafür, dass der Vorstand und er selbstvon den Unbilden der Globalisierung verschont bleiben. Hatte die Commerzbankim Jahre 2001 5,7 Millionen Euro für Vorstandspensionen bereitgestellt, so warenes im Jahr 2002 bereits 7,6 Millionen, eine Steigerung um schlappe 33 Prozent.The winner takes it all, würden die amerikanischen Freunde wohl beifälligmurmeln. Noch besser war die krisengebeutelte Telekom - hier wurden im Jahr2001 16,5 Millionen für Vorstandspensionen zurückgestellt, im Jahre 2002 aberbereits 38,1 Millionen, Steigerung 131 Prozent. Man gönnt sich ja sonst nichts.
Okay, so viel von der Neidfront, aber mal ehrlich: Wie geht esIhnen, wenn Sie solche Zahlen lesen? Mich jedenfalls ärgert diese maßlose Gier.
Deutschland wird ärmer, so lautet der schicksalsschwereSatz, den man jetzt überall hören kann. Weniger häufig liest und hört man denklein gedruckten Nebensatz, der da lautet: Unsere Generation wird das im Altermerken.
© Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2004
- Autoren: Christine Lüders , Harald Lüders
- 2004, 1, 190 Seiten, Maße: 12,5 x 19 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: FISCHER Taschenbuch
- ISBN-10: 3596163749
- ISBN-13: 9783596163748
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
Schreiben Sie einen Kommentar zu "Lebst Du noch, oder sparst Du schon?".
Kommentar verfassen